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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.07.1998
Aktenzeichen: C-136/96
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 1576/89/EWG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 1576/89/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 5 der Verordnung Nr. 1576/89, der allgemeine Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen festlegt, verbietet es, den Gattungsbegriff "Whisky" in die Verkehrsbezeichnung einer Spirituose, die mit Wasser verdünnten Whisky mit einem Alkoholgehalt von weniger als 40 % enthält, aufzunehmen oder den Begriff "Whisky" zu der für ein solches Getränk verwendeten Bezeichnung "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" hinzuzufügen.

Der Begriff "Whisky" kann jedoch gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 79/112 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür in der Etikettierung dieses Erzeugnisses enthalten sein, unter dem allgemeinen Vorbehalt des Artikels 2 Absatz 1 dieser Richtlinie, wonach die Etikettierung eines Lebensmittels nicht geeignet sein darf, den Verbraucher über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über dessen Art und Beschaffenheit, irrezuführen. Die Verordnung Nr. 1576/89 ist eine Spezialregelung und geht daher der Richtlinie 79/112 vor. Der Begriff "Whisky" kann also zwar vorbehaltlos im Verzeichnis der Zutaten stehen, er darf jedoch in unmittelbarer Nähe der Verkehrsbezeichnung nur deutlich davon getrennt und eher unauffällig angebracht sein, da sonst das Verbot der Verwendung des Begriffes "Whisky" in der Verkehrsbezeichnung seine Wirkung verlieren würde.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 16. Juli 1998. - The Scotch Whisky Association gegen Compagnie financière européenne de prises de participation (Cofepp), Prisunic SA und Centrale d'achats et de services alimentaires SARL (Casal). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal de grande instance de Paris - Frankreich. - Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen - Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 - Bedingungen für die Verwendung des Gattungsbegriffes 'Whisky' - Getränke, die ausschließlich aus Whisky und Wasser bestehen. - Rechtssache C-136/96.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal de grande instance Paris hat mit Beschluß vom 23. Februar 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen (ABl. L 160, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen The Scotch Whisky Association, einer Gesellschaft schottischen Rechts, die die Interessen des Handels mit schottischem Whisky weltweit schützen und fördern sowie gerichtlich vertreten soll, und der Compagnie financière européenne de prises de participation (Cofepp; früher: La Martiniquaise LM), der Prisunic SA und der Centrale d'achats et de services alimentaires SARL (Casal), in dem es darum geht, daß die letztgenannten Gesellschaften ein Getränk mit einem Alkoholgehalt von 30 % unter einer Bezeichnung vermarkten, die den Begriff "Whisky" enthält.

3 Mit der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. 1979, L 33, S. 1) wurden die allgemeinen Regeln auf dem Gebiet der Etikettierung von Lebensmitteln festgelegt.

4 Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie bestimmt, daß die Etikettierung von Lebensmitteln nicht

"geeignet sein [darf], den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht

i) über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart".

5 Nach Artikel 3 Absatz 1 Nummer 1 dieser Richtlinie muß die Etikettierung der Lebensmittel insbesondere die Verkehrsbezeichnung enthalten, die in Artikel 5 Absatz 1 wie folgt definiert wird:

"(1) Die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels ist die Bezeichnung, die in den diesbezueglichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, und, bei Fehlen einer solchen, die verkehrsübliche Bezeichnung in dem Mitgliedstaat, in dem die Abgabe an den Endverbraucher erfolgt, oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die hinreichend genau ist, um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von ähnlichen Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte."

6 Schließlich sieht Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 79/112 vor:

"(1) Hebt die Etikettierung eines Lebensmittels das Vorhandensein oder den geringen Gehalt einer oder mehrerer Zutaten besonders hervor, die für die Merkmale dieses Lebensmittels wichtig sind, oder wirkt sich die Bezeichnung dieses Lebensmittels in der gleichen Weise aus, so muß die Mindest- oder die Hoechstmenge, in der die Zutaten verwendet worden sind, in Prozentsätzen angegeben werden.

Diese Angabe wird in unmittelbarer Nähe der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels oder im Verzeichnis der Zutaten bei der betreffenden Zutat angebracht.

..."

7 Die Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen im besonderen sind in der Verordnung Nr. 1576/89 festgelegt, in deren vierter Begründungserwägung es heisst:

"Angesichts der Besonderheit dieser Erzeugnisse empfiehlt es sich zur besseren Unterrichtung des Verbrauchers, diese allgemeinen Regeln [der Richtlinie 79/112] durch besondere Vorschriften zu ergänzen und insbesondere in die Begriffsbestimmung der Erzeugnisse Angaben bezueglich der Reifung und des Mindestalkoholgehalts für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr aufzunehmen."

8 Eine Spirituose wird in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1576/89 dahin definiert, daß es sich dabei um ein Getränk handelt, das zum menschlichen Verbrauch bestimmt ist und einen Mindestalkoholgehalt von 15 Vol.-% vol aufweist. Die Spirituose muß entweder unmittelbar durch Destillieren oder durch Mischung einer Spirituose mit "einer oder mehreren anderen Spirituosen" oder mit "einem oder mehreren Getränken" gewonnen werden.

9 Whisky (oder Whiskey) wird in Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1576/89 definiert als

"die Spirituose, die durch Destillieren von Getreidemaisch gewonnen wird,

- die durch die in ihr enthaltenen Malzamylasen mit oder ohne andere natürliche Enzyme verzuckert,

- mit Hefe vergoren,

- zu weniger als 94,8 % vol so destilliert worden ist, daß das Destillationserzeugnis das Aroma und den Geschmack der verwendeten Ausgangsstoffe aufweist,

und die mindestens drei Jahre lang in Holzfässern mit einem Fassungsvermögen von 700 Litern oder weniger gereift ist."

10 Eine "Getreidespirituose" wird in Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe c Nummer 1 definiert als

"1. [d]ie Spirituose, die durch Destillieren aus vergorener Getreidemaische gewonnen wird und die organoleptischen Merkmale der Ausgangsstoffe aufweist."

11 Artikel 3 der Verordnung Nr. 1576/89 bestimmt:

"(1) Mit Ausnahme der Spirituose mit Wacholder im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 Buchstabe m) Nummer 1 müssen für die Zulassung zur Abgabe an den Endverbraucher in der Gemeinschaft unter einer in Artikel 1 Absatz 4 genannten Bezeichnung die nachstehend aufgeführten alkoholischen Getränke mit Ausnahme bestimmter Erzeugnisse, deren Alkoholgehalt in Anhang III angegeben ist, folgenden Mindestalkoholgehalt aufweisen:

- 40 % Whisky/Whiskey

...

- 35 % Getreidespirituose/Getreidebrand

...

(4) Vor dem 31. Dezember 1992 überprüft der Rat den Mindestalkoholgehalt für Whisky/Whiskey anhand einer Marktstudie der Kommission."

12 Artikel 5 Absätze 1 und 2 dieser Verordnung, um den es im Ausgangsverfahren hauptsächlich geht, lautet:

"(1) Unbeschadet der aufgrund von Artikel 6 erlassenen Bestimmungen sind die in Artikel 1 Absatz 4 aufgeführten Bezeichnungen den darin definierten Spirituosen unter Berücksichtigung der in den Artikeln 2, 3, 4 und 12 genannten Erfordernisse vorbehalten. Diese Bezeichnungen müssen als Namen für diese Getränke verwendet werden.

Spirituosen, die nicht den Spezifikationen für die in Artikel 1 Absatz 4 definierten Erzeugnisse entsprechen, dürfen die dort genannten Bezeichnungen nicht tragen. Sie müssen als "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" bezeichnet werden.

(2) Die in Absatz 1 genannten Bezeichnungen können durch andere geographische Angaben als die in Absatz 3 genannten ergänzt werden, vorausgesetzt, der Verbraucher wird nicht irregeführt."

13 Artikel 6 der Verordnung Nr. 1576/89 bestimmt:

"(1) Besondere Vorschriften können zusätzliche Angaben zur Verkehrsbezeichnung regeln, und zwar:

- die Verwendung von Bezeichnungen, Abkürzungen und Zeichen,

- die Verwendung zusammengesetzter Bezeichnungen in Verbindung mit einer der in Artikel 1 Absätze 2 und 4 aufgeführten Gattungsbezeichnungen.

(2) Besondere Vorschriften können die Bezeichnung von Mischungen von Spirituosen und von mit Spirituosen gemischten Getränken regeln.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschriften... sollen vor allem verhindern, daß die in diesen Absätzen genannten Bezeichnungen, insbesondere in Anbetracht der bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits bestehenden Erzeugnisse, zu Verwechslungen führen."

14 Artikel 7 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 1576/89 bestimmt:

"(1) Über die der Richtlinie 79/112/EWG entsprechenden einzelstaatlichen Vorschriften hinaus müssen Etikettierung und Aufmachung der in Artikel 1 Absatz 4 definierten, für den Endverbraucher bestimmten Spirituosen sowie die Werbung für diese Getränke den Absätzen 2 und 3 des vorliegenden Artikels entsprechen.

(2) a) Als Verkehrsbezeichnung der in Artikel 1 Absätze 2 und 4 genannten Erzeugnisse ist eine der ihnen gemäß Artikel 5 und Artikel 6 Absatz 2 vorbehaltenen Bezeichnungen zu verwenden.

b) Wird auf dem Etikett der für die Herstellung des Äthylalkohols landwirtschaftlichen Ursprungs verwendete Ausgangsstoff erwähnt, so ist jeder verwendete Alkohol landwirtschaftlichen Ursprungs in abnehmender Reihenfolge seines Mengenanteils aufzuführen.

c) Die Verkehrsbezeichnung der in Absatz 1 genannten Spirituosen kann durch die Angabe "Zusammenstellung" (blend) ergänzt werden, wenn das Erzeugnis dieser Behandlung unterzogen worden ist.

d) Von Ausnahmen abgesehen, darf eine Reifezeit nur angegeben werden, wenn sie den jüngsten alkoholischen Bestandteil betrifft und wenn das Erzeugnis unter Steuerkontrolle oder unter einer gleichwertige Garantien bietenden Kontrolle gereift ist."

15 Artikel 8 dieser Verordnung sieht vor:

"Für Spirituosen, die in der Gemeinschaft zwecks Abgabe an den Endverbraucher in den Verkehr gebracht werden sollen, dürfen keine Bezeichnungen verwendet werden, bei denen einer in dieser Verordnung vorgesehenen Verkehrsbezeichnung Worte wie "Art", "Typ", "façon", "Stil", "Marke", "Geschmack" oder andere ähnliche Angaben beigegeben werden."

16 Nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung dürfen die dort aufgeführten Spirituosen, u. a. Whisky, in der Aufmachung in keinerlei Form den den genannten Spirituosen vorbehaltenen Gattungsbegriff führen, wenn ihnen Äthylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zugesetzt wurde.

17 Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1576/89 lautet:

"(1) Zur Ausfuhr bestimmte Spirituosen müssen den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechen."

18 Die Verordnung (EWG) Nr. 1014/90 der Kommission vom 24. April 1990 mit Durchführungsbestimmungen für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen (ABl. L 105, S. 9) ist eine Verordnung zur Durchführung der Verordnung Nr. 1576/89, die zunächst durch die Verordnung (EWG) Nr. 1781/91 der Kommission vom 19. Juni 1991 (ABl. L 160, S. 5) und später durch die Verordnung (EG) Nr. 2675/94 der Kommission vom 3. November 1994 (ABl. L 285, S. 5) geändert wurde.

19 In der zweiten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1014/90 heisst es:

"Bei der Festlegung dieser Präzisierungen und Ergänzungsvorschriften [zur Verordnung Nr. 1576/89] sind zunächst die beim Erlaß der genannten Verordnung zugrunde gelegten Kriterien zu berücksichtigen... Ein weiteres Motiv muß das Bestreben sein, jede Verwechslungsgefahr bei den in der Etikettierung verwendeten Ausdrücken zu vermeiden und dem Verbraucher eine möglichst klare und vollständige Information an die Hand zu geben."

20 Artikel 7b der Verordnung Nr. 1014/90, der durch die Verordnung Nr. 1781/91 eingeführt wurde (vgl. Berichtigung im ABl. 1992, L 291, S. 22), bestimmt in Absatz 1:

"Gemäß Artikel 6 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 darf eine Begriffsbestimmung, die Teil einer zusammengesetzten Bezeichnung ist, in der Verkehrsbezeichnung einer Spirituose nur verwendet werden, wenn der Alkohol des betreffenden Getränks ausschließlich von der Spirituose stammt, die in der zusammengesetzten Bezeichnung genannt wird."

21 Schließlich sieht der durch die Verordnung Nr. 2675/94 eingefügte Artikel 7c der Verordnung Nr. 1014/90 vor:

"Wird eine in Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 genannte Spirituose gemischt mit

- einer oder mehreren Spirituosen, die in Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 definiert oder nicht definiert sind, und/oder

- einem oder mehreren Destillaten landwirtschaftlichen Ursprungs,

so muß die Verkehrsbezeichnung "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" an einer sichtbaren Stelle auf dem Etikett ohne weiteren qualitativen Hinweis deutlich erkennbar und leicht lesbar angeordnet sein."

22 Die Cofepp ist Inhaberin der am 30. März 1988 angemeldeten Marke "Gold River", die Weine, alkoholische Getränke, Liköre und insbesondere Whisky bezeichnet und die sie für ein Getränk mit einem Mindestalkoholgehalt von 30 % verwendet, das durch die Mischung von verschiedenen Whiskysorten schottischer, kanadischer und nordamerikanischer Herkunft und Wasser hergestellt wird. Das Etikett der Flaschen dieses Getränkes enthält die Worte "Blended Whisky Spirit" und "spiritüux au whisky".

23 The Scotch Whisky Association ließ zweimal, 1992 und 1993, durch Gerichtsvollzieher feststellen, daß die Prisunic SA in mehreren Pariser Geschäften Spirituosen der Marke "Gold River" in denselben Regalen wie Whisky vertrieb.

24 The Scotch Whisky Association erhob beim Tribunal de grande instance Paris gegen die Gesellschaften Cofepp, Prisunic SA und Centrale d'achats et de services alimentaires SARL (Casal) Klage u. a. auf Feststellung, daß diese Gesellschaften ihr gegenüber unlauteren Wettbewerb betrieben hatten.

25 Nach Auffassung von The Scotch Whisky Association verstösst der Vertrieb einer Spirituose mit einem Alkoholgehalt von 30 % unter einer den Begriff "Whisky" enthaltenden Bezeichnung gegen die Verordnung Nr. 1576/89, da diese als Mindestalkoholgehalt von Whisky 40 % festsetze.

26 Die Cofepp behauptet, daß sie seit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1576/89 die Bezeichnung "Whisky" nicht mehr für den Vertrieb von Whisky mit vermindertem Alkoholgehalt verwende. Sie habe sie durch die Bezeichnung "Blended Whisky Spirit" im Englischen und "spiritüux au whisky" im Französischen ersetzt, die ihres Erachtens im Einklang mit der Verordnung Nr. 1576/89 stehe. Diese Verordnung sei nicht eindeutig, da später die Verordnung Nr. 2675/94 erlassen worden sei, um die Getränke festzulegen, bei denen die Bezeichnung "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" ohne weiteren qualitativen Hinweis auf dem Etikett zu verwenden sei. Die Cofepp legt die Verordnung Nr. 1576/89 dahin aus, daß zwischen der Zugabe von Äthylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, bei der der Begriff "Whisky" nicht in der Bezeichnung einer Spirituose verwendet werden dürfe, und der Verdünnung unterschieden werden müsse. Die Verdünnung, die sie vornehme, indem sie durch Zugabe von Wasser den Alkoholgehalt der von ihr vertriebenen Whiskymischung von 40 % auf 30 % senke, werde vom Verbot der Verwendung des Gattungsbegriffes "Whisky" nicht erfasst.

27 Da das Tribunal de grande instance Paris der Auffassung ist, daß die Entscheidung des Rechtsstreits eine Auslegung der Verordnung Nr. 1576/89 erfordere, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt:

Darf die Verkehrsbezeichnung von Spirituosen, die ausschließlich aus mit Wasser verdünntem Whisky bestehen, so daß der Alkoholgehalt weniger als 40 % beträgt, nach Gemeinschaftsrecht, insbesondere nach Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates vom 29. Mai 1989, den Gattungsbegriff "Whisky" enthalten?

28 Um diese Frage beantworten zu können, ist zunächst festzustellen, daß ein Getränk wie Gold River eine Spirituose im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1576/89 ist und folglich in deren Anwendungsbereich fällt.

29 Sodann ist zu bemerken, daß Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1576/89 die Bezeichnung "Whisky" solchen Spirituosen vorbehält, die die Bedingungen der Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe b und 3 Absatz 1 dieser Verordnung erfuellen.

30 Daraus folgt, daß ein Getränk wie Gold River, das ausschließlich aus mit Wasser verdünntem Whisky besteht, so daß der Alkoholgehalt weniger als 40 % beträgt, kein "Whisky" im Sinne der Verordnung Nr. 1576/89 ist und nicht unter dieser Bezeichnung verkauft werden kann, was übrigens im Ausgangsrechtsstreit auch nicht bestritten wird.

31 Nach Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 1576/89 dürfen Getränke, die nicht den Bedingungen des Artikels 1 Absatz 4 entsprechen, nicht die dort genannten Bezeichnungen tragen, sondern müssen als "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" bezeichnet werden.

32 Nach Auffassung der Cofepp ist Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 1576/89 dahin auszulegen, daß die darin erwähnten Getränke in ihrer Verkehrsbezeichnung den Begriff "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" enthalten müssten, daß jedoch weitere Begriffe, wie z. B. "Whisky", hinzugefügt werden könnten, da die Hinzufügung weiterer Begriffe, durch die der Verbraucher über die Bestandteile der Mischung und insbesondere über den einzigen alkoholischen Bestandteil informiert werde, nicht in dieser Vorschrift geregelt werde.

33 Dieser Auslegung kann nicht gefolgt werden. Wie der Generalanwalt in den Nummern 17 und 18 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, schreibt Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1576/89 sowohl vor, daß ein Erzeugnis wie Gold River als "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" bezeichnet werden muß, als auch, daß es nicht die in Artikel 1 Absatz 4 dieser Verordnung genannten Bezeichnungen tragen darf, was bedeutet, daß die Verkehrsbezeichnung dieses Erzeugnisses nicht den Begriff "Whisky" enthalten darf.

34 Die Cofepp und die französische Regierung machen ferner unter Berufung auf Artikel 6 der Verordnung Nr. 1576/89, wonach besondere Vorschriften zusätzliche Angaben zur Verkehrsbezeichnung regeln können, geltend, daß die Verwendung zusätzlicher Angaben zu der in Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 2 dieser Verordnung vorgeschriebenen Verkehrsbezeichnung "Spirituose" oder "alkoholisches Getränk" uneingeschränkt möglich sei, solange keine Vorschriften gemäß Artikel 6 erlassen worden seien, um diese Angaben ausdrücklich auszuschließen.

35 Dazu ist festzustellen, daß, wie der Generalanwalt in den Nummern 23 bis 25 seiner Schlussanträge bemerkt hat, die Hinzufügung von Angaben zur Verkehrsbezeichnung nicht uneingeschränkt möglich ist.

36 Zum einen setzt sie voraus, daß die Kommission aufgrund der ihr durch Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1576/89 eingeräumten Abweichungsbefugnis eine Genehmigung erteilt hat.

37 Nach dem Urteil vom 7. Juli 1993 in der Rechtssache C-217/91 (Spanien/Kommission, Slg. 1993, I-3923, Randnr. 20) gilt nämlich das in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1576/89 ausgesprochene Verbot, eine in Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung genannte Bezeichnung für andere als die dort definierten Spirituosen zu verwenden, ausnahmslos, mit der einzigen Einschränkung, daß der Rat die Kommission ermächtigen wollte, im Rahmen der ihr gemäß Artikel 6 Absatz 1 übertragenen Befugnisse ausdrücklich davon abzuweichen.

38 Zum anderen folgt bereits aus dem Wortlaut des Artikels 6 der Verordnung Nr. 1576/89, daß die der Kommission durch Absatz 1 eingeräumte Abweichungsbefugnis gemäß Absatz 3 durch die Notwendigkeit begrenzt wird, zu verhindern, daß die Verkehrsbezeichnungen, die mit zusätzlichen Angaben versehen sind, "in Anbetracht der bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits bestehenden Erzeugnisse... zu Verwechslungen führen".

39 Die Verwendung einer zusätzlichen Angabe wie "Whisky" in der Verkehrsbezeichnung ist daher nach Artikel 5 der Verordnung Nr. 1576/89 vorbehaltlich einer auf Artikel 6 der Verordnung gestützten Abweichung, die aber im vorliegenden Fall fehlt, ausgeschlossen.

40 Die Cofepp macht ausserdem geltend, Artikel 5 der Verordnung Nr. 1576/89 könne nicht dahin ausgelegt werden, daß er die Verwendung eines in Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung genannten Gattungsbegriffes in der Verkehrsbezeichnung eines Erzeugnisses untersage, das nicht den für das betreffende Erzeugnis festgelegten Spezifikationen entspreche, da es in der Verordnung eine besondere Vorschrift gebe, die das einzige ausdrückliche Verbot in diesem Bereich enthalte. So untersage Artikel 9 der Verordnung ausdrücklich die Verwendung eines den genannten Spirituosen vorbehaltenen Gattungsbegriffes wie "Whisky" in der Aufmachung einer Spirituose, die aus dem betreffenden Erzeugnis und Äthylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zusammengesetzt sei. Eine solche Bestimmung wäre nicht gerechtfertigt, wenn Artikel 5 bereits das gleiche Verbot enthielte.

41 Dieser Auslegung kann nicht gefolgt werden. Artikel 5 regelt nämlich die Verkehrsbezeichnung, während Artikel 9 für die Aufmachung des Erzeugnisses insgesamt ein allgemeines Verbot aufstellt, den vorbehaltenen Begriff, in welcher Form auch immer, zu verwenden.

42 Die Cofepp stützt sich ausserdem auf die geänderte Verordnung Nr. 1014/90 - eine Verordnung zur Durchführung der Verordnung Nr. 1576/89 - und macht geltend, es müsse möglich sein, daß die Verkehrsbezeichnung eines Erzeugnisses, das als Alkohol nur Whisky enthalte, diesen Begriff umfasse, da nach dem durch die Verordnung Nr. 1781/91 eingefügten Artikel 7b der Verordnung Nr. 1014/90 eine Begriffsbestimmung, die Teil einer zusammengesetzten Bezeichnung sei, in der Verkehrsbezeichnung einer Spirituose verwendet werden dürfe, wenn der Alkohol des betreffenden Getränkes ausschließlich von der Spirituose stamme, die in der zusammengesetzten Bezeichnung genannt werde. Da im übrigen gemäß dem durch die Verordnung Nr. 2675/94 eingefügten Artikel 7c die Verkehrsbezeichnung ohne weiteren qualitativen Hinweis auf dem Etikett angeordnet werden müsse, wenn es sich um Spirituosen handele, die mit anderen Spirituosen oder mit Destillaten landwirtschaftlichen Ursprungs gemischt seien, sei die Hinzufügung von qualitativen Hinweisen zur Verkehrsbezeichnung in allen übrigen Fällen zulässig.

43 Wie der Generalanwalt in Nummer 43 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist die Bezeichnung "spiritüux au whisky" keine zusammengesetzte Bezeichnung im Sinne von Artikel 7b der Verordnung Nr. 1014/90. Zunächst geht aus der zweiten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1781/91 hervor, daß diese auf Liköre anwendbar ist. Sodann wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der "zusammengesetzten Bezeichnung" die Verbindung der Bezeichnungen zweier unterschiedlicher Getränke erfassen, und nicht die von alkoholischen Getränken und von Whisky, der selbst ein alkoholisches Getränk ist. Der durch die Verordnung Nr. 2675/94 eingefügte Artikel 7c der Verordnung Nr. 1014/90 betrifft Erzeugnisse, die nichts mit einer Mischung aus Whisky und Wasser zu tun haben, und fügt sich damit, wie in den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 2675/94 angegeben, in einen allgemeinen Rahmen ein, der einen lauteren Wettbewerb zwischen den traditionellen, geschützten Spirituosen und den übrigen Spirituosen gewährleisten und Verwechslungen für den Verbraucher verhindern soll. Diese Vorschrift kann nicht als Grundlage für eine Auslegung dienen, die Artikel 5 der Verordnung Nr. 1576/89 seiner Wirkung berauben und zu einem gegen diese Ziele verstossenden Ergebnis führen würde.

44 Schließlich stützt sich die Cofepp auf die Richtlinie 79/112, insbesondere Artikel 5 Absatz 1, um geltend zu machen, daß sie berechtigt sei, die Worte "au whisky" in der Verkehrsbezeichnung des Erzeugnisses Gold River zu verwenden. Nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie sei die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die Bezeichnung, die in den zwingenden anwendbaren Vorschriften vorgesehen sei, und in Ermangelung einer solchen Bezeichnung bestehe sie in einer Beschreibung des Lebensmittels.

45 Da Artikel 5 der Verordnung Nr. 1576/89 für die Verkehrsbezeichnung eines Getränkes wie Gold River eine zwingende Vorschrift darstellt, kann für die Benennung dieses Getränkes keine beschreibende Bezeichnung verwendet werden.

46 Allerdings bestimmt Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 79/112, daß, wenn die Etikettierung eines Lebensmittels das Vorhandensein oder den geringen Gehalt einer oder mehrerer Zutaten besonders hervorhebt, die für die Merkmale dieses Lebensmittels wichtig sind, oder sich die Bezeichnung dieses Lebensmittels in der gleichen Weise auswirkt, die Mindest- oder die Hoechstmenge, in der die Zutaten verwendet worden sind, in Prozentsätzen angegeben werden und diese Angabe in unmittelbarer Nähe der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels oder im Verzeichnis der Zutaten angebracht werden muß.

47 Folglich darf zwar gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1576/89 der Begriff "Whisky" in keiner Weise in der Verkehrsbezeichnung eines Erzeugnisses wie Gold River auftauchen, er kann jedoch gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 79/112 in der Etikettierung dieses Erzeugnisses enthalten sein, unter dem allgemeinen Vorbehalt des Artikels 2 Absatz 1 dieser Richtlinie, wonach die Etikettierung eines Lebensmittels nicht geeignet sein darf, den Verbraucher über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über dessen Art und Beschaffenheit, irrezuführen. Wie der Generalanwalt in Nummer 33 seiner Schlussanträge dargelegt hat, ist die Verordnung Nr. 1576/89 eine Spezialregelung und geht daher der Richtlinie 79/112 vor. Der Begriff "Whisky" kann also zwar vorbehaltlos im Verzeichnis der Zutaten stehen, er darf jedoch in unmittelbarer Nähe der Verkehrsbezeichnung nur deutlich davon getrennt und eher unauffällig angebracht sein, da sonst das Verbot der Verwendung des Begriffes "Whisky" in der Verkehrsbezeichnung seine Wirkung verlieren würde.

48 Daher ist zu antworten, daß Artikel 5 der Verordnung Nr. 1576/89 es verbietet, den Gattungsbegriff "Whisky" in die Verkehrsbezeichnung einer Spirituose, die mit Wasser verdünnten Whisky mit einem Alkoholgehalt von weniger als 40 % enthält, aufzunehmen oder den Begriff "Whisky" zu der für ein solches Getränk verwendeten Bezeichnung "alkoholisches Getränk" oder "Spirituose" hinzuzufügen.

Kostenentscheidung:

Kosten

49 Die Auslagen der französischen, der deutschen, der spanischen, der irischen und der italienischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Tribunal de grande instance Paris mit Beschluß vom 23. Februar 1996 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen verbietet es, den Gattungsbegriff "Whisky" in die Verkehrsbezeichnung einer Spirituose, die mit Wasser verdünnten Whisky mit einem Alkoholgehalt von weniger als 40 % enthält, aufzunehmen oder den Begriff "Whisky" zu der für ein solches Getränk verwendeten Bezeichnung "alkoholisches Getränk" oder "Spirituose" hinzuzufügen.

Ende der Entscheidung

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