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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 23.09.2004
Aktenzeichen: C-150/03 P
Rechtsgebiete: Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften, Regelung des Präsidiums des Parlaments vom 15. März 1989 über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten und über den Wechsel der Laufbahngruppe oder Sonderlaufbahn, Dokument des Generalsekretärs der EVP-ED-Fraktion vom Februar 2000


Vorschriften:

Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften Art. 2
Regelung des Präsidiums des Parlaments vom 15. März 1989 über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten und über den Wechsel der Laufbahngruppe oder Sonderlaufbahn Art. 8
Regelung des Präsidiums des Parlaments vom 15. März 1989 über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten und über den Wechsel der Laufbahngruppe oder Sonderlaufbahn Art. 9
Dokument des Generalsekretärs der EVP-ED-Fraktion vom Februar 2000 Nr. 5
Dokument des Generalsekretärs der EVP-ED-Fraktion vom Februar 2000 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 23. September 2004. - Chantal Hectors gegen Europäisches Parlament. - Rechtsmittel - Beamte - Bedienstete auf Zeit bei den Fraktionen des Europäischen Parlaments - Einstellung - Ablehnung einer Bewerbung - Begründung - Erfordernis einer spezifischen Begründung. - Rechtssache C-150/03 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-150/03 P

betreffend ein Rechtsmittel gemäß Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes,

eingereicht beim Gerichtshof am

31. März 2003

,

Chantal Hectors , wohnhaft in Mont-sur-Rolle (Schweiz), vertreten durch G. Vandersanden und L. Levi, avocats, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Europäisches Parlament, vertreten durch H. von Hertzen und J. F. de Wachter als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann, J.P. Puissochet (Berichterstatter) und J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richterin N. Colneric,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M. Mugica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen der Beteiligten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

11. März 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Januar 2003 in der Rechtssache T181/01 (Chantal Hectors/Parlament, Slg. ÖD 2003, IA19 und II103; im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage abgewiesen hat, die zum einen auf die Aufhebung der Entscheidung der Einstellungsbehörde über die Ernennung von Herrn B. auf der Stelle eines Verwaltungsrats niederländischer Sprache bei der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten des Europäischen Parlaments (im Folgenden: EVPEDFraktion) und über die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin um diese Stelle sowie der Entscheidung über die Zurückweisung der von der Rechtsmittelführerin eingelegten Beschwerde (im Folgenden: die streitigen Entscheidungen) und zum anderen auf die Verurteilung des Parlaments zur Zahlung von Schadensersatz an die Rechtsmittelführerin gerichtet war.

Rechtlicher Rahmen

2. Artikel 2 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Beschäftigungsbedingungen) sieht vor:

Bediensteter auf Zeit im Sinne dieser Beschäftigungsbedingungen ist

...

c) der Bedienstete, der zur Wahrnehmung von Aufgaben bei einer Person, die ein in den Verträgen zur Gründung der Gemeinschaften oder dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates oder einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften vorgesehenes Amt innehat oder zur Wahrnehmung von Aufgaben bei einem gewählten Vorsitzenden einer Fraktion des Europäischen Parlaments eingestellt und nicht unter den Beamten der Gemeinschaften ausgewählt wird;

...

3. Artikel 11 der Beschäftigungsbedingungen bestimmt u. a., dass die Artikel 11 bis 26 des Statuts über die Rechte und Pflichten der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) für die Bediensteten auf Zeit entsprechend gelten und dass Verfügungen, die einen Bediensteten auf Zeit betreffen, gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Statuts veröffentlicht werden.

4. Die vom Präsidium des Parlaments am 15. März 1989 erlassene interne Regelung über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten und über den Wechsel der Laufbahngruppe oder Sonderlaufbahn (im Folgenden: Regelung vom 15. März 1989) bestimmt u. a.:

Abschnitt II. Bedienstete auf Zeit

...

Artikel 8

Die bei einer Fraktion beschäftigten Bediensteten auf Zeit werden auf der Grundlage von Vorschlägen eines AdhocAusschusses eingestellt, der von der Einstellungsbehörde bestellt wird und ein von der Personalvertretung bestelltes Mitglied umfasst.

Artikel 9

Die Stellenausschreibungen in einer Fraktion werden innerhalb und außerhalb des Organs veröffentlicht. Der AdhocAusschuss stellt, nachdem er von den Bewerbungsunterlagen Kenntnis genommen hat, auf der Grundlage der Kriterien, die unter Beachtung der Satzungsvorschriften von der betreffenden Fraktion für die Beschreibung der zu besetzenden Stelle festgelegt worden sind, das Verzeichnis der Bewerber auf, die den in der Stellenausschreibung festgelegten Voraussetzungen auf administrativer Ebene entsprechen. Dieses Verzeichnis wird der Einstellungsbehörde zugeleitet.

5. In den Nummern 5 und 6 des Dokuments des Generalsekretärs der EVPEDFraktion vom Februar 2000 mit dem Titel Verfahren für die Einstellung von Personal (im Folgenden: Dokument über das Einstellungsverfahren der EVPEDFraktion) heißt es:

5. Die Durchführung des Einstellungsverfahrens ist Sache des Prüfungsausschusses, der aus einem Vorsitzenden, bei dem es sich normalerweise um den Leiter der betroffenen Dienststelle handeln wird, mindestens zwei anderen Mitgliedern des Sekretariats der Fraktion, die in der gleichen Besoldungsgruppe oder in einer höheren Besoldungsgruppe als derjenigen sind, in der der Bewerber ernannt werden wird, einem Vertreter der Personalvertretung der Fraktion und einem Vertreter der Personalvertretung des Parlaments besteht. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ist verantwortlich für die Einhaltung der in den Anhängen beschriebenen Verfahren. Der Prüfungsausschuss hat gemäß den Anhängen die schriftlichen und die mündlichen Prüfungen, die Mindestpunktzahl für das Bestehen der Prüfungen, die Zahl der Bewerber, die auf eine [Eignungs]Liste gesetzt werden sowie die Dauer der Gültigkeit dieser Liste festzulegen.

6. In allen Fällen, in denen ein normales und vollständiges Verfahren stattfindet, legt der Prüfungsausschuss dem Präsidium der Fraktion das Verzeichnis der Bewerber vor, die das Auswahlverfahren bestanden haben und gibt die von diesen Bewerbern erzielte Punktzahl an. Ist nur eine einzige Stelle zu besetzen, so wählt das Präsidium einen der ersten drei Bewerber des Verzeichnisses aus. Sind zwei Stellen zu besetzen, so wählt das Präsidium zwischen den ersten fünf Bewerbern aus.

Sachverhalt

6. Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt wird in den Randnummern 5 bis 16 des angefochtenen Urteils wie folgt wiedergegeben:

5 Die Bekanntmachung über eine freie Stelle für einen Bediensteten auf Zeit niederländischer Sprache wurde von der EVPEDFraktion in der Zusammenfassung der Mitteilungen über Einstellungen des Parlaments Nr. 14/2000 für den Zeitraum vom 29. Mai bis zum 14. Juni 2000 veröffentlicht.

6 In der Stellenausschreibung für diese Stelle heißt es:

Die Anstellungsbehörde der Fraktion hat beschlossen, ein Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle eines Verwaltungsrats oder Verwaltungsreferendars (m/w) niederländischer Sprache, Besoldungsgruppe A 8 oder A 7/A 6 (Bediensteter auf Zeit) zu eröffnen.

...

Art der Tätigkeit:

Qualifizierter Beamter, der nach Weisung seiner Vorgesetzten mit Referententätigkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der EVPEDFraktion betraut ist. Diese Tätigkeiten erfordern eine Eignung zur Teamarbeit.

Erforderliche Qualifikationen und Kenntnisse:

- durch ein Abschlusszeugnis nachgewiesenes Hochschulstudium oder Berufserfahrung, die ein gleichwertiges Niveau gewährleistet;

- sehr gute Kenntnis der institutionellen Struktur der Europäischen Union und ihrer Tätigkeiten;

- Fähigkeit, aufgrund allgemeiner Weisungen Konzeption, Analyse und Synthesearbeiten durchzuführen;

- gründliche Kenntnis einer der Amtssprachen der Europäischen Union und gute Kenntnis einer anderen Amtssprache.

Besondere Qualifikationen:

Aus mit der Tätigkeit zusammenhängen Gründen werden verlangt:

- gründliche Kenntnisse der niederländischen Sprache und gute Kenntnisse der deutschen und französischen oder englischen Sprache, Kenntnisse in anderen Gemeinschaftssprachen werden ebenfalls berücksichtigt;

- eine gute Kenntnis der Struktur und der Tätigkeiten der Organe der EU;

- Kenntnisse der programmatischen Zielsetzungen und Tätigkeiten der EVPEDFraktion und der Gemeinschaftspolitik; Kenntnisse der Agrarpolitik der EU und/oder eine Berufserfahrung in diesem Sektor werden als positiv beurteilt;

- eine nachgewiesene zweijährige Berufserfahrung rechtfertigt eine Einstellung in der Besoldungsgruppe A 7/A 6.

7 Eine Anzeige für diese Stelle wurde auch in mehreren niederländischsprachigen Zeitungen veröffentlicht.

8 Mit Schreiben vom 21. Juni 2000 bewarb sich die Rechtsmittelführerin um die streitige Stelle; ihre Bewerbung wurde für zulässig erklärt.

9 Die Beschwerdeführerin nahm am 9. Oktober 2000 an den schriftlichen und am 19. Oktober 2000 an den mündlichen Auswahlprüfungen teil.

10 Der in Artikel 8 der Regelung vom 15. März 1989 vorgesehene AdhocAusschuss gab als Prüfungsausschuss, wie in Nummer 5 des Dokuments über das Einstellungsverfahren der EVPEDFraktion vorgesehen (im Folgenden: Prüfungsausschuss), am 19. Oktober 2000 seinen Bericht über die Besetzung der streitigen Stelle ab. In diesem Bericht heißt es u. a.:

Aufstellung der Eignungsliste

Nach Abschluss seiner Arbeiten hat der [Prüfungsausschuss] beschlossen, die Namen der folgenden Bewerber auf die [Eignungs]Liste zu setzen:

- Frau Chantal Hectors (83,50 Punkte),

- Frau L. (73,50 Punkte),

- Herr B. (65,25 Punkte).

Gemäß Artikel 9 der [Regelung vom 15. März 1989] ist die Entscheidung über die Auswahl des Bewerbers für die in Frage stehende Stelle Sache der Einstellungsbehörde der Fraktion Europäische Volkspartei und Europäische Demokraten für Bedienstete auf Zeit.

11 Am 7. November 2000 traf jeder der drei ausgewählten Bewerber bei einem Gespräch mit vier Mitgliedern der niederländischen Delegation der EVPEDFraktion zusammen.

12 Am 22. November 2000 teilte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Rechtsmittelführerin mit, dass sie auf der Eignungsliste stehe.

13 Nachdem die Beschwerdeführerin keine Mitteilung über den Fortgang des Einstellungsverfahrens erhalten hatte, schrieb sie am 16. Januar 2001 an den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses.

14 Mit Schreiben vom 31. Januar 2001 teilte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Beschwerdeführerin mit, dass Herr B. ausgewählt worden sei. In diesem Schreiben wurde darüber hinaus ausgeführt:

Sie haben in den mündlichen und schriftlichen Prüfungen vom 9. und 19. Oktober 83,5 Punkte (von 100) erhalten. Damit stehen Sie auf der [Eignungs]Liste an erster Stelle.

Wie es üblich ist, hat der Prüfungsausschuss die Namen der drei am besten platzierten Bewerber dem Präsidium der Fraktion übermittelt, das wie oben angegeben entschieden hat.

Ich zitiere der Ordnung halber die folgende Vorschrift:

Gemäß Artikel 9 der [Regelung vom 15. März 1989] ist die Entscheidung über die Auswahl des Bewerbers für die in Frage stehende Stelle Sache der Einstellungsbehörde der Europäischen Volkspartei und Europäischen Demokraten für Bedienstete auf Zeit.

15 Am 11. April 2001 legte die Rechtsmittelführerin eine Beschwerde gegen die Entscheidungen über die Ernennung von Herrn B. zum einen und über die Ablehnung ihrer Bewerbung zum anderen ein. In dieser Beschwerde heißt es u. a.:

Mit Schreiben vom 31. Januar 2001 hat der Vorsitzende des [Prüfungsausschusses] mir mitgeteilt, dass der [Prüfungsausschuss] mich nach dem Ergebnis der Prüfungen auf der Liste der ausgewählten Bewerber (mit 83,5 von 100 Punkten) an die erste Stelle der ausgewählten Bewerber gesetzt habe, dass aber die EVPED[Fraktion] Herrn [B.] auf der freien Stelle ernannt habe. Für diese Entscheidung ist keine Begründung gegeben worden, auch nicht dafür, dass sie nicht mit der festgelegten Rangfolge nach dem Prüfungsergebnis übereinstimmt.

Wenn eine Anstellungsbehörde beschließt, auf ein Auswahlverfahren zurückzugreifen, um einen Bediensteten für eine spezifische Stelle einzustellen, auch wenn es sich um eine Planstelle auf Zeit handelt, so zeigt die ständige Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz meines Erachtens, dass die Anstellungsbehörde verpflichtet ist, die Ergebnisse dieses Auswahlverfahrens sowie die vom [Prüfungsausschuss] festgelegte Rangfolge nach dem Prüfungsergebnis zu beachten, es sei denn, dass außergewöhnliche ordnungsgemäß begründete Umstände vorliegen, die es erlauben würden, anders vorzugehen.

16 Mit Schreiben vom 28. Mai 2001 wies der Präsident der EVPEDFraktion diese Beschwerde zurück. Er führt in diesem Schreiben u. a. aus:

Ich habe von allen Ihren Bemerkungen und Erwägungen Kenntnis genommen; ich verweise jedoch auf [Artikel] 30 des Statuts, wonach die Anstellungsbehörde für jedes Auswahlverfahren einen Prüfungsausschuss bestellt. Der Prüfungsausschuss stellt ein Verzeichnis der geeigneten Bewerber auf, und es ist Sache der Anstellungsbehörde, aus diesem Verzeichnis den oder die Bewerber auszuwählen, mit denen sie die freien Stellen besetzt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Anstellungsbehörde verpflichtet wäre, die Reihenfolge im Verzeichnis der geeigneten Bewerber zu beachten.

Unter diesen Voraussetzungen werden Sie wohl verstehen, dass Ihre Beschwerde unbegründet ist und zurückgewiesen wird.

Die Klage beim Gericht und das angefochtene Urteil

7. Mit Klageschrift, die am 6. August 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Rechtsmittelführerin eine Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidungen erhoben.

8. Zur Begründung ihrer Anfechtungsklage machte die Rechtsmittelführerin einen auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützten formellen Klagegrund sowie vier materielle Klagegründe geltend, und zwar erstens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Rechtsfehler, eine Nichtbeachtung des dienstlichen Interesses und einen Verstoß gegen Artikel 12 der Beschäftigungsbedingungen, zweitens einen Verstoß gegen die Artikel 29 und 30 des Statuts, einen Verstoß gegen die Stellenausschreibung und einen Verstoß gegen den Grundsatz patere legem quam ipse fecisti, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Fürsorgepflicht. Außerdem behauptete die Rechtsmittelführerin, dass sie durch diese rechtswidrigen Verhaltensweisen einen materiellen und einen immateriellen Schaden erlitten habe und dass diese ebenso viele Pflichtverletzungen darstellten, die einen Schadensersatz rechtfertigten.

9. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die bei ihm anhängig gemachte Klage in vollem Umfang abgewiesen, nachdem es alle von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Klagegründe als nicht begründet zurückgewiesen hatte.

10. Zum ersten auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützten Klagegrund hat das Gericht in den Randnummern 35 bis 46 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Entscheidung, die Bewerbung der Rechtsmittelführerin nicht zu berücksichtigen, ausreichend begründet sei, da die Rechtsmittelführerin über die Stadien des eingeschlagenen Ernennungsverfahrens und damit über die für die Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens ausschlaggebenden Voraussetzungen unterrichtet gewesen sei. Es hat angenommen, dass die Entscheidung über die Ernennung von Herrn B., die keine besondere zu der Begründung der ersten Entscheidung hinzukommende Begründung erfordert habe, daher ebenfalls ausreichend begründet gewesen sei.

11. Um zu diesen Feststellungen zu gelangen, hat das Gericht zunächst in den Randnummern 36 und 37 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die Einstellungsbehörde bei Entscheidungen, die eine Auswahl zwischen mehreren Bewerbern beinhalteten, eine Begründung zumindest dann zu geben habe, wenn sie eine gegen diese Entscheidung von dem abgelehnten Bewerber eingelegte Beschwerde zurückweise (Urteile des Gerichts vom 3. März 1993 in der Rechtssache T25/92, Vela Palacios/WSA, Slg. 1993, II201, Randnr. 22, und vom 26. Januar 1995 in der Rechtssache T60/94, Pierrat/Gerichtshof, Slg. ÖD 1995, IA23 und II77), und dass der Umfang dieser Begründungspflicht jeweils nach den konkreten Umständen des Falles zu beurteilen sei.

12. Es hat anschließend zum einen festgestellt, dass das Präsidium der Fraktion in seiner Eigenschaft als Einstellungsbehörde gemäß Nummer 6 des Dokuments über das Einstellungsverfahren der EVPED, wenn nur eine freie Stelle angeboten worden sei, einen der ersten drei Bewerber auswähle, die in die von dem mit der Ausarbeitung von Vorschlägen betrauten Prüfungssausschuss aufgestellte Eignungsliste aufgenommen worden seien. Zum anderen hat es angenommen, dass die auf Artikel 2 Buchstabe c der Beschäftigungsbedingungen gestützte Einstellung eines Bediensteten auf Zeit durch eine Fraktion des Parlaments als ganz wesentlich ein Verhältnis gegenseitigen Vertrauens voraussetze.

13. Das Gericht hat daraus in den Randnummern 41 bis 45 des angefochtenen Urteils gefolgert, dass die Begründung, da es sich um eine Stelle eines Bediensteten auf Zeit bei einer Fraktion des Parlaments handele, bei deren Besetzung es dem Präsidium dieser Fraktion vollkommen freistehe, einen der auf der Eignungsliste stehenden Bewerber auszuwählen, sich nur auf die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen erstrecken könne, von deren Erfuellung die Ordnungsmäßigkeit des Ernennungsverfahrens abhängig sei. Diese Angaben seien der Rechtsmittelführerin aber zunächst mit dem Schreiben des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom 31. Januar 2001 und dann mit dem Schreiben des Vorsitzenden der EVPEDFraktion vom 28. Mai 2001, mit dem ihre Beschwerde zurückgewiesen worden sei, übermittelt worden.

14. Was den zweiten Klagegrund angeht, hat das Gericht in den Randnummern 65 bis 78 des angefochtenen Urteils entschieden, dass das Präsidium der EVPEDFraktion in seiner Eigenschaft als Einstellungsbehörde keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als es nicht die Bewerbung der Rechtsmittelführerin, sondern die Bewerbung von Herrn B. berücksichtigt habe, und erst recht nicht dem dienstlichen Interesse zuwidergehandelt oder aber gegen Artikel 12 Absatz 1 der Beschäftigungsbedingungen verstoßen habe.

15. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die Einstellungsbehörde bei der Einstellung von Bediensteten auf Zeit über ein Ermessen verfügt, das noch weiter sei als das Ermessen der Anstellungsbehörde, die nicht verpflichtet sei, die genaue Rangfolge der auf einer Eignungsliste stehenden Bewerber zu beachten, und hat angenommen, dass das Präsidium der Fraktion bei der Ausübung seiner freien Auswahl des eingestellten Bewerbers berechtigt gewesen sei, die Berufserfahrung der als geeignet für die Besetzung der betreffenden Stelle anerkannten Bewerber ganz besonders zu berücksichtigen.

16. Das Gericht hat daher die Auffassung vertreten, dass die Anstellungsbehörde die Grenzen ihres sehr weiten Ermessens nicht überschritten habe, als sie davon ausgegangen sei, dass Herr B. über eine ausreichende Erfahrung im Zusammenhang mit den europäischen Fragen sowie über eine umfassendere Berufserfahrung im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt habe als die Rechtsmittelführerin, selbst wenn diese bei den schriftlichen Auswahlprüfungen bessere Noten erzielt habe.

17. In den Randnummern 93 bis 107 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch den dritten von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Klagegrund zurückgewiesen.

18. Was den angeblichen Verstoß gegen die Artikel 29 und 30 des Statuts betrifft, hat es entschieden, dass das Verfahren für die Einstellung von Bediensteten auf Zeit nur unter die einschlägigen Vorschriften der Beschäftigungsbedingungen und der vom Parlament erlassenen internen Durchführungsregelungen falle und nicht unter die Vorschriften des Statuts über die Einstellung von Beamten.

19. Es hat festgestellt, dass der Umstand, dass in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde sowie in dem Schreiben des Präsidenten des Parlaments vom 14. Juni 2001 an den Vorsitzenden des Ausschusses für das Verfahren für die Einstellung von Bediensteten auf Zeit bei den Fraktionen auf Artikel 30 des Statuts bzw. auf eine Einstellung der Bediensteten auf Zeit nach ähnlichen Verfahren wie den für die Einstellung von Beamten geschaffenen Bezug genommen werde, die Feststellung nicht zulasse, dass die einschlägigen Vorschriften des Statuts auf Bedienstete auf Zeit anwendbar seien.

20. Was die Durchführung von Gesprächen zwischen den Mitgliedern der niederländischen Delegation und den auf der Eignungsliste stehenden Bewerbern angeht, die nach Auffassung der Rechtsmittelführerin sowohl gegen die Vorschriften des Statuts als auch gegen die internen Durchführungsregelungen des Parlaments verstößt, hat das Gericht entschieden, dass die Einstellungsbehörde befugt gewesen sei, derartige Gespräche auszurichten.

21. Das Gericht hat nämlich angenommen, dass diese Befugnis, die weder in den Vorschriften der Regelung vom 15. März 1989 noch in dem Dokument über das Einstellungsverfahren der EVPEDFraktion vorgeschrieben sei, sich aus dem sehr weiten Ermessen der Einstellungsbehörde bei der Wahl der Modalitäten der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens und bei der Durchführung dieses Verfahrens ergebe. Gemäß dem Erfordernis, dass ein Verhältnis gegenseitigen Vertrauens bestehen müsse, das für die Einstellung eines Bediensteten auf Zeit durch eine Fraktion des Parlaments auf der Grundlage des Artikels 2 Buchstabe c der Beschäftigungsbedingungen ausschlaggebend sei, könne diese Befugnis im Übrigen nicht gegen die Vorschriften des Statuts über die Einstellung von Beamten verstoßen, da diese Vorschriften auf Bedienstete auf Zeit nicht anwendbar seien.

22. Was das angebliche Fehlen einer vergleichenden Prüfung der Qualifikationen der Bewerber durch das Präsidium der Fraktion angeht, hat das Gericht darüber hinaus entschieden, dass in Anbetracht des Vorbringens des Parlaments, wonach die Einstellungsbehörde ihre Entscheidung auf der Grundlage der vollständigen Akte des Prüfungsausschusses, der Bewerbungsunterlagen und der Empfehlung der niederländischen Delegation getroffen habe, und mangels eines von der Beschwerdeführerin vorgelegten Beweismittels oder Indizes, das geeignet sei, ihr Vorbringen zu untermauern, nicht angenommen werden könne, dass die Einstellungsbehörde sich darauf beschränkt hätte, den Vorschlag dieser Delegation zu billigen, ohne diese vergleichende Prüfung vorzunehmen.

23. Schließlich hat das Gericht angenommen, dass auch die von der Rechtsmittelführerin angesprochenen, den Ablauf des Gesprächs mit der nationalen Delegation betreffenden Punkte, nämlich das Fehlen eines Mitglieds der Personalvertretung oder das Fehlen eines Protokolls oder eines mit Gründen versehenen Berichts nach Abschluss der Erörterung in das freie Ermessen der Einstellungsbehörde bei der Festlegung der Einzelheiten der Organisation des Auswahlverfahrens und bei dessen Durchführung fielen. Es handele sich daher nicht um wesentliche Förmlichkeiten, die entscheidende Auswirkungen auf den Ablauf des Einstellungsverfahrens hätten.

24. Zum vierten auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit von Männern und Frauen gestützten Klagegrund hat das Gericht in den Randnummern 117 bis 125 des angefochtenen Urteils ausgeführt, die Klägerin sei nicht in der Lage gewesen, eine Vermutung für eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung zu begründen, so dass es nicht Sache des Beklagten sei, nachzuweisen, dass kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen vorliege. Der einzige von der Klägerin vorgebrachte Punkt, nämlich der Umstand, dass sie zur maßgeblichen Zeit im sechsten Monat schwanger gewesen sei, wovon die niederländische Delegation unterrichtet gewesen sei, begründe keine Vermutung für das Vorliegen einer Diskriminierung.

25. Im Übrigen hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass die Einstellungsbehörde auf jeden Fall nicht gegen den Grundsatz der Gleichheit von Männern und Frauen verstoßen habe, dass sie dadurch, dass sie die Bewerbung von Herrn B. angenommen habe, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

26. Was den fünften Klagegrund angeht, hat das Gericht in den Randnummern 131 bis 135 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Einstellungsbehörde ihre Fürsorgepflicht nicht verletzt habe. Eventuelle Grenzen der sich aus der Fürsorgepflicht ergebenden Verpflichtungen könnten die Verwaltung nicht daran hindern, die Maßnahmen zur dienstlichen Verwendung der Beamten und Bediensteten zu erlassen, die sie im dienstlichen Interesse für erforderlich halte.

27. Das Gericht hat angenommen, dass seine Kontrolle sich in Anbetracht des sehr weiten Ermessens der Einstellungsbehörde in Bezug auf die Beurteilung dieses Interesses bei der Einstellung von Bediensteten auf Zeit auf die Frage beschränken müsse, ob die Einstellungsbehörde sich in vernünftigen Grenzen bewegt und ihr Ermessen nicht in offensichtlich fehlerhafter Weise ausgeübt habe. Da das Parlament dadurch, dass es die Klägerin nicht auf der streitigen Stelle ernannt habe, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, habe die Ernennung von Herrn B. dem dienstlichen Interesse entsprochen, da die Interessen der Klägerin dem dienstlichen Interesse nicht vorgehen könnten.

28. Schließlich hat das Gericht die Schadensersatzanträge abgewiesen. Es hat angenommen, dass aus der Prüfung der Aufhebungsanträge hervorgehe, dass die Klägerin die von der Anstellungsbehörde angeblich begangenen rechtswidrigen Handlungen nicht nachgewiesen habe.

Die Anträge der Beteiligten

29. Mit dem Rechtsmittel begehrt die Rechtsmittelführerin zum einen die Aufhebung des angefochtenen Urteils und der streitigen Entscheidungen und zum anderen die Verurteilung des Parlaments zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 60 554,70 Euro vorbehaltlich einer Erhöhung sowie der sowohl in erster Instanz als auch im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.

30. Das Parlament beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Zum Rechtsmittel

31. Zur Begründung ihres Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen vier Rechtsmittelgründe geltend: Erstens einen Verstoß gegen die Grundsätze der Legalität und der Rechtssicherheit sowie einen Verfahrensfehler, zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht, drittens eine falsche Beurteilung des Artikels 12 der Beschäftigungsbedingungen und des Begriffes des dienstlichen Interesses und viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

Zu dem auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Beteiligten

32. Die Rechtsmittelführerin rügt, dass das Gericht dadurch gegen den Begründungsgrundsatz verstoßen habe, dass es die fehlende Begründung der Einstellungsbehörde nicht beanstandet habe. Diese sei verpflichtet, ihre Entscheidung spezifisch zu begründen, wenn sie von der Reihenfolge abgehe, die von einem Auswahlausschuss auf der Eignungsliste der Bewerber um eine Stelle eines Bediensteten auf Zeit aufgestellt worden sei.

33. Diese Verpflichtung ergebe sich eindeutig aus der Rechtsprechung, insbesondere aus dem Urteil vom 9. Juli 1987 in den Rechtssachen 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85 (Hochbaum & Rawes/Kommission, Slg. 1987, 3259), dem Urteil Pierrat/Gerichtshof (Randnrn. 38 und 39) und dem Urteil vom 20. Februar 2002 in der Rechtssache T117/01 (Roman Parra/Kommission, Slg. ÖD 2002, IA27 und II121, Randnr. 31). Diese Rechtsprechung verpflichte die Einstellungsbehörde, eine spezifische Begründung zu geben, die über eine allgemeine Begründung oder eine Verweisung auf die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens hinausgehe. Im Fall der Rechtsmittelführerin, die in ihrer Beschwerde angegeben habe, dass sie an erster Stelle auf der Eignungsliste gestanden habe und dass der ausgewählte Bewerber ein schlechteres Ergebnis als sie erzielt habe, hätte die Einstellungsbehörde daher ihre Entscheidung spezifisch begründen müssen.

34. Außerdem macht die Rechtsmittelführerin geltend, die Notwendigkeit eines Verhältnisses des gegenseitigen Vertrauens zwischen dem einzustellenden Bediensteten auf Zeit und den Mitgliedern der nationalen Fraktion sei für die Verpflichtung der Einstellungsbehörde zu einer spezifischen Begründung unerheblich.

35. Das Parlament trägt vor, die genannten Urteile Hochbaum & Rawes/Kommission und Pierrrat/Gerichtshof seien nicht einschlägig, da sie sich auf andere Sachverhalte bezögen, nämlich das erste auf ein mit mehreren Verfahrensfehlern behaftetes Beförderungsverfahren und das zweite auf eine Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der diese eine Person eingestellt habe, die nicht auf der Eignungsliste gestanden habe.

36. Dagegen sei im vorliegenden Rechtsstreit in den internen Vorschriften der EVPEDFraktion ausdrücklich angegeben, dass die Einstellungsbehörde einen der ersten drei Bewerber auf der Eignungsliste auswählen könne, so dass die Begründung der im vorliegenden Fall erlassenen Entscheidung sich nur auf die Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen habe beziehen können, von deren Erfuellung die Ordnungsmäßigkeit des Ernennungsverfahrens abhängig gewesen sei, wie es im angefochtenen Urteil zu Recht anerkannt worden sei.

37. Außerdem sei es unstreitig, dass eine unzureichende Begründung der Antwort auf eine Beschwerde durch im streitigen Verfahren abgegebene Erklärungen ergänzt werden könne. Das Parlament habe aber vor dem Gericht geltend gemacht, dass die Ernennung von Herrn B. auf dessen umfangreicherer Erfahrung auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik beruht habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

38. Nach Artikel 11 Absatz 3 der Beschäftigungsbedingungen werden die Verfügungen, die einen Bediensteten auf Zeit betreffen, gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Statuts veröffentlicht; diese Vorschrift bestimmt: Jede Verfügung auf Grund des Statuts ist dem betroffenen Beamten unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Jede beschwerende Verfügung muss mit Gründen versehen sein.

39. Die in Artikel 25 Absatz 2 des Statuts geregelte Begründungspflicht und die bei auf eine Beschwerde hin erlassenen Entscheidungen in Artikel 90 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Statuts vorgesehene Begründungspflicht sollen zum einen dem Betroffenen ausreichende Hinweise für die Beurteilung geben, ob die Entscheidung begründet ist und ob es zweckmäßig ist, eine Klage zu erheben, um die Rechtmäßigkeit der Entscheidung in Frage zu stellen, und zum anderen dem Richter ermöglichen, seine Kontrolle auszuüben (siehe u. a. Urteil vom 26. November 1981 in der Rechtssache 195/80, Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861, Randnr. 22).

40. Wie das Gericht in den Randnummern 36 und 37 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat, trifft die Einstellungsbehörde in Entsprechung zur Anstellungsbehörde eine Begründungspflicht zumindest im Stadium der Zurückweisung der Beschwerde des abgelehnten Bewerbers gegen die Entscheidung, mit der seine Bewerbung abgelehnt wurde, und/oder gegen die Entscheidung, mit der ein anderer Bewerber ernannt wurde (siehe insbesondere in Bezug auf die Ablehnung der Bewerbung eines Beamten das Urteil vom 9. Dezember 1993 in der Rechtssache C115/92 P, Parlament/Volger, Slg. 1993, I6549, Randnr. 22). Der Umfang dieser Begründungspflicht ist nach den konkreten Umständen des Falles zu ermitteln (Urteil vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache 169/88, Prelle/Kommission, Slg. 1989, 4335, Randnr. 9).

41. Im angefochtenen Urteil hat das Gericht entschieden, dass die Einstellungsbehörde, da es ihr freigestanden habe, einen der auf der Eignungsliste stehenden Bewerber auszuwählen, sich darauf habe beschränken können, die Begründung ihrer Entscheidung auf die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen für die Ordnungsmäßigkeit des Ernennungsverfahrens zu beziehen. Damit hat es unausgesprochen auf den vorliegenden Fall seine Rechtsprechung zum Beförderungsverfahren angewandt, nach der bei der Begründung der Zurückweisung einer Beschwerde, da die Beförderung aufgrund einer Auslese erfolgt, nur auf die rechtlichen Voraussetzungen Bezug genommen zu werden braucht, von denen das Statut die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens abhängig macht (siehe u. a. Urteile Vela Palacios/WSA, Randnr. 22, und Roman Parra/Kommission, Randnr. 27).

42. Im vorliegenden Fall gründet sich das Verfahren der Einstellung eines Bediensteten auf Zeit zwar letztlich auf die freie Auswahl durch die Einstellungsbehörde nach den internen Vorschriften der EVPEDFraktion in Nummer 6 des Dokuments über das Einstellungsverfahren der EVPEDFraktion. Es ist jedoch, was die Begründungspflicht angeht, dem Verfahren zur Beförderung eines Beamten gemäß Artikel 45 des Statuts, die ausschließlich auf Grund einer Auslese vorgenommen wird, nicht gleichzustellen.

43. Das Verfahren zur Auswahl eines Bediensteten auf Zeit, so wie es in den Vorschriften der EVPEDFraktion vorgesehen ist, umfasst nämlich die Vorauswahl der zur Teilnahme an den mündlichen und schriftlichen Prüfungen eingeladenen Bewerber, die Ausarbeitung der Eignungsliste gemäß den Ergebnissen dieser Prüfung durch den Prüfungsausschuss und dann die vergleichende Prüfung der Bewerbungsunterlagen und der vom Prüfungsausschuss aufgestellten Liste.

44. Die Entscheidung der Einstellungsbehörde, die dem Grundsatz nach auf eine vergleichende Beurteilung subjektiver Art gestützt ist, beruht daher auch auf objektiven Gegebenheiten, nämlich der Gegenüberstellung der Bewerbungsunterlagen mit den in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationen und der Berücksichtigung des aus den Ergebnissen der Prüfungen hergeleiteten Vorschlags des Prüfungsausschusses.

45. Die Einstellungsbehörde verfügte damit über eine Stellungnahme des Prüfungsausschusses zu den Fähigkeiten und der Eignung der Bewerber in Bezug auf die geforderten Qualifikationen, die ihr eine Grundlage für einen Vergleich der Verdienste der Bewerber geben sollte; diese Stellungnahme gehörte zu den Gesichtspunkten, auf die sie ihre eigene Beurteilung der Bewerber gestützt hat.

46. Da die Einstellungsbehörde von der Stellungnahme des Prüfungsausschusses und damit von der auf das Ergebnis der Qualifikationsprüfungen gestützten und der Rechtsmittelführerin mitgeteilten Rangfolge abgewichen ist, konnte diese durch eine allgemeine Begründung oder durch eine Begründung in Form einer bloßen Verweisung auf die Ordnungsmäßigkeit des Einstellungsverfahrens keine Kenntnis von den Gründen für ihren Ausschluss erhalten.

47. Im vorliegenden Fall war eine spezifische Begründung bei der Beantwortung der Beschwerde der Rechtsmittelführerin umso mehr gerechtfertigt, als diese an einem Einzelgespräch teilgenommen hatte, das ursprünglich nicht vorgesehen war, als sie keinerlei Informationen über den Ausgang des Einstellungsverfahrens erhalten hatte, bevor sie diese selbst anforderte, und dass sie in ihrer Beschwerde vom 11. April 2001 ausdrücklich auf den Inhalt der Eignungsliste und auf die festgelegte Reihenfolge nach den Prüfungsergebnissen Bezug genommen hatte.

48. Aus dem vom Gericht festgestellten Sachverhalt geht aber hervor, dass zum einen die Antwort des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom 31. Januar 2001 auf das Schreiben der Rechtsmittelführerin vom 16. Januar 2001 sich darauf beschränkte, diese von dem Verfahren in Kenntnis zu setzen, nach dem die Einstellungsbehörde bei der Vornahme ihrer Auswahl vorgegangen war. Zum anderen wurden im Schreiben des Vorsitzenden der EVPEDFraktion vom 28. Mai 2001, mit dem die Beschwerde der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen wurde, lediglich die Stadien des durchgeführten Ernennungsverfahrens angegeben.

49. Im Laufe des vorprozessualen Verfahrens hat die Rechtsmittelführerin somit keine für ihren Fall spezifische Information erhalten, sondern es wurden ihr nur allgemeine Erwägungen zum eingeschlagenen Verfahren mitgeteilt.

50. Da das völlige Fehlen einer Begründung vor der Erhebung einer Klage nicht durch Erklärungen der Einstellungsbehörde - entsprechend zur Anstellungsbehörde - vor dem Gericht geheilt werden kann (siehe in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 1990 in der Rechtssache C343/87, Culin/Kommission, Slg. 1990, I225, Randnr. 15), ist festzustellen, dass die Einstellungsbehörde gegen ihre Begründungspflicht verstoßen hat.

51. Demzufolge hat das Gericht dadurch, dass es in Randnummer 41 des angefochtenen Urteils angenommen hat, dass die Begründung der Entscheidung, die Bewerbung der Rechtsmittelführerin nicht zu berücksichtigen, sich nur auf die Einhaltung der geltenden rechtlichen Voraussetzungen habe erstrecken können, und danach in Randnummer 46 dieses Urteils die Auffassung vertreten hat, dass diese Entscheidung ausreichend begründet gewesen sei, einen Rechtsfehler begangen. Daher ist das Urteil aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass die anderen von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Rechtsmittelgründe geprüft zu werden brauchen.

Zur Begründetheit der Klage

52. Da der Rechtsstreit zur Entscheidung reif ist, ist gemäß Artikel 61 der Satzung des Gerichtshofes über die Anträge der Rechtsmittelführerin auf Aufhebung der streitigen Entscheidungen und auf Verurteilung des Parlaments zur Zahlung von Schadensersatz in der Sache zu entscheiden.

Zu den Anträgen auf Aufhebung der streitigen Entscheidungen

53. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Einstellungsbehörde die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt hat, da ihre Antwort auf die Beschwerde der Rechtsmittelführerin keine Begründung enthielt.

54. Daraus folgt, dass dem auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützten Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin stattzugeben ist. Die Entscheidung, durch die die Beschwerde der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen worden ist, sowie demzufolge auch die anderen streitigen Entscheidungen sind daher aufzuheben, ohne dass die anderen Rechtsmittelgründe geprüft zu werden brauchen.

Zu den Schadensersatzanträgen

Vorbringen der Beteiligten

55. Die Rechtsmittelführerin trägt vor, sie habe aufgrund der geltend gemachten rechtswidrigen Verhaltensweisen, die auch Rechtsverletzungen seien, die Schadensersatz rechtfertigten, materiellen und immateriellen Schaden erlitten. Der materielle Schaden bestehe darin, dass ihr der Zugang zum öffentlichen Dienst verweigert worden sei, obwohl die Einstellungsbehörde nur sie habe ernennen können. Sie habe damit alle mit einer Laufbahn im öffentlichen Dienst der Gemeinschaft verbundenen Rechte und Interessen eingebüßt. Zwar ziehe die Aufnahme in eine Eignungsliste nicht automatisch eine Ernennung nach sich, in Anbetracht ihrer persönlichen Lage sei es jedoch unmöglich gewesen, sie nicht zu ernennen.

56. Der immaterielle Schaden ergebe sich aus der gänzlich fehlenden Transparenz im Ernennungsverfahren. Während das Parlament es abgelehnt habe, die im Rahmen der Einstellung getroffenen Entscheidungen mitzuteilen und die Ablehnung ihrer Bewerbung zu begründen, habe die Einstellungsbehörde ihrerseits nicht auf die Beschwerde der Rechtsmittelführerin geantwortet und sie damit gezwungen, eine Klage beim Gericht einzureichen.

57. Im Zeitpunkt der Einreichung ihrer Erwiderung beim Gericht, am 10. Dezember 2001, macht die Rechtsmittelführerin einen materiellen Schaden geltend, der der Vergütung entspricht, die sie hätte erhalten müssen, wenn sie ausgewählt worden wäre, nämlich 5 055,47 Euro (Monatsgehalt) x 10 (da Herr B. im Februar 2001 eingestellt worden sei); zu diesem Betrag müsse ein Monatsgehalt hinzukommen. Als Ersatz des immateriellen Schadens fordert sie 10 000 Euro.

58. Das Parlament macht geltend, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz. Die Einstellungsbehörde habe keinen Rechtsfehler begangen und habe die streitige Entscheidung ausreichend begründet; diese Begründung sei im Übrigen im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens vervollständigt worden.

59. Hilfsweise verweist das Parlament auf die Rechtsprechung des Gerichts, nach der die Aufhebung der betreffenden Handlung einen angemessenen Ausgleich des Schadens darstelle (Urteile des Gerichts vom 21. März 1996 in der Rechtssache T376/94, Otten/Kommission, Slg. ÖD 1996, IA129 und II401, Randnr. 55, und vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T136/98, Campogrande/Kommission, Slg. ÖD 2000, IA267 und II1225, Randnr. 68).

60. Das Parlament macht außerdem geltend, die Klägerin habe den materiellen Schaden erst in ihrer Erwiderung beziffert, was gegen Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts verstoße, da sie dies schon bei der Erhebung ihrer Klage hätte tun können und sie keine besonderen Umstände behaupte, die diese Unterlassung rechtfertigten. Insoweit verweist das Parlament auf das Urteil vom 20. September 1990 in der Rechtssache T37/89 (Hanning/Parlament, Slg. 1990, II463, Randnr. 82).

Würdigung durch den Gerichtshof

61. Zum einen ist, was den sich aus der fehlenden Begründung der streitigen Entscheidungen ergebenden immateriellen Schaden angeht, festzustellen, dass die Aufhebung dieser Entscheidungen als solche einen angemessenen Ausgleich des Schadens darstellt, den die Rechtsmittelführerin im vorliegenden Fall erlitten hat. Der Antrag auf Ersatz dieses Schadens ist folglich zurückzuweisen (siehe in diesem Sinne Urteil Hochbaum & Rawes/Kommission, Randnr. 22).

62. Zum anderen hat die Rechtsmittelführerin, was den behaupteten materiellen Schaden angeht, den Umfang des angeblich erlittenen Schadens nicht in ihrer Klageschrift, sondern erst in ihrer Erwiderung dargetan. Demzufolge hat sie die Anforderungen des Artikels 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts nicht erfuellt. Zwar hat der Gerichtshof anerkannt, dass es in bestimmten Sonderfällen, insbesondere wenn der behauptete Schaden schwer zu beziffern ist, nicht unabdingbar ist, in der Klageschrift den genauen Schadensumfang anzugeben und den beantragten Schadensersatzbetrag zu beziffern (siehe u. a. Urteile vom 14. Mai 1975 in der Rechtssache 74/74, CNTA/Kommission, Slg. 1975, 533, und vom 28. März 1979 in der Rechtssache 90/78, Granaria/Rat und Kommission, Slg. 1979, 1081, 1090). Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Rechtsmittelführerin besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, diesen Schadensposten in der Klageschrift nicht zu beziffern, jedoch weder bewiesen noch auch nur behauptet. Der Antrag auf Ersatz des materiellen Schadens ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

63. Nach alledem kann den Schadensersatzanträgen nicht stattgegeben werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

64. Nach Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der aufgrund von Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin die Verurteilung des Parlaments beantragt hat und dieses mit seinen Anträgen mit Ausnahme der Anträge auf Abweisung des Schadensersatzantrags im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihm außer seinen eigenen Kosten die Auslagen der Rechtsmittelführerin vor dem Gerichtshof und die Hälfte von deren Auslagen vor dem Gericht aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Januar 2003 in der Rechtssache T181/01, Hectors/Parlament, wird aufgehoben.

2. Die Entscheidungen der Einstellungsbehörde über die Ernennung von Herrn B. auf der Stelle eines Verwaltungsrats niederländischer Sprache bei der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten des Europäischen Parlaments und über die Zurückweisung der Bewerbung der Rechtsmittelführerin um diese Stelle sowie die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde der Rechtsmittelführerin werden ebenfalls aufgehoben.

3. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

4. Das Europäische Parlament trägt die mit dem Rechtsmittel zusammenhängenden Kosten und außer seinen eigenen Kosten die Hälfte der Auslagen der Rechtsmittelführerin vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften.

Ende der Entscheidung

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