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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.06.1991
Aktenzeichen: C-152/89
Rechtsgebiete: EWGV


Vorschriften:

EWGV Art. 95 Abs. 1
EWGV Art. 96
EWGV Art. 169
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Im Rahmen einer Klage der Kommission wegen Vertragsverletzung gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag legt die mit Gründen versehene Stellungnahme den Gegenstand des Rechtsstreits fest; dieser kann im nachhinein nicht mehr erweitert werden. Die Möglichkeit für den betroffenen Staat zur Stellungnahme stellt nämlich eine vom Vertrag gewollte Garantie und ein wesentliches Formerfordernis des Verfahrens zur Feststellung der Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats dar.

2. Ein System der Besteuerung von Bier, wonach die Verbrauchsteuer nicht auf das Fertigerzeugnis, sondern auf die Warmwürze erhoben wird ohne Rücksicht auf den Brauschwund, der in den späteren Stadien der Herstellung und Lagerung eintritt, und wonach eingeführtes Bier angesichts des Umstands, daß es technisch nicht möglich ist, im nachhinein die Höhe des tatsächlich eingetretenen Brauwürzeschwunds festzulegen, auf der Grundlage der Menge des Fertigerzeugnisses besteuert wird, die pauschal berichtigt wird, um der angenommenen Menge der eingesetzten Warmwürze Rechnung zu tragen, während für ausgeführtes Bier eine pauschal berechnete Rückvergütung der Verbrauchsteuer gewährt wird, kann nur dann als mit den Artikeln 95 Absatz 1 und 96 EWG-Vertrag vereinbar angesehen werden, wenn feststeht, daß seine Ausgestaltung es unter allen Umständen ausschließt, daß eingeführtes Bier höher besteuert wird als einheimisches Bier und daß die Rückvergütungen, die für ausgeführtes Bier gewährt werden, höher sind als die Abgaben, mit denen das Erzeugnis vor seiner Ausfuhr belastet war.

Ein Mitgliedstaat, der ein solches System der Besteuerung von Bier anwendet und für die Erhebung der Verbrauchsteuer bei der Einfuhr und ihre Rückvergütung bei der Ausfuhr einen Schwund zwischen Würze und Fertigerzeugnis zugrundelegt, der über dem bestimmter einheimischer Brauereien liegt, verstösst somit gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 95 und 96 EWG-Vertrag.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 26. JUNI 1991. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG. - VERBRAUCHSTEUER AUF BIER - ERSTATTUNG BEI DER AUSFUHR - AUSGLEICH BEI DER EINFUHR. - RECHTSSACHE C-152/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 27. April 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Pflichten aus den Artikeln 95 und 96 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es bei Erhebung der Verbrauchsteuer auf Bier bei der Einfuhr und deren Rückvergütung bei der Ausfuhr einen Brauschwund der Bierwürze gegenüber dem Fertigerzeugnis zugrunde gelegt hat, der den durchschnittlichen Schwund in der luxemburgischen Brauereiindustrie übersteigt und jedenfalls über dem Schwund bestimmter luxemburgischer Brauereien liegt.

2 Nach den gemeinsamen Bestimmungen der Belgisch-Luxemburgischen Wirtschaftsunion wird die Verbrauchsteuer auf Bier in Luxemburg und in Belgien nicht auf das Fertigerzeugnis, sondern auf die Warmwürze erhoben, ohne Rücksicht auf den Brauschwund, der in den späteren Stadien der Herstellung und Lagerung eintritt. In einem solchen System hängt die steuerliche Gesamtbelastung des Fertigerzeugnisses Bier von dem Schwund ab, der bei der Umwandlung von Würze in Bier entsteht. Sie ist umso geringer, je geringer dieser Schwund ist.

3 Um den Betrag der Abgabe zu ermitteln, der das Fertigerzeugnis bei der Aus- oder der Einfuhr belasten soll, ist auf die Besteuerungsgrundlage, das heisst auf die Warmwürze als Ausgangsstoff des Bieres, zurückzugehen; dabei ist der mit der Umwandlung von Würze in Bier verbundene Brauschwund zu berücksichtigen. Bei der Ausfuhr wird diese Umrechnung des ausgeführten Erzeugnisses in Warmwürze unter Zugrundelegung eines Schwundes von 10 % der Würze vorgenommen. Bei der Einfuhr werden die tatsächlich eingeführten Biermengen um 5 % erhöht, um den Brauschwund der Brauereien des Herkunftsstaats zu berücksichtigen, was einem Schwund von 4,7619 % der Warmwürze entspricht.

4 Am 12. Dezember 1983 richtete die Kommission gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag ein Aufforderungsschreiben an die luxemburgische Regierung. Dem Schreiben zufolge übersteigt der von Luxemburg aus Anlaß der Festlegung des Abgabenbetrags bei der Einfuhr und der Rückvergütung bei der Ausfuhr zugrundegelegte Brauschwund die tatsächliche Höhe dieses Schwundes im Lande selbst und stellt daher eine Verletzung der Artikel 95 und 96 EWG-Vertrag dar. Die Kommission wies darauf hin, daß nach den ihr vorliegenden Informationen der Brauschwund in einer modernen Brauerei bis zu 2 % betrage und es keinen Grund für die Annahme gebe, daß der Schwund in den luxemburgischen Brauereien höher liege. Nach Auffassung der Kommission liegt im luxemburgischen System der Bierbesteuerung der Rückvergütungsbetrag bei der Ausfuhr über dem Abgabenbetrag, der tatsächlich auf dem Fertigerzeugnis laste, und die bei der Einfuhr erhobene Abgabe über der, die bei dem vergleichbaren inländischen Erzeugnis erhoben werde.

5 In seiner Antwort erläuterte das Großherzogtum Luxemburg sein System der Bierbesteuerung und bestritt, daß die an seinen Grenzen erhobenen Abgaben eine Verletzung der Artikel 95 und 96 EWG-Vertrag darstellten. Die Kommission beauftragte darauf zwei unabhängige Sachverständige, die Professoren Dalgliesh und Narziß, mit einer Untersuchung und übersandte auf der Grundlage dieser Gutachten am 2. Februar 1987 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie für Luxemburg einen Schwund zugrunde legte, der für ausgeführte Biere im unteren Bereich einer Marge von 3,8 bis 5,1 % und für im Inland selbst geliefertem Bier im unteren Bereich einer Marge von 2,7 bis 4 % lag.

6 Mit Schreiben vom 16. Oktober 1987 antwortete die luxemburgische Regierung, daß die luxemburgische Bierindustrie schlecht ausgerüstet sei und der bei der Bierherstellung auftretende Schwund nicht unter 10 % habe gesenkt werden können, während die ausländischen Brauereien besser ausgestattet seien und nur einen Schwund von 4,7619 % aufwiesen. Die Kommission hielt diese Erklärung nicht für ausreichend und hat die vorliegende Klage erhoben.

7 Wegen einer eingehenderen Darstellung der einschlägigen Rechtsvorschriften, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Zulässigkeit

8 Die luxemburgische Regierung hält die Klage insoweit für unzulässig, als in der Klageschrift hilfsweise beanstandet werde, daß die zugrundegelegten Sätze über dem Schwund "bestimmter luxemburgischer Brauereien" lägen, während Luxemburg in der mit Gründen versehenen Stellungnahme lediglich vorgeworfen werde, bei der Rückvergütung der Steuer aus Anlaß der Ausfuhr einen Schwund, der über dem "Durchschnitt in der luxemburgischen Brauindustrie" liege, und bei der Erhebung der Steuer aus Anlaß der Einfuhr einen Schwund zugrunde gelegt zu haben, der über dem in Luxemburg und den nach Luxemburg ausführenden Ländern im Durchschnitt festzustellenden Hoechstschwund liege.

9 Hierzu ist festzustellen, daß im Rahmen einer Klage der Kommission wegen Vertragsverletzung gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag die mit Gründen versehene Stellungnahme den Gegenstand des Rechtsstreits festlegt und dieser im nachhinein nicht mehr erweitert werden kann. Die Möglichkeit für den betroffenen Staat zur Stellungnahme stellt nämlich eine vom Vertrag gewollte Garantie und ein wesentliches Formerfordernis des Verfahrens zur Feststellung der Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats dar.

10 Die Parteien haben im vorgerichtlichen Verfahren im wesentlichen die Frage erörtert, ob der von Luxemburg bei der Besteuerung eingeführter Biere und der Rückvergütung bei der Ausfuhr zugrundegelegte Schwund zu hoch angesetzt sei, sowie die Kriterien, die für die Vereinbarkeit des Systems mit den Artikeln 95 und 96 EWG-Vertrag maßgebend sein sollen.

11 Unter diesen Umständen hat die Tatsache, daß die mit Gründen versehene Stellungnahme nicht ausdrücklich als maßgebendes Kriterium den Schwund "bestimmter luxemburgischer Brauereien", das heisst der leistungsstärksten Brauereien, angeführt hat, der luxemburgischen Regierung nicht die Möglichkeit genommen, zur Erheblichkeit dieses Kriterium Stellung zu nehmen, und kann daher nicht zur Unzulässigkeit der Klage führen.

12 Die luxemburgische Regierung macht weiter geltend, daß Tenor und Begründung der mit Gründen versehenen Stellungnahme insoweit widersprüchlich seien, als mit dem Tenor Luxemburg aufgegeben werde, den in Luxemburg und in den nach Luxemburg ausführenden Ländern durchschnittlich festzustellenden Schwund nicht zu überschreiten, während ihm die maßgebende Begründung lediglich untersage, den bei der Herstellung in Luxemburg festzustellenden Schwund zu überschreiten. Dieser Widerspruch und die Ungenauigkeit des Tenors selbst hätten es Luxemburg unmöglich gemacht, der mit Gründen versehenen Stellungnahme nachzukommen.

13 Hierzu ist lediglich festzustellen, daß die Antwort der beklagten Regierung auf die mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie die Vereinbarkeit des betreffenden Systems mit den Artikeln 95 und 96 vertritt, Verständnisprobleme im Hinblick auf die Tragweite der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht erkennen lässt.

14 Im übrigen hatte die beklagte Regierung die Möglichkeit, insoweit um Klarstellung zu bitten, wenn sie dies für notwendig hielt.

15 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Klage zulässig ist.

Zur Begründetheit

a) Zu Artikel 95

16 Die Kommission macht geltend, daß Luxemburg auf eingeführtes Bier ein anderes System anwende als bei der Besteuerung einheimischen Bieres. Sie weist darauf hin, daß das eingeführte Erzeugnis stets pauschal belastet werde, während ein luxemburgischer Brauer, der rationell arbeite, bei der Höhe der Verbrauchsteuer bevorzugt werde. Ein solches System sei nur dann mit Artikel 95 vereinbar, wenn Luxemburg nachweisen könne, daß der für eingeführte Biere pauschal festgelegte Schwund der Warmwürze von 4,7619 % von den luxemburgischen Brauereien, selbst den leistungsstärksten, immer erreicht werde.

17 Die luxemburgische Regierung verweist darauf, daß bei einer Vertragsverletzungsklage die Kommission die Beweislast trage; die Kommission habe aber in keiner Weise nachgewiesen, daß der Ausgleich der Verbrauchsteuer auf Bier zu einer Überbesteuerung der eingeführten Biere führe. Im übrigen solle die Erhöhung des Würzeäquivalents eingeführter Biere der höheren Produktivität bestimmter Brauereien in den Mitgliedstaaten Rechnung tragen und finde ihre Grenze lediglich beim effektiven Schwund der Herstellung im Ausland, weil es diskriminierend sei, für eingeführte Biere einen Schwund zugrunde zu legen, der nicht für sie, sondern für die einheimische Herstellung gelte.

18 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die Vereinbarkeit des streitigen Besteuerungssystems mit Artikel 95 EWG-Vertrag deshalb fraglich ist, weil für eingeführte Biere eine andere Bemessungsgrundlage zur Anwendung kommt als für einheimische Erzeugnisse. Einheimisches Bier wird nämlich auf der Grundlage der eingesetzten Warmwürze besteuert, ohne daß die bei der Umwandlung von Warmwürze in Bier verlorengehende Menge berücksichtigt wird, so daß ein leistungsstarker Hersteller in den Genuß eines Steuervorteils gelangt. Demgegenüber wird eingeführtes Bier auf der Grundlage der Menge des Fertigerzeugnisses besteuert, die pauschal berichtigt wird, um die angenommene Menge der für die Herstellung des Bieres verwendeten Warmwürze in Rechnung zu stellen.

19 Sodann ist festzustellen, daß die auf die Warmwürze und nicht auf das fertige Erzeugnis abstellenden Modalitäten der Besteuerung von Bier einheimischer Herstellung nicht auf eingeführtes Bier angewandt werden können, weil es technisch nicht möglich ist, den bei der Bierherstellung tatsächlich entstehenden Schwund an Warmwürze im nachhinein festzustellen.

20 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes liegt eine Verletzung des Artikels 95 Absatz 1 vor, wenn die auf das eingeführte Erzeugnis erhobene Abgabe und die Belastung, die das gleichartige inländische Erzeugnis zu tragen hat, in verschiedener Weise und nach verschiedenen Bestimmungen berechnet werden mit dem Ergebnis, daß das eingeführte Erzeugnis - sei es auch nur in bestimmten Fällen - höher belastet wird (Urteil vom 17. Februar 1976 in der Rechtssache 45/75, Rewe, Slg. 1976, 181).

21 Hieraus ergibt sich, daß das streitige Besteuerungssystem nur dann als mit Artikel 95 Absatz 1 vereinbar angesehen werden kann, wenn feststeht, daß seine Ausgestaltung es unter allen Umständen ausschließt, daß eingeführtes Bier höher besteuert wird als einheimisches Bier.

22 Um festzustellen, ob diese Voraussetzung erfuellt ist, muß die Steuerlast, die auf eingeführtem Bier nach Maßgabe des pauschal ermittelten Schwundes an Warmwürze liegt, mit der niedrigsten tatsächlichen steuerlichen Belastung einheimischen Bieres verglichen werden, die nur festgestellt werden kann, wenn man den Schwund der leistungsstärksten einheimischen Brauerei zugrunde legt.

23 Dagegen kommt entgegen der Ansicht der beklagten Regierung dem Schwund im Herkunftsland des eingeführten Bieres insoweit keinerlei Bedeutung zu, weil er keinen zweckdienlichen Vergleich der steuerlichen Belastung dieses Bieres mit der des einheimischen Bieres gestattet.

24 Die Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Sachverhalt führt den Gerichtshof zu der Feststellung, daß das luxemburgische System nicht so ausgestaltet ist, daß es unter allen Umständen eine höhere Besteuerung eingeführten Bieres gegenüber einheimischem Bier ausschließt.

25 Angesichts der fehlenden Transparenz des fraglichen Steuersystems hätte nämlich die beklagte Regierung den Nachweis erbringen müssen, daß dieses System auf keinen Fall diskriminierende Wirkungen hat.

26 Die von der Kommission vorgelegten Sachverständigengutachten - ein Gutachten von Dr. Dalgliesh und zwei Gutachten von Professor L. Narziß - lassen erkennen, daß es nicht möglich ist, eine absolute Zahl festzulegen, die den bei der Bierherstellung in den verschiedenen Brauereien und Ländern auftretenden Schwund wiedergeben würde. Der Gutachter Dalgliesh führt aus: "Benötigt man aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung einen Einheitswert, der eine ordentliche Herstellungsmethode in einer leidlich gut ausgestatteten modernen Brauerei widerspiegelt, so wären 5 % großzuegig und 4 % nicht zu niedrig gegriffen." Das erste Gutachten von Professor Narziß kommt zu dem Ergebnis, daß eine durchschnittliche Brauerei in der Lage sei, bei gewöhnlichem Bier einen Schwund von 5 % zu erreichen, daß dieser Wert indessen leicht gesenkt werden könne, wenn dies auch bedeutende technische Verbesserungen erforderlich mache.

27 In seinem zweiten Gutachten führt Professor Narziß für die einzelnen Herstellungsstufen verschiedene Werte an, in deren Bandbreite sich der Schwund der Brauereien bewege. Aus der Addition der Durchschnittswerte für jede Herstellungsstufe ergebe sich für eine mittlere Brauerei bei den im Inland gelieferten Bieren ein Schwund von 7,35 % und bei den zur Ausfuhr bestimmten Bieren ein Schwund von 7,95 %. Von diesen Mittelwerten ausgehend könne man Abweichungen von 1,5 % nach oben und nach unten feststellen. Addiere man hingegen die niedrigsten Durchschnittswerte für jede Stufe der Herstellung, so ergebe sich ein Wert von 4,25 %.

28 Aus diesen Gutachten ergibt sich, daß der bei der Besteuerung von eingeführtem Bier pauschal zugrunde gelegte Schwund von 4,7619 % nicht als der niedrigste Schwund angesehen werden kann, der von den leistungsstärksten luxemburgischen Brauereien erreicht werden kann.

29 Unter diesen Umständen muß es, da die beklagte Regierung den Beweis des Gegenteils nicht geführt hat, als feststehend erachtet werden, daß bestimmte luxemburgische Brauereien einen niedrigeren Schwund als 4,7619 % erreichen können.

30 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Klage, soweit mit ihr die Verletzung des Artikels 95 geltend gemacht wird, begründet ist.

b) Zu Artikel 96

31 Im Hinblick auf die Ausfuhren macht die Kommission geltend, daß die luxemburgische Brauerei, die ihren Schwund unter den pauschal festgelegten Durchschnittswert von 10 % senken könne, den Steuerbetrag, der für die Herstellung des ausgeführten Bieres nicht eingesetzten Anteilen der Würze entspreche, unter Verstoß gegen

Artikel 96 EWG-Vertrag rückvergütet erhalte. Die Kommission weist insoweit darauf hin, daß Luxemburg weder, wie es ihm oblegen hätte, den Nachweis erbracht habe, daß seine leistungsstärksten Einheiten einen Schwund von 10 % oder weniger nicht erreichten, noch auch nur in der Lage gewesen sei nachzuweisen, daß dieser Wert den durchschnittlichen Schwund darstelle.

32 Die beklagte Regierung führt aus, die Kommission habe nicht den Nachweis erbracht, daß ein Schwund von 10 % überhöht sei. Es gebe keinen Anhaltspunkt tatsächlicher Art, der eine Vermutung in diesem Sinne begründet.

33 Nach dem zweiten Gutachten von Professor Narziß beträgt der durchschnittliche Schwund bei zur Ausfuhr bestimmten Bieren 7,95 % mit einer möglichen Abweichung von 1,5 %. Nimmt man den höchsten Wert, kommt man also auf einen Schwund von 9,45 %.

34 Aus diesem Gutachten ergibt sich mithin, daß ein Schwund von 10 % keine absolute Grenze darstellt, unter die keine luxemburgische Brauerei ihren Schwund bei Exportbieren je absenken könnte.

35 Da die beklagte Regierung den Beweis des Gegenteils nicht geführt hat, ist als feststehend zu erachten, daß die Rückvergütung bei der Ausfuhr in bestimmten Fällen höher ist als die tatsächliche Steuerbelastung des ausgeführten Bieres.

36 Wie nämlich der Gerichtshof in seinem Urteil vom 1. Dezember 1965 in der Rechtssache 45/64 (Kommission/Italien, Slg. 1965, 1126) entschieden hat, muß ein Mitgliedstaat, der sich bei der Festlegung des Betrags der inländischen Abgaben, der bei der Ausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat rückvergütet werden kann, einer Pauschalmethode bedient, beweisen, daß diese in allen Fällen die zwingenden Grenzen des Artikels 96 einhält.

37 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Klage auch insoweit begründet ist, als mit ihr die Verletzung des Artikels 96 EWG-Vertrag geltend gemacht wird.

38 Daher ist festzustellen, daß das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Pflichten aus den Artikeln 95 und 96 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es bei der Erhebung der Verbrauchsteuer auf Bier bei der Einfuhr und deren Rückvergütung bei der Ausfuhr einen Brauschwund der Bierwürze gegenüber dem Fertigerzeugnis zugrunde gelegt hat, der über dem bestimmter luxemburgischer Brauereien liegt.

Kostenentscheidung:

Kosten

39 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Großherzogtum Luxemburg mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Pflichten aus den Artikeln 95 und 96 EWG-Vertrag verstossen, daß es bei der Erhebung der Verbrauchsteuer auf Bier bei der Einfuhr und deren Rückvergütung bei der Ausfuhr einen Brauschwund der Bierwürze gegenüber dem Fertigerzeugnis zugrunde gelegt hat,

der über dem bestimmter luxemburgischer Brauereien liegt.

2) Das Großherzogtum Luxemburg trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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