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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.06.2007
Aktenzeichen: C-156/04
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 83/182/EWG


Vorschriften:

EG Art. 226
EG Art. 90
Richtlinie 83/182/EWG
Richtlinie 83/182/EWG Art. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

7. Juni 2007

"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 83/182/EWG - Vorübergehende Einfuhr von Verkehrsmitteln - Abgabenbefreiungen - Gewöhnlicher Wohnsitz in einem Mitgliedstaat"

Parteien:

In der Rechtssache C-156/04

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 26. März 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Hellenische Republik, vertreten durch P. Mylonopoulos und I. Pouli als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues, M. Ilesic und E. Levits,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2006,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. September 2006

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission, festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 90 EG und aus der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel (ABl. L 105, S. 59, im Folgenden: Richtlinie), insbesondere Art. 1 dieser Richtlinie, verstoßen hat, dass sie

- auf die vorübergehende Nutzung von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen in ihrem Hoheitsgebiet statt der Vorschriften der Richtlinie die für aus Drittländern stammende Fahrzeuge geltenden Vorschriften über das zollrechtliche Verfahren der vorübergehenden Verwendung anwendet,

- auf Vergehen in Bezug auf die Anmeldung der in ihrem Hoheitsgebiet vorübergehend verwendeten Fahrzeuge eine Regelung über Sanktionen anwendet, die zusammen mit der Praxis der Behörden, den gewöhnlichen Wohnsitz der jeweiligen Privatperson, die das Fahrzeug einführt, systematisch in Griechenland festzulegen, offensichtlich unverhältnismäßig sind,

- systematisch die für die endgültige Einfuhr von Fahrzeugen vorgesehenen Abgaben erhebt, wenn einer Privatperson zum zweiten Mal ein Fahrzeug gestohlen wird, das sich jeweils im Verfahren der vorübergehenden Verwendung befand.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2 Nach ihrem ersten und ihrem zweiten Erwägungsgrund bezweckt die Richtlinie die Beseitigung der Hemmnisse für die Freizügigkeit und die Errichtung des Binnenmarkts aufgrund der steuerrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten über die vorübergehende Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel.

3 Im dritten Erwägungsgrund heißt es, dass "in bestimmten Fällen der sichere Nachweis geführt werden [muss], dass die betreffenden Personen Gebietsansässige eines Mitgliedstaats sind".

4 Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten unter den in ihr festgelegten Bedingungen bei der vorübergehenden Einfuhr von Straßenkraftfahrzeugen aus einem Mitgliedstaat eine Befreiung insbesondere von Umsatzsteuern, Sonderverbrauchsteuern und sonstigen Verbrauchsabgaben gewähren. Nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie gilt die Befreiung nicht für Nutzfahrzeuge.

5 Bei Personenfahrzeugen findet die Befreiung nach Art. 3 der Richtlinie bei ihrer vorübergehenden Einfuhr zur privaten Nutzung für höchstens sechs Monate mit oder ohne Unterbrechung je Zwölfmonatszeitraum Anwendung. Bei einer beruflichen Nutzung dieser Fahrzeuge findet die Befreiung nach Art. 4 der Richtlinie bei einer vorübergehenden Einfuhr für sechs oder sieben Monate mit oder ohne Unterbrechung je Zwölfmonatszeitraum Anwendung.

6 Sowohl Art. 3 als auch Art. 4 der Richtlinie machen die Befreiung davon abhängig, dass die Privatperson, die das Fahrzeug einführt, "ihren gewöhnlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem der vorübergehenden Einfuhr [hat]", wobei eine Privatperson, die ein Fahrzeug für eine berufliche Nutzung einführt, bestimmte zusätzliche Voraussetzungen einhalten muss.

7 In Bezug auf den Begriff des "gewöhnlichen Wohnsitzes" regelt Art. 7 der Richtlinie ("Allgemeine Bestimmungen über den Nachweis des Wohnsitzes") Folgendes:

"(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt als 'gewöhnlicher Wohnsitz' der Ort, an dem eine Person wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.

Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt. Dies ist nicht erforderlich, wenn sich die Person in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes zur Folge.

(2) Privatpersonen erbringen den Nachweis über ihren gewöhnlichen Wohnsitz anhand aller geeigneten Mittel, insbesondere des Personalausweises oder jedes anderen beweiskräftigen Dokuments.

(3) Bestehen bei den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats Zweifel über die Richtigkeit der Angabe des gewöhnlichen Wohnsitzes nach Absatz 2 oder sollen bestimmte spezifische Kontrollen vorgenommen werden, so können diese Behörden nähere Auskünfte oder zusätzliche Belege verlangen."

8 Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten insbesondere auf Antrag des Importeurs die vorübergehende Einfuhr während eines längeren Zeitraums gestatten können, als er in den Art. 3 und 4 der Richtlinie vorgesehen ist.

9 Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie sieht vor:

"Auf keinen Fall dürfen die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Richtlinie innerhalb der Gemeinschaft weniger günstige Steuerbefreiungen anwenden, als sie sie für Verkehrsmittel aus einem Drittland gewähren."

10 Schließlich bestimmt Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie:

"Ist die praktische Anwendung dieser Richtlinie mit Schwierigkeiten verbunden, so treffen die zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten die erforderlichen Entscheidungen im gegenseitigen Einvernehmen; dabei berücksichtigen sie insbesondere die Übereinkommen und Gemeinschaftsrichtlinien über gegenseitige Unterstützung."

Nationales Recht

11 Die durch das Gesetz Nr. 2187/94 geänderte Verordnung D 247/13 des Finanzministers vom 1. März 1988 (im Folgenden: Verordnung vom 1. März 1988), mit der die Richtlinie in das innerstaatliche Recht umgesetzt wurde, lässt in Art. 1 die vorübergehende Einfuhr von Verkehrsmitteln zur privaten Nutzung unter Befreiung von den entsprechenden Zöllen und anderen Abgaben zu, wobei Nutzfahrzeuge von dieser Regelung ausgeschlossen sind.

12 Art. 3 der Verordnung vom 1. März 1988 definiert den Begriff des "gewöhnlichen Wohnsitzes" der Privatperson, die das Fahrzeug einführt, mit einer Formulierung, die im Wesentlichen mit der des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie übereinstimmt.

13 Art. 4 der genannten Verordnung, der die vorübergehende Einfuhr von Verkehrsmitteln zur privaten Nutzung mit Ausnahme von Nutzfahrzeugen betrifft, setzt die Dauer - mit oder ohne Unterbrechung - der Zeit, in der sich das entsprechende Verkehrsmittel im Inland befinden darf, auf sechs Monate je Zwölfmonatszeitraum fest. Er sieht vor, dass diese Zeit um weitere neun Monate verlängert werden kann, es sei denn, die Privatperson, die das Fahrzeug einführt, übt eine berufliche Tätigkeit in Griechenland aus; in diesem Fall ist die Verlängerung auf höchstens drei Monate begrenzt.

14 Für die vorübergehende Einfuhr eines Personenfahrzeugs zur beruflichen Nutzung setzt Art. 5 der Verordnung vom 1. März 1988 den Zeitraum, in dem sich dieses Fahrzeug mit oder ohne Unterbrechung in Griechenland befinden darf, auf grundsätzlich sechs Monate fest. Diese Vorschrift schließt eine Abgabenbefreiung aus, wenn das Fahrzeug zur Personenbeförderung oder zur entgeltlichen oder unentgeltlichen gewerblichen oder geschäftsmäßigen Güterbeförderung genutzt wird.

15 Sowohl Art. 4 als auch Art. 5 der genannten Verordnung machen die Befreiung davon abhängig, dass der Betroffene seinen gewöhnlichen Wohnsitz außerhalb Griechenlands hat.

16 Art. 15 Abs. 3 und 4 der Verordnung vom 1. März 1988 übernimmt mit einer gleichlautenden oder im Wesentlichen gleichlautenden Formulierung die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 2 und 3 der Richtlinie über den Nachweis des gewöhnlichen Wohnsitzes.

17 Art. 133 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 1165/1918 über das Zollgesetzbuch (FEK A' 73) sieht in der Fassung, die während des in der vorliegenden Rechtssache durchgeführten Vorverfahrens anwendbar war, Folgendes vor:

"Gemeinschaftsfahrzeuge können vorübergehend im Inland verbleiben, ohne dass die Entrichtung der Zulassungssteuer und der Mehrwertsteuer verlangt wird. Für die Gewährung der vorübergehenden Befreiung ... finden die in den Vorschriften über dass zollrechtliche Verfahren der vorübergehenden Verwendung von aus Drittländern stammenden und vorübergehend eingeführten Fahrzeugen aufgestellten Bedingungen analoge Anwendung, sofern die Fahrzeuge wieder ausgeführt werden."

18 Art. 18 ("Verstöße - Sanktionen") des Gesetzes Nr. 2682/1999 sieht in der Fassung, die während des in der vorliegenden Rechtssache durchgeführten Vorverfahrens anwendbar war, Folgendes vor:

"A. Gemeinschaftsfahrzeuge

1. Der Besitz oder die Benutzung von Gemeinschaftsfahrzeugen durch in Griechenland ansässige Personen ohne Einhaltung der in den Art. 10 und 11 dieses Gesetzes vorgesehenen Formalitäten ist als Schmuggel strafbar, und die Bestimmungen des Zollgesetzbuchs über Schmuggel finden Anwendung (Gesetz Nr. 1165/1918 ...). In diesen Fällen wird kein Strafverfahren eingeleitet, wenn die Betroffenen die auf den Mindestbetrag festgesetzte erhöhte Abgabe nach den fraglichen Bestimmungen zahlen und auf die gegen den entsprechenden Abgabenbescheid gegebenen Rechtsbehelfe verzichten. In den Fällen nach diesem Absatz werden die Geldbußen nach dem nachstehenden Abs. 4 nicht erhoben.

...

4. Die vorgenannten Vergehen werden als einfache Zollvergehen betrachtet und ziehen folgende Geldbußen nach sich:

...

d) für ... die verspätete ... Ausfuhr ... des Fahrzeugs eine Geldbuße für jeden Tag der Verspätung in folgender Höhe: Personenfahrzeuge und Fahrzeuge vom Typ Jeep: - bis 1 600 cm3: 29 Euro; - ab 1 601 cm3: 59 Euro; Lastkraftwagen unabhängig vom Hubraum: 29 Euro; Motorräder unabhängig vom Hubraum: 14 Euro.

...

f) Wird das Fahrzeug, das ... im Inland verwendet wird, von einem Nichtberechtigten geführt, wird eine Geldbuße in Höhe von 733 Euro verhängt, sofern der Berechtigte sich zum Zeitpunkt des Vergehens im Land befand. Das Führen des genannten Fahrzeugs durch einen Nichtberechtigten bedeutet, dass das Fahrzeug nicht mehr unter die Regelung des Art. 14 Abs. 2 dieses Gesetzes fällt, wenn der Berechtigte sich zum Zeitpunkt der Feststellung des Vergehens nicht im Land befindet; auf den Nichtberechtigten finden die Bestimmungen des vorstehenden Abs. 1 Anwendung."

19 Art. 18 Teil C ("Gemeinschaftsfahrzeuge und Drittlandsfahrzeuge") des Gesetzes Nr. 2682/1999 bestimmt:

"1. Neben der Verhängung der in den vorstehenden Teilen A Abs. 4 ... vorgesehenen Geldbußen werden die Fahrzeuge auf Anordnung der Zollbehörde, die das Vergehen festgestellt hat, vorläufig beschlagnahmt; die Freigabe erfolgt nach Zahlung der geschuldeten Geldbußen und etwaiger weiterer Abgaben. ...

..."

20 Art. 10 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 2682/1999 lautet:

"Gemeinschaftsfahrzeuge können vor der Festsetzung der Zulassungssteuer in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Drittländer ausgeführt werden."

21 Schließlich sieht Art. 12 ("Diebstahl von Fahrzeugen") Abs. 1 Buchst. d der Verordnung vom 1. März 1988 vor:

"1. Der Berechtigte, der angibt, dass ihm das Fahrzeug, das er im Verfahren der vorübergehenden Verwendung erhalten hat, gestohlen wurde, ist ... nicht zur Entrichtung der Zölle und anderen Abgaben auf das gestohlene Fahrzeug verpflichtet ..., sofern nicht später festgestellt wird, dass der Berechtigte an einer gesetzwidrigen Verwendung des Fahrzeugs in Griechenland beteiligt ist, und sofern folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

...

d) Der Berechtigte hat nicht in der Vergangenheit den Diebstahl eines anderen Personenfahrzeugs gemeldet, das er im Verfahren der vorübergehenden Verwendung erhalten hatte."

Vorverfahren

22 Die Kommission richtete infolge einer Reihe von Beschwerden, die bei ihr eingereicht worden seien, wonach die auf die vorübergehende Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel in Griechenland angewandten Vorschriften die Freizügigkeit von Gemeinschaftsansässigen in diesem Mitgliedstaat erheblich behinderten, am 17. Mai 1999 ein Mahnschreiben an die griechischen Behörden und wies sie auf die Unvereinbarkeit der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften mit den Bestimmungen der Richtlinie und mit Art. 90 EG hin.

23 Nach Prüfung der Erklärungen der Hellenischen Republik in ihrer Antwort vom 1. September 1999 auf dieses Mahnschreiben richtete die Kommission am 29. November 2000 an diesen Mitgliedstaat eine mit Gründen versehene Stellungnahme, die neun Rügen umfasste und in der sie den Schluss zog, dass die fraglichen Rechtsvorschriften mit den genannten Gemeinschaftsbestimmungen unvereinbar seien.

24 Die Kommission hielt die Erläuterungen der Hellenischen Republik in ihrer Antwort vom 21. Februar 2001 auf die mit Gründen versehene Stellungnahme für nicht ausreichend und hat die vorliegende Klage erhoben, mit der sie jedoch nur einige der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme formulierten Rügen weiterverfolgt.

Zur Klage

Zur ersten Rüge

Vorbringen der Parteien

25 Die Kommission wirft der Hellenischen Republik vor, auf die vorübergehende Nutzung von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen in ihrem Hoheitsgebiet statt der Vorschriften der Richtlinie, die ihre Grundlage in der Notwendigkeit einer größeren Integration der Mitgliedstaaten habe, die für aus Drittländern stammende Fahrzeuge geltenden Vorschriften über das zollrechtliche Verfahren der vorübergehenden Verwendung anzuwenden.

26 In demselben Kontext wirft die Kommission den griechischen Behörden vor, davon auszugehen, dass die Richtlinie, die Steuerbefreiungen bei der "Einfuhr" vorsehe, seit dem 1. Januar 1993, dem Zeitpunkt, zu dem das Prinzip der Einfuhrbesteuerung im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten abgeschafft worden sei, keine Wirkung mehr entfalte und gegenstandslos sei.

27 Die griechische Regierung entgegnet, die Rügen der Kommission träfen nicht zu, da die Richtlinie seit Langem ordnungsgemäß in das innerstaatliche Recht umgesetzt sei und weiterhin angewandt werde. Die Kommission beziehe sich nicht auf Verstöße gegen konkrete Verpflichtungen aus der Richtlinie, und die von ihr begonnene Diskussion sei theoretischer Natur; die griechischen Behörden verfolgten die Absicht, die Kommission zu veranlassen, die Gesetzgebungsinitiative zu ergreifen, um die Richtlinie an die rechtliche Situation anzupassen, die seit dem 1. Januar 1993 bestehe, dem Zeitpunkt, seit dem der Begriff der "Einfuhr" zwischen Mitgliedstaaten nicht mehr gelte.

28 Die griechische Regierung macht geltend, dass sie, wie dem auch sei, die Richtlinie in den innergemeinschaftlichen Beziehungen anwende.

Würdigung durch den Gerichtshof

29 Mit dieser Rüge trägt die Kommission vor, dass die Hellenische Republik die Richtlinie nicht als solche anwende.

30 Die griechische Regierung führt dazu aus, dass die Auseinandersetzung mit der Kommission darauf zurückgehe, dass die griechischen Behörden im Rahmen der regelmäßigen Kontakte mit der Kommission Bemerkungen zur Notwendigkeit einer Anpassung der Richtlinie, in der der Begriff "Einfuhr" verwendet werde, an die seit dem 1. Januar 1993 bestehende Lage gemacht hätten; seit diesem Zeitpunkt gelte dieser Begriff nicht mehr im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten. Diese Auseinandersetzung beeinträchtige die Anwendung der Richtlinie durch die Hellenische Republik nicht.

31 In seinem Urteil vom 12. Juli 2001, Louloudakis (C-262/99, Slg. 2001, I-5547, insbesondere Randnrn. 20 bis 25), hat der Gerichtshof auf die griechischen Rechtsvorschriften Bezug genommen, die die vorübergehende Einfuhr von Verkehrsmitteln zum privaten Gebrauch unter Befreiung von Zöllen und anderen Abgaben erlauben. Diese Vorschriften sind in den Randnrn. 11 bis 16 des vorliegenden Urteils wiedergegeben. Aus ihnen geht insbesondere hervor, dass darin der Begriff des "gewöhnlichen Wohnsitzes" im Wesentlichen wortgleich mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie definiert wird, dass die Befreiung wie in der Richtlinie vorgesehen für sechs Monate je Zwölfmonatszeitraum gewährt wird und dass diese Regelung wortgleich oder im Wesentlichen wortgleich die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 2 und 3 der Richtlinie über den Nachweis des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes übernimmt.

32 Auch ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil Louloudakis auf ein Vorabentscheidungsersuchen eines griechischen Gerichts hin ergangen ist, das den Gerichtshof nach der Auslegung der Richtlinie befragt hatte, um einen bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden, was ein Beweis dafür ist, dass die Richtlinie angewandt wird.

33 Außerdem stellt die Kommission in Randnr. 21 Abs. 3 ihrer Klageschrift selbst fest, dass die griechischen Rechtsvorschriften die in der betreffenden Richtlinienbestimmung enthaltenen Kriterien über die Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes übernehmen.

34 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten auf die vorübergehende Verwendung von Fahrzeugen aus Drittländern die Regelung anwenden können, die die Richtlinie für Fahrzeuge aus einem anderen Mitgliedstaat vorsieht. Der einzige Vorbehalt in dieser Hinsicht findet sich in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft keine weniger günstigen Steuerbefreiungen anwenden dürfen, als sie sie für Verkehrsmittel aus einem Drittland gewähren.

35 Die Kommission hat zwar einzelne Kritikpunkte in Bezug auf bestimmte Anwendungsgebiete der Richtlinie formuliert, aber keine Beweise dafür vorgelegt, dass die Hellenische Republik die Richtlinie als solche nicht anwendet.

36 Die theoretischen Beurteilungen und eventuellen Auseinandersetzungen über die Notwendigkeit einer Anpassung der Richtlinie an die seit dem 1. Januar 1993 bestehende rechtliche Situation, die im Rahmen der regelmäßigen Kontakte zwischen den nationalen Verwaltungen und der Kommission stattfinden, können keine Grundlage für die Feststellung einer Vertragsverletzung durch den Gerichtshof sein.

37 Die erste Rüge ist daher unbegründet.

Zur zweiten Rüge

38 Mit dieser Rüge beanstandet die Kommission die von den griechischen Behörden angewandte Sanktionsregelung.

39 Die Rüge besteht aus zwei Teilen. Zum einen wirft die Kommission der Hellenischen Republik das Bestehen einer Verwaltungspraxis dahin gehend vor, dass die griechischen Behörden in Fällen, in denen die Faktoren, auf deren Grundlage der gewöhnliche Wohnsitz bestimmt werde, zum Teil für Griechenland und zum Teil für einen anderen Mitgliedstaat sprächen, den gewöhnlichen Wohnsitz der Betroffenen systematisch in Griechenland festlegten und ihnen insoweit eine erhöhte Beweislast aufbürdeten. Zum anderen kritisiert die Kommission, dass diese Festlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes in Griechenland unverhältnismäßige Sanktionen nach sich ziehe.

Zur Verwaltungspraxis

Vorbringen der Parteien

40 Die Kommission macht geltend, dass die griechischen Behörden, auch wenn die griechischen Vorschriften die in der Richtlinie für die Festlegung des Landes des gewöhnlichen Wohnsitzes verwendeten Kriterien übernähmen, nichtsdestoweniger den gewöhnlichen Wohnsitz von Personen, die persönliche und berufliche Bindungen sowohl in Griechenland als auch in anderen Mitgliedstaaten hätten, systematisch in Griechenland festlegten, indem sie quasi automatisch den persönlichen Bindungen den Vorrang gäben und in der Praxis eine Vermutung des Wohnsitzes im Inland aufstellten, wenn die Betroffenen griechische Staatsbürger seien.

41 Die Kommission führt dazu aus, dass die genannten Behörden die Beweislast für den Ort des gewöhnlichen Wohnsitzes umkehrten oder den Betroffenen die Vorlage eines Mehr an Beweisen aufbürdeten, was mit den in der Richtlinie niedergelegten Vorschriften über die Bestimmung des Wohnsitzes unvereinbar sei. Die Kommission bezieht sich auf bestimmte Einzelfälle, die ihrer Ansicht nach ausreichen, um ohne Weiteres einen Verstoß gegen die Richtlinie zu belegen. Außerdem werde diese ständige Verwaltungspraxis von den Gerichten gebilligt.

42 Die griechische Regierung trägt vor, dass in der Praxis gewöhnlich Schwierigkeiten bei der Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes von griechischen Staatsbürgern aufträten, die ihre beruflichen und persönlichen Bindungen zum Teil in Griechenland und zum Teil in einem anderen Mitgliedstaat hätten. So verhalte es sich bei den einzelnen Fällen, auf die sich die Kommission beziehe.

43 In solchen Fällen wendeten die Behörden die Kriterien an, die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie, die insoweit den persönlichen Bindungen den Vorrang gebe, aufgestellt würden. In Zweifelsfällen zögen die Behörden zu Recht Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie heran, wonach sie befugt seien, von den Betroffenen nähere Auskünfte oder zusätzliche Belege zu verlangen. Schließlich sei zu betonen, dass gegenwärtig die meisten Fahrzeuge, die in Griechenland im Rahmen der Regelung für die vorübergehende Einfuhr geführt würden, griechischen Staatsangehörigen gehörten, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Ausland als Rechtsgrundlage für Steuerbefreiungen nutzten.

Würdigung durch den Gerichtshof

44 Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie enthaltenen Kriterien für die Bestimmung des Begriffs "gewöhnlicher Wohnsitz" auf die berufliche und persönliche Bindung einer Person an einen bestimmten Ort und auf die Dauer dieser Bindung abstellen, und diesen Begriff als den Ort definiert, den der Betroffene als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat (Urteil Louloudakis, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45 Für die Bestimmung des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes ist somit sowohl auf die beruflichen und persönlichen Bindungen des Betroffenen an einen bestimmten Ort als auch auf ihre Dauer abzustellen, wobei Art. 7 Abs. 1 UnterAbs. 2 der Richtlinie den persönlichen Bindungen den Vorrang gegenüber den beruflichen Bindungen einräumt, wenn die Bindungen nicht in einem Mitgliedstaat konzentriert sind. Bei der Beurteilung der persönlichen und beruflichen Bindungen des Betroffenen sind alle erheblichen Tatsachen zu berücksichtigen wie insbesondere seine körperliche Anwesenheit, diejenige seiner Familienangehörigen, die Einrichtung einer Wohnung, der Ort der Ausübung der beruflichen Tätigkeiten und der Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Louloudakis, Randnrn. 52, 53 und 55).

46 Es ist in erster Linie Sache der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, alle für den jeweiligen Einzelfall erheblichen Tatsachen im Licht der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Kriterien zu beurteilen und abzuwägen, und es fällt in dessen Zuständigkeit, eine Vertragsverletzung des fraglichen Mitgliedstaats aufgrund einer ständigen fehlerhaften oder missbräuchlichen Verwaltungspraxis festzustellen.

47 Im vorliegenden Fall versucht die Kommission auf der Grundlage bestimmter Einzelfälle, das Bestehen einer ständigen fehlerhaften und missbräuchlichen Praxis der griechischen Behörden nachzuweisen, die zur Feststellung einer allgemeinen Vertragsverletzung des beklagten Staates in diesem Bereich führen müsse. Tatsächlich weist die Kommission in ihrer Klageschrift auf "mehrere Beschwerden" hin, doch bezieht sie sich dort konkret - allerdings knapp und nicht detailliert - nur auf zwei Einzelfälle und in ihrer Erwiderung - ebenfalls wenig ausführlich - auf sechs weitere Fälle.

48 Unabhängig von der Frage, ob es im Hinblick auf die Anforderungen nach Art. 42 Abs. 1 der Verfahrensordnung zulässig war, erstmals in der Erwiderung sechs Einzelfälle als Beweisangebote anzuführen, geht aber aus den Akten hervor, dass in den acht Fällen, auf die sich die Kommission bezieht, vier der betroffenen Personen die griechische Staatsangehörigkeit und nicht zu leugnende persönliche und berufliche Bindungen in Griechenland besaßen (eine dieser Personen besaß keinerlei Bindung außerhalb dieses Mitgliedstaats); zwei Personen hatten eine doppelte Staatsangehörigkeit und persönliche oder berufliche Bindungen in Griechenland, und eine weitere Person hatte die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats, aber gesicherte persönliche und berufliche Bindungen in Griechenland. Die Situation in dem achten Fall lässt sich anhand der Akten nicht eindeutig feststellen.

49 In allen dargelegten individuellen Situationen mit Ausnahme der zuletzt genannten scheinen die Erläuterungen der griechischen Behörden nicht unbegründet. Jedenfalls haben diese Behörden offenbar nicht das Ermessen überschritten, über das sie bei der Bestimmung des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes der Betroffenen verfügen.

50 Was die Möglichkeit anbelangt, eine Vertragsverletzung auf der Grundlage einer in einem Mitgliedstaat bestehenden Verwaltungspraxis festzustellen, hat der Gerichtshof bereits die anwendbaren Kriterien festgelegt. In einem solchen Fall kann die Vertragsverletzung nur durch einen hinreichend dokumentierten und detaillierten Nachweis der gerügten Praxis dargetan werden, wobei es sich um eine in bestimmtem Grad verfestigte und allgemeine Praxis handeln muss und sich die Kommission für ihren Schluss auf eine allgemeine und verfestigte Praxis nicht auf irgendeine Vermutung stützen kann (Urteil vom 27. April 2006, Kommission/Deutschland, C-441/02, Slg. 2006, I-3449, Randnrn. 49, 50 und 99 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

51 Auf der Grundlage der von der Kommission vorgelegten Beweise kann nicht festgestellt werden, dass im vorliegenden Fall die in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Angesichts der sehr hohen Zahl von Gemeinschaftsangehörigen sowie in anderen Mitgliedstaaten ansässigen griechischen Staatsangehörigen, die jedes Jahr mit dem Auto nach Griechenland fahren, handelt es sich bei den acht von der Kommission angeführten Einzelfällen, selbst wenn man sie als nachgewiesen ansieht, um einen eindeutig unzureichenden prozentualen Anteil, wenn man berücksichtigt, welche Anforderungen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs an den Nachweis einer Vertragsverletzung in Form einer verfestigten Verwaltungspraxis gestellt werden.

52 Die Kommission wirft ferner den griechischen Gerichten vor, die Praxis der Verwaltung zu billigen, trägt jedoch dafür keine schlüssigen Umstände vor. Wenn die Kommission aber den Nachweis einer Vertragsverletzung aufgrund einer Praxis der Gerichte führen möchte, sind die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten und in Randnr. 50 des vorliegenden Urteils dargelegten Kriterien erst recht und umso strenger anzuwenden.

53 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die vom Gerichtshof aufgestellten Kriterien nicht erfüllt sind.

54 Außerdem hat der Gerichtshof das Ermessen berücksichtigt, über das die zuständigen nationalen Behörden auf diesem sensiblen Gebiet verfügen, das die nationalen Befugnisse im Steuerbereich berührt, indem er entschieden hat, dass die diesen Behörden nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie obliegende Pflicht zur Zusammenarbeit es ihnen nicht gebietet, sich in jedem Einzelfall, in dem die Anwendung der Richtlinie mit Schwierigkeiten verbunden ist, abzusprechen (Urteil Louloudakis, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55 Schließlich rügt die Kommission, die griechischen Behörden bürdeten den Betroffenen die Vorlage eines Mehr an Beweisen für die Bestimmung des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes auf und kehrten damit die Beweislast um, während sie normalerweise den nationalen Behörden obliege. Dazu genügt die Feststellung, dass der Nachweis des gewöhnlichen Wohnsitzes nach Art. 7 Abs. 2 und 3 der Richtlinie grundsätzlich von den betroffenen Privatpersonen zu führen ist. Die zuständigen nationalen Behörden können ihrerseits spezifische Kontrollen vornehmen und bei Zweifeln nähere Auskünfte oder zusätzliche Belege verlangen.

56 Folglich kann dem ersten Teil der zweiten Rüge nicht gefolgt werden.

Zur Unverhältnismäßigkeit der Sanktionen

Vorbringen der Parteien

57 Die Kommission bezieht sich insbesondere auf die Sanktionen, die in den griechischen Rechtsvorschriften für den Fall vorgesehen sind, dass die zuständigen Behörden feststellen, dass der Eigentümer eines in Griechenland gefahrenen Fahrzeugs, das mit Kennzeichen eines anderen Mitgliedstaats versehen ist, seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Griechenland hat. Nach den während des maßgeblichen Zeitraums geltenden nationalen Rechtsvorschriften handelt es dabei um Schmuggel, der strafrechtliche Sanktionen, d. h. eine Freiheitsstrafe für den Eigentümer des Fahrzeugs und die Beschlagnahme des Fahrzeugs, sowie Verwaltungssanktionen in Form von Geldbußen zur Folge hat. Außerdem hat der Betroffene die im Fall der endgültigen Einfuhr eines Fahrzeugs geschuldete Zulassungssteuer zu entrichten, sofern er sich nicht dazu bereit erklärt, das entsprechende Fahrzeug wieder aus dem nationalen Hoheitsgebiet auszuführen.

58 Die Kommission meint, dass diese Sanktionen in Verbindung mit der Praxis der griechischen Behörden hinsichtlich der Festlegung des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes und der fehlenden Berücksichtigung der eventuellen Gutgläubigkeit des Betroffenen unverhältnismäßig seien. Außerdem verstoße es gegen Art. 90 EG, dass die Zahlung der Zulassungssteuer verlangt werde, obwohl eine vergleichbare Steuer bereits in einem anderen Mitgliedstaat gezahlt worden sei.

59 Ebenfalls unverhältnismäßig seien die für den Fall vorgesehenen Sanktionen, dass der Sechsmonatszeitraum, in dem ein Gemeinschaftsfahrzeug im Rahmen der Regelung über die vorübergehende Einfuhr gefahren werden könne, überschritten werde.

60 Die griechische Regierung entgegnet, dass es, da die Richtlinie keine Sanktionen für mögliche Verstöße gegen die Regelung über die vorübergehende Einfuhr von Gemeinschaftsfahrzeugen vorsehe, Sache der Mitgliedstaaten sei, die Vorschriften zu erlassen, die sie zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung für erforderlich hielten. Die vorgesehenen Sanktionen müssten indessen angemessen und zur Erreichung des verfolgten Zieles erforderlich sein.

61 Im vorliegenden Fall beträfen die Rügen der Kommission die Sanktionen, die verhängt würden, wenn Personen mit gewöhnlichem Wohnsitz in Griechenland dort im Rahmen der Regelung über die vorübergehende Einfuhr ein in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenes Fahrzeug führten. Angesichts des Umstands, dass die Zulassungssteuern in Griechenland sehr hoch seien, was bestimmte Personen dazu veranlasse, ihre Hinterziehung zu versuchen, und der Vielzahl bisher festgestellter Fälle von Steuerhinterziehung seien die vorgesehenen Sanktionen in solchen Fällen im Hinblick auf das verfolgte Ziel, von Steuerhinterziehung abzuschrecken und diese zu ahnden, nicht unverhältnismäßig.

62 Schließlich trägt die griechische Regierung vor, dass die bei Nichtzahlung der Zulassungssteuern verhängten Sanktionen sowohl für inländische als auch für eingeführte Waren gälten. Es sei somit materiell unmöglich, einen Verstoß gegen Art. 90 EG zu bejahen.

Würdigung durch den Gerichtshof

63 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass sich auch der zweite Teil der zweiten Rüge der Kommission (S. 9 bis 12 der Klageschrift) auf die Sanktionen nach dem Gesetz Nr. 2960/2001 vom 22. November 2001 über das Zollgesetzbuch (FEK A 265) bezieht, das die in Art. 18 des Gesetzes Nr. 2682/1999 vorgesehenen Sanktionen ändert. Das Gesetz Nr. 2960/2001 wurde jedoch nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 22. November 2000 gesetzten Frist von zwei Monaten erlassen und war nicht Gegenstand des in Art. 226 EG vorgesehenen Vorverfahrens. Im Übrigen lassen die Akten nicht erkennen, dass mit dieser neuen Regelung das mit der im Vorverfahren gerügten Regelung errichtete System insgesamt aufrechterhalten worden wäre oder dass die Bestimmungen dieser beiden Regelungen im Wesentlichen identisch wären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission/Deutschland, C-98/03, Slg. 2006, I-53, Randnrn. 27 und 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64 Nach seiner ständigen Rechtsprechung kann der Gerichtshof von Amts wegen prüfen, ob die gemäß Art. 226 EG für die Erhebung einer Vertragsverletzungsklage geltenden Voraussetzungen erfüllt sind (Urteil vom 1. Februar 2007, Kommission/Vereinigtes Königreich, C-199/04, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65 Der Gerichtshof hat insoweit stets unterschieden zwischen dem vorprozessualen Stadium und dem prozessualen Stadium des mit Art. 226 EG errichteten Verfahrens und entschieden, dass das Vorverfahren insbesondere bezweckt, den Streitgegenstand im Hinblick auf eine eventuelle Befassung des Gerichtshofs einzugrenzen und sicherzustellen, dass ein etwaiges prozessuales Verfahren einen eindeutig festgelegten Streitgegenstand hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Februar 2001, Kommission/Frankreich, C-230/99, Slg. 2001, I-1169, Randnr. 31, vom 13. Dezember 2001, Kommission/Frankreich, C-1/00, Slg. 2001, I-9989, Randnrn. 53 und 54, vom 10. Dezember 2002, Kommission/Irland, C-362/01, Slg. 2002, I-11433, Randnrn. 17 und 18, sowie vom 5. Juni 2003, Kommission/Italien, C-145/01, Slg. 2003, I-5581, Randnr. 17).

66 Nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung kann der so im Vorverfahren eingegrenzte Streitgegenstand im prozessualen Stadium mit den Anträgen der Klageschrift nicht mehr erweitert oder geändert werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. September 1998, Kommission/Deutschland, C-191/95, Slg. 1998, I-5449, Randnr. 56, vom 9. November 1999, Kommission/Italien, C-365/97, Slg. 1999, I-7773, Randnr. 25, und vom 5. Oktober 2006, Kommission/Deutschland, C-105/02, Slg. 2006, I-0000, Randnrn. 47 und 48). Schließlich ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die ihm in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene Änderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 18. Januar 2007, Kommission/Schweden, C-104/06, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 28).

67 Würde der Gerichtshof seine Kontrolle auf eine Regelung des betroffenen Mitgliedstaats ausdehnen, die nicht Gegenstand des Vorverfahrens war und - aus von der Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Gründen der Vereinfachung - erstmals in den Anträgen der Klageschrift angeführt wurde, so würde dem von den Verfassern des Vertrags in Art. 226 EG vorgesehenen Verfahren sein Gehalt genommen, was einen Fehlgebrauch dieses Verfahrens darstellen würde. Die Prüfung durch den Gerichtshof erstreckt sich hier somit allein auf die Bestimmungen der fraglichen Regelung, die bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist in Kraft waren, soweit sie in der Klageschrift klar genug dargestellt werden, um die Ausübung der gerichtlichen Kontrolle zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich, Randnr. 21).

68 Erstens betreffen die Vorwürfe der Kommission Art. 18 Teil A Abs. 1 des Gesetzes Nr. 2682/1999, wonach der Besitz oder die Benutzung eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeugs in Griechenland durch eine Person mit gewöhnlichem Wohnsitz in Griechenland als Schmuggel strafbar ist und insbesondere strafrechtliche Sanktionen wie eine Freiheitsstrafe für den Besitzer des Fahrzeugs und die Beschlagnahme des Fahrzeugs zur Folge hat.

69 Dazu ist festzustellen, dass mit der beanstandeten Regelung ein Verhalten strafrechtlich geahndet wird, das darin besteht, sich den nationalen zoll- und steuerrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Führens von Kraftfahrzeugen zu entziehen.

70 Die in Rede stehenden Sanktionen sind nämlich für die Fälle vorgesehen, dass Personen mit gewöhnlichem Wohnsitz in Griechenland in einem anderen Mitgliedstaat zugelassene Fahrzeuge benutzen, d. h. Fälle, die nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst werden und in denen der Schutz der fiskalischen Interessen des betroffenen Mitgliedstaats angestrebt wird.

71 Die vom nationalen Gesetzgeber gewollte strafrechtliche Ahndung eines Verhaltens hängt mit der wirtschaftlichen und sozialen Situation des betroffenen Mitgliedstaats zusammen, im vorliegenden Fall mit der besonderen Situation in Bezug auf die Besteuerung von Kraftfahrzeugen. Insoweit steht fest, dass die Zulassungssteuern in Griechenland sehr hoch sind, was ein Anreiz für bestimmte Personen sein kann, in Griechenland mit in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeugen zu fahren und dabei zu versuchen, fiktiv eine beliebige Bindung in diesem Staat zu begründen. Die zwingenden Erfordernisse der Strafverfolgung und der Vorbeugung sowie des Schutzes der fiskalischen Interessen des betroffenen Mitgliedstaats rechtfertigen es, dass dieser angemessene Sanktionen vorsieht (vgl. in diesem Sinne Urteil Louloudakis, Randnr. 70).

72 Die bloße Tatsache, dass eine abstrakte nationale Vorschrift ein Verhalten, das darin besteht, sich den gewöhnlich anwendbaren Zoll- und Steuerbestimmungen zu entziehen, als Straftat qualifiziert, kann daher als solche keine Vertragsverletzung darstellen. Der Gerichtshof hat, wie sich aus den Randnrn. 69 und 70 des Urteils Louloudakis ergibt, den Standpunkt eingenommen, dass es die zwingenden Erfordernisse der Strafverfolgung und der Vorbeugung rechtfertigen können, dass ein Mitgliedstaat Sanktionen von einer gewissen Schwere einführt, dass aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Sanktionen sich unter bestimmten Umständen als unverhältnismäßig erweisen. Folglich ist die Frage, ob die angewandten Sanktionen verhältnismäßig oder unverhältnismäßig sind, nach Maßgabe der im Einzelfall tatsächlich angewandten Sanktionen zu beurteilen. Die Prüfung der in Randnr. 48 des vorliegenden Urteils genannten Fälle erlaubt jedoch nicht den Schluss auf die Unverhältnismäßigkeit der tatsächlich verhängten Sanktionen, und die Kommission hat keine weiteren Beweise vorgelegt, die einen anderen Schluss zuließen.

73 Die entsprechenden Vorwürfe sind daher unbegründet.

74 Zweitens macht die Kommission geltend, dass in den Fällen nach Art. 18 Teil A Abs. 1 des Gesetzes Nr. 2682/1999 keine Strafverfolgung eingeleitet werde, wenn die Betroffenen die erhobene Abgabe zahlten und auf die nach nationalem Recht gegen den entsprechenden Abgabenbescheid gegebenen Rechtsbehelfe verzichteten.

75 Dazu ist festzustellen, dass die Richtlinie den Bürgern, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, unter bestimmten Voraussetzungen das Recht gewährt, während eines bestimmten Zeitraums ein Personenfahrzeug im Rahmen der Regelung über die vorübergehende Steuerbefreiung im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten zu führen.

76 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, und die Gerichte der Mitgliedstaaten haben den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Bürgern aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007, I-0000, Randnrn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). In Anwendung dieses Grundsatzes hat der Gerichtshof anerkannt, dass der nationale Richter dafür zuständig ist, die Anwendung der Richtlinie und den Schutz der den Bürgern daraus erwachsenden Rechte zu gewährleisten, indem er insbesondere den Ort des gewöhnlichen Wohnsitzes bestimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil Louloudakis, Randnrn. 57 und 70).

77 Die beanstandete nationale Vorschrift kann den Bürgern den vom Gemeinschaftsrecht beabsichtigten effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nehmen, indem sie sie dazu veranlasst, auf im nationalen Recht normalerweise gegebene Rechtsbehelfe zu verzichten, um einer Strafverfolgung zu entgehen. Folglich sind die Vorwürfe der Kommission insoweit begründet.

78 Drittens beanstandet die Kommission die in Art. 18 Teil A Abs. 4 Buchst. d des Gesetzes Nr. 2682/1999 für den Fall vorgesehenen finanziellen Sanktionen, dass der Sechsmonatszeitraum, für den die fragliche Steuerbefreiung gewährt wird, überschritten wird.

79 Dazu ist festzustellen, dass der Zeitraum von sechs Monaten, für den die Steuerbefreiung gewährt wird, hinreichend lang ist und dass die griechische Regierung - von der Kommission unwidersprochen - geltend gemacht hat, dass unter bestimmten Umständen Erleichterungen und Verlängerungen dieser Frist gewährt würden. Die griechische Regierung hat weiter - ebenfalls unwidersprochen - ausgeführt, dass die Beachtung der Sechsmonatsgrenze nicht strikt kontrolliert werden könne, da der Zeitpunkt der Einfuhr von Fahrzeugen ins Inland nicht mehr registriert werde, und dass in diesem Zusammenhang demnach eine erhöhte Prävention erforderlich sei, was die vorgesehenen Geldbußen als angemessenes Mittel zur Abschreckung rechtfertige. Die beanstandeten Geldbußen sind daher nicht unverhältnismäßig und kein Hindernis für die im Vertrag niedergelegten Freiheiten.

80 Viertens ist festzustellen, dass die finanzielle Sanktion, die Art. 18 Teil A Abs. 4 Buchst. f des Gesetzes Nr. 2682/1999 für den Fall vorsieht, dass ein Fahrzeug, für das eine vorübergehende Steuerbefreiung gilt, im griechischen Hoheitsgebiet von einem Nichtberechtigten geführt wird, nicht in den Rahmen der Anwendung der Richtlinie fällt.

81 Auch der in der genannten Vorschrift vorgesehene, von der Kommission fünftens angeführte Fall, dass das fragliche Fahrzeug von einem Nichtberechtigten geführt wird, während sich der mit der Steuerbefreiung Begünstigte zum Zeitpunkt des Vergehens nicht im griechischen Hoheitsgebiet aufhält, wird nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst.

82 Sechstens betreffen die Rügen der Kommission Art. 18 Teil C Abs. 1 des Gesetzes Nr. 2682/1999, der neben der Verhängung von Geldbußen vorsieht, dass die betroffenen Fahrzeuge vorläufig beschlagnahmt werden und ihre Freigabe nach Zahlung der geschuldeten Geldbußen und etwaiger weiterer Abgaben erfolgt.

83 Diese Maßnahme ist geeignet, dem Begünstigten die Benutzung seines Fahrzeugs für einen Zeitraum unmöglich zu machen, der lang sein kann, insbesondere dann, wenn die verhängten Geldbußen gerichtlich angefochten werden. Dabei hat der Gerichtshof bereits auf die Bedeutung hingewiesen, die das Recht zum Führen eines Fahrzeugs auf die tatsächliche Ausübung der Rechte hat, die mit der Freizügigkeit verknüpft sind (Urteil vom 29. Februar 1996, Skanavi und Chryssanthakopoulos, C-193/94, Slg. 1996, I-929, Randnr. 36). Folglich ist diese Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel, die Einziehung der Geldbußen, unverhältnismäßig; dieses Ziel kann mit Mitteln erreicht werden, die eher mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen, z. B. über die Stellung einer Kaution. Die entsprechenden Rügen sind demnach begründet.

84 Nicht begründet sind dagegen die von der Kommission siebtens erhobenen Einwände gegen Art. 10 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 2682/1999, der vorsieht, dass der Eigentümer eines im Verfahren über die vorübergehende Verwendung eingeführten Fahrzeugs, der seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Griechenland hat, die Zahlung der geschuldeten Zulassungssteuer abwenden kann, indem er sein Fahrzeug wieder aus dem griechischen Staatsgebiet ausführt. Denn mit dieser Maßnahme wird dem Betroffenen eine Möglichkeit und sogar ein Vorteil eingeräumt, und sie kann nicht als richtlinienwidrig eingestuft werden.

85 Zuletzt macht die Kommission einen Verstoß gegen Art. 90 EG geltend. Diese Bestimmung stellt in ihrem Abs. 1 das Verbot auf, auf aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Waren höhere Abgaben zu erheben als auf gleichartige inländische Waren. Dass ein Mitgliedstaat die Zahlung einer Abgabe für die Zulassung eines Fahrzeugs verlangt, wenn jemand in seinem Hoheitsgebiet seinen gewöhnlichen Wohnsitz begründet, ist vom Gerichtshof jedoch unabhängig davon, ob eine vergleichbare Zulassungsabgabe bereits in einem anderen Mitgliedstaat gezahlt wurde, als gemeinschaftsrechtskonform angesehen worden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2005, C-138/04, Kommission/Dänemark, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86 Art. 90 Abs. 2 EG verbietet es den Mitgliedstaaten, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten Abgaben zu erheben, die mittelbar inländische Waren schützen. Dazu ist festzustellen, dass die Kommission nach Maßgabe der Kriterien, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellt worden sind (Urteil vom 18. Januar 2007, Brzezinski, C-313/05, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung), nicht nachgewiesen hat, dass die beanstandete nationale Regelung geeignet ist, mittelbar inländische Waren zu schützen.

Zur dritten Rüge

Vorbringen der Parteien

87 Die dritte Rüge der Kommission betrifft Art. 12 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung vom 1. März 1988, wonach Personen, denen zum zweiten Mal ein Fahrzeug gestohlen wurde, für das die Regelung über die vorübergehende Einfuhr nach Griechenland galt, die Zulassungssteuer zu zahlen haben. Die Kommission trägt vor, dass mit dieser Bestimmung eine allgemeine Vermutung der Steuerhinterziehung eingeführt werde, da vermutet werde - ohne dass Beweise dafür vorlägen -, dass das gestohlene Fahrzeug in Griechenland verbleibe. Situationen, in denen möglicherweise Steuern hinterzogen würden, müssten von Fall zu Fall untersucht werden. Die beanstandete Maßnahme stehe außer Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel, nämlich der Steuerumgehung vorzubeugen, und führe unter Verstoß gegen Art. 90 EG eine mittelbare Diskriminierung gegenüber Fahrzeugen ein, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen seien.

88 Die griechische Regierung entgegnet, dass das Gemeinschaftsrecht für den Fall, dass Waren, für die eine Abgabenbefreiungsregelung gelte und für die die entsprechenden Abgaben nicht gezahlt worden seien, gestohlen würden, keinen Erlass dieser Abgaben vorsehe. Sie verweist dazu auf Art. 14 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1), wonach die Verbrauchsteuern für Waren, die sich im Verfahren der Steueraussetzung befänden, im Verlustfall nur dann nicht zu entrichten seien, wenn der Verlust der entsprechenden Waren durch Untergang oder infolge höherer Gewalt entstanden sei und die zuständigen Behörden überprüfen könnten, dass die Waren endgültig verloren seien. In allen anderen Fällen, insbesondere bei Diebstahl, müssten die Steuern gezahlt werden.

89 Im vorliegenden Fall - bei einem Diebstahl - sei das Fahrzeug nicht unwiederbringlich verloren, sondern werde von einer anderen Person benutzt. Folglich werde die Zulassungssteuer geschuldet. Im Übrigen sehe die Richtlinie keine dauerhafte Befreiung bei Diebstahl vor.

90 Schließlich weist die griechische Regierung darauf hin, dass zum einen der Umstand, dass die Zahlung der Zulassungssteuer nur verlangt werde, wenn ein und derselben Privatperson zum zweiten Mal ein Fahrzeug gestohlen worden sei, für das die vorübergehende Steuerbefreiung gegolten habe, und nicht bereits bei einem ersten Diebstahl, ein Entgegenkommen zugunsten des Opfers sei und dass zum anderen Diebstahl ein sehr verbreitetes Risiko sei, das von Versicherungsgesellschaften und nicht vom Staat abgedeckt werden müsse.

Würdigung durch den Gerichtshof

91 Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen, für den vorübergehenden Gebrauch eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Verkehrsmittels durch eine Privatperson, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz ebenfalls in einem anderen Mitgliedstaat als dem jeweils betroffenen Staat hat, während eines klar begrenzten Zeitraums eine Steuerbefreiung zu gewähren.

92 Die Gewährung dieser Befreiung unterliegt insbesondere der Voraussetzung - die in Art. 3 Buchst. a und b der Richtlinie in einer völlig eindeutigen Weise formuliert ist -, dass der mit der Befreiung Begünstigte das Verkehrsmittel, für das sie gilt, für private Zwecke nutzt; das Verkehrsmittel darf im Mitgliedstaat der vorübergehenden Einfuhr weder veräußert noch vermietet werden und auch nicht an einen Gebietsansässigen dieses Staates verliehen werden. Die Richtlinie betont damit die enge Verbindung zwischen der Privatperson, der die vorübergehende Befreiung zugutekommt, und dem Fahrzeug, für die sie gilt.

93 Der Diebstahl eines Fahrzeugs, für das die Steuerbefreiung gilt, und die Folgen eines solchen Diebstahls sind in der Richtlinie nicht geregelt.

94 In der Richtlinie findet sich jedoch kein Hinweis darauf, dass damit beabsichtigt worden wäre, die Befreiung auszudehnen und demnach die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten in Situationen zu beschränken, in denen die Verbindung zwischen dem durch die Befreiung Begünstigten und dem Fahrzeug, für das sie gilt, unterbrochen ist, insbesondere im Fall eines Diebstahls, in dem es sehr wahrscheinlich ist, dass das Fahrzeug weiterhin im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats gefahren und dabei von einer Person geführt wird, die in keiner Verbindung zu dem mit der Befreiung Begünstigten steht. Dieser Fall wird von der Richtlinie nicht erfasst und fällt in die Regelungsbefugnis der Mitgliedstaaten.

95 Unter diesen Umständen und angesichts dessen, dass sich die Kommission nicht auf weitere Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts beruft, kann die Vertragsverletzung nicht festgestellt werden.

96 Angesichts der vom Gerichtshof in den Randnrn. 85 und 86 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen verstößt die beanstandete nationale Maßnahme auch nicht gegen Art. 90 EG.

97 Nach alledem ist somit festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass sie

- in Art. 18 Teil A Abs. 1 des Gesetzes Nr. 2682/1999 vorgesehen hat, dass im Fall des Besitzes oder der Benutzung eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeugs im griechischen Hoheitsgebiet durch eine Privatperson, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Griechenland hat, die normalerweise vorgesehene Strafverfolgung nicht eingeleitet wird, wenn der Betroffene die erhobene Zulassungssteuer zahlt und zugleich auf die nach nationalem Recht gegen den entsprechenden Steuerbescheid gegebenen Rechtsbehelfe verzichtet, und

- in Art. 18 Teil C Abs. 1 desselben Gesetzes vorgesehen hat, dass im Fall der Verhängung von Geldbußen daneben die betroffenen Fahrzeuge vorläufig beschlagnahmt werden und ihre Freigabe nach Zahlung der Geldbußen und etwaiger weiterer Abgaben erfolgt.

98 Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Kostenentscheidung:

Kosten

99 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Der Gerichtshof kann allerdings nach Art. 69 § 3 Abs. 1 die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund vorliegt. Da die Kommission und die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen jeweils zum Teil unterlegen sind, ist zu beschließen, dass sie jeweils ihre eigenen Kosten tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel verstoßen, dass sie

- in Art. 18 Teil A Abs. 1 des Gesetzes Nr. 2682/1999 vorgesehen hat, dass im Fall des Besitzes oder der Benutzung eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeugs im griechischen Hoheitsgebiet durch eine Privatperson, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Griechenland hat, die normalerweise vorgesehene Strafverfolgung nicht eingeleitet wird, wenn der Betroffene die erhobene Zulassungssteuer zahlt und zugleich auf die nach nationalem Recht gegen den entsprechenden Steuerbescheid gegebenen Rechtsbehelfe verzichtet, und

- in Art. 18 Teil C Abs. 1 desselben Gesetzes vorgesehen hat, dass im Fall der Verhängung von Geldbußen daneben die betroffenen Fahrzeuge vorläufig beschlagnahmt werden und ihre Freigabe nach Zahlung der Geldbußen und etwaiger weiterer Abgaben erfolgt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Hellenische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten.



Ende der Entscheidung

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