Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 22.04.1999
Aktenzeichen: C-161/97 P
Rechtsgebiete: EAG-Satzung, EAG-Vertrag, Entscheidung 94/95/Euratom, Entscheidung 94/285/Euratom, Verfahrensordnung


Vorschriften:

EAG-Satzung Art. 50
EAG-Satzung Art. 52 d
EAG-Vertrag Art. 53 Abs. 2
Entscheidung 94/95/Euratom
Entscheidung 94/285/Euratom
Verfahrensordnung Art. 119
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

5 Im Sitzungsbericht des Berichterstatters sollen die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten der Rechtssache sowie das Vorbringen der Parteien zusammengefasst werden. Den Parteien steht es frei, vor oder in der mündlichen Verhandlung gegebenenfalls Berichtigungen zu beantragen oder Vorbehalte anzumelden.

6 Bei der Anwendung des Artikels 5bis der Vollzugsordnung der Euratom-Versorgungsagentur über das Verfahren betreffend die Gegenüberstellung von Angeboten und Nachfragen bei Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen, wonach im Rahmen eines "vereinfachten Verfahrens" jeder Liefervertrag der Agentur zur Unterzeichnung zum Zwecke des Vertragsabschlusses eingereicht werden muß und die Agentur sodann über eine Frist von zehn Werktagen verfügt, um sich zu äussern, indem sie den Vertrag abschließt oder den Abschluß verweigert, nimmt der geographische Ursprung der zu liefernden Stoffe einen zentralen Platz unter den Elementen ein, die mitgeteilt werden müssen, da die angestrebte Versorgungssicherheit nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Agentur den Ursprung kennt.

Denn nach Artikel 2 Buchstabe d EAG-Vertrag hat die Gemeinschaft für die regelmässige und gerechte Versorgung aller Benutzer der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu tragen. Die Regelmässigkeit der Versorgung steht aber in engem Zusammenhang mit der Vielfalt der Versorgungsquellen. Für die Bedeutung der Kenntnis des geographischen Ursprungs der Lieferungen für die Durchführung der gemeinsamen Versorgungspolitik durch die Agentur spricht auch Artikel 60 EAG-Vertrag, wonach die Verbraucher von Rohstoffen der Agentur in regelmässigen Abständen den Herkunftsort der Lieferungen mitteilen.

Daher ist die Agentur zum einen befugt, die Vertragsparteien zu ersuchen, ihr zur Vervollständigung der Akten den Ursprung der zu liefernden Stoffe mitzuteilen. Die Agentur ist zwar nach Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung verpflichtet, sich binnen zehn Tagen zu äussern, doch ist es ihr nach dieser Vorschrift nicht untersagt, solche Ermittlungen anzustellen, wenn der vorgelegte Vertrag unvollständig ist und insbesondere nicht die Angaben über den Ursprung der zu liefernden Stoffe enthält, über die die Vertragsparteien verfügen, sofern das Auskunftsersuchen innerhalb dieser Frist gestellt wird.

Da zum anderen die Verpflichtung der Agentur, sich rasch zum Abschluß eines Vertrages zu äussern, nur besteht, wenn dieser alle Angaben enthält, die die Agentur zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe der Kontrolle der Versorgungsquellen benötigt, wird die Frist des Artikels 5bis Buchstabe f erst mit Erhalt vollständiger Akten in Gang gesetzt. Jede andere Auslegung hätte zur Folge, daß die Agentur den Abschluß des Vertrages mangels ausreichender Angaben ohne weiteres verweigern müsste, was sich unter bestimmten Umständen, insbesondere wenn die noch fehlenden Auskünfte eine solche Folge nicht rechtfertigen würden, als zu weitgehend erweisen könnte.

7 Ein Rechtsmittel, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente zu wiederholen oder auf das Vorbringen in der ersten Instanz zu verweisen, stellt in Wirklichkeit einen Antrag auf eine blosse erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage dar, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt und daher zur Unzulässigkeit dieser Gründe und Argumente führt.

8 Nach Artikel 61 Absatz 1 EAG-Vertrag ist die Euratom-Versorgungsagentur verpflichtet, alle Aufträge auszuführen, sofern keine rechtlichen oder sachlichen Hindernisse bestehen, was notwendigerweise im Hinblick auf die Ziele der gemeinsamen Versorgungspolitik, wie sie in den Artikeln 2 Buchstabe d und 52 des Vertrages genannt sind, zu beurteilen ist. Artikel 61 steht zwar in Abschnitt 2 des Kapitels 6 über die Versorgung, der mit "Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe aus dem Aufkommen der Gemeinschaft" überschrieben ist, und der Vertrag enthält bezueglich der Lieferung von Rohstoffen aus Drittländern keine Verweisung auf diese Vorschrift; gleichwohl wird das Vorgehen der Agentur hinsichtlich der letztgenannten Stoffe von Erfordernissen bestimmt, die den in diesem Artikel angeführten entsprechen, so daß die Agentur verpflichtet ist, die von den Verbrauchern eingereichten Aufträge auszuführen, jedoch darauf zu achten hat, daß dabei bestimmte Grenzen nicht überschritten werden.

Zu diesen Grenzen, deren Überschreitung ein rechtliches Hindernis im Sinne dieses Artikel 61 darstellen würde, gehört unbestreitbar die Wahrung des mit dem Vertrag angestrebten Zieles einer regelmässigen und gerechten Versorgung der Benutzer der Gemeinschaft, das die Agentur, die zu diesem Zweck das ausschließliche Recht zum Abschluß der Lieferverträge besitzt, verpflichtet, unter Aufsicht der Kommission dafür zu sorgen, daß bestimmte Aufträge unabhängig vom gemeinschaftlichen oder aussergemeinschaftlichen Ursprung der Lieferungen nicht die Diversifizierung der Versorgung oder den Grundsatz der Nichtdiskriminierung beeinträchtigen. Aufgrund dieser Aufgabe kommt der Agentur im Rahmen der gemeinsamen Versorgungspolitik eine wesentliche Rolle zu.

Ausserdem werden der Agentur durch das vereinfachte Verfahren, das durch Artikel 5bis der Vollzugsordnung der Euratom-Versorgungsagentur über das Verfahren betreffend die Gegenüberstellung von Angeboten und Nachfragen bei Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen eingeführt wurde, ihre ausschließlichen Rechte nicht genommen, so daß die Agentur auch in diesem Rahmen berechtigt ist, einen Liefervertrag abzulehnen, der die Verwirklichung der Ziele des Vertrages beeinträchtigen könnte. Insbesondere stuende es nicht in Einklang mit diesen Zielen, die Entscheidungsbefugnis der Agentur zu beschränken, wenn diese die Herkunft der Lieferungen nicht kennt oder wenn sie berechtigten Grund zur Annahme hat, daß der Ursprung der Erzeugnisse die Versorgungssicherheit der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beeinträchtigen kann. Da es sich insoweit um Entscheidungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Handelspolitik sowie der Kernenergiepolitik handelt, die eine Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte erfordern, verfügt die Agentur über einen weiten Ermessensspielraum, und die gerichtliche Kontrolle muß auf die Prüfung der Frage beschränkt sein, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt.


Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 22. April 1999. - Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - EAG-Vertrag - Nichtigkeitsklage und Schadensersatzklage - Abschluß eines Vertrages über die Lieferung von Uran - Vereinfachtes Verfahren - Befugnisse der Agentur - Frist für den Abschluß des Vertrages - Rechtliches Hindernis für den Abschluß - Diversifizierungspolitik - Ursprung des Urans - Marktgerechte Preise. - Rechtssache C-161/97 P.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH hat mit Rechtsmittelschrift, die am 25. April 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 50 der EAG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 25. Februar 1997 in den Rechtssachen T-149/94 und T-181/94 (Kernkraftwerke Lippe-Ems/Kommission, Slg. 1997, II-161; im folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der Kommission 94/95/Euratom vom 4. Februar 1994 und 94/285/Euratom vom 21. Februar 1994 zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 2 EAG-Vertrag (ABl. L 48, S. 45, und L 122, S. 30) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Gemäß Artikel 1 Absatz 2 EAG-Vertrag ist es Aufgabe der Atomgemeinschaft,

"durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen".

3 Gemäß Artikel 2 Buchstabe d EAG-Vertrag hat die Gemeinschaft "für die regelmässige und gerechte Versorgung aller Benutzer der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu tragen". Die Durchführung dieser Verpflichtung ist in Kapitel 6 des Titels II (Artikel 52 bis 76) des EAG-Vertrages geregelt, durch das ein gemeinsames System zur Versorgung mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen eingeführt wird.

4 Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages bestimmt: "Die Versorgung mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen wird... nach dem Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen durch eine gemeinsame Versorgungspolitik sichergestellt." Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe a sieht dazu vor, daß "jedes Gebaren verboten [ist], das darauf abzielt, einzelnen Verbrauchern eine bevorzugte Stellung zu sichern".

5 Zur Durchführung dieser Politik wurde nach Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe b die Euratom-Versorgungsagentur (nachstehend: Agentur) geschaffen, die gemäß Artikel 54 Rechtspersönlichkeit hat und finanzielle Autonomie genießt.

6 Artikel 53 des Vertrages bestimmt:

"Die Agentur steht unter der Aufsicht der Kommission; diese erteilt ihr Richtlinien, hat gegen ihre Entscheidungen ein Einspruchsrecht und ernennt ihren Generaldirektor sowie ihren stellvertretenden Generaldirektor.

Jede ausdrückliche oder stillschweigende Handlung der Agentur bei Ausübung ihres Bezugsrechts oder ihres ausschließlichen Rechts zum Abschluß von Lieferverträgen kann durch die Beteiligten der Kommission unterbreitet werden, die hierüber innerhalb eines Monats zu entscheiden hat."

Ausschließliches Recht der Agentur zum Abschluß von Lieferverträgen

7 Die Agentur verfügt zur Erfuellung ihrer Aufgabe auf dem Gebiet der Versorgung nach Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe b u. a. "über das ausschließliche Recht..., Verträge über die Lieferung von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus Ländern innerhalb oder ausserhalb der Gemeinschaft abzuschließen".

8 Gemäß Artikel 55 erteilen die Mitgliedstaaten der Agentur alle Auskünfte oder lassen ihr alle Auskünfte erteilen, die zur Ausübung u. a. ihres ausschließlichen Rechts zum Abschluß von Lieferverträgen erforderlich sind.

9 Die Versorgung mit Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus dem Aufkommen ausserhalb der Gemeinschaft ist hauptsächlich durch Artikel 64 des Vertrages geregelt, der ebenfalls vorsieht, daß die Agentur, "soweit nicht in diesem Vertrag Ausnahmen vorgesehen sind, das ausschließliche Recht [hat], Abkommen oder Übereinkünfte... abzuschließen", wobei sie gegebenenfalls im Rahmen der zwischen der Gemeinschaft und einem dritten Staat oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung abgeschlossenen Abkommen tätig wird.

Verfahren der Gegenüberstellung von Angeboten und Nachfragen

10 Nach Artikel 65 Absatz 1 des Vertrages findet das in Artikel 60 geregelte Verfahren der Gegenüberstellung von Angeboten und Nachfragen auf die Lieferung von Stoffen aus dem Aufkommen ausserhalb der Gemeinschaft Anwendung.

11 Artikel 60 bestimmt:

"Die Verbraucher teilen der Agentur in regelmässigen Abständen ihren Bedarf mit; sie geben dabei die Mengen, die physikalische und chemische Beschaffenheit, den Herkunftsort, die Verwendung, die einzelnen Lieferfristen und die Preisbestimmungen an, die als Klauseln und Bedingungen in den von ihnen gewünschten Liefervertrag aufzunehmen wären.

Ebenso teilen die Erzeuger der Agentur die Angebote, die sie machen können, mit; sie geben dabei alle Einzelheiten, insbesondere die Laufzeit der Verträge, an, die für die Aufstellung ihrer Produktionsprogramme erforderlich sind. Die Laufzeit dieser Verträge darf zehn Jahre nicht überschreiten, es sei denn, daß die Kommission zustimmt.

Die Agentur teilt den Verbrauchern die Angebote und den Umfang der bei ihr eingegangenen Nachfragen mit und fordert sie auf, innerhalb einer bestimmten Frist Aufträge zu erteilen.

Ist die Agentur im Besitz aller Aufträge, so teilt sie die Bedingungen mit, unter denen sie diese ausführen kann.

Kann die Agentur nicht alle eingegangenen Aufträge vollständig ausführen, so verteilt sie die Stoffe nach dem Verhältnis der Aufträge zu jedem Angebot, vorbehaltlich der Artikel 68 und 69.

Eine Vollzugsordnung der Agentur, die der Billigung der Kommission bedarf, regelt im einzelnen, wie Angebote und Nachfragen einander gegenüberzustellen sind."

12 Artikel 65 Absatz 2 sieht jedoch vor:

"Die Agentur kann den Herkunftsort der Stoffe bestimmen, soweit sie dem Verbraucher Lieferungsbedingungen zukommen lässt, die mindestens ebenso günstig sind wie die in dem Auftrag angegebenen."

13 In diesem Zusammenhang ist in Abschnitt 2 betreffend Stoffe aus dem Aufkommen der Gemeinschaft in Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages bestimmt:

"Die Agentur ist verpflichtet, alle Aufträge auszuführen, es sei denn, daß rechtliche oder sachliche Hindernisse ihrer Ausführung entgegenstehen."

14 Am 5. Mai 1960 erließ die Agentur gemäß Artikel 60 Absatz 6 des Vertrages eine Vollzugsordnung über das Verfahren betreffend die Gegenüberstellung von Angeboten und Nachfragen bei Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen (ABl. 1960, Nr. 32, S. 777; im folgenden: Vollzugsordnung).

15 Die Vollzugsordnung sieht für die Gegenüberstellung von Angeboten und Nachfragen bei Erzen vereinfachte Verfahren vor. So bestimmt Artikel 5 Absatz 1:

"Stellt die Kommission in bezug auf ein bestimmtes Erzeugnis, insbesondere auf Veranlassung der Agentur, nach Anhörung des Beirats, fest, daß die Marktlage dadurch gekennzeichnet ist, daß das Angebot die Nachfrage offensichtlich übersteigt, so kann sie die Agentur im Wege einer entsprechenden Richtlinie dazu auffordern, das... vereinfachte Verfahren anzuwenden..."

16 Nach diesem vereinfachten Verfahren sind die Verbraucher und die Erzeuger nach Festlegung der allgemeinen Bedingungen, denen die Lieferverträge entsprechen müssen, durch die Agentur befugt, diese Verträge unmittelbar auszuhandeln und zu unterzeichnen. Die Verträge werden dann der Agentur mitgeteilt und gelten als von ihr abgeschlossen, wenn sie nicht binnen 8 Tagen nach Eingang der Verträge den Beteiligten gegenüber Einspruch erhebt.

17 Gemäß Artikel 5 letzter Absatz findet dieses Verfahren jedoch keine Anwendung auf Lieferverträge, die sich auf besondere spaltbare Stoffe beziehen.

18 Artikel 5bis der Vollzugsordnung, eingefügt durch die Verordnung der Agentur vom 15. Juli 1975 (ABl. L 193, S. 37), sieht ein neues vereinfachtes Verfahren vor, das der Agentur zwar einen vollständigen Einblick in den Markt sichert (Buchstabe b), die Verbraucher aber "ermächtigt, sich unmittelbar an die Erzeuger zu wenden und frei mit dem Erzeuger ihrer Wahl den Liefervertrag auszuhandeln" (Buchstabe a).

19 Nach diesem Artikel 5bis gilt jedoch:

"...

c) der Liefervertrag muß mindestens folgende Angaben enthalten:

1. Bezeichnung der Vertragsparteien, 2. die Liefermengen,

3. die jährliche Staffelung der Liefermengen,

4. die Beschaffenheit der zu liefernden Stoffe,

5. das Ursprungsland der zu liefernden Stoffe. Wenn der Lieferant diese Angaben nicht im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses machen kann, muß er sich gegenüber dem Verbraucher und der Agentur verpflichten, ihnen später das Ursprungsland für jede Teillieferung mitzuteilen,

6. Preis- und Zahlungsbedingungen,

7. Laufzeit der Verträge;

d) der Vertrag muß der Agentur innerhalb einer Frist von 10 Werktagen zur Unterzeichnung zum Zwecke des Vertragsabschlusses eingereicht werden;

...

f) innerhalb einer Frist von 10 Werktagen, gerechnet vom Erhalt des Vertrages an, muß die Agentur sich äussern, indem sie den Vertrag abschließt oder den Abschluß verweigert;

g) die Weigerung, den Vertrag abzuschließen, muß den Betroffenen durch eine begründete Entscheidung mitgeteilt werden. Diese Entscheidung kann gemäß Artikel VIII Absatz 3 der Satzung der Euratom-Versorgungsagentur der Kommission unterbreitet werden.

..."

Preise

20 Für Lieferungen aus dem Aufkommen sowohl der Gemeinschaft als auch ausserhalb der Gemeinschaft bestimmt Artikel 67 des Vertrages:

"Soweit in diesem Vertrag keine Ausnahmen vorgesehen sind, ergeben sich die Preise aus der Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage nach Maßgabe des Artikels 60; widersprechende innerstaatliche Vorschriften der Mitgliedstaaten sind unzulässig."

21 Artikel 68 Absatz 1 des Vertrages verbietet ein "Preisgebaren, das darauf abzielt, einzelnen Verbrauchern unter Umgehung des Grundsatzes des gleichen Zugangs... eine bevorzugte Stellung zu verschaffen".

22 Artikel 69 des Vertrages bestimmt:

"Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission durch einstimmigen Beschluß Preise festsetzen. Die Agentur kann den Verbrauchern, die Aufträge erteilt haben, einen Preisausgleich vorschlagen."

23 Das am 18. Dezember 1989 unterzeichnete und mit dem Beschluß 90/117/Euratom der Kommission vom 27. Februar 1990 (ABl. L 68, S. 2) im Namen der Europäischen Atomgemeinschaft geschlossene Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über den Handel und die handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit (im folgenden: Handelsabkommen) gilt nach Artikel 2 Absatz 1 für Kernstoffe. Artikel 14 bestimmt: "Der Handel zwischen den Vertragsparteien erfolgt zu marktgerechten Preisen."

24 Schließlich ist auf die Entschließung des Rates vom 16. September 1986 über neue energiepolitische Ziele der Gemeinschaft für 1995 und die Konvergenz der Politik der Mitgliedstaaten (ABl. C 241, S. 1) hinzuweisen, die in Nummer 5 vorsieht, daß "die Energiepolitik der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten auf die Verwirklichung folgender... Ziele gerichtet sein muß:

a) zuverlässigere Versorgungsbedingungen und Einschränkung des Risikos jäher Schwankungen der Energiepreise durch

-...

- die geographische Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft,

-..."

Sachverhalt und Verfahren vor dem Gericht

25 Im angefochtenen Urteil hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:

"1 Die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH (im folgenden: Klägerin) ist Eigentümerin und Betreiberin eines Kernkraftwerks in Niedersachsen (Deutschland). Nach ihrer Darstellung verfolgt sie eine mittelfristige Brennstoffbeschaffungspolitik; sie schließe in regelmässigen Abständen Lieferverträge ab, mit denen sie den Brennstoffbedarf von bis zu fünf Betriebsjahren decke.

2 Im Juni 1993 schrieb die Klägerin die Lieferung von Natururan in Form von Uranhexafluorid (im folgenden: UF6) aus. Am 10. und 22. November 1993 schloß sie einen Liefervertrag mit der British Nuclear Füls plc (im folgenden: BNFL), einer im Vereinigten Königreich niedergelassenen Gesellschaft, die das günstigste Angebot gemacht hatte. Nach diesem Vertrag sollten 400 t Natururan in Form von UF6 spätestens am 31. März 1995 an ein im Gemeinschaftsgebiet ansässiges Anreicherungsunternehmen geliefert werden. Es wurde ein Kaufpreis von 22 USD (ohne Mehrwertsteuer) pro kg vereinbart. Der Vertrag enthielt keine Angaben über das Ursprungsland des zu liefernden Urans, doch verpflichtet sich BNFL, der Klägerin und der... Agentur das Ursprungsland spätestens bei jeder Teillieferung mitzuteilen. Der Vertrag sollte nach seinem Wortlaut erst mit der Zustimmung durch die Agentur wirksam werden.

3 Artikel 5bis Buchstabe d der Vollzugsordnung... sieht im Rahmen eines "vereinfachten Verfahrens" vor, daß Lieferverträge der Agentur zur Unterzeichnung zum Zwecke des Vertragsabschlusses eingereicht werden müssen. Nach Artikel 5bis Buchstabe f hat sich die Agentur dann innerhalb einer Frist von 10 Werktagen zu äussern, indem sie den Vertrag abschließt oder den Abschluß verweigert.

4 Am 29. November 1993 erhielt die Agentur den geplanten Vertrag zwischen der Klägerin und der BNFL zur Unterzeichnung.

5 Mit Schreiben vom 10. Dezember 1993, das am 13. Dezember 1993, d. h. am letzten Tag der für die Unterzeichnung vorgesehenen Frist von 10 Werktagen, zuging, bat die Agentur die Klägerin und die BNFL um Auskunft über den Ursprung des Urans, das Gegenstand des Vertrages war. Am 14. Dezember 1993 unterrichtete die BNFL die Agentur darüber, daß dieses Uran aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (im folgenden: GUS), vermutlich aus Rußland, stammen werde.

6 Mit Schreiben vom 20. Dezember 1993 teilte die Agentur den Vertragsparteien mit, daß ihre Politik darauf gerichtet sei, daß "die Verbraucher der Gemeinschaft [Europäische Atomgemeinschaft; im folgenden: Gemeinschaft oder EAG] nicht über ein vernünftiges Maß hinaus von einer einzelnen Versorgungsquelle abhängig werden und daß der Erwerb von Kernmaterial aus den Republiken der GUS zu marktgerechten Preisen (d. h. zu Preisen, die die Produktionskosten widerspiegeln und mit den Preisen in Ländern mit Marktwirtschaft vergleichbar sind) erfolgt". Sie legte dar, daß durch ihre Diversifizierungspolitik der Anteil der Lieferungen aus der GUS auf 20 % bis 25 % des Bedarfs der einzelnen Verbraucher der Gemeinschaft beschränkt werden solle. Der von der Klägerin vorgelegte Vertrag bringe die Gefahr mit sich, daß sie in eine zu grosse Abhängigkeit von Uran aus der GUS gerate. Nach ihren Berechnungen stehe der Klägerin in Anbetracht der in den letzten drei Jahren an sie gelieferten Gesamtmenge das Recht zu, pro Jahr ungefähr 45 t Natururan aus der GUS zu erwerben. Die Klägerin habe aber bereits Mengen erworben, die das Niveau einer vertretbaren Abhängigkeit deutlich und für mehrere Jahre überschritten. Ausserdem spiegelten die vorgeschlagenen Preise nicht die normalen Produktionskosten wider und seien nicht mit den Preisen in Ländern mit Marktwirtschaft vergleichbar. Die Agentur vertrat deshalb die Auffassung, daß der Abschluß des Vertrages unangemessen wäre, bat aber die Parteien noch, ihr vor Erlaß einer endgültigen Entscheidung ihre Bemerkungen mitzuteilen.

7 Am 29. Dezember 1993 wandte sich die Klägerin unter Berufung auf die Untätigkeit der Agentur gemäß Artikel 53 Absatz 2 des Vertrages an die Kommission.

8 Am 6. Januar 1994 wurde ihr die Entscheidung Nr. 1/94 der Agentur betreffend den am 29. November 1993 eingereichten Liefervertrag zugestellt. Nach dieser Entscheidung schloß die Agentur den Vertrag vom 10. und 22. November 1993 zwischen der Klägerin und der BNFL unter der Bedingung ab, daß das zu liefernde Natururan weder unmittelbar noch mittelbar aus der GUS stamme.

9 Am 10. Januar 1994 teilte die Kommission den Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit, daß die der Klägerin am 6. Januar übermittelte Entscheidung der Agentur fristgerecht ergangen sei, so daß das Unterbreitungsverfahren gegenstandslos geworden sei.

10 Mit Schreiben vom 20. Januar 1994 ergänzte die Klägerin ihr Vorbringen in dem am 29. Dezember 1993 eingeleiteten Verfahren, um der erwähnten Entscheidung Nr. 1/94 Rechnung zu tragen.

11 Ausserdem unterbreitete sie mit einem zweiten Schreiben vom selben Tag diese Entscheidung gemäß Artikel 53 Absatz 2 des Vertrages der Kommission.

12 In dem ersten, wegen der angeblichen Untätigkeit der Agentur eingeleiteten Verfahren erließ die Kommission am 4. Februar 1994 die Entscheidung 94/95/Euratom zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 2 EAG-Vertrag (ABl. L 48, S. 45). Sie wies die Anträge der Klägerin ab, die auf dem Vorbringen beruhten, daß sich die Agentur nicht fristgerecht geäussert habe, und insbesondere darauf gerichtet waren, daß die Kommission die Agentur anweise, den Vertrag vom 10. und 22. November 1993 abzuschließen. Nach Auffassung der Kommission lag keine Untätigkeit der Agentur vor, weil diese berechtigt gewesen sei, ihre Akten zu vervollständigen, und weil die Frist von 10 Werktagen folglich erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die erbetenen ergänzenden Angaben erhalten habe, d. h. am 14. Dezember 1993, in Lauf gesetzt worden und erst am 6. Januar 1994, dem Zeitpunkt, zu dem sie die Entscheidung Nr. 1/94 tatsächlich erlassen habe, abgelaufen sei.

13 In dem Verfahren, das die erwähnte Entscheidung Nr. 1/94 zum Gegenstand hatte, erließ die Kommission am 21. Februar 1994 die Entscheidung 94/285/Euratom zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 2 EAG-Vertrag (ABl. L 122, S. 30). Sie vertrat die Ansicht, daß die Entscheidung der Agentur in der Sache rechtmässig sei, und wies die Anträge der Klägerin folglich ab.

14 Unter diesen Umständen gelangte die Klägerin zu der Auffassung, daß der in Rede stehende Liefervertrag nicht durchgeführt werden könne. Im Einvernehmen mit BNFL nahm sie von diesem Vertrag Abstand.

15 Am 8. und 14. März 1994 schlossen die Klägerin und BNFL einen neuen Vertrag über die Lieferung von 400 t Uran in Form von UF6 zum Preis von 27 USD pro kg, und zwar unter der Bedingung, daß das Material weder unmittelbar noch mittelbar aus der GUS stamme. Dieser Vertrag wurde von der Agentur am 30. März 1994 abgeschlossen."

26 Unter diesen Umständen wurden die Klagen in den Rechtssachen T-149/94 und T-181/94 erhoben, die auf Nichtigerklärung der Entscheidungen 94/95 und 94/285 sowie, was die Klage in der zweitgenannten Rechtssache anbelangt, auf Verurteilung der Euratom zum Ersatz des Schadens der Rechtsmittelführerin in Höhe von 3 511 279,30 DM zuzueglich 6 % Zinsen seit dem 7. April 1994 gerichtet waren.

Das angefochtene Urteil

Die Klage in der Rechtssache T-149/94

27 Die Rechtsmittelführerin machte vor dem Gericht fünf Nichtigkeitsgründe gegen die Entscheidung 94/95 geltend.

28 Mit den ersten beiden Klagegründen, Verletzung des Artikels 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung sowie der Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Rechtssicherheit, warf die Rechtsmittelführerin der Agentur vor, daß sie sich die Befugnis vorbehalten habe, ergänzende Auskünfte zu verlangen und eine abschließende Entscheidung erst dann zu treffen, wenn die Akten vollständig seien, d. h. die nach Artikel 5bis Buchstabe c der Vollzugsordnung erforderlichen Mindestangaben enthielten.

29 Dazu hat das Gericht entschieden:

"35 Der geographische Ursprung der zu liefernden Stoffe nimmt somit einen zentralen Platz unter den Elementen eines Liefervertrags ein, die der Agentur im Rahmen der Anwendung von Artikel 5bis der Vollzugsordnung mitgeteilt werden müssen. Die Versorgungssicherheit, die mit der Durchführung der Versorgungspolitik angestrebt wird, kann nämlich, wie die Prüfung der Klage T-181/94 bestätigen wird (vgl. insbesondere die Randnrn. 92 bis 94 dieses Urteils), nur dann gewährleistet werden, wenn die Agentur den geographischen Ursprung der Lieferungen kennt.

36 Ausserdem geht schon aus dem oben wiedergegebenen Wortlaut von Artikel 5bis Buchstabe c der Vollzugsordnung eindeutig hervor, daß eine spätere Mitteilung der Ursprungslands nur zulässig ist, wenn der Lieferant diese Angaben nicht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses machen konnte.

37 Unter den Umständen des vorliegenden Falles steht aber fest, daß die Klägerin und ihr Lieferant zumindest implizit die Lieferung von Stoffen aus der GUS vereinbart hatten...

38 Da die Klägerin in dem Liefervertrag den geographischen Ursprung des Urans nicht angegeben hat, obwohl sich die Vertragsparteien darüber zumindest implizit geeinigt hatten, hat sie die administrativen Schwierigkeiten, auf die die Agentur bei ihrer Äusserung gestossen ist, selbst verursacht. Unter diesen Umständen war die Klägerin nicht berechtigt, sich auf Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung zu berufen, der für problemlose Fälle ein beschleunigtes Verfahren mit einer Äusserungsfrist von 10 Werktagen für die Agentur vorsieht.

39 Im vorliegenden Fall war die Agentur aber vor Ablauf der Frist nach Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung berechtigt, die Vertragsparteien zu ersuchen, ihr zur Vervollständigung der Akten den Ursprung der zu liefernden Stoffe mitzuteilen. Weder Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung noch der Vertrag standen einem derartigen Ersuchen entgegen; vielmehr war eine solche Anfrage aufgrund der Umstände dieses Falles gerechtfertigt.

40 Aus den Akten geht hervor, daß die Agentur ihre Entscheidung am 6. Januar 1994 erlassen hat, d. h. am zehnten Werktag nach dem 14. Dezember 1993, dem Tag, an dem sie die erbetene Auskunft erhalten hatte. Eine solche Frist war angemessen und stellte weder eine Verletzung des Artikels 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung noch einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Rechtssicherheit dar, auf die sich die Klägerin berufen hat.

41 Folglich sind der erste und der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen."

30 Aufgrund der Feststellung, daß die Rechtsmittelführerin zu ihrem dritten Klagegrund, mit dem sie eine Verletzung der Vorschriften über die Zuständigkeitsverteilung geltend machte, keine Ausführungen gemacht habe, hat das Gericht in Randnummer 43 des angefochtenen Urteils ausgeführt, daß über diesen Klagegrund nicht zu entscheiden sei.

31 Sodann hat das Gericht in den Randnummern 46 bis 51 des angefochtenen Urteils den vierten Klagegrund, mit dem eine unzureichende Begründung der Entscheidung 94/95 geltend gemacht wurde, zurückgewiesen, weil diese Begründung seiner Ansicht nach die Überlegungen der Kommission, die der Entscheidung zugrunde lagen, klar und unzweideutig wiedergibt.

32 Ihren fünften Klagegrund, Ermessensmißbrauch, stützte die Rechtsmittelführerin im wesentlichen darauf, daß die Agentur und die Kommission nicht über ein Ermessen verfügt hätten, sondern verpflichtet gewesen seien, den von ihr eingereichten Vertrag abzuschließen. Das Gericht hat in den Randnummern 53 und 54 entschieden, daß die Rechtsmittelführerin in keiner Weise dargetan habe, daß die Agentur und die Kommission ein anderes Ziel als das der Durchführung der Versorgungspolitik verfolgt hätten.

33 Das Gericht hat daher die Klage in der Rechtssache T-149/94 abgewiesen.

Die Klage in der Rechtssache T-181/94

Zum Antrag auf Nichtigerklärung

34 Die Rechtsmittelführerin machte vor dem Gericht fünf Klagegründe gegen die Entscheidung 94/285 geltend.

35 Der erste Klagegrund gliederte sich in vier Teile.

36 Mit dem ersten und dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes wurde geltend gemacht, daß die Agentur gegen die Verpflichtung verstossen habe, den Vertrag gemäß Artikel 5bis der Vollzugsordnung abzuschließen, und daß ein Verstoß gegen die Artikel 60, 61 Absatz 1 und 65 Absatz 1 des Vertrages sowie gegen die Artikel 52 Absatz 2 und 64 des Vertrages vorliege, da die Versorgungspolitik, wie sie im vorliegenden Fall festgelegt und angewandt worden sei, die Möglichkeit vorgesehen habe, bei der Ausübung des ausschließlichen Rechts zum Abschluß von Verträgen über die Lieferung von Uran von den Ergebnissen abzuweichen, zu denen das freie Spiel von Angebot und Nachfrage geführt habe.

37 Dazu hat das Gericht entschieden:

"85 Das durch Kapitel 6 des Vertrages geschaffene Versorgungssystem ist im Lichte der Ziele zu untersuchen, die der Gemeinschaft zugewiesen sind. Dabei ergibt sich aus der Systematik des Vertrages, daß die Aufgabe der Agentur darin besteht, die Erreichung eines der wesentlichen Ziele, die dieser Vertrag der Gemeinschaft in Artikel 2 Buchstabe d zuweist, nämlich das der Versorgungssicherheit, gemäß dem in Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages niedergelegten Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen zu gewährleisten. Dies ergibt sich eindeutig aus Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrages, der die Schaffung dieser spezialisierten Einrichtung ausdrücklich zu diesem Zweck vorsieht und ihr grundsätzlich ausschließliche Rechte einräumt, um die regelmässige und gerechte Versorgung der Verbraucher der Gemeinschaft mit Kernmaterial aus der Gemeinschaft wie auch aus Drittländern zu gewährleisten. Die Versorgungsregelung muß nämlich nach dieser Vorschrift von der Agentur durchgeführt werden, die zur Erfuellung ihrer Aufgabe über das ausschließliche Recht verfügt, Verträge über die Lieferung dieser Erzeugnisse aus Ländern innerhalb oder ausserhalb der Gemeinschaft abzuschließen (Urteil des Gerichts vom 15. September 1995 in den Rechtssachen T-458/93 und T-523/93, ENU/Kommission, Slg. 1995, II-2459, Randnr. 57).

86 Insbesondere werden der Agentur durch das durch Artikel 5bis der Vollzugsordnung eingeführte vereinfachte Verfahren ihre ausschließlichen Rechte nicht genommen (Urteil ENU/Kommission, a. a. O., Randnr. 73). Auch im Rahmen des vereinfachten Verfahrens ist die Agentur also berechtigt, einen Liefervertrag abzulehnen, der die Verwirklichung der Ziele des Vertrages beeinträchtigen könnte.

87 Ausserdem muß der Grundsatz der Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage bei der Ausübung des ausschließlichen Rechts der Agentur zum Abschluß von Lieferverträgen in der Regel eingehalten werden. Diese grundsätzliche Verpflichtung ergibt sich insbesondere aus den Artikeln 60 und 65 Absatz 1 des Vertrages, die das Verfahren der Gegenüberstellung betreffen, aus Artikel 67 des Vertrages, nach dem sich die Preise aus dieser Gegenüberstellung ergeben, und aus Artikel 65 Absatz 2, wonach die Agentur, wenn sie den Herkunftsort von Stoffen aus dem Aufkommen ausserhalb der Gemeinschaft bestimmt, dem Verbraucher Lieferungsbedingungen zukommen lassen muß, die mindestens ebenso günstig sind wie die in dem Auftrag angegebenen.

88 Der Vertrag sieht jedoch eine genau bestimmte Ausnahme von dem Gesetz von Angebot und Nachfrage vor. Nach Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages ist die Agentur verpflichtet, alle Aufträge auszuführen, "es sei denn, daß rechtliche oder sachliche Hindernisse ihrer Ausführung entgegenstehen". Wie die Kommission zu Recht ausführt, muß die Agentur daher in jedem Einzelfall prüfen, ob die Ausführung des Auftrags auf rechtliche oder sachliche Hindernisse stösst.

89 Im vorliegenden Fall hat die Kommission das Bestehen von drei Hindernissen dieser Art geltend gemacht; das erste Hindernis resultiere aus den Erfordernissen der Politik der Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft, während das zweite Hindernis das Preisniveau betreffe, das sich aus dem Handelsabkommen ergebe, und das dritte aus der Verpflichtung folge, den gleichen Zugang zu den Versorgungsquellen zu gewährleisten.

90 Hierzu ist vorab festzustellen, daß die Agentur, da es sich um Entscheidungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Handelspolitik sowie der Kernenergiepolitik handelt, im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse jedenfalls über einen weiten Ermessensspielraum verfügt. Unter diesen Umständen muß sich die Kontrolle durch das Gericht auf jeden Fall auf die Prüfung der Frage beschränken, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt (Urteil ENU/Kommission, a. a. O., Randnr. 67).

91 Zum ersten Hindernis vertritt die Kommission die Auffassung, daß die in der GUS geforderten Preise derart niedrig seien, daß die Verbraucher in der Gemeinschaft dazu veranlasst werden könnten, einen möglichst hohen Anteil ihres Bedarfs durch Kernmaterial aus der GUS zu decken. Würden unbegrenzte Einfuhren aus der GUS zugelassen, so würden die Unternehmen in der Gemeinschaft von dieser Versorgungsquelle abhängig. Daraus ergäben sich in zweifacher Hinsicht Nachteile. Zum einen könnte die Fortsetzung der Lieferungen langfristig nicht garantiert werden. Zum anderen bestuende die Gefahr des Wegfalls alternativer Versorgungsquellen. Die Kommission weist darauf hin, daß der Rat in seiner Entschließung vom 16. September 1986 eine Politik der Diversifizierung gebilligt habe. Daher stelle der Umstand, daß massive Einfuhren von Kernmaterial aus der GUS zu erheblich unter dem westlichen Niveau liegenden Preisen die Versorgungssicherheit in der Gemeinschaft gefährden könnten, ein Hindernis im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages dar.

92 Nach Auffassung des Gerichts kann die Agentur Einfuhren von Kernmaterial zu Recht entgegentreten, wenn die Gefahr besteht, daß diese Einfuhren, insbesondere durch ihre Auswirkungen auf die Versorgungsquellen, die Verwirklichung der Ziele des Vertrages beeinträchtigen. Eine solche Gefahr kann als ein rechtliches Hindernis angesehen werden, das der Ausführung eines Auftrags im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages entgegensteht (Urteil ENU/Kommission, a. a. O., Randnr. 64). Die Agentur kann, mit anderen Worten, zur Sicherung der geographischen Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft - durch die Ausübung ihres ausschließlichen Rechts, Verträge über die Lieferung von Erzen und sonstigen Kernbrennstoffen abzuschließen, um damit entsprechend der ihr durch den Vertrag übertragenen Aufgabe die Versorgungssicherheit nach dem Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen zu gewährleisten - nach ihrem Ermessen bestimmten Einfuhren von Uran entgegentreten, die diese Diversifizierung beeinträchtigen würden (Urteil ENU/Kommission, a. a. O., Randnr. 68).

93 Im vorliegenden Fall ist im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Gefahr für die Versorgungssicherheit besteht, nicht bestritten worden, daß der Umfang der Lieferungen aus der GUS in die Gemeinschaft seit 1990 erheblich zugenommen hat. Die Kommission hat auf ein strukturelles Defizit der Weltproduktion gegenüber dem Uranverbrauch hingewiesen, doch ist dies von der Klägerin bestritten worden. Nach einem von der Klägerin zu den Akten gegebenen Diagramm, in dem die Produktion und der Verbrauch von Natururan im Westen für den Zeitraum von 1994 bis 2004 dargestellt sind, wird die nominale Produktionskapazität die Nachfrage im Jahr 2000 übersteigen. Doch ist die Nachfrage nach diesem Diagramm vom Jahr 1994 bis zum Jahr 2000 stets höher als die Produktion.

94 Daher war es zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission die Entscheidung 94/285 erlassen hat, nicht ausgeschlossen, daß die Gewährleistung einer regelmässigen und gerechten Versorgung im Sinne von Artikel 2 Buchstabe d des Vertrages gefährdet werden konnte, wenn die Fortsetzung der Einfuhren von Kernmaterial aus der GUS in unbegrenzter Höhe gestattet worden wäre und wenn diese Einfuhren für eine gewisse Zeit die Lieferungen anderen Ursprungs ersetzt hätten, ohne daß die Fortführung der Lieferungen aus der GUS langfristig garantiert werden konnte.

95 Das erste von der Kommission geltend gemachte rechtliche Hindernis besteht somit tatsächlich.

96 Zum zweiten Hindernis trägt die Kommission vor, daß mit dem durch den Vertrag eingeführten Versorgungssystem die Einfuhr von Kernmaterial in die Gemeinschaft zu marktgerechten Preisen erreicht werden solle. Die Geltung eines solchen Grundsatzes im Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und der UdSSR oder nachfolgend den Staaten der GUS sei insbesondere in Artikel 14 des Handelsabkommens anerkannt worden.

97 Wie die Kommission ausgeführt hat, hat der Gerichtshof entschieden, daß sich aus einem von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Abkommen Rechte und Pflichten für die Unternehmen ergeben können.

98 Er hat sich zu dem Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, kerntechnischen Anlagen und Nukleartransporten folgendermassen geäussert (Beschluß 1/78 vom 14. November 1978, Slg. 1978, 2151, Randnr. 36):

"Die Aufgaben, die von der Gemeinschaft zu erfuellen sind, werden im wesentlichen mit dem Versorgungssystem und der Verwaltung des Gemeinsamen Marktes auf dem Kerngebiet... zusammenhängen. Die einschlägigen Vorschriften des Vertrages werden zusammen mit den Vorschriften des Übereinkommens - das, nachdem es von der Gemeinschaft abgeschlossen worden ist, Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sein wird - eine angemessene Rechtsgrundlage für die erforderlichen Vollzugsmaßnahmen bilden."

99 Artikel 14 des Handelsabkommens ist somit Bestandteil des Gemeinschaftsrechts. Zudem ist die Agentur nach Artikel 64 des Vertrages verpflichtet, gegebenenfalls im Rahmen der zwischen der Gemeinschaft und einem dritten Staat abgeschlossenen Abkommen tätig zu werden.

100 Damit festgestellt werden kann, ob Artikel 14 des Handelsabkommens von der Agentur und der Kommission im vorliegenden Fall zutreffend angewandt wurde, sind die verfügbaren Informationen über die Preise zu analysieren. Nach einer Tabelle, die dem Jahresbericht der Agentur für das Jahr 1993 beigefügt ist, lag der Durchschnittspreis im Zeitraum von 1990 bis 1993 bei langfristigen Mehrjahreslieferungen zwischen 29,39 und 21,17 USD pro lb U3O8 und bei Lieferungen auf den Spotmärkten zwischen 9,68 und 9,05 USD pro lb U3O8. Nach Darstellung der Klägerin betrug der in ihrem Vertrag vorgesehene tatsächliche Preis 8,02 USD pro lb U3O8, während er sich nach Auffassung der Kommission nur auf 6,93 USD pro lb U3O8 belief. Da die Klägerin, wie aus ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts hervorgeht, versucht hat, mit dem fraglichen Liefervertrag nicht einen punktüllen Bedarf, sondern ihren Grundbedarf für einen Zeitraum von 15 Monaten zu decken, entsprach dieser Vertrag, in dem ein Preis vereinbart wurde, der sogar unter dem Durchschnittspreis auf den Spotmärkten lag, nicht der Regel, daß die Lieferungen zu marktgerechten Preisen erfolgen müssen.

101 Somit ist das Bestehen eines zweiten rechtlichen Hindernisses im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages dargetan.

102 Das dritte Hindernis für den Abschluß des Vertrages soll sich aus der Verpflichtung ergeben, gleichen Zugang zu den Versorgungsquellen zu gewährleisten und zu verhindern, daß einem Verbraucher gegenüber seinen Konkurrenten eine bevorzugte Stellung eingeräumt wird. Dazu ist festzustellen, daß, wenn die Einfuhren beschränkt werden müssen, die Anwendung einer nach Maßgabe der Marktlage auf einen bestimmten Prozentsatz des Verbrauchs der einzelnen Verbraucher festgesetzten Obergrenze der vertretbaren Abhängigkeit durch das Ziel gerechtfertigt ist, gemäß Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages gleichen Zugang zu den Versorgungsquellen zu sichern.

103 Die Agentur hat in den Grenzen ihres weiten Ermessens den Grad der vertretbaren Abhängigkeit auf höchstens 25 % festgesetzt, wobei sie insbesondere die bestehenden längerfristigen Produktionskapazitäten der GUS und den Umstand berücksichtigt hat, daß deren Anteil an der Weltproduktion ungefähr 25 % betrug.

104 Im vorliegenden Fall ist nicht bestritten worden, daß die Klägerin bereits mit ihren vorangegangenen Käufen von Uran aus der GUS diese Grenze überschritten hatte.

105 Die Kommission hat daher zu Recht insoweit das Bestehen eines rechtlichen Hindernisses im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages festgestellt.

106 Auch können die besonderen Vorschriften des Vertrages über die Preise, d. h. die Artikel 67 bis 69, entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht dahin ausgelegt werden, daß sie der Anwendung von Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages deshalb entgegenstuenden, weil die Agentur oder die Kommission im Rahmen des vereinfachten Verfahrens nur unter den Voraussetzungen des Artikels 68 oder des Artikels 69 auf die ausgehandelten Preise Einfluß nehmen könne. Artikel 61 soll es der Agentur nämlich gerade ermöglichen, in Fällen, in denen ein wie auch immer geartetes rechtliches oder sachliches Hindernis der Ausführung eines Auftrags entgegensteht, sich diesem Auftrag zu widersetzen und somit gegebenenfalls vom Grundsatz der Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage abzuweichen, der nach Artikel 67 insbesondere hinsichtlich der Preise gilt. Im übrigen hat die Agentur entgegen dem Vorbringen der Klägerin dadurch, daß sie den Liefervertrag mit einer Bedingung betreffend den Ursprung des zu liefernden Materials versehen hat, keineswegs den Preis festgesetzt.

107 Aus den oben dargelegten Gründen hat die Agentur dadurch, daß sie den vorbehaltlosen Abschluß des fraglichen Liefervertrags abgelehnt und diesem Vertrag die Bedingung hinzugefügt hat, daß das Uran nicht aus der GUS stammen darf, weder einen Rechtsirrtum noch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

108 Die Entscheidung der Kommission, mit der diese Entscheidung der Agentur bestätigt wurde, kann deshalb nicht für rechtswidrig erklärt werden.

109 Der erste und der zweite Teil des ersten Klagegrundes sind somit als unbegründet zurückzuweisen."

38 Mit dem dritten Teil des ersten Klagegrundes, Verletzung der Ziele des Artikels 1 des Vertrages, warf die Rechtsmittelführerin zum einen der Kommission und der Agentur vor, sie hätten allein nach den Interessen der Erzeuger gehandelt, ohne die Verbraucherinteressen zu berücksichtigen. Zum anderen warf sie der Politik der Agentur vor, die gemeinschaftsansässigen Erzeuger, die gerade 20 % des Uranbedarfs der Gemeinschaft deckten, nur in geringem Masse zu schützen; Nutznießer dieser Politik seien vielmehr die Erzeuger bestimmter Drittländer.

39 Das Gericht hat diese Rüge mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"113 Die Agentur ist bestrebt, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und den Verbrauchern in der Gemeinschaft kontinuierliche Lieferungen zu garantieren. Es liegt insbesondere im Interesse der Kernindustrie der Gemeinschaft, daß eine bestimmte Lieferquelle nicht zu grosse Bedeutung gegenüber alternativen Quellen erlangt. Es liegt auch im Interesse der Gemeinschaft insgesamt und entspricht dem Ziel der Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern, daß die Einfuhren zu marktgerechten Preisen erfolgen, wie dies u. a. Artikel 14 des Handelsabkommens zeigt. Daher entspricht die Entscheidung 94/285, wie das Gericht oben bereits festgestellt hat, den Erfordernissen der Versorgungspolitik. Sie läuft der Aufgabe der Gemeinschaft also nicht zuwider."

40 Mit dem vierten Teil des ersten Klagegrundes wurde ein Verstoß gegen die Vorschriften über das Funktionieren des gemeinsamen Marktes für Natururan, insbesondere gegen die Artikel 2 Buchstabe g und 92 ff. EAG-Vertrag geltend gemacht, die den Wirtschaftsteilnehmern die Freiheit gewährleisteten, sich bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Lieferanten ihrer Wahl zu versorgen.

41 Das Gericht hat diese Rüge mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"117 Die den Unternehmen eingeräumte Freiheit, sich bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Lieferanten ihrer Wahl zu versorgen, muß in den vom Vertrag gezogenen und oben aufgezeigten Grenzen und insbesondere in der Weise ausgeuebt werden, daß die Versorgungssicherheit nicht gefährdet wird. Im vorliegenden Fall stieß der Liefervertrag der Klägerin auf bestimmte rechtliche Hindernisse, die diese Freiheit gemäß Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages beschränken. Denn der Lieferant der Klägerin war zwar ein in der Gemeinschaft ansässiges Unternehmen, doch kam ihm nur die Rolle eines Zwischenhändlers zu, da die zu liefernden Stoffe aus der GUS stammten."

42 Die Rechtsmittelführerin stützte ihren zweiten Klagegrund auf eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit, da die Agentur es in ihrem Verhalten an Transparenz habe fehlen lassen, auf eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, da die Agentur nicht den geringen Anteil der Elektrizität aus Kernenergie bei der Versorgung Deutschlands berücksichtigt habe, und auf eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, da das Ziel der Diversifizierung auch im Rahmen des Artikels 65 Absatz 2 des Vertrages oder der Artikel 70 und 72 des Vertrages - die Schürfungsvorhaben und das Anlegen von Handels- und Sicherheitsbeständen beträfen - hätte erreicht werden können.

43 Dazu hat das Gericht entschieden:

"125 Zu der gerügten Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit ist festzustellen, daß die Grundlagen für das Vorgehen der Agentur, nämlich die Entschließung des Rates, die in Nr. 5 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich das Ziel der geographischen Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft nennt, und das Handelsabkommen, nach dessen Artikel 14 die Preise marktgerecht sein müssen, jeweils im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden. Der Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen ist in Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages selbst niedergelegt worden.

126 Ausserdem ist in dem Jahresbericht der Agentur für das Jahr 1992 (vgl. den allgemeinen Überblick über die Versorgungssituation der Gemeinschaft) festgestellt worden, daß die Einfuhren von Natururan aus der GUS etwa 25 % des Nettobedarfs der Gemeinschaft entsprächen und daß bereits Verträge über die künftige Lieferung sehr grosser Mengen aus dieser Quelle abgeschlossen worden seien. Das Niveau der Lieferungen von Material aus der GUS wurde von der Agentur und der Kommission als kritisch eingeschätzt, da bei einer Fortsetzung des seit 1990 beobachteten Trends die Versorgungssicherheit in Zukunft in Frage gestellt werden könnte. In dem Bericht wurde weiter ausgeführt, daß eine im Rahmen des Beirats gebildete Arbeitsgruppe von Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen sei, daß Material und Dienstleistungen mit Ursprung in der GUS auf dem Gemeinschaftsmarkt zu Preisen angeboten würden, die in keiner Beziehung zu den im Westen festgestellten Produktionskosten stuenden. Nach dem Bericht vertraten die Kommission und die Agentur die Auffassung, daß korrigierende Maßnahmen, die im wesentlichen auf dem ausschließlichen Recht zum Abschluß von Verträgen beruhten, gerechtfertigt seien. In dem Bericht wurde noch festgestellt, daß das politische Vorgehen der Agentur im allgemeinen positiv aufgenommen worden sei.

127 Angesichts des Bestehens leicht zugänglicher Informationsquellen, von denen anzunehmen ist, daß sie ein hinreichend umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer dieses sehr speziellen und genau bestimmten Sektors kennt, kann daher nicht von einem Mangel an Transparenz gesprochen werden.

128 Folglich ist die auf eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit gestützte Rüge zurückzuweisen.

129 Die Agentur selbst hat hinsichtlich des "Grades der vertretbaren Abhängigkeit" eine bezifferte interne Leitlinie festgelegt, nach der es jedem in der Gemeinschaft ansässigen Wirtschaftsteilnehmer gestattet ist, maximal etwa 25 % seines Bedarfs durch Material aus der GUS zu decken.

130 Zwar wurde diese Obergrenze der vertretbaren Abhängigkeit nicht als solche veröffentlicht, doch kann sich aus diesem Umstand nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung 94/285 ergeben. Bei diesem Grenzwert handelte es sich lediglich um ein internes Beurteilungskriterium, das die Agentur berücksichtigt hat, um den gleichen Zugang der Gemeinschaftsverbraucher zu den Versorgungsquellen zu gewährleisten. Diese Obergrenze stellte keine starre Regel dar, da die Entwicklung der Lage auf diesem Markt eine flexible Vorgehensweise erforderte. Ausserdem hätte die Klägerin unter den Umständen des vorliegenden Falles, da sie bereits Material aus der GUS in grossen Mengen gekauft hatte, erkennen können, daß eine erneute Einfuhr für ihre Rechnung als den Gemeinschaftsinteressen zuwiderlaufend angesehen werden könnte.

131 Zum Grundsatz der Gleichbehandlung scheint die Klägerin in ihren Schriftsätzen die Auffassung zu vertreten, daß er verletzt sei, wenn bei der Beurteilung der Lage nicht berücksichtigt werde, daß die in den verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen in unterschiedlichem Masse von Kernmaterial aus der GUS abhingen. In der mündlichen Verhandlung hat sie jedoch vorgetragen, die rechtswidrige Ungleichbehandlung bestehe darin, daß die Kommission ihrer Pflicht nicht nachgekommen sei, dafür zu sorgen, daß alle Wirtschaftsteilnehmer der Agentur ihre Verträge über die Lieferung von Kernmaterial zum Zwecke des Abschlusses vorlegten. Auf dieses Vorbringen hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung erwidert, daß ihr kein Fall bekannt sei, in dem ein Vertrag nicht bei der Agentur eingereicht worden wäre.

132 Die Agentur wendet hinsichtlich der vertretbaren Abhängigkeit einen Grenzwert an, um den in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmen den gleichen Zugang zu den Versorgungsquellen zu garantieren. Eine solche Vorgehensweise findet ihre Rechtfertigung in Artikel 52 Absatz 1 des Vertrages. Von der Agentur und der Kommission kann nicht verlangt werden, daß sie der in den verschiedenen Mitgliedstaaten jeweils bestehenden besonderen Situation Rechnung tragen. Auch hat die Klägerin nicht das Vorliegen von Fällen nachgewiesen, in denen die Agentur und die Kommission einem Verstoß gegen Artikel 5bis der Vollzugsordnung nicht entgegengetreten wären.

133 Unter diesen Umständen greift die Rüge einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht durch.

134 Zum Grundsatz der Verhältnismässigkeit...

135... [ist darauf hinzuweisen, daß] bei Anwendung [der Artikel 65 Absatz 2, 70 und 72 des Vertrages] das Problem... nicht [hätte] gelöst werden können, da die Agentur in Anbetracht der Ziele ihrer Versorgungspolitik Einfuhren aus der GUS zu nicht marktgerechten Preisen entgegentreten musste. Ausserdem wurde der Liefervertrag unter der Bedingung gebilligt, daß das Material nicht aus der GUS stamme. Eine solche Bedingung kann aus den oben, insbesondere in den Randnummern 92 bis 94, dargelegten Gründen nicht unverhältnismässig sein.

136 Auch die Rüge einer Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes muß daher zurückgewiesen werden."

44 Mit ihrem dritten Klagegrund, Verletzung der Vorschriften über die Zuständigkeitsverteilung, machte die Rechtsmittelführerin geltend, daß es sich weder bei der Agentur noch bei dem Beirat um Organe der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 EAG-Vertrag handele, daß die Ausarbeitung der gemeinsamen Versorgungspolitik den politischen Organen der Gemeinschaft, nämlich der Kommission und dem Rat, vorbehalten sei und daß die Agentur lediglich mit der kaufmännischen Durchführung der Versorgung betraut sei, aber keine Zuständigkeit für die Festsetzung von Importquoten habe.

45 Das Gericht hat diesen Klagegrund mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"140 Auf der Grundlage der oben vorgenommenen Analyse (vgl. insbesondere die Randnrn. 85 bis 109) steht fest, daß die Agentur im vorliegenden Fall den vom Rat und von der Kommission vorgezeichneten Weg eingeschlagen und in den Grenzen des weiten Ermessensspielraums gehandelt hat, über den sie beim Erlaß von Entscheidungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Handelspolitik sowie der Kernenergiepolitik verfügt (Urteil ENU/Kommission, a. a. O., Randnr. 67). Jedenfalls ist, soweit die Klägerin die Befugnisse der Agentur in Zweifel zieht, darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung 94/285 von der Kommission stammt. Die Kommission hat sich nämlich bei der Überprüfung der Handlung der Agentur, die ihr von der Klägerin gemäß Artikel 53 Absatz 2 des Vertrages unterbreitet worden war, die Beurteilung der Agentur zu eigen gemacht. Sie hat somit die Kriterien der Versorgungspolitik und ihre Durchführung durch die Agentur gemäß dem durch den Vertrag eingeführten Verfahren gebilligt."

46 Mit ihrem vierten Klagegrund machte die Rechtsmittelführerin eine Verletzung der Begründungspflicht geltend, da der Entscheidung 94/285 eine systematische Herleitung der Kompetenzen der Agentur aus dem Vertrag und eine Darlegung der Gründe fehle, aus denen die Rechtsmittelführerin von Uran aus der GUS abhängig geworden sei, und der im Liefervertrag vereinbarte Bezugspreis nicht marktwirtschaftlichen Verhältnissen entspreche oder nicht marktgerecht sei.

47 Das Gericht hat diesen Klagegrund mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"144 Wie das Gericht bereits ausgeführt hat (siehe oben, Randnr. 46), muß die Begründung eines Rechtsakts die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es den Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erkennen, und daß der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann; dabei ist der Umfang der Begründungspflicht nach ihrem Zusammenhang zu beurteilen.

145 Die Kommission hat in ihrer Entscheidung deutlich gemacht, daß die Agentur nicht verpflichtet sei, Aufträge auszuführen, wenn dem rechtliche oder sachliche Hindernisse entgegenstuenden (vierzehnte Begründungserwägung der Entscheidung 94/285). Danach ist sie auf die Versorgungspolitik sowie auf das allgemeine Ziel und die Grundlagen einer Diversifizierung der Versorgungsquellen wie etwa die Entschließung des Rates eingegangen (fünfzehnte und sechzehnte Begründungserwägung). Anschließend hat sie auf Artikel 64 des Vertrages, wonach die Agentur gegebenenfalls im Rahmen der zwischen der Gemeinschaft und einem dritten Staat abgeschlossenen Abkommen tätig werde, und auf das Handelsabkommen, insbesondere dessen Artikel 14, hingewiesen (einundzwanzigste Begründungserwägung). Schließlich hat die Kommission dargelegt, daß eine Erhöhung des Anteils der GUS-Staaten an den Gesamtlieferungen, der gegenwärtig auf 20 % bis 25 % festgesetzt sei, mit den langfristigen Versorgungsinteressen der Gemeinschaft nur schwer zu vereinbaren wäre (dreiunddreissigste Begründungserwägung).

146 Die Begründung der Entscheidung 94/285 lässt damit unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und des Umstands, daß ihr das oben in Randnummer 6 erwähnte Schreiben vom 20. Dezember 1993 und die Entscheidung, die Gegenstand der ersten Klage ist, vorausgegangen sind, die wesentlichen Gründe für die Ablehnung des Abschlusses des von der Klägerin eingereichten Vertrages klar und unzweideutig erkennen."

48 Schließlich machte die Rechtsmittelführerin mit einem fünften Klagegrund einen Ermessensmißbrauch mit der Begründung geltend, die Agentur und die Kommission hätten über kein Ermessen verfügt, sondern seien verpflichtet gewesen, den bei ihnen eingereichten Vertrag abzuschließen.

49 Das Gericht hat diesen Klagegrund wie folgt zurückgewiesen:

"149 Wie oben (Randnr. 53) bereits festgestellt, hat der Begriff des Ermessensmißbrauchs im Gemeinschaftsrecht eine präzise Bedeutung; er bezieht sich auf eine Situation, in der eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck als demjenigen ausübt, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Es entspricht in diesem Zusammenhang ständiger Rechtsprechung, daß eine Entscheidung nur dann ermessensmißbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, daß sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde.

150 Die Klägerin hat nicht dargetan, daß die Agentur und die Kommission ein anderes Ziel als das der Durchführung der Versorgungspolitik der Euratom verfolgt hätten."

50 Damit hat das Gericht den Antrag auf Nichtigerklärung insgesamt zurückgewiesen.

Zum Schadensersatzantrag

51 Da das Gericht das beanstandete Verhalten der Agentur und die Weigerung der Kommission, den ihr von der Klägerin vorgelegten Anträgen stattzugeben, als nicht rechtsfehlerhaft angesehen hat, hat es den Schadensersatzantrag als unbegründet zurückgewiesen.

Das Rechtsmittel

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels insgesamt

52 Die Kommission hält das Rechtsmittel für offensichtlich unzulässig und beantragt, es nach Artikel 119 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes zurückzuweisen, weil es eine Neuauflage der Klage darstelle und keine erkennbaren spezifischen Rechtsmittelgründe gegen das angefochtene Urteil enthalte. Das Rechtsmittel stehe daher nicht im Einklang mit Artikel 52 der EAG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 112 § 1 Buchstabe c seiner Verfahrensordnung.

53 Ausserdem sei das Rechtsmittel auch deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil es entgegen Artikel 112 § 1 Buchstabe a der Verfahrensordnung den Wohnsitz der Rechtsmittelführerin nicht korrekt angebe; dies sei der Sitz der Gesellschaft (§ 3 Absatz 1 Nummer 1 GmbHG), der sich in Lingen (Ems) befinde. In der Rechtsmittelschrift heisse es aber: "Rheinlanddamm 24, D-44139 Dortmund".

54 Ob der erste Unzulässigkeitsgrund der Kommission begründet ist, lässt sich erst nach eingehender Prüfung der einzelnen Gründe sagen, die die Rechtsmittelführerin mit ihrem Rechtsmittel geltend macht. Daher ist auf die Ausführungen zur Begründetheit zu verweisen.

55 Was die Frage des Sitzes der Rechtsmittelführerin angeht, so kann der Umstand, daß in der Rechtsmittelschrift Dortmund, also die Stadt, in der sich die Verwaltung der Rechtsmittelführerin befinden soll, anstatt Lingen angegeben ist, für sich auch dann nicht die Unzulässigkeit des Rechtsmittels begründen, wenn nach dem deutschen Recht Lingen als Sitz der Gesellschaft gilt. Unter den Umständen des vorliegenden Falles stellt dies keine wesentliche Unregelmässigkeit dar, die die formelle Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge haben könnte, da sich jedenfalls aus dem angefochtenen Urteil, das der Rechtsmittelschrift beigefügt ist, ergibt, daß Sitz der Rechtsmittelführerin Lingen ist.

56 Der zweite Teil der Unzulässigkeitseinrede der Kommission ist daher zurückzuweisen.

Zur Begründetheit

57 Die Rechtsmittelführerin trägt in ihrer Erwiderung vor, die Mitglieder des Gerichts hätten keine eigene Kenntnis vom gesamten Prozeßstoff, sondern nur Kenntnis von dessen stark verkürzter und stellenweise ungeordneter Darstellung gehabt, die er durch den Sitzungsbericht der Berichterstatterin gefunden habe. Hierin liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens und auch des rechtlichen Gehörs.

58 Dieser Rechtsmittelgrund ist unabhängig von seiner verspäteten Geltendmachung offensichtlich nicht begründet. Im Bericht des Berichterstatters sollen nämlich gerade die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten der Rechtssache sowie das Vorbringen der Parteien zusammengefasst werden; den Parteien steht es frei, vor oder in der mündlichen Verhandlung Berichtigungen zu beantragen oder Vorbehalte anzumelden. Ausserdem steht fest, daß die Richter des Gerichts, die an der Beratung teilgenommen haben, während des gesamten Verfahrens Zugang zu allen in den Akten enthaltenen Schriftsätzen, Vorgängen und Unterlagen hatten.

Zur Klage in der Rechtssache T-149/94

59 Die Rechtsmittelführerin macht gegen den Teil des Urteils des Gerichts, der die Klage in der Rechtssache T-149/94 betrifft, vier Rechtsmittelgründe geltend.

a) Zu Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung und den die Versorgung betreffenden Bestimmungen des Kapitels 6 des Vertrages

60 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, entgegen der Entscheidung des Gerichts ermächtige Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung die Agentur weder zu einem Auskunftsersuchen noch zu einer Verlängerung der darin vorgesehenen Frist von zehn Tagen; vielmehr habe die Agentur danach innerhalb dieser Frist den betreffenden Vertrag abzuschließen oder den Abschluß zu verweigern. Hinzu komme, daß sowohl sie selbst als auch die BNFL das "Ursprungsland" der zu liefernden Stoffe zum Zeitpunkt der Einreichung des Vertrages bei der Agentur am 29. November 1993 noch nicht gekannt hätten. Die Agentur hätte hinnehmen müssen, daß diese Angabe nachgeliefert werde, ohne daß das Auskunftsersuchen den Fristablauf gemäß Artikel 5bis Buchstabe f habe hinausschieben können.

61 Dazu ist festzustellen, daß das Gericht in Randnummer 35 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgegangen ist, daß "der geographische Ursprung der zu liefernden Stoffe.. einen zentralen Platz unter den Elementen eines Liefervertrags ein[nimmt], die der Agentur im Rahmen der Anwendung von Artikel 5bis der Vollzugsordnung mitgeteilt werden müssen", da "die Versorgungssicherheit, die mit der Durchführung der Versorgungspolitik angestrebt wird,... nur dann gewährleistet werden [kann]", wenn die Agentur diesen Ursprung kennt.

62 Denn nach Artikel 2 Buchstabe d des Vertrages hat die Gemeinschaft "für die regelmässige und gerechte Versorgung aller Benutzer der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu tragen". Die Regelmässigkeit der Versorgung steht aber in engem Zusammenhang mit der Vielfalt der Versorgungsquellen, wie sich aus Nummer 5 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich der Entschließung des Rates vom 16. September 1986 ergibt. Für die Bedeutung der Kenntnis des geographischen Ursprungs der Lieferungen für die Durchführung der gemeinsamen Versorgungspolitik durch die Agentur spricht auch Artikel 60 des Vertrages, wonach die Verbraucher von Rohstoffen der Agentur in regelmässigen Abständen den Herkunftsort der Lieferungen mitteilen.

63 Daher hat das Gericht in Randnummer 39 des angefochtenen Urteils ohne Rechtsfehler entschieden, daß die Agentur die Vertragsparteien ersuchen konnte, ihr zur Vervollständigung der Akten den Ursprung der zu liefernden Stoffe mitzuteilen. Die Agentur ist zwar nach Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung verpflichtet, sich binnen zehn Tagen zu äussern, doch ist es ihr nach dieser Vorschrift nicht untersagt, Ermittlungen wie die hier fraglichen anzustellen, wenn der ihr vorgelegte Vertrag unvollständig ist und insbesondere nicht die Angaben über den Ursprung der zu liefernden Stoffe enthält, über die die Vertragsparteien verfügen, sofern, worauf das Gericht in Randnummer 39 ausdrücklich hingewiesen hat, das Auskunftsersuchen innerhalb dieser Frist von zehn Tagen gestellt wird.

64 Denn wie der Generalanwalt in Nummer 106 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es angesichts der Bedeutung der Rolle der Agentur bei der Versorgung von ausserhalb der Gemeinschaft nicht unangemessen, ihr eine Ermittlungsbefugnis zuzugestehen, weil und wenn sie dadurch ihre Kontrollaufgabe effektiver ausüben kann und den Parteien zugleich eine letzte Möglichkeit bleibt, ihren Vertrag zu ergänzen und dadurch zum Abschluß zu bringen.

65 Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, daß die Rechtsmittelführerin und ihr Lieferant zum Zeitpunkt der Einreichung des Vertrages bei der Agentur zumindest implizit die Lieferung von Stoffen aus der GUS vereinbart hätten, so daß die Vertragsparteien in der Lage gewesen seien, den Herkunftsort des Urans im Vertrag anzugeben; demzufolge hat das Gericht in Randnummer 36 entschieden, daß eine spätere Mitteilung des Ursprungslands gemäß Artikel 5bis Buchstabe c Nummer 5 der Vollzugsordnung nicht zulässig gewesen sei. Eine solche Tatsachenfeststellung stellt, sofern die Beweismittel nicht verfälscht werden, was im vorliegenden Fall nicht dargetan ist, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt (vgl. insbesondere Urteil vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C-136/92 P, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., Slg. 1994, I-1981, Randnrn. 47 bis 49 und 66, Beschluß vom 17. September 1996 in der Rechtssache C-19/95 P, San Marco/Kommission, Slg. 1996, I-4435, Randnrn. 36 bis 40, und Urteil vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C-7/95 P, Deere/Kommission, Slg. 1998, I-3111, Randnrn. 18 bis 22).

66 Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin umfasst jedoch der Begriff "Ursprungsland" in Artikel 5bis Buchstabe c Nummer 5 der Vollzugsordnung nicht eine Gesamtheit von Staaten wie die GUS.

67 Insoweit genügt der Hinweis, daß die Vertragsparteien wegen der Bedeutung, die die Kenntnis des Herkunftsorts der Stoffe im Hinblick auf die Erfordernisse einer Diversifizierung der Versorgung für die Agentur hat, auch eine ungenaue Information über diese Herkunft, über die sie bei Einreichung des Vertrages verfügten, angeben mussten. Das Schweigen der Vertragsparteien über die Herkunft der Stoffe stellte somit einen berechtigten Grund für das ergänzende Auskunftsersuchen der Agentur dar, so daß das Gericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, daß, da der Ursprung von den Vertragsparteien nicht angegeben worden war, obgleich er ihnen bekannt war, die Agentur berechtigt war, insoweit ergänzende Auskünfte zu verlangen, auch wenn diese in der Nennung der GUS bestanden hätten.

68 Die Rechtsmittelführerin trägt ausserdem vor, das Gericht habe in Randnummer 40 des angefochtenen Urteils zu Unrecht einen Zeitraum von 29 Werktagen, der wegen eines einfachen Auskunftsersuchens zwischen der Vorlage des Vertrages am 29. November 1993 und dem Inkrafttreten der Entscheidung am 7. Januar 1994 verstrichen sei - also einen fast dreimal so langen Zeitraum, wie in der Vollzugsordnung zwingend vorgeschrieben -, für "angemessen" gehalten. Das Gericht habe damit gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen.

69 Diese Rüge kann nicht durchgreifen. Die Verpflichtung der Agentur, sich rasch zum Abschluß eines Vertrages zu äussern, besteht nämlich nur, wenn dieser alle Angaben enthält, die die Agentur zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe der Kontrolle der Versorgungsquellen benötigt. Daher wird die Frist des Artikels 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung erst mit Erhalt vollständiger Akten in Gang gesetzt. Jede andere Auslegung hätte zur Folge, daß die Agentur den Abschluß des Vertrages mangels ausreichender Angaben ohne weiteres verweigern müsste, was sich unter bestimmten Umständen, insbesondere wenn die noch fehlenden Auskünfte eine solche Folge nicht rechtfertigen würden, als zu weitgehend erweisen könnte.

70 Unter diesen Umständen hat das Gericht in Randnummer 40 zu Recht entschieden, daß die Frist von zehn Werktagen am 14. Dezember 1993, dem Tag, an dem die Agentur die erbetene Auskunft erhalten hatte, in Gang gesetzt wurde, so daß die am 6. Januar 1994 zugestellte Entscheidung Nr. 1/94 unter Berücksichtigung der Wochenenden und Feiertage innerhalb der in Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung genannten Frist von zehn Werktagen ergangen ist.

71 Die Rechtsmittelführerin rügt schließlich die Feststellung des Gerichts in Randnummer 38 des angefochtenen Urteils, daß sie die administrativen Schwierigkeiten, auf die die Agentur bei ihrer Äusserung gestossen sei, selbst verursacht habe. Das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß das beschleunigte Verfahren des Artikels 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung nur für problemlose Fällen vorgesehen sei.

72 Wie sich bereits aus Randnummer 65 des vorliegenden Urteils ergibt, ist die Feststellung des Gerichts, daß zwischen den Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Einreichung des Vertrages zumindest implizit die Lieferung von Stoffen aus der GUS vereinbart gewesen sei, eine Tatsachenfrage, die nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegt. Aus dem Vorstehenden folgt, daß das Gericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, daß die Agentur in einem solchen Fall von den Vertragsparteien ergänzende Auskünfte verlangen konnte, bevor sie sich über den Abschluß des Vertrages äusserte.

73 Demzufolge hat das Gericht in Randnummer 40 ohne Rechtsfehler ausgeführt, daß die "... Frist [innerhalb deren die Agentur ihre Entscheidung erlassen hat]... [keine] Verletzung des Artikels 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung... dar[stellte]".

74 Der erste Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

b) Zu den Vorschriften über die Zuständigkeitsverteilung

75 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin unter Verweisung auf die Ausführungen in ihrer Klageschrift vor dem Gericht geltend, daß die Agentur bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen Zuständigkeit für den Abschluß der Versorgungsverträge kein Ermessen habe und nicht befugt sei, die gesetzliche Frist, innerhalb deren sie sich zu äussern habe, zu verlängern.

76 Nach ständiger Rechtsprechung stellt ein Rechtsmittel, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente zu wiederholen, in Wirklichkeit einen Antrag auf eine blosse erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage dar, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt (vgl. insbesondere Beschluß vom 26. April 1993 in der Rechtssache C-244/92 P, Kupka-Floridi/WSA, Slg. 1993, I-2041, Randnr. 10, und Urteil Deere/Kommission, Randnr. 20). Dies gilt auch für den Fall einer blossen Verweisung auf das Vorbringen in der ersten Instanz (vgl. Urteil vom 22. Dezember 1993 in der Rechtssache C-354/92 P, Eppe/Kommission, Slg. 1993, I-7027, Randnr. 8).

77 Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

c) Zur Begründungspflicht

78 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht beziehe sich in den Randnummern 48 und 49 des angefochtenen Urteils ausschließlich auf die Begründung der Entscheidung 94/95 der Kommission, nicht aber auf die Begründung der Entscheidung Nr. 1/94 der Agentur. Da jedoch die von der Kommission zu überprüfende Maßnahme von der Agentur erlassen worden sei, habe die Begründungspflicht insofern nicht die Kommission, sondern die Agentur als handelnde Gemeinschaftsbehörde getroffen. Sowohl für das Auskunftsersuchen der Agentur als auch für die von ihr vorgenommene Fristverlängerung, die die Vertragsparteien beschwerten, fehle es entgegen den Artikeln 162 des Vertrages und 5bis Buchstabe g der Vollzugsordnung an einer Begründung.

79 Auch das Schreiben der Kommission vom 10. Januar 1994 enthalte keine Begründung, mit der sich die Verlängerung der Frist, innerhalb deren sich die Agentur zu dem Vertrag äussern müsse, rechtfertigen lasse. Ausserdem habe die Kommission in der Entscheidung 94/95 die Frage des Ursprungs der Rohstoffe in allgemeinen Wendungen behandelt, statt sich, wie es richtig gewesen wäre, auf die Begriffe "Ursprungsland" und "Versorgungsquellen" zu beziehen. Schließlich habe sie in dieser Entscheidung die gesamte GUS als eine "einzelne Versorgungsquelle" angesehen, von der abhängig zu sein für die Gemeinschaft gefährlich wäre; dieser Standpunkt stehe im Widerspruch zu dem am 29. Dezember 1994 paraphierten und mit Beschluß 95/414/EG des Rates vom 17. Juli 1995 (ABl. L 247, S. 1) genehmigten Interimsabkommen über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und der Russischen Föderation andererseits, mit dem sich die Gemeinschaft in Artikel 15, ergänzt durch einen dem Abkommen beigefügten Briefwechsel, verpflichtet habe, "Rußland insbesondere für die Zwecke ihrer Versorgungspolitik im Nuklearbereich als gesonderte Lieferquelle [zu betrachten], die sich von anderen Lieferanten unterscheidet". Die Rechtsmittelführerin beantragt insoweit, "die Verhandlungsdirektiven des Rates an die Kommission und sonstigen Dokumente [betreffend] deren... Verhandlungen mit Rußland über das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen beizuziehen".

80 Bezueglich des ersten Teils des Rechtsmittelgrundes, der die Begründung der Entscheidung Nr. 1/94 der Agentur betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß die Klage in der Rechtssache T-149/94 ausschließlich gegen die Entscheidung 94/95 der Kommission gerichtet ist, deren Nichtigerklärung sie zum Ziel hat. Dem Gericht kann daher nicht vorgeworfen werden, sich darauf beschränkt zu haben, den Klagegrund des Begründungsmangels nur im Hinblick auf die Entscheidung 94/95 geprüft zu haben, mit der die Entscheidung Nr. 1/94 der Agentur gerade bestätigt wurde.

81 Was den zweiten Teil des Rechtsmittelgrundes angeht, der die Begründung der Entscheidung 94/95 und des Schreibens der Kommission vom 10. Januar 1994 betrifft, so ist festzustellen, daß die Rechtsmittelführerin keine konkrete Rüge gegen das angefochtene Urteil erhebt. Sie beschränkt sich darauf, die in erster Instanz vorgetragenen Klagegründe und Argumente zu entwickeln und mit einem Rechtsmittelgrund die unzulängliche Begründung des Schreibens der Kommission vom 10. Januar 1994 geltend zu machen, obwohl die Klage in der Rechtssache T-149/94, wie in der vorstehenden Randnummer dargelegt, gegen die Entscheidung 94/95 gerichtet ist. Daher kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, daß es sich nicht zur Begründung dieses Schreibens geäussert hat, so daß dahingestellt bleiben kann, ob dieses Schreiben eine mit einer Klage anfechtbare Entscheidung darstellt.

82 Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

d) Zum angeblichen Ermessensmißbrauch durch die Agentur

FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM: 697J0161.1

83 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, daß das Gericht keinen Ermessensmißbrauch durch die Agentur angenommen habe, obwohl dieser durch die Tatsache dargetan sei, daß die Agentur von ihrer früheren Praxis abgewichen sei, nach der sie es zugelassen habe, daß der gesamte Uranbedarf durch Lieferungen aus dem Bereich der GUS gedeckt worden sei, und obwohl die Agentur, indem sie den Abschluß des streitigen Vertrages verweigert habe, versucht habe, die westlichen Uranerzeuger zu schützen und damit einen anderen Zweck verfolgt habe als den, zu dem ihr ihre Befugnisse verliehen worden seien.

84 Das Gericht hat in Randnummer 53 des angefochtenen Urteils festgestellt, es entspreche "ständiger Rechtsprechung, daß eine Entscheidung nur dann ermessensmißbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, daß sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde"; sodann hat es in Randnummer 54 entschieden: "Die Klägerin hat in keiner Weise dargetan, daß die Agentur und die Kommission ein anderes Ziel als das der Durchführung der Versorgungspolitik verfolgt hätten."

85 Wie in Randnummer 65 des vorliegenden Urteils bereits ausgeführt wurde, fällt es nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes, sich zum Wert der dem Gericht vorgelegten Beweismittel zu äussern, sofern sie nicht verfälscht worden sind, was im vorliegenden Fall nicht dargetan ist.

86 Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Klage in der Rechtssache T-181/94

Zum Nichtigkeitsantrag

87 Die Rechtsmittelführerin macht gegen den Teil des angefochtenen Urteils, der die Klage in der Rechtssache T-181/94 betrifft, acht Rechtsmittelgründe geltend.

a) Zum Umfang der Befugnisse der Agentur und zum Vorliegen rechtlicher Hindernisse für den Vertragsschluß

88 Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist es nicht Sache der Agentur, die gemeinsame Versorgungspolitik festzulegen, da diese in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaftsorgane falle. Die Agentur verfüge nicht über den weiten Ermessensspielraum, den ihr das Gericht auf dem Gebiet der Versorgungspolitik zuerkannt habe.

89 Hinzu komme, daß die Agentur nach Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages und Artikel 5bis Buchstabe f der Vollzugsordnung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei, den Abschluß eines Vertrages insgesamt und ohne Änderungen abzulehnen, wenn nach ihrer Auffassung ein rechtliches Hindernis vorliege. Dagegen sei sie nicht berechtigt, den Vertragsinhalt durch die Aufnahme von Bedingungen zu ändern.

90 Jedenfalls sei das Vorliegen keines der drei rechtlichen Hindernisse nachgewiesen worden, die das Gericht als der Ausführung des Auftrags entgegenstehend anerkannt hat. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin gibt es nämlich entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Randnummern 90 bis 105 des angefochtenen Urteils kein rechtliches Hindernis, das auf den Erfordernissen der Politik der Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft, auf dem Preisniveau, das sich aus dem Handelsabkommen ergebe, oder auf dem Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen beruhe.

91 Nach Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages ist die Agentur verpflichtet, alle Aufträge auszuführen, sofern keine rechtlichen oder sachlichen Hindernisse bestehen, was notwendigerweise im Hinblick auf die Ziele der gemeinsamen Versorgungspolitik, wie sie in den Artikeln 2 Buchstabe d und 52 des Vertrages genannt sind, zu beurteilen ist.

92 Artikel 61 steht zwar in Abschnitt 2 des Kapitels 6 über die Versorgung, der mit "Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe aus dem Aufkommen der Gemeinschaft" überschrieben ist, und der Vertrag enthält bezueglich der Lieferung von Rohstoffen aus Drittländern keine Verweisung auf diese Vorschrift; gleichwohl wird, wie der Generalanwalt in Nummer 191 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, das Vorgehen der Agentur hinsichtlich der letztgenannten Stoffe von Erfordernissen bestimmt, die den in Artikel 61 angeführten entsprechen, da die Agentur verpflichtet ist, die von den Verbrauchern eingereichten Aufträge auszuführen, jedoch darauf zu achten hat, daß dabei bestimmte Grenzen nicht überschritten werden.

93 Zu diesen Grenzen, deren Überschreitung ein rechtliches Hindernis im Sinne von Artikel 61 des Vertrages darstellen würde, gehört unbestreitbar die Wahrung des mit dem Vertrag angestrebten Zieles einer regelmässigen und gerechten Versorgung der Benutzer der Gemeinschaft, das die Agentur, die zu diesem Zweck das ausschließliche Recht zum Abschluß der Lieferverträge besitzt, verpflichtet, unter Aufsicht der Kommission dafür zu sorgen, daß bestimmte Aufträge unabhängig vom gemeinschaftlichen oder aussergemeinschaftlichen Ursprung der Lieferungen nicht die Diversifizierung der Versorgung oder den Grundsatz der Nichtdiskriminierung beeinträchtigen. Aufgrund dieser Aufgabe kommt der Agentur im Rahmen der gemeinsamen Versorgungspolitik eine wesentliche Rolle zu.

94 Ausserdem hat das Gericht in Randnummer 86 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, daß "der Agentur durch das durch Artikel 5bis der Vollzugsordnung eingeführte vereinfachte Verfahren ihre ausschließlichen Rechte nicht genommen [werden]" und daß auch in diesem Rahmen "die Agentur... berechtigt ist, einen Liefervertrag abzulehnen, der die Verwirklichung der Ziele des Vertrages beeinträchtigen könnte".

95 Daher kann die Rechtsmittelführerin nicht behaupten, daß sich die Agentur unter Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Vertrages zugunsten der Gemeinschaftsorgane mißbräuchlich die Befugnis angemasst habe, die gemeinsame Versorgungspolitik festzulegen.

96 Insbesondere stuende es, wie bereits in den Randnummern 61 bis 64 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, nicht in Einklang mit den Zielen des Vertrages, die Entscheidungsbefugnis der Agentur zu beschränken, wenn diese die Herkunft der Lieferungen nicht kennt oder wenn sie, wie im vorliegenden Fall, berechtigten Grund zur Annahme hat, daß der Ursprung der Erzeugnisse die Versorgungssicherheit der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beeinträchtigen kann. Das ergänzende Auskunftsersuchen kann im übrigen nicht einer Änderung des Vertrages gleichgestellt werden, da es der Agentur ermöglichen sollte, ihre Akten durch eine wichtige Angabe zum Ursprung der zu liefernden Stoffe zu ergänzen, über den sich die Vertragsparteien zumindest implizit bereits verständigt hatten.

97 Ausserdem hat das Gericht in Randnummer 90 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, daß die Agentur, da es sich um Entscheidungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Handelspolitik sowie der Kernenergiepolitik handelt, die eine Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte erfordern, im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse über einen weiten Ermessensspielraum verfügt und daß die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Frage beschränkt sein muß, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt.

98 Bezueglich des ersten vom Gericht anerkannten rechtlichen Hindernisses, das aus den Erfordernissen der Politik der Diversifizierung der Versorgungsquellen resultiere, trägt die Rechtsmittelführerin vor, es gebe keine langfristige Gefahr einer Abhängigkeit von Lieferungen aus der GUS. Das Gericht habe die Analyse der Kommission gebilligt, die zum Nachweis dafür, daß der Gemeinschaft langfristig eine Abhängigkeit drohe, die gesamte GUS als eine einzige Versorgungsquelle angesehen habe, ohne zwischen den sehr unterschiedlichen Produktionskapazitäten der Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR zu unterscheiden.

99 Hinzu komme, daß sich die Kommission auf die gegenwärtigen Produktionskapazitäten der GUS-Staaten gestützt habe, ohne die längerfristigen Produktionskapazitäten zu beurteilen, obwohl diese nach ihrer eigenen Vorstellung für die Bestimmung der Abhängigkeit der Gemeinschaft von Lieferungen aus der GUS maßgeblich gewesen seien. Es sei aber von vornherein absehbar gewesen, daß die umfangreichen Lagerbestände in den betreffenden Ländern unabhängig von den Uranvorkommen und Produktionskapazitäten der GUS innerhalb von wenigen Jahren abgebaut sein würden. Da die Produktion dieser Länder nach Annahme der Kommission ungefähr bei 25 % der weltweiten Uranproduktion gelegen habe und dieser Prozentsatz zugleich die Obergrenze für eine vertretbare Abhängigkeit von Lieferungen aus der GUS dargestellt habe, stelle die Auffassung der Kommission, daß die Überschreitung dieser Quote durch ein einzelnes Versorgungsunternehmen längerfristig zu einer unvertretbaren Abhängigkeit der Gemeinschaft insgesamt von Lieferungen aus der GUS bewirken könne, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler dar.

100 Man könne beim Uran nicht, wie das Gericht dies in Randnummer 93 des angefochtenen Urteils getan habe, von einem "strukturellen Defizit" der Weltproduktion gegenüber der Nachfrage sprechen. In Wirklichkeit sei die Produktion aus der Gemeinschaft "strukturell defizitär", da die Gemeinschaftsvorkommen an Uran sehr gering seien. Hieran könne jedoch auch eine noch so geschickte Diversifizierungspolitik nichts ändern, da sich aufgrund der Naturgesetze die Verteilung der Uranvorkommen in der Welt dem Zugriff der "Versorgungspolitik" der Agentur entziehe.

101 Die Rechtsmittelführerin wirft der Kommission ausserdem vor, auf die Tatsache abgestellt zu haben, daß sie sich zu mehr als 150 % ihres Jahresbedarfs mit GUS-Lieferungen am Spotmarkt eingedeckt habe, während die Verbraucher herkömmlicherweise ihren Hauptbedarf im Rahmen mehrjähriger Verträge und ihren kurzfristigen Bedarf bis zur Höhe von ungefähr 10 % des Jahresbedarfs auf dem Spotmarkt deckten. Diese in Randnummer 83 des angefochtenen Urteils erwähnte Behauptung der Kommission sei mit der Kompetenzordnung des Vertrages nicht vereinbar und verstosse gegen die durch die deutsche Verfassung und die Rechtsordnung der Gemeinschaft geschützten Rechte der Vertragsfreiheit und der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. In der Rechtsordnung des Vertrages begründe keine Bestimmung eine Verpflichtung der Unternehmen, ihren Hauptbedarf im Rahmen mehrjähriger Verträge, nicht jedoch über den Spotmarkt zu decken. Die Geltungsdauer der zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Lieferverträge bleibe auch dann ausschließlich Sache der Vertragsparteien, wenn die Agentur das ausschließliche Recht zum Abschluß solcher Verträge oder zu dessen Verweigerung habe. Die in Randnummer 84 genannte Behauptung der Kommission, die Bezuege der Rechtsmittelführerin über den Spotmarkt, auf dem sie gegenüber ihren Konkurrenten unzulässige Preis- und Wettbewerbsvorteile erhalte, stellten einen Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen bzw. eine bevorzugte Stellung im Sinne von Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrages dar, sei rechtsfehlerhaft. Auch insofern sei das Urteil aufzuheben.

102 Im Rahmen der freien Marktwirtschaften könne es nicht angehen, daß ein Marktteilnehmer dafür bestraft werde, daß er die Marktentwicklung besser abschätze als seine Konkurrenten und deshalb keine langfristigen Lieferverträge abschließe.

103 Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin ist in zweifacher Hinsicht unzulässig.

104 Zum einen sollen mit ihm die Tatsachen, wie sie vom Gericht festgestellt worden sind, und die freie Würdigung sowohl dieser Tatsachen als auch der vorgelegten Beweismittel durch das Gericht in Frage gestellt werden. Sofern die Beweismittel nicht verfälscht worden sind, was von der Rechtsmittelführerin weder dargetan noch auch nur behauptet wird, unterliegt diese Tatsachenwürdigung aber nicht der Kontrolle des Gerichtshofes.

105 Zum anderen bezeichnet die Rechtsmittelführerin, indem sie sich auf eine Wiederholung der im ersten Rechtszug vorgebrachten Klagegründe und Argumente beschränkt, entgegen Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes nicht genau die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell und Punkt für Punkt stützen (vgl. Urteil Deere/Kommission, Randnrn. 18 und 19). Vielmehr sind die Rügen im wesentlichen ohne Bezugnahme auf das angefochtene Urteil gegen die Agentur oder die Kommission gerichtet.

106 Da die Rügen, mit denen die Anerkennung des mit den Erfordernissen der Politik der Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft begründeten rechtlichen Hindernisses durch das Gericht angegriffen wird, zurückzuweisen sind, brauchen die Rügen der Rechtsmittelführerin, die sich auf die anderen vom Gericht bejahten rechtlichen Hindernisse beziehen, nicht geprüft zu werden. Denn etwaige Fehler, die insoweit in den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten wären, würden sich jedenfalls nicht auf den Tenor dieses Urteils auswirken, so daß die betreffenden Rügen ins Leere gehen und zurückzuweisen sind (vgl. insbesondere Beschluß vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I-1611, Randnrn. 47 bis 49).

107 Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

b) Zu den Zielen der Artikel 1 und 2 des Vertrages

108 Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, es habe in Randnummer 113 des angefochtenen Urteils die GUS insgesamt als eine Versorgungsquelle angesehen. Nur einzelne souveräne Staaten seien aber Versorgungsquellen. Ausserdem gehöre die Diversifizierung der Versorgungsquellen nicht zu den in Artikel 2 des Vertrages genannten Zielen.

109 Insoweit genügt die Feststellung, daß die Rechtsmittelführerin keinen rechtlichen Grund angeführt hat, der ihr Vorbringen, daß der Begriff der Versorgungsquelle strikt auf Staaten beschränkt sei und nicht eine Gruppe von Staaten oder eine bestimmte Weltregion erfassen könne, hinreichend genau und Punkt für Punkt stützt. Die Agentur oder die Kommission ist im Gegenteil nach keiner Vorschrift des Vertrages gehindert, im Rahmen der gemeinschaftlichen Versorgungspolitik, insbesondere bei der Bestimmung des "Herkunftsorts" von Lieferungen, ein geographisches Gebiet zu berücksichtigen, das grösser oder kleiner als das eines einzelnen Staates ist.

110 Die Erfordernisse der Sicherheit und der Diversifizierung der Versorgungsquellen ergeben sich, wie in Randnummer 62 des vorliegenden Urteils bereits bemerkt, unmittelbar aus dem in Artikel 2 Buchstabe d des Vertrages genannten Grundsatz der regelmässigen und gerechten Versorgung aller Benutzer der Gemeinschaft.

111 Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

c) Zum Grundsatz der Rechtssicherheit

112 Die Rechtsmittelführerin rügt das Fehlen von Transparenz, Konsistenz und Berechenbarkeit im Verhalten der Agentur, die keiner demokratischen Kontrolle unterliege.

113 Die Entscheidung Nr. 1/94 der Agentur lasse nicht erkennen, daß sich das Erfordernis marktgerechter Preise aus Artikel 14 des Handelsabkommens herleite, mit anderen Worten aus einem Abkommen mit einem nicht mehr existierenden Staat, auf das das Gericht in Randnummer 125 des angefochtenen Urteils gleichwohl Bezug nehme.

114 Die Rechtsmittelführerin trägt vor, sie habe nicht an Feststellungen einer im Rahmen des Beirats gebildeten Arbeitsgruppe von Sachverständigen aus dem Jahre 1992 gebunden sein können, die nicht öffentlich getagt und zudem ausschließlich auf die im Westen gegebenen Produktionskosten abgestellt hätten, die nicht identisch mit marktgerechten Preisen seien. Ebensowenig sei abzusehen gewesen, daß aus der Feststellung im Jahresbericht der Agentur für das Jahr 1992, daß die Einfuhren von Natururan aus der GUS ungefähr 25 % des Nettobedarfs der Gemeinschaft entsprächen, abgeleitet würde, daß auch die "längerfristigen Produktionskapazitäten" der GUS und ihr Anteil an der Weltproduktion bei 25 % liegen würden. Auch sei es für sie nicht absehbar gewesen, daß Agentur und Kommission sich nicht an völkerrechtliche Vereinbarungen mit GUS-Staaten halten würden, nach denen jeder einzelne dieser Staaten als gesonderte Lieferquelle anzusehen sei. Nachdem die Agentur zuvor Verträge der Rechtsmittelführerin und anderer Verbraucher zu ebenfalls nicht "marktgerechten" Preisen geschlossen habe, sei nicht vorhersehbar gewesen, daß sie aus internen Papieren eine ganz andere "gemeinsame Versorgungspolitik" ableiten würde, zu der sie gemäß Artikel 52 Absatz 1 ohnehin nicht befugt gewesen sei.

115 Selbst ein überaus umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer habe nicht damit rechnen können, daß die Agentur die Versorgungssicherheit der Gemeinschaft mittel- bis langfristig als gefährdet ansehen würde, wenn ein einzelner kleiner Verbraucher wie die Rechtsmittelführerin, der keine langfristigen Verträge geschlossen habe, innerhalb eines Jahres seinen Jahresbedarf zu 150 % über den Spotmarkt abgedeckt habe.

116 Aus Randnummer 125 des angefochtenen Urteils ergibt sich, daß

"die Grundlagen für das Vorgehen der Agentur, nämlich die Entschließung des Rates, die in Nr. 5 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich das Ziel der geographischen Diversifizierung der Versorgungsquellen ausserhalb der Gemeinschaft nennt, und das Handelsabkommen, nach dessen Artikel 14 die Preise marktgerecht sein müssen, jeweils im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden..."

117 Wie der Generalanwalt in Nummer 251 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat das Gericht in Randnummer 126 die Angaben im Jahresbericht der Agentur für das Jahr 1992 zum hohen Niveau der Einfuhren von Natururan aus der GUS und zu den bereits abgeschlossenen Verträgen über zukünftige Lieferungen, zu den verlangten Preisen, "die in keiner Beziehung zu den im Westen festgestellten Produktionskosten stuenden", sowie zu der von Kommission und Agentur festgestellten Notwendigkeit korrigierender Maßnahmen herangezogen; sodann hat es in Randnummer 127 rechtsfehlerfrei festgestellt, daß "angesichts des Bestehens leicht zugänglicher Informationsquellen, von denen anzunehmen ist, daß sie ein hinreichend umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer dieses sehr speziellen und genau bestimmten Sektors kennt,... nicht von einem Mangel an Transparenz gesprochen werden [kann]".

118 Im übrigen hat die Rechtsmittelführerin die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils nicht klar bezeichnet und sich darauf beschränkt, rein tatsächliche Argumente vorzutragen und zu entwickeln, ohne einen rechtlichen Gesichtspunkt darzulegen, der die Würdigung des Gerichts in Frage stellen könnte.

119 Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

d) Zur Pflicht zur Gleichbehandlung

120 Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, es habe ihre Rügen eines Verstosses gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht richtig gewürdigt.

121 Gemäß Artikel 52 Absatz 2 Satz 2 des Vertrages dürfe die Agentur die Verbraucher aufgrund der von ihnen beabsichtigten Verwendung der beantragten Lieferungen nicht unterschiedlich behandeln. Die Agentur billige aufgrund ihres "internen Beurteilungskriteriums" grossen Staatskonzernen die gleiche Quote von Uranbezuegen aus den GUS-Staaten zu wie kleinen, rechtlich selbständigen Privatunternehmen, obwohl grosse Staatskonzerne sehr viel besser und langfristiger disponieren könnten als ein kleines Unternehmen wie die Rechtsmittelführerin. Ein solches Verhalten stelle eine Ungleichbehandlung dar.

122 Auch hierzu ist festzustellen, daß die Rechtsmittelführerin nicht angibt, weshalb es rechtlich zu beanstanden sein soll, daß das Gericht in Randnummer 132 des angefochtenen Urteils die Vorgehensweise der Agentur billigt, hinsichtlich der vertretbaren Abhängigkeit für jeden Wirtschaftsteilnehmer einen Grenzwert anzuwenden, um den in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmen gleichen Zugang zu den Versorgungsquellen zu garantieren.

123 Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

e) Zum Grundsatz der Verhältnismässigkeit

124 Die Rechtsmittelführerin rügt, das Gericht habe verkannt, daß die Agentur ihre Versorgungspolitik unter Überschreitung ihrer Befugnisse selbst festgelegt und die Möglichkeiten über Artikel 65 Absatz 2, 70 und 72 des Vertrages nicht geprüft habe; ferner habe das Gericht verkannt, daß auch die nachträgliche Einfügung einer Klausel in den Liefervertrag einen gravierenden Eingriff in die von der europäischen Rechtsordnung geschützte Vertragsfreiheit darstelle. Ein solcher Eingriff hätte im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit einer besonderen Rechtfertigung bedurft.

125 Gemäß Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages, ihrer eigenen Satzung sowie Artikel 5bis Buchstabe f der Verordnung sei die Agentur nur zum Abschluß des ihr vorgelegten Vertrages oder zu dessen Verweigerung insgesamt befugt, nicht jedoch zur Aufnahme einer neuen Klausel. Nur Artikel 65 Absatz 2 des Vertrages gestehe der Agentur das Recht zu, in die Vertragsbeziehungen einzugreifen, um den Herkunftsort der Stoffe zu bestimmen. Aber selbst dann dürfe die Agentur nur tätig werden, wenn sie dem Verbraucher Lieferbedingungen zukommen lasse, die mindestens ebenso günstig seien wie die in dem Auftrag angegebenen. Eine analoge Anwendung des Artikels 65 Absatz 2 scheide aus, weil die Lieferbedingungen hier zum Nachteil der Vertragsparteien geändert worden seien, so daß es bei dem Typenzwang nach Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages bleibe. Da keine rechtlichen oder sachlichen Hindernisse für die Ausführung des Auftrages vorgelegen hätten, sei die Agentur mithin zum Vertragsschluß verpflichtet gewesen. Hätte wirklich ein rechtliches Hindernis für die Ausführung des Auftrags bestanden, so wäre die Agentur nach Artikel 61 Absatz 1 des Vertrages verpflichtet gewesen, den Vertragsschluß zu verweigern. Sie habe ultra vires gehandelt, als sie ihn unter einer Bedingung doch abgeschlossen habe.

126 Aus den Randnummern 92 bis 94 des angefochtenen Urteils ergibt sich, daß die Fortsetzung der Einfuhren von Kernmaterial aus der GUS geeignet gewesen wäre, das Erfordernis einer regelmässigen Versorgung zu beeinträchtigen, was als Tatsachenwürdigung nicht der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt. Das Gericht hat insoweit die Ordnungsmässigkeit der von der Agentur aufgestellten Herkunftsbedingung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit hinreichend begründet, indem es darauf verwiesen hat, daß die Agentur die Befugnis haben müsse, Einfuhren von Uran entgegenzutreten, wenn sie die geographische Diversifizierung der Versorgungsquellen beeinträchtigen.

127 Bezueglich des Vorbringens, daß die Agentur nicht befugt sei, eine Bedingung für den Abschluß des Vertrages aufzustellen, und daß der Ausführung des Vertrages keine Hindernisse entgegengestanden hätten, wird auf die Randnummern 61 bis 64 des vorliegenden Urteils verwiesen.

128 Daher ist der fünfte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

f) Zu den Vorschriften über die Zuständigkeitsverteilung

129 Die Rechtsmittelführerin vertritt die Ansicht, das Gericht habe die durch den Vertrag eingeführte Kompetenzordnung verkannt, indem sie der Agentur das Recht zuerkannt habe, die gemeinsame Versorgungspolitik festzulegen, obwohl die Agentur nur "quasi-notarielle Funktionen" und Befugnisse rein kaufmännischer Natur habe.

130 Dieser sechste Rechtsmittelgrund ist aus den Gründen zurückzuweisen, die in den Randnummern 63 und 91 bis 95 des vorliegenden Urteils dargelegt sind.

g) Zur Begründungspflicht

131 Die Rechtsmittelführerin trägt erstens vor, das Gericht habe die ihm obliegende Begründungspflicht nicht beachtet, als es die Rüge übergangen habe, die Kommission habe die Kompetenzen der Agentur nicht systematisch aus dem Vertrag hergeleitet und nicht dargelegt, wieso die Rechtsmittelführerin von Lieferungen aus der GUS abhängig würde und inwiefern der im Liefervertrag vereinbarte Bezugspreis nicht marktwirtschaftlichen Verhältnissen entspreche.

132 Zweitens lege Entscheidung 94/285 nicht klar dar, was unter dem Schutz der "langfristigen" Interessen der Gemeinschaft zu verstehen sei; zudem variiere sie das "interne Beurteilungskriterium" der Agentur auf eine Spannbreite von 20 % bis 25 % und beziehe dieses Kriterium nicht etwa auf die Produktionskapazität des GUS-Staaten, sondern auf die Gesamtlieferungen einschließlich des Abbaus früherer Lagerbestände.

133 Drittens gehe es in der Klage entgegen den Feststellungen des Gerichts in Randnummer 146 des angefochtenen Urteils nicht um die Gründe für die Ablehnung des Abschlusses des Vertrages durch die Agentur, sondern um die Gründe, aus denen die Kommission ihr Recht gemäß Artikel 53 Absatz 2 des Vertrages nicht ausgeuebt habe.

134 Zunächst ist der Teil des Rechtsmittelgrundes als unzulässig zurückzuweisen, mit dem die Fehlerhaftigkeit der Begründung der Entscheidung 94/285 der Kommission hinsichtlich des Kriteriums der Produktionskapazität der GUS-Staaten geltend gemacht wird. Dieser Teil des Vorbringens der Rechtsmittelführerin richtet sich nämlich, worauf die Kommission und der Generalanwalt in Randnummer 275 seiner Schlussanträge hingewiesen haben, gegen die Entscheidung 94/285 und nicht gegen das angefochtene Urteil. Die Ausführungen der Rechtsmittelführerin betreffen ausserdem rein tatsächliche Gesichtspunkte des Vorgangs und enthalten kein Vorbringen rechtlicher Art.

135 Was sodann den angeblichen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils angeht, so hat das Gericht in Randnummer 145 ausgeführt, daß "die Kommission... in ihrer Entscheidung deutlich gemacht [hat], daß die Agentur nicht verpflichtet sei, Aufträge auszuführen, wenn dem rechtliche oder sachliche Hindernisse entgegenstuenden (vierzehnte Begründungserwägung der Entscheidung 94/285)", und daß sie "auf Artikel 64 des Vertrages, wonach die Agentur gegebenenfalls im Rahmen der zwischen der Gemeinschaft und einem dritten Staat abgeschlossenen Abkommen tätig werde... (einundzwanzigste Begründungserwägung) hingewiesen [hat]".

136 Indem das Gericht somit eindeutig auf Artikel 64 des Vertrages Bezug genommen hat, dessen Hauptzweck darin besteht, der Agentur das ausschließliche Recht einzuräumen, im Rahmen der mit einem dritten Staat oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung abgeschlossenen Abkommen Verträge über Lieferungen aus dem Aufkommen ausserhalb der Gemeinschaft abzuschließen, hat es somit den Klagegrund hinsichtlich der nach dem Vertrag auf die Agentur übergegangenen Befugnisse beantwortet. Ausserdem nimmt das angefochtene Urteil mit der Erwähnung rechtlicher oder sachlicher Hindernisse, die die Befugnis der Agentur zur Ablehnung von Lieferaufträgen begründen, weiter - implizit, aber eindeutig - Bezug auf Artikel 61 des Vertrages, der, wie sich aus Randnummer 92 des vorliegenden Urteils ergibt, auch für Stoffe aus Drittländern gilt.

137 Im übrigen ist bezueglich der Frage, ob sich das Gericht zu den Gründen geäussert hat, aus denen die Kommission der Ansicht war, daß die Rechtsmittelführerin von den Lieferungen aus der GUS abhängig würde, festzustellen, daß sich das Gericht durch die Zusammenfassung und Wiederholung der wesentlichen Gründe der Entscheidung 94/285 in Randnummer 145 des angefochtenen Urteils die Begründung der Kommission zu eigen gemacht und damit die Rügen der Klägerin zurückgewiesen hat.

138 Das Gericht hat zwar nicht ausdrücklich auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geantwortet, die Kommission habe nicht dargelegt, weshalb der vertraglich vereinbarte Preis nicht den marktwirtschaftlichen Verhältnissen entspreche oder nicht marktgerecht sei. In Randnummer 145 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch auf Artikel 14 des Handelsabkommens Bezug genommen, wonach der Handel zwischen der Gemeinschaft und der UdSSR zu marktgerechten Preisen zu erfolgen hat. Ausserdem hat das Gericht in Randnummer 146 die Ansicht vertreten, daß die Begründung der Entscheidung der Kommission, wie sie in Randnummer 145 dargestellt wurde, "die wesentlichen Gründe für die Ablehnung des Abschlusses des von der Klägerin eingereichten Vertrages klar und unzweideutig" erkennen ließ, so daß es, wie der Generalanwalt in Nummer 279 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, davon absehen konnte, die Rüge bezueglich des Preisniveaus ausdrücklich zu behandeln.

139 Der siebte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

h) Zum Ermessensmißbrauch

140 Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, nicht zuerst untersucht zu haben, ob die von der Agentur getroffenen Maßnahmen überhaupt in den Rahmen ihrer Befugnisse nach dem Vertrag fielen, um dann zu prüfen, ob sie ihre Befugnisse zu dem Zweck ausgeuebt habe, zu dem sie ihr übertragen worden seien.

141 Das Gericht habe bei seiner Feststellung, daß die Rechtsmittelführerin nicht dargetan habe, daß die Agentur und die Kommission ein anderes Ziel als das der Durchführung der Versorgungspolitik verfolgt hätten, nicht zwischen der Agentur und der Kommission unterschieden und damit verschleiert, daß die Rechtsmittelführerin mit diesem Klagegrund der Kommission habe vorwerfen wollen, daß sie unterlassen habe, gemäß Artikel 53 Absatz 1 des Vertrages ihr Einspruchsrecht dagegen auszuüben, daß die Agentur ihre Befugnisse nach dem Vertrag überschreite. Aus dem in Randnummer 6 des angefochtenen Urteils genannten Schreiben der Agentur vom 20. Dezember 1993 ergebe sich, daß es der Agentur entgegen ihren Befugnissen nach dem Vertrag doch um den Schutz der westlichen Erzeuger gegangen sei. Damit habe nach den eigenen Feststellungen des Gerichts ein Ermessensmißbrauch der Agentur vorgelegen, gegen den die Kommission hätte vorgehen müssen.

142 Die Behauptung, das Gericht habe die Ausübung der Befugnisse durch die Agentur nicht kontrolliert, ist zurückzuweisen. Insoweit genügt der Hinweis auf die Randnummern 85 und 89 bis 106 des angefochtenen Urteils, in denen sich das Gericht zu Art und Umfang der Befugnisse der Agentur sowie zur Ordnungsmässigkeit der Entscheidung der Kommission in dieser Hinsicht geäussert hat, insbesondere bei der Prüfung der Frage, ob die drei Hindernisse, auf die sich die Kommission zur Rechtfertigung der Herkunftsbedingung gestützt hatte, bestanden.

143 Bezueglich der Behauptung, das Gericht habe in dem Teil des Urteils, in dem es den Klagegrund des Ermessensmißbrauchs zurückgewiesen hat, nicht zwischen der Agentur und der Kommission unterschieden, genügt die Feststellung, daß die Rechtsmittelführerin kein rechtliches Argument angeführt hat, das die Würdigung des Gerichts in Frage stellen könnte, wonach sie nicht dargetan habe, daß die Agentur und die Kommission ein anderes Ziel als das der Durchführung der Versorgungspolitik der Euratom verfolgt hätten.

144 Was schließlich die Bezugnahme des Gerichts auf das Schreiben der Agentur vom 20. Dezember 1993 angeht, so ist neben der Tatsache, daß dieses Schreiben in den Randnummern 149 und 150 des angefochtenen Urteils keineswegs erwähnt ist, festzustellen, daß dieses Argument die Würdigung der Beweismittel durch den erstinstanzlichen Richter in Frage stellen soll, was im Rahmen eines Rechtsmittels unzulässig ist, sofern damit keine Verfälschung der Beweismittel dargetan werden kann.

145 Der achte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

Zum Schadensersatzantrag

146 Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das Gericht habe durch die Abweisung ihrer Schadensersatzklage mit der Begründung, das Verhalten der Agentur und die Weigerung der Kommission, ihren Anträgen stattzugeben, sei nicht rechtsfehlerhaft, verkannt, daß sich die Nichtigkeitsanträge ausschließlich auf die Entscheidungen der Kommission bezogen hätten. Der Schadensersatzantrag habe sich aber ausschließlich auf die Wiedergutmachung des Schadens infolge des rechtswidrigen Verhaltens der Agentur bezogen, so daß sich das Gericht dazu hätte äussern müssen.

147 Dieser Rechtsmittelgrund kann, wie die Kommission bemerkt hat, nicht durchgreifen, da das Gericht bei der Prüfung der Anträge auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der Kommission mit seiner Feststellung, das Verhalten der Agentur und der Kommission habe im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht gestanden, implizit, aber denknotwendig die Rechtmässigkeit der Entscheidungen der Agentur bejaht hat.

148 Da weder der Kommission noch der Agentur ein rechtswidriges Handeln vorzuwerfen ist, ist der Schadensersatzantrag zurückzuweisen.

149 Aus alledem folgt, daß die Rechtsmittelgründe, die die Rechtsmittelführerin für ihr Rechtsmittel vorgetragen hat, entweder unzulässig oder unbegründet sind. Das Rechtsmittel ist daher zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

150 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Rechtsmittelführerin beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück