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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.06.1990
Aktenzeichen: C-17/89
Rechtsgebiete: Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 vom 28. Mai 1980 (Zollwertverordnung), Zollwertverordnung


Vorschriften:

Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 vom 28. Mai 1980 (Zollwertverordnung) Art. 8 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i
Zollwertverordnung Art. 15 Abs. 1
Zollwertverordnung Art. 15 Abs. 2 Buchst. a
Zollwertverordnung Art. 3 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ist ein Gesamtpreis für die Beförderung der eingeführten Waren über den Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinaus gezahlt worden und wurden die Waren auf verschiedene Beförderungsarten befördert, so sind die Beförderungskosten nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Verordnung Nr. 1224/80 über den Zollwert der Waren entweder in der Weise zu berechnen, daß die innergemeinschaftlichen Beförderungskosten, die aufgrund der üblichen Tarife ermittelt werden, von den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Kosten abgezogen werden, oder in der Weise, daß die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft unmittelbar aufgrund der üblichen Tarife ermittelt werden. Es ist Sache der nationalen Behörden, diejenige Methode anzuwenden, mit der sich willkürliche und fiktive Werte am ehesten vermeiden lassen.

Die in Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung für den Fall, daß die Waren "auf die gleiche Beförderungsart" befördert werden, vorgesehene anteilige Aufteilung der Kosten im Verhältnis der ausserhalb und innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zurückgelegten Beförderungsstrecken ist dann ausgeschlossen, wenn mehrere Beförderungsmittel eingesetzt und somit unterschiedliche Tarife angewandt werden. Die Beförderung im Container kann, da sie auf verschiedene Arten durchgeführt werden kann und ihre Kosten je nach der gewählten Art voneinander abweichen, nicht als "Beförderungsart" im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 6. JUNI 1990. - HAUPTZOLLAMT FRANKFURT/MAIN-OST GEGEN DEUTSCHE OLIVETTI GMBH. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESFINANZHOF - DEUTSCHLAND. - ZOLLWERT - BEFOERDERUNGSKOSTEN - BEFOERDERUNG IM CONTAINER. - RECHTSSACHE C-17/89.

Entscheidungsgründe:

1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 14. Dezember 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 1989, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren ( ABl. L 134, S. 1; im weiteren : die Zollwertverordnung ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Deutschen Olivetti GmbH ( im weiteren : Olivetti GmbH ) und dem Hauptzollamt Frankfurt am Main-Ost ( im weiteren : HZA ) über die Ermittlung der Beförderungskosten bei einer im Mai 1982 erfolgten Einfuhr von Waren.

3 Die Olivetti GmbH hatte die betreffenden Waren in Hongkong eingekauft und mit einer Spedition einen durchgehenden Frachtsatz für ihre Beförderung von Hongkong bis Frankfurt vereinbart. Die in einem Container verpackten Waren wurden im Seeverkehr nach Hamburg und von dort im Landverkehr nach Frankfurt befördert.

4 In ihrer Zollwertanmeldung fügte die Olivetti GmbH gemäß Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Zollwertverordnung dem für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis die Beförderungs - und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinzu. Die so angemeldeten Kosten wurden aus dem von einem privaten Seefrachtunternehmen für die Strecke Hongkong/Hamburg allgemein angewandten Tarif errechnet.

5 Nach Durchführung einer Betriebsprüfung errechnete das HZA die Beförderungskosten neu und forderte von der Olivetti GmbH Zoll nach. Das HZA legte Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a der Zollwertverordnung zugrunde, der folgendes bestimmt :

"Werden Waren auf die gleiche Beförderungsart über den Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinaus befördert, so werden die Beförderungskosten im Verhältnis der ausserhalb und innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zurückgelegten Beförderungsstrecken aufgeteilt, es sei denn, der Zollstelle wird nachgewiesen, welche Kosten nach einem allgemein verbindlichen Frachttarif für die Beförderung der Waren bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft entstanden wären."

6 Das HZA teilte demgemäß die von der Olivetti GmbH tatsächlich gezahlten Beförderungskosten im Verhältnis der ausserhalb und innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zurückgelegten Strecken auf. Der Prozentsatz des Streckenanteils Hamburg-Frankfurt wurde dann wegen der teureren Beförderung innerhalb der Gemeinschaft verdoppelt.

7 Die Olivetti GmbH klagte gegen diesen Bescheid beim Finanzgericht. Sie machte geltend, Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a sei nur anwendbar, wenn die Waren "auf die gleiche Beförderungsart über den Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinaus befördert" würden, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, da die Waren zunächst auf dem Seewege und dann auf dem Landwege befördert worden seien.

8 Das Finanzgericht gab der Klage der Olivetti GmbH statt. Das HZA legte gegen das Urteil Revision zum Bundesfinanzhof ein, wobei es geltend machte, die Beförderung im Container sei als solche als eine "Beförderungsart" anzusehen.

9 Um diesen Rechtsstreit entscheiden zu können, hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"Nach welchen Kriterien werden die nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 dem nach Artikel 3 tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis zuzurechnenden Beförderungskosten ermittelt, wenn bei der Lieferungsbedingung fob der Einführer einen Gesamtpreis für die Beförderung über den Ort des Verbringens hinaus zu einem Ort im Innern der Gemeinschaft gezahlt hat? Kommt es dabei darauf an, ob in Containern eingeführte Waren während des gesamten Transportes in demselben Container befördert worden sind?"

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des rechtlichen Rahmens des Ausgangsrechtsstreits sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

11 Der Bundesfinanzhof möchte mit diesen Fragen nach den Akten zunächst erfahren, ob die Beförderung im Container als eine "Beförderungsart" im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 Buchstabe a der Zollwertverordnung angesehen werden kann, dann, falls diese Frage verneint werden sollte, wie die in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i genannten Beförderungskosten zu berechnen sind, wenn der Einführer einen Gesamtpreis für die Beförderung über den Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinaus gezahlt hat und die Waren auf verschiedene Beförderungsarten befördert wurden.

Zur ersten Frage

12 Gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Zollwertverordnung enthält der "Zollwert eingeführter Waren... nicht die Beförderungskosten nach der Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft, vorausgesetzt, daß diese Kosten getrennt von dem tatsächlich für die eingeführten Waren gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen werden ". Damit wird nur die in Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i niedergelegte Regel wiederholt, wonach dem Zollwert der Waren die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinzuzurechnen sind.

13 Artikel 15 Absatz 2 enthält besondere Bestimmungen über die Behandlung der für die Beförderung in der Gemeinschaft anfallenden Kosten, wenn diese nicht deutlich getrennt von den Beförderungskosten ausserhalb der Gemeinschaft ausgewiesen werden. Gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a werden die Beförderungskosten im Verhältnis der ausserhalb und innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zurückgelegten Beförderungsstrecken aufgeteilt, wenn die Waren auf die gleiche Beförderungsart befördert werden.

14 Eine anteilige Aufteilung der Kosten ist nur möglich, wenn für die Gesamtstrecke derselbe Tarif oder zumindest nicht merklich voneinander abweichende Tarife gelten. In diesen Fällen entspricht der ausserhalb der Gemeinschaft liegende Prozentsatz der Gesamtstrecke dem für die Beförderung ausserhalb der Gemeinschaft angefallenen Prozentsatz der Beförderungskosten. Wenn hingegen mehrere Beförderungsmittel eingesetzt und somit unterschiedliche Tarife angewandt werden, besteht kein unmittelbarer Zusammenhang mehr zwischen dem ausserhalb der Gemeinschaft liegenden Anteil der Gesamtstrecke und dem darauf entfallenden Anteil der Gesamtkosten. In solchen Fällen würde eine Aufteilung der Kosten im Verhältnis der zurückgelegten Beförderungsstrecken zu willkürlichen und fiktiven Werten führen, was in Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe g der Zollwertverordnung ausdrücklich verboten ist.

15 Hieraus folgt, daß die Beförderung im Container keine Beförderungsart im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 Buchstabe a der Zollwertverordnung darstellt, da sie auf verschiedene Arten ( im Strassen -, Luft -, Eisenbahn - oder Schiffsverkehr ) durchgeführt werden kann und die Beförderungskosten je nach der gewählten Art voneinander abweichen.

16 Auf die erste Frage ist demgemäß zu antworten, daß die Beförderung im Container nicht als eine "Beförderungsart" im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 Buchstabe a der Zollwertverordnung angesehen werden kann.

Zur zweiten Frage

17 Da eine genauere Regelung fehlt, sind die ausserhalb der Gemeinschaft anfallenden Beförderungskosten, die gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Zollwertverordnung zum Zollwert der Waren gehören, gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung durch Methoden, die mit den Leitlinien und allgemeinen Bestimmungen des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll - und Handelsabkommens ( veröffentlicht als Anhang des Beschlusses 80/271/EWG des Rates vom 10. Dezember 1979 über den Abschluß der multilateralen Übereinkommen, die im Zuge der Handelsverhandlungen von 1973 bis 1979 ausgehandelt wurden, ABl. 1980, L 71, S. 1; im weiteren : das Übereinkommen ) sowie mit Artikel VII des Allgemeinen Zoll - und Handelsabkommens übereinstimmen, sowie auf der Grundlage der in der Gemeinschaft verfügbaren Daten zu ermitteln.

18 Nach der fünften Begründungserwägung des Übereinkommens sollen die bei der Ermittlung des Zollwerts angewandten Kriterien einfach und objektiv sein und mit der Handelspraxis in Einklang stehen.

19 Nach Auffassung der Kommission sind die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft demgemäß richtigerweise so zu berechnen, daß zunächst der für die von den Waren innerhalb der Gemeinschaft zurückgelegte Strecke gültige oder übliche Preis ermittelt und dieser dann von den gesamten vom Einführer gezahlten oder zu zahlenden Beförderungskosten abgezogen wird.

20 Diese Methode erschien dem vorlegenden Gericht nicht sinnvoll, da sie zu Verzerrungen führen könne, weil die auf die Entfernungseinheit entfallenden Beförderungskosten mit der Länge der Strecke abzunehmen pflegten. Das gilt jedoch vor allem bei einer durchgehenden Strecke, die mit einem einzigen Beförderungsmittel zurückgelegt wird, also in dem in Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a der Zollwertverordnung spezifisch geregelten Fall. Aus der Antwort auf die erste Frage ergibt sich jedoch, daß dieser Fall hier nicht vorliegt.

21 Der Vorschlag der Kommission entspricht somit der Zollwertverordnung; die in den Zollwert einzubeziehenden Beförderungskosten können danach ermittelt werden.

22 Der Bundesfinanzhof hat in den Gründen seines Vorlagebeschlusses auch die Frage aufgeworfen, ob dem Transaktionswert die aussergemeinschaftlichen Beförderungskosten, unter Zugrundelegung des für die betreffenden Beförderungsart üblichen Tarifs, hinzugerechnet werden sollten.

23 Eine solche Lösung ist in Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Zollwertverordnung ausdrücklich für die Berechnung der Beförderungskosten für den Fall vorgesehen, daß die Beförderung unentgeltlich oder mit einem Beförderungsmittel des Käufers erfolgt. Sie kann analog auch in dem in der zweiten Frage genannten Fall angewandt werden.

24 Die untersuchten Methoden stellen beide auf die für die betreffende Beförderungsart üblichen Tarife ab. In beiden Fällen handelt es sich also um eine Schätzung der Beförderungskosten auf der Grundlage der in der Gemeinschaft verfügbaren Daten. Es ist Sache der nationalen Behörden, diejenige Methode anzuwenden, mit der sich willkürliche und fiktive Werte am ehesten vermeiden lassen.

25 Die zweite Frage ist demgemäß wie folgt zu beantworten : Hat ein Einführer einen Gesamtpreis für die Beförderung über den Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinaus gezahlt und wurden die Waren auf verschiedene Beförderungsarten befördert, so sind die Beförderungskosten nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der genannten Verordnung entweder in der Weise zu berechnen, daß die innergemeinschaftlichen Beförderungskosten, die aufgrund der üblichen Tarife ermittelt werden, von den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Kosten abgezogen werden, oder in der Weise, daß die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft unmittelbar aufgrund der üblichen Tarife ermittelt werden. Es ist Sache der nationalen Behörden, diejenige Methode anzuwenden, mit der sich willkürliche und fiktive Werte am ehesten vermeiden lassen.

Kostenentscheidung:

Kosten

26 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen beim Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluß vom 14. Dezember 1988 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1)Die Beförderung im Container kann nicht als eine "Beförderungsart" im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 Buchstabe a der Verordung ( EWG ) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren ( ABl. L 134, S. 1 ) angesehen werden.

2)Hat ein Einführer einen Gesamtpreis für die Beförderung über den Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinaus gezahlt und wurden die Waren auf verschiedene Beförderungsarten befördert, so sind die Beförderungskosten nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der genannten Verordnung entweder in der Weise zu berechnen, daß die innergemeinschaftlichen Beförderungskosten, die aufgrund der üblichen Tarife ermittelt werden, von den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Kosten abgezogen werden, oder in der Weise, daß die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft unmittelbar aufgrund der üblichen Tarife ermittelt werden. Es ist Sache der nationalen Behörden, diejenige Methode anzuwenden, mit der sich willkürliche und fiktive Werte am ehesten vermeiden lassen.

Ende der Entscheidung

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