Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: C-171/02
Rechtsgebiete: EGV, Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG, Decreto-Lei Nr. 231/98 vom 22. Juli 1998 über die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste (Portugal), Gesetzbuch über Handelsgesellschaften (Portugal)


Vorschriften:

EGV Art. 39
EGV Art. 43
EGV Art. 49
Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG Art. 1 Buchst. c
Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG Art. 8
Decreto-Lei Nr. 231/98 vom 22. Juli 1998 über die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste (Portugal) Art. 3
Decreto-Lei Nr. 231/98 vom 22. Juli 1998 über die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste (Portugal) Art. 22
Gesetzbuch über Handelsgesellschaften (Portugal) Art. 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 29. April 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Portugiesische Republik. - Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG - Richtlinie 92/51/EWG - Allgemeine Regelung über die Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise - Tätigkeit privater Sicherheitsdienste - Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die als Bedingung für die Ausübung der Tätigkeit privater Sicherheitsdienste verlangen, dass sich der Gesellschaftssitz oder eine Niederlassung in Portugal befindet, dass es sich um eine juristische Person handelt, dass ein spezifisches Gesellschaftskapital vorhanden ist und dass Belege und Garantien vorgelegt werden, die bereits im Herkunftsmitgliedstaat beigebracht wurden - Versäumnis, die Anerkennung beruflicher Qualifikationen im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen vorzusehen. - Rechtssache C-171/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-171/02

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und A. Caeiros als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes als Bevollmächtigten im Beistand von J. M. Calheiros, advogado, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 39 EG, 43 EG und 49 EG sowie aus der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25) verstoßen hat, dass

1. ausländische Unternehmen, die in Portugal im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen Wachtätigkeiten im Hinblick auf Personen und Objekte ausüben möchten, im Rahmen der Regelung über die vom Innenminister zu erteilende Zulassung

a) ihren Sitz oder eine Niederlassung in Portugal haben müssen,

b) sich nicht auf die Belege und Garantien berufen können, die sie bereits in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat beigebracht haben,

c) die Rechtsform einer juristischen Person haben müssen,

d) ein spezifisches Gesellschaftskapital aufweisen müssen,

2. das Personal ausländischer Unternehmen, die in Portugal im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen Wachtätigkeiten im Hinblick auf Personen und Objekte ausüben möchten, im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss,

3. die Berufe des Sektors der privaten Sicherheitsdienstleistungen nicht der Gemeinschaftsregelung über die Anerkennung beruflicher Qualifikationen unterworfen sind,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters P. Jann (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter A. Rosas und S. von Bahr,

Generalanwalt: S. Alber,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

16. September 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 8. Mai 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, nach Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 39 EG, 43 EG und 49 EG sowie aus der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25, im Folgenden: Richtlinie 92/51) verstoßen hat, dass

1. ausländische Unternehmen, die in Portugal im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen Wachtätigkeiten im Hinblick auf Personen und Objekte ausüben möchten, im Rahmen der Regelung über die vom Innenminister zu erteilende Zulassung

a) ihren Sitz oder eine Niederlassung in Portugal haben müssen,

b) sich nicht auf die Belege und Garantien berufen können, die sie bereits in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat beigebracht haben,

c) die Rechtsform einer juristischen Person haben müssen,

d) ein spezifisches Gesellschaftskapital aufweisen müssen,

2. das Personal ausländischer Unternehmen, die in Portugal im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen Wachtätigkeiten im Hinblick auf Personen und Objekte ausüben möchten, im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss,

3. die Berufe des Sektors der privaten Sicherheitsdienstleistungen nicht der Gemeinschaftsregelung über die Anerkennung beruflicher Qualifikationen unterworfen sind.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Definitionen

2. Nach Artikel 1 Buchstabe c der Richtlinie gilt als Befähigungsnachweis jeder Nachweis,

- der eine Ausbildung abschließt und nicht Teil eines Diploms im Sinne der Richtlinie 89/48/EWG bzw. eines Diploms oder Prüfungszeugnisses im Sinne der vorliegenden Richtlinie ist oder

- der im Anschluss an eine Beurteilung der persönlichen Eigenschaften, der Fähigkeiten oder der Kenntnisse des Antragstellers, die von einer gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats bestimmten Stelle als wesentliche Voraussetzungen für die Ausübung eines Berufs angesehen werden, erteilt wird, ohne dass der Nachweis einer vorherigen Ausbildung erforderlich ist.

3. Nach Artikel 1 Buchstabe e der Richtlinie 92/51 gilt als reglementierter Beruf die reglementierte berufliche Tätigkeit oder die reglementierten beruflichen Tätigkeiten, die zusammen in einem Mitgliedstaat den betreffenden Beruf ausmachen.

4. Nach Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51 gilt als reglementierte berufliche Tätigkeit eine berufliche Tätigkeit, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten ihrer Ausübung in einem Mitgliedstaat direkt oder indirekt durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz eines Ausbildungs- oder Befähigungsnachweises gebunden ist.... [D]ie Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in Verbindung mit der Führung eines Titels, der nur von Personen geführt werden darf, die einen Ausbildungs- oder Befähigungsnachweis besitzen, die in einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt sind, gilt als eine Art der Ausübung der reglementierten beruflichen Tätigkeit.

Materielle Vorschriften

5. Artikel 8 der Richtlinie 92/51 bestimmt:

Macht ein Aufnahmestaat den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung vom Besitz eines Befähigungsnachweises abhängig, so kann die zuständige Behörde einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu diesem Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern,

a) wenn der Antragsteller den Befähigungsnachweis besitzt, der in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieser Befähigungsnachweis in einem Mitgliedstaat erworben wurde oder

b) wenn der Antragsteller die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikationen nachweist,

wobei der betreffende Befähigungsnachweis bzw. die betreffenden Qualifikationen insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz Garantien geben müssen, die den von den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmestaats geforderten gleichwertig sind.

Besitzt der Antragsteller einen solchen Befähigungsnachweis nicht oder weist er diese Qualifikationen nicht nach, so finden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmestaats Anwendung.

Nationales Recht

Definitionen

6. Nach Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a des DecretoLei Nr. 231/98 vom 22. Juli 1998 über die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste (Diário da República I, Serie A, Nr. 167, vom 22. Juli 1998, im Folgenden: DecretoLei) gilt für die Zwecke dieses DecretoLei als Tätigkeit privater Sicherheitsdienste die Erbringung von Dienstleistungen, die den Schutz von Personen und Objekten sowie die Verhütung von Straftaten zum Ziel haben, durch private Unternehmen, die zu diesem Zweck rechtmäßig gegründet worden sind.

Materielle Vorschriften

7. Artikel 3 des DecretoLei bestimmt:

Die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste darf nur von Unternehmen ausgeübt werden, die rechtmäßig gegründet und nach den Vorschriften dieses DecretoLei dafür zugelassen worden sind.

8. Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b des DecretoLei sieht als eine der spezifischen Bedingungen für die Zulassung des Wachpersonals und des Personals für die Begleitung, die Verteidigung und den Schutz von Personen vor, dass die Betroffenen im Anschluss an einen nach Artikel 8 Absatz 2 des DecretoLei anerkannten Grundausbildungslehrgang erfolgreich Prüfungen hinsichtlich der Kenntnisse und der körperlichen Eignung abgelegt haben, deren Inhalt und Dauer durch Erlass des Innenministers festzulegen sind.

9. Artikel 9 Absatz 1 des DecretoLei bestimmt, dass das Wachpersonal und das Personal für die Begleitung, die Verteidigung und den Schutz von Personen im Besitz eines Berufsausweises sein müssen, der vom Generalsekretariat des Innenministeriums ausgestellt wird, für zwei Jahre gültig ist und jeweils um den gleichen Zeitraum verlängert werden kann.

10. Nach Artikel 9 Absatz 2 des DecretoLei ist für die Ausstellung des Berufsausweises gegenüber dem Generalsekretariat des Innenministeriums der Nachweis zu erbringen, dass die in Artikel 7 des DecretoLei genannten Bedingungen erfuellt sind.

11. Nach Artikel 21 Absatz 1 des DecretoLei darf die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a erst ausgeübt werden, wenn der Betroffene vom Innenminister eine Genehmigung erhalten hat.

12. Artikel 22 Absatz 1 des DecretoLei sieht vor:

Unternehmen, die die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a ausüben, müssen gemäß den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums gegründet worden sein, ihren Sitz oder eine Niederlassung in Portugal haben und die in Artikel 4 des Gesetzbuches über Handelsgesellschaften genannten Voraussetzungen erfuellen.

13. Artikel 22 Absatz 2 des DecretoLei bestimmt, dass das Gesellschaftskapital der Unternehmen, die die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a ausüben, die in den Buchstaben a, b und c dieses Absatzes vorgesehenen Beträge nicht unterschreiten darf.

14. Nach Artikel 24 des DecretoLei ist der Zulassungsantrag für die Erbringung der in Artikel 2 aufgezählten Sicherheitsdienstleistungen unter Beifügung der in Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Unterlagen an den Innenminister zu richten.

15. Nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe d des DecretoLei sind einem Zulassungsantrag für die Erbringung der Dienstleistungen im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a Unterlagen beizufügen, die belegen, dass die spezifischen Bedingungen des Artikels 22 erfuellt sind.

16. Bei schwerwiegendem oder wiederholtem Verstoß gegen die Vorschriften des DecretoLei kann die Zulassung oder Lizenz für die Ausübung einer solchen Tätigkeit gemäß Artikel 27 des DecretoLei auf Vorschlag des Generalsekretärs des Innenministeriums durch Entscheidung des Innenministers entzogen werden.

17. Artikel 4 Absatz 1 des Gesetzbuches über Handelsgesellschaften lautet:

1. Eine Gesellschaft, die ihren tatsächlichen Sitz nicht in Portugal hat, aber dort ihre Tätigkeit für mehr als ein Jahr ausüben möchte, muss eine ständige Niederlassung einrichten und die im portugiesischen Handelsregistergesetz genannten Voraussetzungen erfuellen.

2. Eine Gesellschaft, die den Bestimmungen des Absatzes 1 nicht nachkommt, wird dennoch durch die in ihrem Namen in Portugal vorgenommenen Handlungen verpflichtet, und die Personen, die diese Handlungen vorgenommen haben, sowie die Geschäftführer oder Vorstände der Gesellschaft haften zusammen mit ihr gesamtschuldnerisch.

3. Unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 2 kann das Gericht auf Antrag jedes Betroffenen oder der Staatsanwaltschaft anordnen, dass eine Gesellschaft, die den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 nicht nachkommt, ihre Tätigkeit im Inland einstellt, und die Liquidation des in Portugal belegenen Vermögens verfügen.

Vorverfahren

18. Nachdem die Kommission der Portugiesischen Republik Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, sandte sie ihr am 29. Dezember 2000 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie darauf hinwies, dass ihr einige Aspekte der portugiesischen Regelung über private Sicherheitsdienstleistungen als unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sowie dem gemeinschaftlichen Besitzstand im Bereich der reglementierten Berufe, erschienen, und forderte sie auf, ihren Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag und der Richtlinie 92/51 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Stellungnahme nachzukommen. Da die ihr mit Schreiben der portugiesischen Behörden vom 20. März 2001 erteilte Antwort sie nicht überzeugte, hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

Zur Klage

19. Zur Begründung ihrer Klage macht die Kommission sechs Rügen hinsichtlich der Bedingungen geltend, die die Portugiesische Republik für die Ausübung einer Tätigkeit privater Sicherheitsdienste in Portugal aufstellt.

20. Diese Rügen beziehen sich auf

- die Unvereinbarkeit mit Artikel 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer seinen Sitz oder eine ständige Niederlassung in Portugal haben muss;

- die Unvereinbarkeit mit den Artikeln 43 EG und 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer die Rechtsform einer juristischen Person haben muss;

- die Unvereinbarkeit mit den Artikeln 43 EG und 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Mindestgesellschaftskapital aufweisen muss;

- die Unvereinbarkeit mit Artikel 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer eine Genehmigung der portugiesischen Behörden besitzen muss, ohne dass die im Herkunftsmitgliedstaat bereits beigebrachten Belege und Garantien berücksichtigt werden;

- die Unvereinbarkeit mit den Artikeln 39 EG und 49 EG der Bedingung, dass das Personal des Wirtschaftsteilnehmers im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss, ohne dass die im Herkunftsmitgliedstaat bereits durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen berücksichtigt werden;

- einen Verstoß gegen Artikel 249 EG in Verbindung mit Artikel 10 EG durch die nicht ordnungsgemäße Umsetzung des Artikels 8 der Richtlinie 92/51 in das nationale Recht.

21. Bevor die Begründetheit dieser verschiedenen Rügen nacheinander geprüft wird, ist eine Frage zu klären, die den meisten Rügen zugrunde liegt, nämlich die nach der Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs der Artikel 49 EG und 43 EG.

Zur Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (Artikel 49 EG) und des Rechts auf freie Niederlassung (Artikel 43 EG)

Vorbringen der Parteien

22. Die portugiesische Regierung macht geltend, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der eine bestimmte Zeit lang seine Dienstleistungen im Empfängermitgliedstaat anbiete, kein grenzüberschreitender Dienstleister mehr sei, sondern schon aus diesem Grund zu einem in diesem Mitgliedstaat ansässigen Wirtschaftsteilnehmer werde. Daher könne eine Maßnahme, die nur für Wirtschaftsteilnehmer gelte, die ihre Dienstleistungen in Portugal für eine Dauer von mehr als einem Jahr anbieten, nicht gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs verstoßen.

23. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich selbst dann, wenn die Dienstleistungen mehr als ein Jahr lang erbracht worden seien, um eine Ausübung des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr, wenn die Dienstleistungen von einem Mitgliedstaat aus in einem anderen Mitgliedstaat angeboten würden.

Würdigung durch den Gerichtshof

24. Bei der Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit ist die Schlüsselfrage die, ob der Wirtschaftsteilnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem er die Dienstleistung anbietet, niedergelassen ist oder nicht (in diesem Sinne Urteil vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 22). Ist er in dem Mitgliedstaat, in dem er die Dienstleistung anbietet (dem Empfänger oder Aufnahmemitgliedstaat), (mit Haupt oder Nebensitz) niedergelassen, so fällt er in den Geltungsbereich des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit, wie er in Artikel 43 EG definiert ist. Ist der Wirtschaftsteilnehmer dagegen nicht in diesem Empfängermitgliedstaat niedergelassen, so ist er ein grenzüberschreitender Dienstleister, der unter den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Artikel 49 EG fällt.

25. In diesem Zusammenhang impliziert der Begriff der Niederlassung, dass der Wirtschaftsteilnehmer seine Dienstleistungen in stabiler und kontinuierlicher Weise von einem Berufsdomizil im Empfängermitgliedstaat aus anbietet (in diesem Sinne Urteile Gebhard, Randnrn. 25 und 28, und vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 204/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 21). Dienstleistungen im Sinne von Artikel 49 EG sind dagegen alle Dienstleistungen, die nicht in stabiler und kontinuierlicher Weise von einem Berufsdomizil im Empfängermitgliedstaat aus angeboten werden.

26. So hat der Gerichtshof festgestellt, dass Dienstleistungen, wie etwa die entgeltliche Beratung oder Auskunftserteilung, die ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer mehr oder weniger häufig oder regelmäßig auch über einen längeren Zeitraum hinweg für Personen erbringt, die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, Dienstleistungen im Sinne von Artikel 49 EG sein können. Ferner hat er ausgeführt, dass der EGVertrag keine Vorschrift enthält, die eine abstrakte Bestimmung der Dauer oder Häufigkeit ermöglicht, von der an die Erbringung einer Dienstleistung oder einer bestimmten Art von Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als eine Dienstleistung im Sinne des EG-Vertrags angesehen werden kann (Urteil vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C215/01, Schnitzer, Slg. 2003, I0000, Randnrn. 30 und 31).

27. Folglich ist ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer nicht schon deshalb als in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen anzusehen, weil er in diesem anderen Mitgliedstaat über einen längeren Zeitraum hinweg Dienstleistungen erbringt.

28. Auch wenn also im vorliegenden Fall die streitigen nationalen Maßnahmen nur für Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Dienstleistungen mehr als ein Jahr lang in Portugal anbieten, können sie doch grundsätzlich die Dienstleistungsfreiheit beschränken.

Zur ersten Rüge: Unvereinbarkeit mit Artikel 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer seinen Sitz oder eine ständige Niederlassung in Portugal haben muss

Vorbringen der Parteien

29. Die Kommission macht geltend, dass die Bedingung in Bezug auf das Vorhandensein einer ständigen Niederlassung in Portugal eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle.

30. Sie meint außerdem, dass sich die portugiesische Regelung nicht durch den mit ihr verfolgten Zweck rechtfertigen lasse oder jedenfalls unverhältnismäßig sei.

31. Die portugiesische Regierung vertritt die Auffassung, dass die fragliche Maßnahme das Recht auf freien Dienstleistungsverkehr nicht beschränke.

32. Auch wenn diese Maßnahme eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bedeute, so sei sie doch durch Gründe des Allgemeininteresses, wie die öffentliche Sicherheit und Ordnung und der Verbraucherschutz, gerechtfertigt und hinsichtlich der verfolgten Ziele verhältnismäßig. Die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste würden im Rahmen eines Ergänzungs und Zusammenarbeitsverhältnisses mit dem nationalen System der öffentlichen Sicherheit ausgeübt.

Würdigung durch den Gerichtshof

33. Insoweit genügt die Feststellung, dass der Gerichtshof in Bezug auf eine ähnliche Regelung wie die von der Kommission beanstandete portugiesische Regelung und angesichts eines ähnlichen Verteidigungsvorbringens wie das der portugiesischen Regierung entschieden hat, dass das Erfordernis, wonach ein Bewachungsunternehmen seine Betriebsniederlassung im Empfängermitgliedstaat haben muss, dem freien Dienstleistungsverkehr unmittelbar zuwiderläuft, da es die Erbringung von Dienstleistungen in diesem Mitgliedstaat durch in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen unmöglich macht (Urteil vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-355/98, Kommission/Belgien, Slg. 2000, I1221, Randnrn. 27 bis 30).

34. Der Umstand, dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste im Rahmen eines Ergänzungs und Zusammenarbeitsverhältnisses mit dem nationalen System der öffentlichen Sicherheit ausgeübt werden, kann für sich allein eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen.

35. Die erste Rüge ist daher begründet.

Zur zweiten Rüge: Unvereinbarkeit mit den Artikeln 43 EG und 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer die Rechtsform einer juristischen Person haben muss

Vorbringen der Parteien

36. Nach Ansicht der Kommission stellt die Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer die Rechtsform einer juristischen Person haben muss, um in Portugal die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste ausüben zu können, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

37. Diese portugiesische Regelung hindere außerdem die Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft, die natürliche Personen seien, daran, in Portugal ihr Recht auf eine Zweigniederlassung auszuüben.

38. Die portugiesische Regierung ist der Meinung, dass die fragliche Maßnahme weder den freien Dienstleistungsverkehr noch das Recht jener Wirtschaftsteilnehmer, die natürliche Personen seien, auf eine Haupt- oder Zweigniederlassung beschränke.

39. Nur wenn der Wirtschaftsteilnehmer, der eine natürliche Person sei, in Portugal eine Gesellschaft errichten wolle - was eine mögliche Form der Ausübung des Rechts auf freie Niederlassung sei -, müsse er die Voraussetzungen für die Gründung einer Gesellschaft in Portugal erfuellen. Weder Artikel 4 noch Artikel 40 des Gesetzbuches über Handelsgesellschaften beträfen Zweigniederlassungen der Wirtschaftsteilnehmer, die natürliche Personen seien.

40. Jedenfalls seien etwaige Beschränkungen durch den Gläubigerschutz gerechtfertigt. Denn die Gesellschaften stellten eine viel größere Sicherheit und Solvenz dar als die Wirtschaftsteilnehmer, die natürliche Personen seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

41. Insoweit ist festzustellen, dass die Bedingung, dass die privaten Sicherheitsdienste die Rechtsform einer juristischen Person haben müssen, die Tätigkeiten der grenzüberschreitenden Dienstleister, die in anderen Mitgliedstaaten als in Portugal, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, niedergelassen sind, behindern kann und deshalb eine Beschränkung im Sinne von Artikel 49 EG darstellt. Eine solche Bedingung schließt nämlich für einen grenzüberschreitenden Dienstleister, der eine natürliche Person ist, jede Möglichkeit aus, in Portugal Dienstleistungen zu erbringen.

42. Eine solche Bedingung stellt zudem auch eine Beschränkung im Sinne von Artikel 43 EG dar. Sie hindert nämlich die Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft, die natürliche Personen sind, daran, in Portugal eine Zweigniederlassung zu gründen (in diesem Sinne Urteile vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 107/83, Klopp, Slg. 1984, 2971, Randnr. 19, und vom 7. Juli 1988 in der Rechtssache 143/87, Stanton, Slg. 1988, 3877, Randnr. 11).

43. Eine solche Bedingung lässt sich nicht durch Erwägungen des Gläubigerschutzes rechtfertigen. Da nämlich Mittel wie die Stellung einer Garantie oder der Abschluss eines Versicherungsvertrags bestehen, mit denen ein solches Ziel erreicht werden kann, die aber den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit weniger beschränken, ist diese Bedingung als unverhältnismäßig anzusehen.

44. Die zweite Rüge ist daher begründet.

Zur dritten Rüge: Unvereinbarkeit mit den Artikeln 43 EG und 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Mindestgesellschaftskapital aufweisen muss

Vorbringen der Parteien

45. Nach Auffassung der Kommission stellt die Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Mindestgesellschaftskapital aufweisen muss, um in Portugal die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste ausüben zu können, eine Beschränkung sowohl des freien Dienstleistungsverkehrs als auch der Niederlassungsfreiheit dar.

46. Diese Bedingung zwinge einen grenzüberschreitenden Dienstleister nämlich dazu, sein Gesellschaftskapital zu erhöhen, selbst wenn dieses nach den Rechtsvorschriften seines Herkunftsmitgliedstaats ausreiche.

47. Außerdem hindere diese Bedingung einen in einem anderen Mitgliedstaat als der Portugiesischen Republik niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer, dessen Gesellschaftskapital unter dem nach der portugiesischen Regelung erforderlichen Mindestbetrag liege, daran, in Portugal eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung zu gründen.

48. Auch wenn das Erfordernis eines Mindestgesellschaftskapitals durch Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre, stelle es doch keine Maßnahme dar, die geeignet sei, die Verwirklichung des mit ihr angestrebten Zieles zu sichern, und gehe über das hinaus, was für die Erreichung dieses Zieles erforderlich sei.

49. Die portugiesische Regierung macht geltend, dass diese Bedingung weder den freien Dienstleistungsverkehr noch das Recht auf eine Zweigniederlassung einschränke.

50. Eine etwaige Einschränkung des Rechts auf eine Zweigniederlassung sei jedenfalls durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Gläubigerschutz und die Notwendigkeit, eine Diskriminierung der inländischen Wirtschaftsteilnehmer zu verhindern, gerechtfertigt.

51. Erstens sei es wichtig, die finanzielle Solidität der Wirtschaftsteilnehmer zu sichern, die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste ausüben könnten, und der Gefahr des Bankrotts aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer vorzubeugen, deren Anfangskapitalisierung unzureichend sei.

52. Würde zweitens nicht verlangt, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der in Portugal sein Recht auf eine Zweigniederlassung ausüben wolle, in seinem Herkunftsmitgliedstaat das nach dem portugiesischen Recht erforderliche Mindestkapital aufweise, um die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste aufnehmen zu können, so würde dies zu einer Diskriminierung der inländischen Wirtschaftsteilnehmer führen, da diese auf jeden Fall gezwungen seien, sich mit dem nach dem portugiesischen Recht erforderlichen Mindestgesellschaftskapital auszustatten.

Würdigung durch den Gerichtshof

53. Insoweit ist festzustellen, dass die Bedingung, dass die privaten Sicherheitsdienste ein Mindestgesellschaftskapital aufweisen müssen, geeignet ist, die Tätigkeiten der grenzüberschreitenden Dienstleister, die in anderen Mitgliedstaaten als der Portugiesischen Republik niedergelassen sind, in denen sie entsprechende Dienstleistungen rechtmäßig erbringen, zu behindern, und somit eine Beschränkung im Sinne von Artikel 49 EG darstellt. Grenzüberschreitende Dienstleister, deren Gesellschaftskapital unter dem nach der portugiesischen Regelung verlangten Mindestbetrag liegt, werden nämlich daran gehindert, ihre Dienstleistungen in Portugal zu erbringen.

54. Eine solche Bedingung stellt außerdem eine Beschränkung im Sinne von Artikel 43 EG dar (Urteil vom 30. September 2003 in der Rechtssache C-167/01, Inspire Art, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 100 und 101). Sie hindert nämlich einen Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft, dessen Gesellschaftskapital unter dem nach der portugiesischen Regelung verlangten Mindestbetrag liegt, daran, in Portugal eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung zu gründen.

55. Eine solche Bedingung lässt sich nicht durch Erwägungen des Gläubigerschutzes rechtfertigen, da Mittel bestehen, mit denen ein solches Ziel erreicht werden kann, die aber den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit weniger beschränken, wie beispielsweise die Stellung einer Garantie oder der Abschluss eines Versicherungsvertrags.

56. Die Absicht, etwaige Versuche einer Umgehung der nationalen Regelung zu verhindern, kann diese Bedingung ebenfalls nicht rechtfertigen. Die Tatsache, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der eine Gesellschaft gründen möchte, diese in jenem Mitgliedstaat errichtet, durch dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften er sich am wenigsten eingeschränkt fühlt, und daraufhin in anderen Mitgliedstaaten Zweigniederlassungen gründet, kann nämlich keine missbräuchliche Ausnutzung des Niederlassungsrechts darstellen (Urteil vom 9. März 1999 in der Rechtssache C212/97, Centros, Slg. 1999, I-1459, Randnr. 27).

57. Die dritte Rüge ist daher begründet.

Zur vierten Rüge: Unvereinbarkeit mit Artikel 49 EG der Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer eine Genehmigung der portugiesischen Behörden besitzen muss, ohne dass die bereits im Herkunftsmitgliedstaat beigebrachten Belege und Garantien berücksichtigt werden

Vorbringen der Parteien

58. Nach Ansicht der Kommission stellt die Bedingung, dass der Wirtschaftsteilnehmer eine Genehmigung der portugiesischen Behörden für die Ausübung der Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste in Portugal besitzen muss, ohne dass die bereits im Herkunftsmitgliedstaat beigebrachten Belege und Garantien berücksichtigt werden, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

59. Die portugiesische Regierung ist der Meinung, dass diese Bedingung das Recht auf freien Dienstleistungsverkehr nicht beschränke.

Würdigung durch den Gerichtshof

60. Insoweit genügt die Feststellung, dass der Gerichtshof in Bezug auf eine ähnliche Regelung wie die von der Kommission beanstandete portugiesische Regelung und angesichts eines ähnlichen Verteidigungsvorbringens wie das der portugiesischen Regierung entschieden hat, dass eine nationale Regelung, die die Erbringung bestimmter Dienstleistungen im Inland durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen von der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Artikel 49 EG darstellt. Eine solche Beschränkung lässt sich insofern nicht rechtfertigen, als sie dadurch, dass sie eine Berücksichtigung der Verpflichtungen ausschließt, denen der grenzüberschreitende Dienstleister in seinem Herkunftsmitgliedstaat unterliegt, jedenfalls über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Zweckes, nämlich eine strenge Kontrolle dieser Tätigkeiten zu gewährleisten, erforderlich ist (Urteil Kommission/Belgien, Randnrn. 35 bis 38).

61. Die vierte Rüge ist daher begründet.

Zur fünften Rüge: Unvereinbarkeit mit den Artikeln 39 EG und 49 EG der Bedingung, dass das Personal des Wirtschaftsteilnehmers im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss, ohne dass die im Herkunftsmitgliedstaat bereits durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen berücksichtigt werden

Vorbringen der Parteien

62. Nach Ansicht der Kommission stellt die Bedingung, dass das Personal des Wirtschaftsteilnehmers im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss, ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr durch diese Wirtschaftsteilnehmer und für die Freizügigkeit seines Personals dar.

63. Der Berufsausweis sei eine Form der Zulassung, die jeder Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes erhalten müsse, um seine Tätigkeit in Portugal ausüben zu können. Daraus folge, dass das Recht zur Entsendung von Personal, das berechtigt sei, eine solche Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat des grenzüberschreitenden Dienstleisters auszuüben, beschränkt werde.

64. Auch wenn sich die Bedingung in Bezug auf den Besitz eines Berufsausweises durch Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigen ließe, gehe sie über das hinaus, was zu Erreichung des verfolgten Zweckes erforderlich sei, wenn die für den Erhalt eines solchen Ausweises im Herkunftsmitgliedstaat erfuellten Bedingungen nicht berücksichtigt würden.

65. Die portugiesische Regierung trägt vor, dass der Berufsausweis die Feststellung ermögliche, ob das Personal eines Unternehmens, das Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste ausübe, die Bedingungen für die Ausübung dieser Tätigkeiten erfuelle, wie den obligatorischen Mindestschulabschluss, das Bestehen der Prüfungen hinsichtlich der Kenntnisse und der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie die erforderliche körperliche Robustheit und das verlangte psychologische Profil. In einem Sektor wie dem der privaten Sicherheitsdienste, dessen Spezifität anerkannt sei, könne und müsse die Kontrollbehörde des Empfängermitgliedstaats regelmäßige Überprüfungen vornehmen.

Würdigung durch den Gerichtshof

66. Hierzu ist festzustellen, dass die Bedingung, dass das Personal eines privaten Sicherheitsdienstes im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss, insoweit eine Beschränkung im Sinne der Artikel 39 EG und 49 EG darstellt, als sie die im Herkunftsmitgliedstaat bereits durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen nicht berücksichtigt.

67. Die fünfte Rüge ist daher begründet.

Zur sechsten Rüge: Verstoß gegen Artikel 249 EG in Verbindung mit Artikel 10 EG wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung des Artikels 8 der Richtlinie 92/51 in das nationale Recht

Vorbringen der Parteien

68. Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtung zur Umsetzung des Artikels 8 der Richtlinie 92/51 in das nationale Recht verstoßen habe, dass sie die Berufe des Sektors der privaten Sicherheitsdienste nicht der Gemeinschaftsregelung über die Anerkennung beruflicher Qualifikationen unterworfen habe.

69. Der Berufsausweis sei ein Befähigungsnachweis im Sinne dieses Artikels in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe c der Richtlinie 92/51. Denn Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste könnten in Portugal nur durch Personal erbracht werden, das einen obligatorischen Ausbildungslehrgang gemäß den portugiesischen Rechtsvorschriften absolviert und die Prüfungen hinsichtlich der Kenntnisse und der körperlichen Eignung bestanden habe, die durch die Ausstellung des Berufsausweises bescheinigt würden. Nach diesen Rechtsvorschriften sei die Aufnahme dieser Tätigkeiten davon abhängig, dass das Personal des Wirtschaftsteilnehmers im Besitz eines solchen Ausweises sei.

70. Die portugiesische Regierung trägt vor, dass die Aufnahme der Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste nicht vom Besitz eines Befähigungsnachweises abhängig sei. Es gebe weder ein Zeugnis noch einen Nachweis im Sinne von Artikel 8 der Richtlinie 92/51, mit dem eine Ausbildung abgeschlossen werde. Die Portugiesische Republik habe daher nicht gegen ihre Verpflichtung zur Umsetzung des Artikels 8 verstoßen.

Würdigung durch den Gerichtshof

71. Aus den vom Generalanwalt in den Nummern 92 bis 95 seiner Schlussanträge dargelegten Gründen kann der Berufsausweis nicht als Befähigungsnachweis im Sinne von Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe c der Richtlinie 92/51angesehen werden.

72. Folglich verstößt die Bedingung, dass das Personal des privaten Sicherheitsdienstes im Besitz eines von den portugiesischen Behörden ausgestellten Berufsausweises sein muss, nicht gegen Artikel 8 dieser Richtlinie.

73. Die sechste Rüge, mit der eine mangelnde Umsetzung des Artikels 8 der Richtlinie 92/51 geltend gemacht wird, ist daher zurückzuweisen.

74. Nach alledem ist festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 39 EG, 43 EG und 49 EG verstoßen hat, dass sie als Bedingung dafür, dass ausländische Wirtschaftsteilnehmer in Portugal im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen Wachtätigkeiten im Hinblick auf Personen und Objekte ausüben können, verlangt, dass diese Wirtschaftsteilnehmer

- ihren Sitz oder eine ständige Niederlassung in Portugal haben,

- die Rechtsform einer juristischen Person haben,

- ein Mindestgesellschaftskapital aufweisen,

- eine Genehmigung der portugiesischen Behörden erhalten, ohne dass die bereits im Herkunftsmitgliedstaat beigebrachten Belege und Garantien berücksichtigt werden, und

- ihr Personal im Besitz eines von diesen Behörden ausgestellten Berufsausweises ist, ohne dass die im Herkunftsmitgliedstaat bereits durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen berücksichtigt werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

75. Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Portugiesischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 39 EG, 43 EG und 49 EG verstoßen, dass sie als Bedingung dafür, dass ausländische Wirtschaftsteilnehmer in Portugal im Sektor der privaten Sicherheitsdienstleistungen Wachtätigkeiten im Hinblick auf Personen und Objekte ausüben können, verlangt, dass diese Wirtschaftsteilnehmer

- ihren Sitz oder eine ständige Niederlassung in Portugal haben,

- die Rechtsform einer juristischen Person haben,

- ein Mindestgesellschaftskapital aufweisen,

- eine Genehmigung der portugiesischen Behörden erhalten, ohne dass die bereits im Herkunftsmitgliedstaat beigebrachten Belege und Garantien berücksichtigt werden, und

- ihr Personal im Besitz eines von diesen Behörden ausgestellten Berufsausweises ist, ohne dass die im Herkunftsmitgliedstaat bereits durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen berücksichtigt werden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück