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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 14.12.1995
Aktenzeichen: C-173/95 P
Rechtsgebiete: VerfO, EG-Satzung


Vorschriften:

VerfO Art. 119
VerfO Art. 112 § 1 Buchst. c
EG-Satzung Art. 51
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine Änderung der Bezeichnung des Beklagten, wie sich diese aus der Klageschrift ergibt, durch das Gericht, die eine Prüfung der Klage, die sonst nur für unzulässig hätte erklärt werden können, in der Sache erst ermöglicht hat, stellt keinen Fehler des Verfahrens vor dem Gericht dar, der die Interessen des Rechtsmittelführers im Sinne des Artikels 51 der Satzung des Gerichtshofes beeinträchtigt hätte und deshalb zur Stützung eines Rechtsmittels angeführt werden könnte.

2. Aus Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofes in Verbindung mit Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung folgt, daß ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muß.

Dieser Anforderung entspricht ein Rechtsmittel nicht, mit dem lediglich die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, wiederholt oder wörtlich wiedergegeben werden; ein solches Rechtsmittel stellt nämlich in Wirklichkeit einen Antrag auf blosse Überprüfung der beim Gericht eingereichten Klage dar, zu der der Gerichtshof nicht befugt ist.


Beschluss des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 14. Dezember 1995. - Anne Hogan gegen Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften. - Offensichtlich unzulässiges und offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel. - Rechtssache C-173/95 P.

Entscheidungsgründe:

1 Frau Hogan hat mit Rechtsmittelschrift, die am 3. Juni 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung sowie den entsprechenden Bestimmungen der EGKS- und der EAG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts vom 29. März 1995 in der Rechtssache T-497/93 (Hogan/Gerichtshof, Slg. 1995, II-703) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidungen des Gerichtshofes über die Einbehaltung eines Teils ihrer Dienstbezuege aufgrund einer Pfändung, Auszahlung des einbehaltenen Betrags, Ersatz der ihr angeblich entstandenen materiellen und immateriellen Schäden und, hilfsweise, Feststellung der Rechtswidrigkeit des nationalen Pfändungsverfahrens abgewiesen hat.

2 Aus den Feststellungen des Gerichts im angefochtenen Urteil ergibt sich folgendes:

"1 Die Klägerin ist Beamtin der Besoldungsgruppe C 1 beim Europäischen Parlament. Zur Zeit der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Ereignisse war die Klägerin zum Gerichtshof abgeordnet. Ab 1. November 1993 wurde sie beim Europäischen Parlament wiederverwendet.

2 Auf Antrag eines luxemburgischen Rechtsanwalts vom 18. Mai 1993, der eine Forderung über 'am 3. Februar 1993 festgesetzte Kosten und Gebühren' geltend machte, ließ das Friedensgericht Luxemburg mit Beschluß vom 21. Mai 1993, der am 25. Mai 1993 dem Gerichtshof zugestellt und in das Register des Gerichtshofes eingetragen worden ist, die Pfändung des pfändbaren Teils der Dienstbezuege der Klägerin bei ihrem Arbeitgeber, dem Gerichtshof, wegen eines vom Friedensgericht vorläufig auf 43 811 LFR angesetzten Forderungsbetrags zu.

3 Am 27. Mai 1993 gab der Gerichtshof durch den Leiter der Personalabteilung eine 'bestätigende Erklärung' (' déclaration affirmative' ) ab, in der er dem Leiter der Geschäftsstelle des Friedensgerichts Luxemburg die Höhe der Dienstbezuege der Klägerin mitteilte und angab, daß der gepfändete Betrag auf ein Sonderkonto eingezahlt werde. Zur Durchführung dieser Erklärung wurde daraufhin, wie aus der Gehaltsabrechnung der Klägerin für den Monat Juli 1993 hervorgeht, tatsächlich ein Betrag von 43 811 LFR einbehalten und auf ein Sonderkonto des Gerichtshofes eingezahlt.

4 Nachdem der Pfändungsgläubiger am 26. Mai 1993 einen Antrag auf Gültigerklärung der Pfändung gestellt hatte, lud das Friedensgericht die Beteiligten am 1. Juni 1993 zu einer auf den 28. Juli 1993 anberaumten mündlichen Verhandlung. Der Gerichtshof war in dieser Sitzung nicht vertreten. Die Klägerin erhob als Pfändungsschuldnerin formelle und materielle Einwendungen und verlangte im Wege der Widerklage vom Pfändungsgläubiger Schadensersatz.

5 Zugleich stellte die Klägerin am 1. Juni 1993 bei der Anstellungsbehörde nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) einen Antrag auf Anweisung der Personalabteilung, keine Abzuege von ihren Dienstbezuegen vorzunehmen. Am 3. Juni 1993 legte sie gegen die genannte 'bestätigende Erklärung' gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts Beschwerde ein. Am 15. Juli 1993 teilte der Präsident des Gerichtshofes der Klägerin mit, daß der Verwaltungsausschuß des Gerichtshofes ihren Antrag und ihre Beschwerde geprüft und beschlossen habe, den Antrag abzulehnen und die Beschwerde zurückzuweisen.

6 Mit Urteil vom 30. September 1993 gab das Friedensgericht Luxemburg dem Antrag auf Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 43 811 LFR statt und erklärte die am 21. Mai 1993 zugelassene Pfändung für gültig. Dieses Urteil wurde dem Gerichtshof am 26. November 1993 zugestellt.

7 Eine Bescheinigung über die Nichteinlegung eines Rechtsmittels wurde dem Pfändungsgläubiger am 23. Februar 1994 vom Leiter der Geschäftsstelle des Friedensgerichts Luxemburg ausgestellt und dem Gerichtshof mit Schreiben des Pfändungsgläubigers vom 24. Februar 1994 übermittelt. In Anbetracht dieser Bescheinigung zahlte die Personalabteilung des Gerichtshofes dem Pfändungsgläubiger im März 1994 den Betrag von 43 811 LFR und setzte die Klägerin hiervon mit Schreiben vom 23. März 1994 in Kenntnis.

8 Ein von der Klägerin beim Tribunal d' arrondissement Luxemburg gestellter Antrag auf Aufhebung des Rechtsausschlusses wegen des Ablaufs der Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil vom 30. September 1993 wurde durch Urteil vom 5. Mai 1994, das am 20. Mai 1994 bei der Personalabteilung des Gerichtshofes einging, für unzulässig erklärt."

3 Das Gericht hat die Klage der Rechtsmittelführerin mit dem angefochtenen Urteil vom 29. März 1995 abgewiesen.

4 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

"das vorliegende Rechtsmittel für zulässig zu erklären;

es für begründet zu erklären;

demgemäß:

° den gestellten Anträgen stattzugeben, namentlich denen, die in der am 6. August 1993 eingereichten Klageschrift (Zeichen: ahritce5.893) sowie in den verschiedenen in dieser vorausgesetzten, mit ihr zusammenhängenden und sich aus ihr ergebenden Schriftsätzen enthalten sind, und insbesondere den Anträgen, die in die Zusammenfassung des wesentlichen Sachverhalts zu Beginn der vorliegenden Rechtsmittelschrift ausdrücklich aufgenommen worden sind;

° festzustellen, daß die Klage gegen die Anstellungsbehörde des Gerichtshofes und nicht gegen den 'Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften' und damit nicht gegen das Rechtsprechungsorgan, das über das vorliegende Rechtsmittel entscheidet, gerichtet ist;

° festzustellen, daß dieser Aufhebungsgrund als solcher schon genügt, alle weiteren Aufhebungsgründe zu konsumieren;

° ausdrücklich festzustellen, daß luxemburgische Beschlüsse im Rahmen des Gemeinschaftsrechts keine Bedeutung haben, da dem Gerichtshof und den übrigen Gemeinschaftsorganen bei einstweiligen Anordnungen die Passivlegitimation fehlt;

° festzustellen, daß die Personalabteilungen und/oder die Gemeinschaftsorgane keine den Vorschriften des innerstaatlichen luxemburgischen Rechts unterworfene Arbeitgeber sind;

° festzustellen, daß die Rechtsmittelführerin Beamtin des Europäischen Parlaments und nicht des Gerichtshofes ist und daß das Gericht, nachdem es in Randnummer 1 des Urteils ausgeführt hat, daß die Rechtsmittelführerin 'Beamtin der Besoldungsgruppe C 1 beim Europäischen Parlament' sei, zu Unrecht erklärt hat, daß ihr Arbeitgeber der Gerichtshof sei;

° festzustellen, daß der Leiter der Personalabteilung nicht über die notwendigen Befugnisse zur Vertretung des Gerichtshofes vor den nationalen Gerichten verfügt und daß diese Vertretung nur von den Bediensteten des Gemeinschaftsorgans, denen formelle Ad-hoc-Befugnisse verliehen wurden, unter Wahrung der Vorschriften z. B. des Gesetzes vom 10. August 1991 über den Beruf des Rechtsanwalts (Eintragung in die luxemburgischen Rechtsanwaltsliste) wahrgenommen werden kann;

° festzustellen, daß die Gemeinschaften nach Artikel 24 des Statuts verpflichtet sind, den Beamten beizustehen und ihnen keinen Schaden zuzufügen, daß die Dienststellen des Gerichtshofes daher diese Pflicht verletzt haben, weshalb die Entscheidung, den Betrag von 43 811 Franken einzubehalten, und die Entscheidung, diesen Betrag auszuzahlen, rechtswidrig sind;

° demgemäß das angefochtene Urteil und alle in diesem vorausgesetzten, mit ihm zusammenhängenden und sich aus ihm ergebenden Handlungen aufzuheben;

° den Rechtsstreit an das Plenum des Gerichts erster Instanz, hilfsweise, an eine Kammer mit mindestens fünf Mitgliedern, der jedenfalls der abgelehnte Richter nicht angehören darf, zurückzuverweisen;

° gegebenenfalls den Rechtsstreit selbst in der Sache zu entscheiden;

° hilfsweise, festzustellen, daß die Anordnungen der ausländischen Richter, einschließlich Beschlüssen, im Rahmen des Gemeinschaftsrechts nicht ohne vorherige Entscheidung des Gerichtshofes und nicht ohne vorherige Prüfung der Frage, ob die zwingenden völker- und gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze gewahrt wurden, unmittelbar vollstreckbar sind;

° alle sonst gebotenen Anordnungen zu treffen;

° dem Rechtsmittelgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen".

5 In einem weiteren, am 15. September 1995 eingereichten Schriftsatz beantragt die Rechtsmittelführerin:

"° vorab eine formelle Entscheidung zu erlassen, in der der Gerichtshof erklärt, ob er die streitige Verhandlung akzeptiert;

° bejahendenfalls, eine Entscheidung zu erlassen, aus der sich klar ergibt, wer im vorliegenden streitigen Verfahren die Vertreter des Gerichtshofes im Sinne des Artikels 17 der EG-Satzung und gemäß Artikel 6 der Konvention von Straßburg sind;

° demgemäß in Anbetracht der allgemeinen Aspekte der aufgeworfenen Fragen eine Erwiderung auf die Rechtsmittelbeantwortung vom 21. August 1995 zuzulassen und diese Erwiderung vorab ausdrücklich für zulässig zu erklären;

° zu bestätigen, daß die Rechtsmittelführerin noch vor einem Bestreiten der 'Tatsachen' die 'Feststellung der Tatsachen' beanstandet hat und weiter beanstandet, wobei diese Beanstandung zweifellos eine Rechtsfrage darstellt, und daß sie ausserdem in Abrede stellt, daß der Leiter der Personalabteilung den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ohne ausdrückliche Vollmacht vor den monokratischen luxemburgischen Gerichten vertreten kann".

6 Der Gerichtshof hat die Einreichung einer Erwiderung nicht zugelassen.

7 In seiner Rechtsmittelbeantwortung beantragt der Gerichtshof, das Rechtsmittel gemäß Artikel 119 der Verfahrensordnung als offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

8 Nach Artikel 119 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit zurückweisen, ohne die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

9 Die Klägerin stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Rechtsmittelgründe.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

10 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin eine Reihe von Verfahrensfehlern geltend. Sie trägt zunächst vor, das Gericht habe die Bezeichnung des Beklagten geändert, bei dem es sich um die Anstellungsbehörde des Gerichtshofes und nicht den Gerichtshof selbst handele.

11 Sodann wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, die Vorschriften über die Zurückstellung (Artikel 55 der Verfahrensordnung des Gerichts), die Abänderung prozeßleitender Maßnahmen (Artikel 49 und 64 § 4), die Bestellung eines Generalanwalts (insbesondere Artikel 18), die Verbindung (Artikel 50) und die Möglichkeit der jederzeitigen Verweisung der Rechtssache an das Plenum des Gerichts (Artikel 11, 14 und 51 Satz 2) sowie Artikel 25 § 1 (mißbräuchliche Herausgabe von Verfahrensunterlagen) und Artikel 65 Buchstabe c (Durchführung angemessener Beweiserhebungen) nicht beachtet und die Rechtssache an die Vierte Kammer des Gerichts verwiesen zu haben, der der luxemburgische Richter R. Schintgen angehöre, dessen Mitwirkung wiederholt beanstandet worden sei, der jedoch trotz ihres Antrags nicht ausgeschlossen worden sei.

12 Nach Artikel 51 der EG-Satzung kann das Rechtsmittel auf Verfahrensfehler gestützt werden, durch die die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden. Nach Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes müssen in der Rechtsmittelschrift die Rechtsmittelgründe angegeben werden.

13 Zur Änderung der Bezeichnung des Beklagten hat das Gericht in Randnummer 31 seines Urteils ausgeführt, die Tatsache, daß die Klage gegen die Anstellungsbehörde eines Organs und nicht gegen das Organ selbst gerichtet sei, genüge allein schon für ihre Abweisung als unzulässig. Somit hat das Gericht, indem es, anstatt auf eine solche Abweisung zu erkennen, das Organ, dem die angefochtene Handlung zuzuschreiben war, als Beklagten angesehen hat, eine Prüfung der Klage in der Sache erst ermöglicht.

14 Das Gericht hat daher die Interessen der Rechtsmittelführerin nicht beeinträchtigt. Dieser Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist somit offensichtlich unbegründet.

15 Für die übrigen Verfahrensrügen hat die Rechtsmittelführerin entgegen Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung keine Rechtsmittelgründe vorgebracht. Sie legt in keiner Weise dar, worin die Nichtbeachtung der betreffenden Vorschriften im vorliegenden Fall genau bestehen soll oder in welcher Weise die angeblichen Verstösse ihre Interessen beeinträchtigt haben sollen. Abgesehen davon, daß es sich um interne Organisationsmaßnahmen des Gerichts handelt, die als solche nicht der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegen, trägt die Rechtsmittelführerin auch nicht vor, wie sich diese angeblichen Verstösse auf das Urteil ausgewirkt haben sollen.

16 Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen des Artikels 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes und des Artikels 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung nicht erfuellt. Die übrigen Teile des ersten Rechtsmittelgrunds sind offensichtlich unzulässig, so daß der Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

17 Im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes listet die Rechtsmittelführerin verschiedene Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht sowie die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf. So vertritt sie die Auffassung, das Urteil des Gerichts

"° verstösst gegen Vorschriften über die Gewährung rechtlichen Gehörs;

° berücksichtigt nicht, daß der Gerichtshof vor den nationalen Gerichten nicht passivlegitimiert ist;

° erklärt bestimmte, nur im ausländischen Recht existierende vorläufige, bedingte 'Beschlüsse' irrig für rechtmässig im Rahmen des Gemeinschaftsrechts;

° sieht die flagranten Verletzungen des Artikels 24 des Beamtenstatuts durch die Personalabteilung des Gerichtshofes irrig für rechtmässig an, die ihren Beamten und damit auch der Rechtsmittelführerin den Beistand, zu dem sie nach dem Beamtenstatut ausdrücklich verpflichtet ist, nicht geleistet hat, insbesondere:

° indem sie unter den Datenschutz fallende vertrauliche persönliche Informationen über die Rechtsmittelführerin preisgegeben hat;

° indem sie zu den Sitzungen der luxemburgischen Gerichte nicht erschienen ist und es damit unterlassen hat, Argumente zugunsten der Rechtsmittelführerin geltend zu machen, und zwar:

° daß das Friedensgericht dem Gerichtshof der Gemeinschaften kein Handeln vorschreiben kann;

° daß die Rechtsmittelführerin kein Arbeitgeber ist;

° daß ein Gemeinschaftsarbeitgeber nicht einem luxemburgischen Arbeitgeber gleichgesetzt werden kann;

° daß jedenfalls die Schuld nicht besteht;

° daß das Verhalten gegenüber dem Ehemann der Rechtsmittelführerin diskriminierend ist und den Charakter einer mittelbaren politischen Repressalie hat;

° Rechtsverweigerung hinsichtlich des an das Gericht gerichteten Antrags, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen:

° fehlende Passivlegitimation des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vor den luxemburgischen Friedensgerichten;

° Fähigkeit der Anstellungsbehörde des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, vor dem Gericht, nicht aber vor dem Europäischen Gerichtshof aufzutreten, der das Berufungsgericht für Entscheidungen des Gerichts erster Instanz ist;

° Unzuständigkeit der Personalabteilung für die Beurteilung der Rechtmässigkeit ausländischer gerichtlicher Entscheidungen;

° mangelnde Befugnis der Personalabteilung zum unmittelbaren Vollzug dieser Entscheidungen;

° zumindest im Rahmen des Gemeinschaftsrechts fehlende Berechtigung, nicht rechtskräftige Entscheidungen ausländischer Gerichte zu vollziehen, die ohne kontradiktorisches Verfahren unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen sind;

° unterlassene Feststellung, daß die Bescheinigung über die Nichteinlegung eines Rechtsmittels unter Verletzung des rechtlichen Gehörs und mithin unter Bedingungen, die gegen zwingende Vorschriften des Gemeinschaftsrechts verstossen, ausgestellt wurde".

18 Diese Aufzählung ist mit keinem Vorbringen zur Verletzung der Rechte der Rechtsmittelführerin verbunden, die im übrigen die von ihr angegriffenen spezifischen Punkte des Urteils des Gerichts nicht bezeichnet.

19 Ausserdem sind alle diese Argumente bereits in der ersten Instanz vorgebracht worden, so daß es sich um eine blosse Wiederholung handelt, mit der eine Überprüfung des dem Gericht unterbreiteten Sachverhalts erreicht werden soll.

20 Insoweit folgt jedoch aus Artikel 51 der Satzung in Verbindung mit Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung, daß ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muß. Dieser Anforderung entspricht ein Rechtsmittel nicht, mit dem lediglich die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, wiederholt oder wörtlich wiedergegeben werden; ein solches Rechtsmittel stellt nämlich in Wirklichkeit einen Antrag auf blosse Überprüfung der beim Gericht eingereichten Klage dar, zu der der Gerichtshof nicht befugt ist (siehe insbesondere Beschluß vom 26. September 1994 in der Rechtssache C-26/94 P, X/Kommission, Slg. 1994, I-4379, Randnrn. 12 f., und die dort angeführte Rechtsprechung).

21 Der zweite Rechtsmittelgrund ist somit als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

Zu den im Schriftsatz vom 15. September 1995 gestellten Anträgen

22 Hinsichtlich der von der Rechtsmittelführerin im Schriftsatz vom 15. September 1995 gestellten Anträge braucht nur daran erinnert zu werden, daß der Gerichtshof die Einreichung einer Erwiderung nicht zugelassen hat, so daß das Vorbringen der Rechtsmittelführerin unzulässig ist.

Da mithin die von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Rechtsmittelgründe teils offensichtlich unzulässig, teils offensichtlich unbegründet sind, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

23 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen die Organe bei Klagen in Beamtensachen ihre Kosten selbst. Nach Artikel 122 Absatz 2 der Verfahrensordnung findet jedoch Artikel 70 keine Anwendung auf Rechtsmittel, die von einem Beamten oder sonstigen Bediensteten eines Organs gegen dieses eingelegt wurden. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrer Klage unterlegen ist, sind ihr daher die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsmittelführerin trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Luxemburg, den 14. Dezember 1995

Ende der Entscheidung

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