Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.05.1993
Aktenzeichen: C-174/91
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Richtlinie 80/68 EWG


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 171
EWG-Vertrag Art. 169
Richtlinie 80/68 EWG Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 5. MAI 1993. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH BELGIEN. - VERTRAGSVERLETZUNG - NICHTDURCHFUEHRUNG EINES URTEILS DES GERICHTSHOFES - SCHUTZ DES GRUNDWASSERS. - RECHTSSACHE C-174/91.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 3. Juli 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 171 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es trotz des Urteils vom 17. Juni 1987 in der Rechtssache 1/86 (Kommission/Belgien, Slg. 1987, 2797) weiterhin nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Richtlinie 80/68 EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe (ABl. 1980, L 20, S. 43) in der wallonischen und der flämischen Region durchzuführen.

2 Die Richtlinie bezweckt den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe. Diese Stoffe sind in den Listen I und II aufgeführt, die im einzigen Anhang der Richtlinie enthalten sind. In der Liste I sind die Stoffe genannt, deren Ableitung in das Grundwasser die Mitgliedstaaten verhindern müssen, während in der Liste II die Stoffe angegeben sind, deren Ableitung in das Grundwasser die Mitgliedstaaten begrenzen müssen (Artikel 3 der Richtlinie).

3 In Artikel 4 der Richtlinie werden die Maßnahmen aufgeführt, die die Mitgliedstaaten ergreifen müssen, um die direkte oder indirekte Ableitung von Stoffen aus der Liste I in das Grundwasser zu verhindern. In Artikel 5 werden die Maßnahmen festgelegt, die die Mitgliedstaaten ergreifen müssen, um die direkte oder indirekte Ableitung von Stoffen aus der Liste II der Richtlinie in das Grundwasser zu begrenzen.

4 In dem erwähnten Urteil 1/86 stellte der Gerichtshof fest, daß das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hatte, daß es nicht innerhalb der festgesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hatte, um der Richtlinie 80/68 des Rates nachzukommen.

5 Da das Königreich Belgien der Kommission nicht die Maßnahmen mitgeteilt hatte, die es gemäß Artikel 171 EWG-Vertrag hätte ergreifen müssen, um die Richtlinie ordnungsgemäß umzusetzen und damit dem Urteil des Gerichtshofes nachzukommen, leitete die Kommission das Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages ein.

6 In ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme unterrichtete die belgische Regierung die Kommission über die Verabschiedung des Dekrets der regionalen wallonischen Exekutive vom 30. April 1990 über den Schutz und die Gewinnung von aufbereitbarem Wasser (Moniteur belge 1990, S. 13183; im folgenden: Dekret). Artikel 8 dieses Dekrets stellt ein grundsätzliches Verbot der "direkten und indirekten Ableitungen der Stoffe, die in Anhang 1 der Richtlinie 80/68/EWG... erwähnt sind", auf und verweist für die Realisierung des Schutzes des aufbereitbaren Wassers gegen Verschmutzung auf Erlasse der wallonischen Exekutive.

7 Da die Kommission der Ansicht war, daß dieses Dekret zur Umsetzung der Richtlinie in der wallonischen Region nicht ausreiche, und da sie keine Informationen über die Umsetzung der Richtlinie in der flämischen Region erhalten hatte, hat sie die vorliegende Vertragsverletzungsklage eingereicht.

8 In ihrer Klageschrift hat die Kommission gegenüber Belgien die folgenden Rügen erhoben: a) Das Dekret der regionalen wallonischen Exekutive habe einen zu engen Anwendungsbereich, weil es nicht das gesamte Grundwasser erfasse; b) dieses Dekret stelle eine Rahmenregelung dar, die Durchführungsmaßnahmen erforderlich mache; c) das in Artikel 8 des Dekrets enthaltene Verbot reiche zur Umsetzung der in den Artikeln 3, 4 und 5 der Richtlinie enthaltenen Verbote nicht aus; d) die flämische Region habe nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um die Richtlinie in ausreichender Weise umzusetzen.

9 Da Belgien nach Einreichung der Klage mehrere Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie in der wallonischen und der flämischen Region ergriffen hatte, hat die Kommission mit Schreiben vom 15. Dezember 1992 die oben unter a, b und d wiedergegebenen Rügen zurückgenommen. In bezug auf die oben unter c wiedergegebene Rüge hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß sie die Rüge nur insoweit aufrechterhalte, als Artikel 8 des wallonischen Dekrets, der irrtümlich auf Anhang 1 anstatt auf Liste I der Richtlinie Bezug nehme, nicht die Stoffe aus der Liste II erwähne, auf die Artikel 5 der Richtlinie verweise, und daß sie die Rüge im übrigen zurücknehme.

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

11 Die belgische Regierung bestreitet nicht die Vertragsverletzung, die ihr hinsichtlich der aufrechterhaltenen Rüge zur Last gelegt wird, wobei sie darauf hinweist, daß eine Änderung des Dekrets in dem von der Kommission bezeichneten Sinn im Gange sei.

12 Mithin ist festzustellen, daß das Königreich Belgien dem Urteil vom 17. Juni 1987 in der Rechtssache 1/86 nicht nachgekommen ist und folglich gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 171 EWG-Vertrag verstossen hat, indem es in Artikel 8 des wallonischen Regionaldekrets vom 30. April 1990 über den Schutz und die Gewinnung von aufbereitbarem Wasser die Stoffe aus der Liste II, auf die Artikel 5 der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe verweist, nicht erwähnt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

13 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Belgien hinsichtlich der von der Kommission aufrechterhaltenen Rüge mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

14 Hinsichtlich der in der Klage erhobenen Rügen, die die Kommission zurückgenommen hat, ist festzustellen, daß gemäß Artikel 69 § 5 der Verfahrensordnung eine Partei, die die Klage oder einen Antrag zurücknimmt, auf Antrag der Gegenpartei zur Tragung der Kosten verurteilt wird. Im vorliegenden Fall hat das Königreich Belgien keinen Kostenantrag gestellt. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen hat das Königreich Belgien die gesamten Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Königreich Belgien ist dem Urteil vom 17. Juni 1987 in der Rechtssache 1/86 nicht nachgekommen und hat folglich gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 171 EWG-Vertrag verstossen, indem es in Artikel 8 des wallonischen Regionaldekrets vom 30. April 1990 über den Schutz und die Gewinnung von aufbereitbarem Wasser die Stoffe aus der Liste II, auf die Artikel 5 der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe verweist, nicht erwähnt hat.

2) Das Königreich Belgien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück