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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.06.1998
Aktenzeichen: C-183/97
Rechtsgebiete: Richtlinie 80/68/EWG
Vorschriften:
Richtlinie 80/68/EWG Art. 21 Abs. 1 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 18. Juni 1998. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Portugiesische Republik. - Vertragsverletzung - Nichtumsetzung der Richtlinie 80/68/EWG. - Rechtssache C-183/97.
Entscheidungsgründe:
1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 12. Mai 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag eine Klage auf Feststellung erhoben, daß die Portugiesische Republik dadurch, daß sie nicht alle zur vollständigen und korrekten Durchführung der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe (ABl. 1980, L 20, S. 43; im folgenden: Richtlinie), insbesondere der Artikel 8, 9, 10, 11 und 15, erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, und hilfsweise dadurch, daß sie die Kommission nicht unverzueglich von diesen Vorschriften in Kenntnis gesetzt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 21 Absatz 1 dieser Richtlinie verstossen hat.
2 Die Richtlinie bezweckt, die Verschmutzung des Grundwassers durch Stoffe, die zu den in den Listen I oder II des Anhangs aufgeführten Stoffgruppen und Stoffamilien gehören, zu verhüten.
3 Nach Artikel 3 ergreifen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um
a) die Ableitung von Stoffen aus der Liste I in das Grundwasser zu verhindern und
b) die Ableitung von Stoffen aus der Liste II in das Grundwasser zu begrenzen, damit die Verschmutzung des Grundwassers durch diese Stoffe verhütet wird.
4 Aus den Artikeln 4 und 5 der Richtlinie geht hervor, daß die Mitgliedstaaten bei Erfuellung bestimmter Voraussetzungen die direkte oder die indirekte Ableitung von Stoffen aus der Liste I (Artikel 4) oder der Liste II (Artikel 5) genehmigen können.
5 Nach Artikel 6 bedürfen abweichend von den Artikeln 4 und 5 künstliche Anreicherungen des Grundwassers für Zwecke der öffentlichen Grundwasserbewirtschaftung einer besonderen Genehmigung, die für jeden Einzelfall von den Mitgliedstaaten ausgestellt wird.
6 Artikel 8 bestimmt, daß die Genehmigungen nach den Artikeln 4, 5 und 6 nur erteilt werden können, nachdem die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten festgestellt haben, daß die Überwachung des Grundwassers und insbesondere seiner Qualität gewährleistet ist.
7 Die Artikel 9 und 10 bestimmen, was in den Artikeln 4 und 5 der Richtlinie vorgesehenen Genehmigungen insbesondere festzulegen ist.
8 Nach Artikel 11 dürfen die Genehmigungen im Sinne der Artikel 4 und 5 nur für einen begrenzten Zeitraum erteilt werden; sie werden mindestens alle vier Jahre überprüft. Sie können verlängert, geändert oder widerrufen werden.
9 Artikel 15 lautet: "Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nehmen eine Bestandsaufnahme der nach Artikel 4 erteilten Genehmigungen für Ableitungen von Stoffen aus der Liste I, der nach Artikel 5 erteilten Genehmigungen für direkte Ableitungen von Stoffen aus der Liste II und der nach Artikel 6 erteilten Genehmigungen vor."
10 Nach Artikel 21 Absatz 1 sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um der Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen und die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis setzen. Da die Richtlinie den Mitgliedstaaten am 20. Dezember 1979 bekanntgegeben wurde, ist diese Frist am 20. Dezember 1981 abgelaufen.
11 Nach den Artikeln 392 und 395 der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Anpassungen der Verträge (ABl. 1985, L 302, S. 23) war die Portugiesische Republik verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen in Kraft zu setzen, um der Richtlinie vom Zeitpunkt ihres Beitritts zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, d. h. vom 1. Januar 1986, an nachzukommen.
12 Nachdem die portugiesische Regierung der Kommission mitgeteilt hatte, daß die Richtlinie durch das Decreto-Lei Nr. 74/90 vom 7. März 1990 in das innerstaatliche Recht umgesetzt worden sei, ersuchte die Kommission die portugiesischen Behörden mit Schreiben vom 12. August 1991, ihr zusätzliche Auskünfte über diese Bestimmungen zu erteilen.
13 Da die Kommission keine Antwort erhielt und der Auffassung war, daß die Richtlinie durch das Decreto-Lei Nr. 74/90 nicht vollständig und korrekt umgesetzt worden sei, leitete sie gegen die Portugiesische Republik das in Artikel 169 des Vertrages vorgesehene Vertragsverletzungsverfahren ein, indem sie ihr am 6. Juli 1993 ein Mahnschreiben übersandte.
14 Die portugiesische Regierung antwortete mit Schreiben vom 9. Juni 1994, daß die Richtlinie nicht nur durch das Decreto-Lei Nr. 74/90 umgesetzt worden sei, sondern auch durch das Decreto-Lei Nr. 488/85 vom 25. November 1985 über die Abfälle der verarbeitenden Industrie und durch das Decreto-Lei Nr. 446/91 vom 22. November 1991 zur Regelung der Verwendung bestimmter aus Kläranlagen stammender Schlammsorten in der Landwirtschaft; diese verfolgten die gleichen Ziele wie die Richtlinie.
15 Da die Kommission der Auffassung war, daß die Richtlinie durch die von der portugiesischen Regierung genannten Vorschriften letztlich nicht vollständig und korrekt in das portugiesische Recht umgesetzt worden sei, übersandte sie der portugiesischen Regierung mit Schreiben vom 5. September 1996 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie sie aufforderte, die für die Durchführung der Richtlinie, insbesondere der Artikel 8, 9, 10, 11 und 15, erforderlichen Vorschriften binnen zwei Monaten nach der Bekanntgabe der Stellungnahme zu erlassen.
16 Die Portugiesische Republik teilte in ihrem Antwortschreiben vom 9. Dezember 1996 mit, derzeit würden neue Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie geprüft. Sie übersandte ausserdem das Decreto-Lei Nr. 45/94 vom 22. Februar 1994, das ein Rahmengesetz für die Planung der Wasserreserven darstellt, sowie die Verordnungen Nrn. 176/96 und 177/96, durch die die in dem zuvor bekanntgegebenen Decreto-Lei Nr. 446/91 vorgesehene Regelung vervollständigt werden sollte.
17 Da die Kommission der Auffassung war, daß keine der Vertragsverletzungen, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gerügt worden waren, durch die von den portugiesischen Behörden angegebenen Vorschriften abgestellt worden sei, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
18 Die portugiesische Regierung hat die ihr vorgeworfene Vertragsverletzung vor dem Gerichtshof nicht bestritten, jedoch geltend gemacht, daß ein Decreto-Lei zur Ergänzung der Umsetzung der Richtlinie in das innerstaatliche Recht derzeit ausgearbeitet werde.
19 Da die Umsetzung der Richtlinie nicht innerhalb der festgesetzten Frist erfolgt ist, ist die insoweit von der Kommission erhobene Klage begründet.
20 Deshalb ist festzustellen, daß die Portugiesische Republik dadurch, daß sie nicht alle zur vollständigen und korrekten Durchführung der Richtlinie, insbesondere der Artikel 8, 9, 10, 11 und 15, erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie verstossen hat.
Kostenentscheidung:
Kosten
21 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Portugiesische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
22 Die Portugiesische Republik hat dadurch, daß sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist alle zur vollständigen und korrekten Durchführung der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe, insbesondere der Artikel 8, 9, 10, 11 und 15, erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 21 Absatz 1 dieser Richtlinie verstossen.
23 Die Portugiesische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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