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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: C-186/02 P
Rechtsgebiete: EG-Vertrag (nach Änderung Art. 87 EG), EG-Vertrag jetzt Art. 88 Abs. 2 EG, Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Satzung des Gerichtshofes
Vorschriften:
EG-Vertrag (nach Änderung Art. 87 EG) Art. 92 | |
EG-Vertrag jetzt Art. 88 Abs. 2 EG Art. 93 Abs. 2 | |
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 42 § 2 | |
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 118 | |
Satzung des Gerichtshofes Art. 49 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 11. November 2004. - Ramondín SA und Ramondín Cápsulas SA (C-186/02 P) und Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava (C-188/02 P) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Staatliche Beihilfen - Steuerliche Maßnahmen - Ermessensmissbrauch - Begründung - Neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel. - Verbundene Rechtssachen C-186/02 P und C-188/02 P.
Parteien:
In den verbundenen Rechtssachen C-186/02 P und C-188/02 P
betreffend zwei Rechtsmittel nach Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes, eingereicht am 15. und 16. Mai 2002,
Ramondín SA mit Sitz in Logroño (Spanien)
und
Ramondín Cápsulas SA mit Sitz in Laguardia (Spanien),
Prozessbevollmächtigter: J. Lazcano-Iturburu Ayestaran, abogado,
Rechtsmittelführerinnen in der Rechtssache C-186/02 P,
Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava, Prozessbevollmächtigte: A. Creus Carreras, B. Uriarte Valiente und M. Bravo-Ferrer Delgado, abogados,
Rechtsmittelführer in der Rechtssache C-188/02 P,
andere Verfahrensbeteiligte:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch F. Santaolalla Gadea und J. L. Buendía Sierra als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch
Comunidad Autónoma de La Rioja , Prozessbevollmächtigter: J. Criado Gámez, abogado,
Streithelferin in den Rechtsmittelverfahren,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie des Richters C. Gulmann (Berichterstatter) und der Richterin N. Colneric,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und, in der Rechtssache C188/02 P, im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom
6. Mai 2004,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Ramondín SA und die Ramondín Cápsulas SA sowie das Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava (im Folgenden: Territorio Histórico de Álava) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6. März 2002 in den Rechtssachen T92/00 und T103/00 (Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, Slg. 2002, II1385, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klagen auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/795/EG der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die staatliche Beihilfe Spaniens zugunsten von Ramondín SA und Ramondín Cápsulas SA (ABl. 2000, L 318, S. 36, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
2. Nach der von der Kommission vorgeschlagenen Karte Spaniens für Beihilfen mit regionaler Zweckbestimmung (ABl. 1996, C 25, S. 3) gilt für derartige Beihilfen im spanischen Baskenland (im Folgenden: Baskenland) eine Hoechstgrenze von 25 % des Nettosubventionsäquivalents (im Folgenden: NSÄ).
3. Der geltende steuerliche Rahmen im Baskenland beruht auf einem Finanzabkommen mit der Zentralregierung, das in dem spanischen Gesetz Nr. 12/1981 vom 13. Mai 1981 niedergelegt ist und zuletzt durch das Gesetz Nr. 38/1997 vom 4. August 1997 geändert wurde.
4. Nach diesen Rechtsvorschriften kann die Diputación Foral de Álava das Steuersystem in ihrem Gebiet unter bestimmten Voraussetzungen selbst regeln.
5. Sie führte auf dieser Grundlage verschiedene steuerliche Vergünstigungen ein, darunter eine Steuergutschrift von 45 % des Investitionsbetrags (im Folgenden: Steuergutschrift von 45 %) und eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer.
Die Steuergutschrift von 45 %
6. Die Sechste Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr. 22/1994 vom 20. Dezember 1994 über den Vollzug des Haushalts 1995 des Territorio Histórico de Álava (Boletín Oficial del Territorio Histórico de Álava Nr. 5 vom 13. Januar 1995) bestimmt:
Für die über 2,5 Milliarden ESP hinausgehenden Kosten für Investitionen in neue Sachanlagen, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 1995 angefallen sind, wird gemäß der Entscheidung der Diputación Foral de Álava eine Steuergutschrift in Höhe von 45 % des von der Diputación Foral de Álava bestätigten Investitionsbetrags gewährt, um die sich die geschuldete Körperschaftsteuer ermäßigt.
Die wegen unzureichender Steuerquote nicht angewandten Abzüge können innerhalb von neun Jahren nach dem Jahr der Entscheidung der Diputación Foral de Álava vorgenommen werden.
In dieser Entscheidung der Diputación Foral de Álava werden auch die Fristen und Hoechstgrenzen für den jeweiligen Fall festgelegt.
Die im Rahmen der vorliegenden Bestimmungen gewährten Vorteile schließen weitere Steuervergünstigungen für dieselben Investitionen aus.
Die Diputación Foral de Álava kann ferner die Dauer des Investitionsprozesses bestimmen und in der Vorbereitungsphase getätigte Investitionen in die Beihilfe für das Investitionsvorhaben einbeziehen.
7. Diese Regelung blieb für die Jahre 1996 und 1997 in Kraft; danach wurde die Steuergutschrift in Höhe von 45 % für die Jahre 1998 und 1999 durch spätere Normas Forales in veränderter Form beibehalten.
Die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer
8. Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 vom 5. Juli 1996 (Boletín Oficial del Territorio Histórico de Álava Nr. 90 vom 9. August 1996) bestimmt:
(1) Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen, erhalten vor dem Ausgleich negativer Steuerbemessungsgrundlagen aus Vorperioden in vier aufeinander folgenden Steuerbemessungszeiträumen eine Ermäßigung von 99 %, 75 %, 50 % bzw. 25 % der positiven Bemessungsgrundlage ihres Betriebsergebnisses ab dem ersten Geschäftsjahr, in dem innerhalb von vier Jahren nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit positive Bemessungsgrundlagen erzielt werden.
...
(2) Um in den Genuss dieser Ermäßigung zu kommen, müssen die Steuerschuldner folgende Voraussetzungen erfuellen:
a) Sie müssen ihre Geschäftstätigkeit mit einem voll einbezahlten Kapital von mindestens 20 Millionen ESP aufnehmen.
...
d) Die neue Tätigkeit darf nicht zuvor schon einmal direkt oder indirekt unter einer anderen Rechtsträgerschaft ausgeführt worden sein.
e) Die neue Geschäftstätigkeit muss in einer Räumlichkeit oder Einrichtung ausgeübt werden, in der keine andere natürliche oder juristische Person eine andere Tätigkeit ausübt.
f) In den ersten zwei Geschäftsjahren müssen Sachanlageinvestitionen in Höhe von mindestens 80 Millionen ESP durchgeführt werden, wobei alle Investitionen in für die Geschäftstätigkeit benötigte Anlagen erfolgen müssen. Diese dürfen jedoch nicht zur Nutzung an Dritte verpachtet oder abgetreten werden. Zu diesem Zweck gelten auch durch Finanzleasing erworbene Ausrüstungen als Sachanlageinvestitionen, sofern eine Verpflichtung zur Ausübung der Kaufoption eingegangen wird.
g) In den ersten sechs Monaten nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit müssen mindestens zehn Arbeitsplätze geschaffen werden, und bis zu dem Geschäftsjahr, in dem der Anspruch auf Ermäßigung der Bemessungsgrundlage ausläuft, muss die durchschnittliche jährliche Beschäftigtenzahl auf diesem Stand bleiben.
...
i) Es muss ein Geschäftsplan für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren vorliegen.
...
(4) Der in Absatz 2 Buchstabe f) genannte Mindestbetrag und die unter Buchstabe g) festgelegte Mindestanzahl neu geschaffener Arbeitsplätze schließen jegliche andere Steuervergünstigung für solche Investitionen oder für die Schaffung dieser Arbeitsplätze aus.
(5) Die in diesem Artikel geregelte Ermäßigung muss bei der Steuerverwaltung beantragt werden, die dem Antragsteller nach Prüfung der Einhaltung der eingangs genannten Bedingungen eine provisorische Genehmigung erteilt, die dann durch Beschluss der Diputación Foral de Álava bestätigt werden muss.
...
Sachverhalt
9. Die Ramondín SA ist eine Gesellschaft spanischen Rechts, die sich auf die Herstellung von Verschlusskapseln für Wein- und Schaumweinflaschen und andere hochwertige Getränke spezialisiert hat. Seit 1971 ist das Unternehmen in Logroño in der Comunidad Autónoma de La Rioja (Autonome Gemeinschaft La Rioja) ansässig.
10. Im Jahr 1997 beschloss die Ramondín SA, ihre Industrieanlagen von Logroño nach Laguardia im Territorio Histórico de Álava des Baskenlandes umzusiedeln. Hierfür gründete sie am 15. Dezember 1997 die neue Gesellschaft Ramondín Cápsulas SA, deren Kapital sie zu 99,8 % hält. Die Ramondín Cápsulas SA sollte sämtliche Tätigkeiten der Ramondín SA übernehmen.
11. Mit Beschluss Nr. 738/1997 der Diputación Foral de Álava vom 21. Oktober 1997 wurde der Ramondín SA die in der Sechsten Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr. 22/1994 vorgesehene Steuergutschrift von 45 % gewährt. Der Ramondín Cápsulas SA kam als neu gegründetes Unternehmen die in Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 vorgesehene Ermäßigung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zugute.
12. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1997 erhielt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine Beschwerde des Präsidenten der Comunidad Autónoma de La Rioja wegen staatlicher Beihilfen, die der Ramondín SA bei ihrer Umsiedlung in das Baskenland gewährt worden seien.
13. Mit Schreiben vom 30. April 1999 (ABl. C 194, S. 18) teilte die Kommission den spanischen Behörden ihre Entscheidung mit, das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) wegen steuerlicher Beihilfen der baskischen Behörden zugunsten der Ramondín SA und der Ramondín Cápsulas SA zu eröffnen.
14. Am Ende des Verfahrens erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.
15. In Artikel 2 Buchstabe a dieser Entscheidung wird die Reduzierung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer zugunsten der Ramondín Cápsulas SA als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe eingestuft. In Artikel 2 Buchstabe b wird auch die Steuergutschrift zugunsten der Ramondín SA in Höhe von 45 % als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe eingestuft, soweit sie nach Maßgabe der Vorschriften über die Kumulierung von Beihilfen die für Regionalbeihilfen im Baskenland geltende Hoechstintensität von 25 % NSÄ überschreitet.
16. In Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung gibt die Kommission dem Königreich Spanien auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die fraglichen Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.
Die Klagen vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
17. Mit Klageschriften, die am 19. und 26. April 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben das Territorio Histórico de Álava (Rechtssache T92/00) sowie die Ramondín SA und die Ramondín Cápsulas SA (im Folgenden gemeinsam: Ramondín) (Rechtssache T103/00) Klagen gegen die Kommission.
18. Sie beantragten, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin die streitigen in den Normas Forales Nrn. 22/1994 und 24/1996 vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und dem Königreich Spanien die Rückforderung der betreffenden Beihilfebeträge aufgegeben wird.
19. Mit Beschluss vom 5. Juni 2001 wurden die beiden Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
20. Im angefochtenen Urteil
- wies das Gericht die Klagen ab
- und verurteilte die Klägerinnen zur Tragung der Kosten.
Die Rechtsmittel
21. Mit Beschlüssen vom 6. März 2003 hat der Präsident des Gerichtshofes in den beiden Rechtssachen C186/02 P und C188/02 P
- die Comunidad Autónoma de La Rioja als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen;
- die Anträge des Gobierno Foral de Navarra (Regionalregierung von Navarra), als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführer zugelassen zu werden, zurückgewiesen.
22. Ramondín beantragt,
- das angefochtene Urteil aufzuheben;
- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin die in den Normas Forales Nrn. 22/1994 und 24/1996 vorgesehenen steuerlichen Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und dem Königreich Spanien ihre Rückforderung aufgegeben wird;
- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
23. Das Territorio Histórico de Álava beantragt, der Gerichtshof möge
- das angefochtene Urteil aufheben;
- den Rechtsstreit selbst entscheiden und die angefochtene Entscheidung für nichtig erklären, soweit sie die Steuergutschrift von 45 % und die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer betrifft;
- hilfsweise, die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens auferlegen.
24. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung auf eine Einrede der Unzulässigkeit des vom Territorio Histórico de Álava eingelegten Rechtsmittels verzichtet und beantragt nunmehr in den Rechtssachen C186/02 P und C188/02 P,
- die Rechtsmittel zurückzuweisen;
- den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
25. Die zur Unterstützung der Kommission beigetretene Comunidad Autónoma de La Rioja beantragt in den Rechtssachen C186/02 P und C188/02 P,
- die Rechtsmittel zurückzuweisen;
- den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
Die Gründe für die Aufhebung des angefochtenen Urteils
26. Ramondín hat in ihrer Rechtsmittelschrift vier Gründe für die Aufhebung des angefochtenen Urteils geltend gemacht:
- Die Comunidad Autónoma de La Rioja sei nicht befugt gewesen, bei der Kommission Beschwerde einzulegen.
- Die streitigen steuerlichen Maßnahmen seien zu Unrecht als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft worden.
- Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorliegen eines Ermessensmissbrauchs der Kommission verneint habe.
- Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verneint habe.
27. Mit Schriftsatz, der am 18. Februar 2004 eingegangen ist, hat sie dem Gerichtshof mitgeteilt, dass sie an ihrem Rechtsmittelgrund des Vorliegens eines Ermessensmissbrauchs und des Fehlens einer Begründung des angefochtenen Urteils zu diesem Punkt festhalte und auf ihre übrigen Rechtsmittelgründe verzichte.
28. Das Territorio Histórico de Álava hat in seiner Rechtsmittelschrift sechs Gründe für die Aufhebung des angefochtenen Urteils geltend gemacht:
- Die streitigen steuerlichen Maßnahmen seien zu Unrecht als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft worden.
- Die Begründung des angefochtenen Urteils sei insoweit unzureichend.
- Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es entschieden habe, dass die streitigen Maßnahmen keine bestehenden Beihilfen seien.
- Die Begründung des angefochtenen Urteils sei insoweit unzureichend.
- Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorliegen eines Ermessensmissbrauchs der Kommission verneint habe.
- Die Begründung des angefochtenen Urteils sei insoweit unzureichend.
29. Mit Schriftsatz, der am 20. Februar 2004 eingegangen ist, hat es dem Gerichtshof mitgeteilt, dass es
- an seinem ersten und zweiten Rechtsmittelgrund, wonach die streitigen steuerlichen Maßnahmen zu Unrecht als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft worden seien und die Begründung des angefochtenen Urteils insoweit unzureichend sei, teilweise festhalte;
- an seinem fünften und sechsten Rechtsmittelgrund, wonach ein Ermessensmissbrauch vorliege und die Begründung des angefochtenen Urteils insoweit unzureichend sei, festhalte;
- auf seine übrigen Rechtsmittelgründe verzichte.
Zu den Rechtsmitteln
30. Nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten und der Generalanwältin sind die vorliegenden Rechtssachen gemäß Artikel 43 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden, weil sie miteinander in Zusammenhang stehen.
Zu den Rechtsmittelgründen, mit denen geltend gemacht wird, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es das Vorliegen eines Ermessensmissbrauchs verneint habe, und dass die Begründung des angefochtenen Urteils insoweit unzureichend sei
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
31. Ramondín wirft dem Gericht vor, in den Randnummern 82 bis 88 des angefochtenen Urteils ihren Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs der Kommission zurückgewiesen zu haben. Die Kommission habe ihre Befugnisse im Rahmen der Verfahren im Bereich staatlicher Beihilfen - einem Bereich, in dem sie ausschließlich zuständig sei und umfangreiche Befugnisse habe - zur steuerlichen Harmonisierung benutzt. Eine solche Harmonisierung falle aber in Wirklichkeit unter das Verfahren der Artikel 101 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 96 EG) und 102 EG-Vertrag (jetzt Artikel 97 EG), für das der Rat der Europäischen Union zuständig sei.
32. Die Kommission habe mit kleinen Gemeinschaften oder Mitgliedstaaten begonnen, deren Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit gering sei. Sie habe dies getan, weil die steuerliche Harmonisierung auf Schwierigkeiten gestoßen sei, da die mächtigen Mitgliedstaaten sich weigerten, Kompetenzen abzugeben.
33. Da der einzige in der vorliegenden Rechtssache greifbare objektive Gesichtspunkt das Fehlen einer Beschwerde eines Konkurrenten sei, müsse davon ausgegangen werden, dass andere als die vorgeblichen Ziele verfolgt würden. Daher sei das eingeleitete Verfahren von Anfang an fragwürdig gewesen.
34. Das Territorio Histórico de Álava vertritt die Ansicht, das Gericht hätte vom Vorliegen eines Ermessensmissbrauchs ausgehen müssen. Es stelle sich die Frage, weshalb die Kommission zahlreiche Verfahren gegen die Normas Forales des Baskenlandes eingeleitet habe. Ferner stelle sich die Frage, aus welchem Grund eine Reihe steuerlicher Maßnahmen von der Liste, die eine beim Rat mit der Ermittlung der im Hinblick auf eine steuerliche Harmonisierung abzuschaffenden steuerlichen Maßnahmen betraute Gruppe namens Primarolo erstellt habe, gestrichen worden sei, um dann mittels Verfahren im Bereich staatlicher Beihilfen angegriffen zu werden.
35. Die Vorbehalte mehrerer Mitgliedstaaten machten jede Einigung über eine steuerliche Harmonisierung im Rat unmöglich. Deshalb habe die Kommission den schnellsten und einfachsten Weg des Verfahrens wegen staatlicher Beihilfen gewählt.
36. Ferner sei dem Gericht eine unzureichende Begründung in Bezug auf den Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs vorzuwerfen. Es habe eine recht oberflächliche Antwort gegeben, denn es sei nicht auf die Gründe eingegangen, aus denen die Kommission zahlreiche Verfahren gegen die Normas Forales des Baskenlandes eingeleitet habe, und habe nicht nachgeforscht, weshalb eine Reihe steuerlicher Maßnahmen von der Liste der Primarolo-Gruppe gestrichen worden sei, um dann mittels Verfahren im Bereich staatlicher Beihilfen angegriffen zu werden.
37. Die Kommission antwortet auf das Vorbringen von Ramondín, das Gericht habe in den Randnummern 82 bis 87 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen, unter denen nach der Gemeinschaftsrechtsprechung ein Ermessensmissbrauch vorliege, nicht erfuellt seien. Im vorliegenden Fall beruhe der Vorwurf des Ermessensmissbrauchs auf einer subjektiven Beurteilung des Verhaltens der Kommission durch Ramondín. Diese Beurteilung werde durch keinen objektiven Anhaltspunkt gestützt. Sie beruhe somit nicht auf schlüssigen Indizien, wie es die Rechtsprechung verlange, sondern auf rein subjektiven Behauptungen in Bezug auf die angeblichen Absichten der Kommission.
38. In Wirklichkeit beschränke sich Ramondín im Rahmen ihres Rechtsmittelgrundes darauf, ihre äußerst enge Auslegung des Beihilfebegriffs und des Gesichtspunkts der Selektivität zu wiederholen. Der angebliche Ermessensmissbrauch bestehe nur in einer anderen als der von Ramondín vertretenen Auslegung des Beihilfebegriffs.
39. Auf das Vorbringen des Territorio Histórico de Álava antwortet die Kommission, der Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs sei von dieser Rechtsmittelführerin vor dem Gericht nicht geltend gemacht worden. Er sei somit offensichtlich unzulässig. Jedenfalls sei er aus denselben Gründen wie bei Ramondín unbegründet. Schließlich habe das Gericht die Zurückweisung des vorgetragenen Klagegrundes im angefochtenen Urteil hinreichend begründet.
40. Die Comunidad Autónoma de La Rioja trägt vor, das Territorio Histórico de Álava sei nicht berechtigt, sich auf den Rechtsmittelgrund eines Ermessensmissbrauchs zu stützen, da es ihn vor dem Gericht nicht geltend gemacht habe.
41. Ramondín und das Territorio Histórico de Álava lieferten jedenfalls keine objektiven, schlüssigen und übereinstimmenden Indizien, die den Schluss zuließen, dass die Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung das Ziel einer steuerlichen Harmonisierung verfolgt habe.
Würdigung durch den Gerichtshof
42. Entgegen den Behauptungen der Kommission und der Comunidad Autónoma de La Rioja hat das Territorio Histórico de Álava vor dem Gericht bereits in den Nummern 71 ff. seiner Klageschrift den Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs der Kommission geltend gemacht.
43. Dieser Klagegrund ist in Bezug auf Ramondín und das Territorio Histórico de Álava in den Randnummern 82 bis 88 des angefochtenen Urteils geprüft worden.
44. Im Einzelnen hat das Gericht darauf hingewiesen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden ist (vgl. u. a. Urteil vom 22. November 2001 in der Rechtssache C110/97, Niederlande/Rat, Slg. 2001, I8763, Randnr. 137 und die dort genannte Rechtsprechung).
45. In den Randnummern 85 bis 87 hat es die Behauptungen und Argumente der Rechtsmittelführer analysiert und bewertet. Es hat entschieden, dass sie keinen schlüssigen Anhaltspunkt dafür dargelegt hätten, dass die Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung in Wirklichkeit bezweckt habe, eine steuerliche Harmonisierung herbeizuführen.
46. Damit hat es eine Tatsachenwürdigung vorgenommen, die, sofern die ihm vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage darstellt, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt (vgl. u. a. Urteile vom 21. Juni 2001 in den Rechtssachen C280/99 P bis C282/99 P, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 2001, I4717, Randnr. 78, und vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C238/99 P, C244/99 P, C245/99 P, C247/99 P, C250/99 P bis C252/99 P und C254/99P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I8375, Randnr. 285).
47. Die Rechtsmittelführer beschränken sich darauf, diese Tatsachenwürdigung durch Behauptungen anzuzweifeln. Sie liefern keinen Beleg dafür, dass das Gericht die ihm vorgelegten Beweismittel verfälscht hätte. Jedenfalls kann nicht geltend gemacht werden, dass das Gericht aus dem Fehlen einer Beschwerde eines Konkurrenzunternehmens hätte schließen müssen, dass die Kommission andere als die von ihr angegebenen Ziele verfolgte. Das bloße Fehlen einer Beschwerde lässt keine solche Annahme zu.
48. Folglich ist der aus einem Ermessensmissbrauch abgeleitete Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
49. Zum Rechtsmittelgrund einer insoweit unzureichenden Begründung des angefochtenen Urteils ist festzustellen, dass Ramondín ihn in ihrer Rechtsmittelschrift nicht erwähnt hat.
50. Mit der Angabe in ihrem am 18. Februar 2004 eingereichten Schriftsatz, dass sie an ihrem Rechtsmittelgrund einer fehlenden Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf den Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs festhalte, bringt Ramondín somit in Wirklichkeit ein neues Angriffsmittel vor. Dieses Angriffsmittel ist nach den Artikeln 42 § 2 und 118 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes unzulässig.
51. In Bezug auf das Territorio Histórico de Álava, das einen auf eine unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils gestützten Rechtsmittelgrund geltend gemacht und in ihrem am 20. Februar 2004 eingereichten Schriftsatz daran festgehalten hat, ist festzustellen, dass es in diesem Urteil heißt:
- in Randnummer 85, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführer auf Spekulationen über etwaige unausgesprochene Motive für die angefochtene Entscheidung beruhe und dass sie nicht einmal dargelegt hätten, dass tatsächlich eine steuerliche Harmonisierung existiere, die durch die angefochtene Entscheidung auf Gemeinschaftsebene herbeigeführt worden wäre;
- in Randnummer 86, dass das Territorio Histórico de Álava auf die Verfahren Bezug nehme, in denen der Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 16. Februar 2000 in den Rechtssachen C400/97 bis C402/97 (Juntas Generales de Guipúzcoa u. a., Slg. 2000, I1073) ergangen sei, und behaupte, die Kommission habe in diesen Verfahren die Rechtsetzungsbefugnis der baskischen Stellen in Steuerangelegenheiten in Frage gestellt, als sie die Ansicht vertreten habe, dass die Normas Forales staatliche Beihilfen seien, weil sie nur in einem bestimmten Gebiet eines Mitgliedstaats anwendbar seien;
- in Randnummer 87, dass dieses Argument zurückzuweisen sei, weil sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Begründung dafür, dass es sich bei den Ramondín gewährten Steuervergünstigungen um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) handele, nicht auf ein Kriterium der regionalen Selektivität gestützt habe.
52. Im Hinblick auf die dem Gericht in der Klageschrift und der Erwiderung unterbreitete Argumentation, in der von der Streichung einer Reihe steuerlicher Maßnahmen von einer durch eine beim Rat gebildete Gruppe erstellten Liste keine Rede war, erscheint diese Begründung ausreichend.
53. Folglich ist der vom Territorio Histórico de Álava auf eine unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf einen angeblichen Ermessensmissbrauch der Kommission gestützte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Zu den Rechtsmittelgründen, mit denen das Territorio Histórico de Álava geltend macht, dass die streitigen steuerlichen Maßnahmen zu Unrecht als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft worden seien und dass die Begründung des angefochtenen Urteils insoweit unzureichend sei
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
54. Vor dem Gericht hat das Territorio Histórico de Álava geltend gemacht, die Kommission habe gegen Artikel 92 EG-Vertrag verstoßen, als sie die Steuergutschrift von 45 % und die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen angesehen habe, weil die Normas Forales Nrn. 22/1994 und 24/1996 spezifische Maßnahmen darstellten, die bestimmte Unternehmen begünstigten. Es hat vorgetragen, ein etwaiger selektiver Charakter dieser Maßnahmen werde jedenfalls durch das Wesen und den Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt.
55. Das Territorio Histórico de Álava wirft dem Gericht vor, mit der Zurückweisung dieser Argumentation in den Randnummern 23 bis 65 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler bei der Anwendung von Artikel 92 EG-Vertrag begangen zu haben.
56. In seinem am 20. Februar 2004 eingereichten Schriftsatz führt es aus, es halte an seinem Aufhebungsgrund fest, aber in einem früheren Stadium als dem der Einstufung der streitigen steuerlichen Maßnahmen als staatliche Beihilfen. Während des Verfahrens im ersten Rechtszug habe es vorgebracht, dass diese Maßnahmen vom Anwendungsbereich des Artikels 92 EG-Vertrag ausgenommen seien, da sie als steuerliche Maßnahmen zur Erreichung eines wirtschaftspolitischen Zieles gerechtfertigt seien. Das Gericht habe die Ansicht vertreten, dass dies die Einstufung als mit dem Vertrag unvereinbare staatliche Beihilfen nicht ausschließe. Diese Schlussfolgerung gehe fehl, da sie an der falschen Stelle des Auslegungsprozesses gezogen werde. Richtigerweise hätte vor einer etwaigen Einstufung als staatliche Beihilfen berücksichtigt werden müssen, dass vor den Schlussfolgerungen des Ecofin-Rates vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik (ABl. 1998, C 2, S. 1) und der Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 1998 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (ABl. C 384, S. 3) ergangene steuerliche Maßnahmen von der Kontrolle staatlicher Beihilfen ausgenommen seien. Da sich solche Maßnahmen in den Rahmen der von dem betreffenden Mitgliedstaat verfolgten Industriepolitik einfügten, fielen sie von vornherein nicht unter Artikel 92 EG-Vertrag.
57. Im selben Schriftsatz hat das Territorio Histórico de Álava hinzugefügt, es halte auch an seinem Rechtsmittelgrund einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die geltend gemachte Rechtsfrage fest.
58. Die Kommission vertritt die Ansicht, der Rechtsmittelgrund einer unzutreffenden Einstufung der streitigen steuerlichen Maßnahmen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen erfordere, so wie er aufrechterhalten worden sei, trotz der Änderung seiner Präsentation immer noch eine Prüfung der Frage des Beihilfecharakters dieser Maßnahmen durch den Gerichtshof. Die Analyse von Artikel 92 EG-Vertrag umfasse kein der Erörterung der Einstufung als staatliche Beihilfe vorausgehendes Stadium, wobei die steuerliche Natur einer Maßnahme für die Frage, ob es sich um eine Beihilfe handele, irrelevant sei. Zudem hätten die Schlussfolgerungen des Ecofin-Rates vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik und der ihnen beigefügte Verhaltenskodex nichts an der im Vertrag vorgenommenen Kompetenzverteilung ändern können. Unter diesen Umständen beharre das Territorio Histórico de Álava, indem es die Zuständigkeit der Kommission anzweifele, darauf, die Einstufung der streitigen steuerlichen Maßnahmen als staatliche Beihilfen in Frage zu stellen.
59. Die Comunidad Autónoma de La Rioja trägt vor, das Territorio Histórico de Álava halte in Wirklichkeit daran fest, dass die streitigen steuerlichen Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen seien, auch wenn es seine These jetzt auf neue Gründe stütze. Der Gerichtshof dürfe deshalb die Prüfung und Einstufung dieser Maßnahmen im Licht von Artikel 92 EG-Vertrag nicht ausschließen.
Würdigung durch den Gerichtshof
60. Könnte eine Partei vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, so könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofes daher auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. u. a. Urteile vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C136/92 P, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., Slg. 1994, I1981, Randnr. 59, vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C7/95 P, Deere/Kommission, Slg. 1998, I3111, Randnr. 62, und vom 10. April 2003 in der Rechtssache C217/01 P, Hendrickx/Cedefop, Slg. 2003, I3701, Randnr. 37).
61. Im vorliegenden Fall hat das Territorio Histórico de Álava im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht, dass
- die streitigen steuerlichen Maßnahmen als solche dem Anwendungsbereich des Rechts der staatlichen Beihilfen entzogen seien;
- Artikel 92 EG-Vertrag erst seit den Schlussfolgerungen des Ecofin-Rates vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik und der Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 1998 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung auf steuerrechtliche Vorschriften Anwendung finde.
62. In Wirklichkeit hat es auf die wirtschaftspolitischen Ziele der Ermäßigung der Bemessungsgrundlage im Rahmen der Erörterung der Selektivität dieser Maßnahme Bezug genommen, d. h. im Stadium der Erörterung ihrer Einstufung als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag.
63. Das Gericht hat die entsprechende Argumentation in Randnummer 51 des angefochtenen Urteils geprüft.
64. Das dem Gerichtshof im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels unterbreitete Argument, das im Wesentlichen dahin geht, dass die fragliche steuerliche Maßnahme von vornherein, in einem den juristischen Erwägungen vorausgehenden Stadium, nicht unter Artikel 92 EG-Vertrag falle und infolgedessen der Kontrolle durch die Kommission entzogen sei, stellt somit ein erstmals im Rahmen des Rechtsmittels vorgebrachtes Angriffsmittel dar.
65. Dieses neue Angriffsmittel ist ebenso wie das untrennbar mit ihm verbundene Angriffsmittel einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die geltend gemachte Rechtsfrage für unzulässig zu erklären.
66. Nach alledem sind die Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
67. Nach Artikel 122 Absatz 1 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird.
68. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, der gemäß Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführer mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten entsprechend den dahin gehenden Anträgen der Kommission und der Comunidad Autónoma de La Rioja deren Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Rechtssachen C186/02 P und C188/02 P werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
2. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
3. Die Rechtsmittelführer tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der Comunidad Autónoma de La Rioja.
Ende der Entscheidung
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