Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.07.1992
Aktenzeichen: C-187/91
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 3719/88/EWG vom 16.11.1988, Verordnung Nr. 1697/79/EWG vom 24.07.1979


Vorschriften:

Verordnung Nr. 3719/88/EWG vom 16.11.1988
Verordnung Nr. 1697/79/EWG vom 24.07.1979
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Artikel 24 und 25 der Verordnung Nr. 3719/88 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, nach denen die Stelle, die die Lizenz erteilt hat, diese berichtigen kann, verwehren es dem Inhaber von Einfuhrlizenzen, die unstreitig nicht hätten erteilt werden dürfen, nicht, gegebenenfalls nach nationalem Recht gegen die erteilende Stelle einen Schadensersatzprozeß anhängig zu machen, in dem insbesondere das berechtigte Vertrauen des Wirtschaftsteilnehmers auf diese Lizenzen berücksichtigt wird.

2. Eine Klage zur Nacherhebung von Einfuhrabschöpfungen, deren Nichtzahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei der Erteilung von Einfuhrlizenzen zurückzuführen ist, fällt unter Artikel 5 der Verordnung Nr. 1697/79 betreffend die Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben.

Für die Feststellung, ob gemäß Artikel 5 Absatz 2 ein "Irrtum der zuständigen Behörden" vorliegt, der "vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte", ist insbesondere auf die Art des Irrtums, die Erfahrung des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers und die von ihm aufgewandte Sorgfalt abzustellen. Es ist Sache des nationalen Gerichts anhand dieser Auslegung festzustellen, ob der Irrtum, auf den die Nichterhebung der Abgaben zurückzuführen ist, vom Abgabenschuldner erkannt werden konnte.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 16. JULI 1992. - BELGISCHER STAAT GEGEN SOCIETE COOPERATIVE BELOVO. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL DE PREMIERE INSTANCE DE NEUFCHATEAU - BELGIEN. - FOLGEN DER BERICHTIGUNG EINER FEHLERHAFTEN EINFUHRLIZENZ VON AMTS WEGEN. - RECHTSSACHE C-187/91.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal de première instance Neufchâteau hat mit Urteil vom 10. Juli 1991, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 24. Juli 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 24 und 25 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 der Kommission vom 16. November 1988 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 331, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Belgischen Staat und der Société coopérative Belovo (im folgenden: Beklagte) mit Sitz in Bastogne, in dem es um eine Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Abschöpfungen auf die Einfuhr von Eiern aus Drittländern geht.

3 Die Beklagte beantragte und erhielt von bei den belgischen Behörden für den Zeitraum vom 28. November 1988 bis zum 21. September 1989 neun Lizenzen mit einer Vorausfestsetzung der Einfuhrabschöpfungen für die Einfuhr von Eiern aus Drittländern. Am 3. Oktober 1989 forderten diese Behörden gemäß dem in der Verordnung Nr. 3719/88 geregelten Verfahren die Rückgabe von fünf dieser Bescheinigungen mit der Begründung, die Verordnung (EWG) Nr. 2771/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Eier (ABl. L 282, S. 49) lasse die Erteilung von Vorausfestsetzungsbescheinigungen für Abschöpfungen auf die Einfuhr von Eiern aus Drittländern nicht zu. Es ist unstreitig, daß die im entscheidungserheblichen Zeitraum geltende Gemeinschaftsregelung die Erteilung derartiger Lizenzen nicht gestattete. Die Beklagte gab die verlangten Lizenzen zurück.

4 Die Beklagte, die an vertragliche Verpflichtungen gebunden war, die sie im August und im September 1989, also vor der Aufforderung zur Rückgabe dieser Bescheinigungen, eingegangen war, und die für die Einfuhr erforderlichen Dokumente erhalten hatte, unterstellte die Eier ab Oktober 1989 dem Zollagerverfahren. Durch zwei nationale richterliche Entscheidungen wurde der Beklagten gestattet, diese Eier gegen Zahlung der Abschöpfungen einzuführen, die zu dem in den Vorausfestsetzungsbescheinigungen vorgesehenen Zeitpunkt gegolten hatten.

5 Nachdem der Belgische Staat festgestellt hatte, daß die Beklagte nur die in den Lizenzen festgesetzten Einfuhrabschöpfungen gezahlt hat, die niedriger als die im Zeitpunkt der tatsächlichen Einfuhren berechneten Abschöpfungen waren, verlangte er die Zahlung des Differenzbetrags. Er stützt sein Verlangen darauf, daß es die Artikel 24 und 25 der Verordnung Nr. 3719/88, die u. a. die Möglichkeit einer Berichtigung von Fehlern vorsehen, ausschlössen, daß sich die Lizenzinhaber auf wohlerworbene Rechte beriefen. Ferner habe die Beklagte als sachkundige Wirtschaftsteilnehmerin nicht irregeführt werden können, da die Bescheinigungen offensichtlich fehlerhaft gewesen seien.

6 Die Beklagte macht gegenüber diesem Verlangen vor dem Tribunal de première instance Neufchâteau insbesondere geltend, sie sei gutgläubig gewesen und die irrtümliche Erteilung der Lizenzen könne ihr nicht zugerechnet werden und habe sie veranlasst, umfangreiche Verpflichtungen einzugehen. Im übrigen schließe die Verordnung Nr. 3719/88 eine Haftung der Stelle, die diese Bescheinigungen erteilt habe, nicht aus.

7 Die Artikel 24 und 25 der Verordnung Nr. 3719/88 lauten:

"Artikel 24

(1) Die Angaben in den Lizenzen und Teillizenzen dürfen nach deren Erteilung nicht geändert werden.

(2) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in der Lizenz oder Teillizenz, so veranlasst der Beteiligte oder die zuständige Stelle des betreffenden Mitgliedstaats die Rücksendung der Lizenz oder Teillizenz an die Stelle, die die Lizenz erteilt hat.

Hält die Stelle, die die Lizenz erteilt hat, die Voraussetzungen für eine Berichtigung für gegeben, so zieht sie die Teillizenz beziehungsweise die Lizenz sowie früher erteilte Teillizenzen ein und stellt unverzueglich eine berichtigte Teillizenz beziehungsweise eine berichtigte Lizenz mit den entsprechenden Teillizenzen aus. Auf diesen neuen Dokumenten, die auf jedem Exemplar den Vermerk 'am... berichtigte Lizenz' beziehungsweise 'am... berichtigte Teillizenz' tragen, werden die früheren Abschreibungen gegebenenfalls wiederholt.

Hält die erteilende Stelle eine Berichtigung der Lizenz oder Teillizenz nicht für erforderlich, so vermerkt sie 'nachgeprüft am... gemäß Artikel 24 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88' und stempelt die Lizenz ab.

Artikel 25

(1) Der Inhaber ist verpflichtet, die Lizenz und die Teillizenz auf Verlangen der Stelle zu übermitteln, die die Lizenz erteilt hat.

(2) Wenn die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieses Artikels oder des Artikels 24 ein beanstandetes Dokument zurücksenden oder einziehen, so erteilen sie dem Beteiligten auf Verlangen eine Empfangsbescheinigung."

8 Das Tribunal de première instance Neufchâteau hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Bedeutet die Regelung des Artikels 24 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 der Kommission vom 16. November 1988, wonach die Stelle, die die (Einfuhr-)Lizenz erteilt hat, die Teillizenz bzw. die Lizenz sowie früher erteilte Teillizenzen einzieht und unverzueglich eine berichtigte Teillizenz bzw. eine berichtigte Lizenz mit den entsprechenden Teillizenzen ausstellt, wenn sie die Voraussetzungen für eine Berichtigung für gegeben hält, und des Artikels 25 dieser Verordnung, wonach der Inhaber verpflichtet ist, die Lizenz und die Teillizenz auf Verlangen der Stelle zu übermitteln, die die Lizenz erteilt hat, daß

1) der Wirtschaftsteilnehmer, der fehlerhafte Lizenzen benutzt hat, die vorgesehenen Beträge zahlen muß, die durch Erhöhungen der Abschöpfungen vorgesehen sind, die nach Erteilung einer fälschlich gewährten Vorausfestsetzungsbescheinigung erfolgt sind;

2) in einem Fall, in dem ein Importeur von Eiern, einem unter eine spezielle Verordnung fallenden Erzeugnis, fälschlich in den Genuß der Vorausfestsetzung gelangte, in dem die Einfuhrverträge vor der Einziehung der Lizenzen geschlossen wurden und in dem die Einfuhr nach Einziehung der Lizenzen aufgrund einer Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung, durch die die Einfuhr von im Lager befindlichen Waren wegen ihrer Verderblichkeit genehmigt worden war, durchgeführt wurde, der Betreffende zur nachträglichen Zahlung der Beträge verpflichtet ist, die bei fehlerfreier Erteilung der Lizenzen geschuldet gewesen wären;

3) der Wirtschaftsteilnehmer in den Genuß der Vorausfestsetzung für die laufenden Verträge und für die erfolgten Bestellungen kommt oder daß er im Gegenteil die nach der Vorausfestsetzung der Abschöpfungen erfolgten Erhöhungen schuldet;

4) der Wirtschaftsteilnehmer sich Änderungen der mit der fehlerhaften Lizenz verbundenen Abgaben widersetzen kann oder die erteilende Stelle haftbar machen kann;

5) im Fall eines von der Verwaltung bei der Ausstellung einer Einfuhrlizenz begangenen Fehlers der erteilenden Stelle nicht der Vorwurf gemacht werden kann, einen Wirtschaftsteilnehmer irregeführt zu haben?"

9 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

10 Wie sich aus dem Vorlageurteil ergibt, möchte das nationale Gericht im Kern wissen, ob es die Artikel 24 und 25 der Verordnung Nr. 3719/88 der Beklagten unter den Umständen des vorliegenden Falles verwehren, sich unter Berufung auf ein berechtigtes Vertrauen auf Lizenzen, die unstreitig nicht hätten erteilt werden dürfen, der Zahlung der zusätzlichen Einfuhrabschöpfung zu widersetzen und gegebenenfalls von der Stelle, die die rechtswidrigen Lizenzen erteilt hat, Schadensersatz zu verlangen.

11 Die in der Vorlagefrage ausdrücklich angesprochenen Artikel 24 und 25 der Verordnung Nr. 3719/88 betreffen insbesondere das Verfahren, das bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben in den Lizenzen einzuhalten ist, und schließen nicht aus, daß der Inhaber dieser Lizenzen gegebenenfalls nach nationalem Recht gegen die Stelle, die die Lizenzen erteilt hat, Schadensersatzklage erhebt. Dagegen regeln diese Rechtsvorschriften etwaige finanzielle Auswirkungen der Einziehung von Lizenzen, die nicht hätten erteilt werden dürfen, nicht.

12 Wenn der Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag entscheidet, hat er im übrigen nicht den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu würdigen; wenn ihm eine Frage vorliegt, muß er dem vorlegenden Gericht jedoch die Hinweise zur Auslegung geben, die dieses zur Entscheidung des Rechtsstreits benötigt (Urteil vom 22. Mai 1990 in der Rechtssache C-332/88, Alimenta, Slg. 1990, I-2077). In diesem Rahmen kann der Gerichtshof auch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften berücksichtigen, die das vorlegende Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat. Dagegen ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu entscheiden, ob diese Vorschriften, wie sie vom Gerichtshof gemäß Artikel 177 ausgelegt worden sind, in dem von ihm zu beurteilenden Fall Anwendung finden (siehe u. a. das Urteil vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-315/88, Bagli Pennacchiotti, Slg. 1990, I-1323, Randnr. 10).

13 Wie der Generalanwalt zu Recht ausgeführt hat, handelt es sich bei der Regelung, die eine sachdienliche Beantwortung der Vorlagefrage ermöglicht, um die Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet (ABl. L 197, S. 1). Das Ausgangsverfahren betrifft nämlich im Kern die Höhe eines Teils der von der Beklagten angeforderten Einfuhrabschöpfungen für Eier, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abschöpfungen beinhaltet.

14 Mit der Verordnung Nr. 1697/79 soll vor allem die Möglichkeit für eine Nacherhebung von Eingangs- und Ausfuhrabgaben durch die nationalen Verwaltungsbehörden aus Gründen der Rechtssicherheit beschränkt werden (siehe u. a. das Urteil vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 210/87, Padovani, Slg. 1988, 6177, Randnr. 6).

15 In Artikel 5 dieser Verordnung heisst es:

"(1) Eine Nacherhebung durch die zuständigen Behörden ist ausgeschlossen, wenn bei der Festsetzung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben, die sich nachträglich als niedriger erweisen als die nach den gesetzlichen Vorschriften geschuldeten Abgaben,

° entweder von Auskünften ausgegangen worden ist, die von den zuständigen Behörden selber erteilt worden sind und diese Behörden binden,

° oder allgemeine Vorschriften zugrunde gelegt worden sind, die später durch eine gerichtliche Entscheidung ausser Kraft gesetzt worden sind.

(2) Die zuständigen Behörden können von einer Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat.

..."

16 Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 ist nach seinem Wortlaut insbesondere, daß der Irrtum der zuständigen Behörden für den Wirtschaftsteilnehmer nicht erkennbar war. Die in Punkt 5 der Vorlagefrage geschilderten Umstände betreffen diese Voraussetzung.

17 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist es Sache des nationalen Gerichts unter Berücksichtigung der Art des Irrtums, der Erfahrung des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers und der von ihm aufgewandten Sorgfalt festzustellen, ob diese Voraussetzung erfuellt ist (siehe u. a. das Urteil vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-371/90, Beirafrio, Slg. 1992, I-2715, Randnr. 21).

18 Hinsichtlich der Art des Irrtums ist zu untersuchen, ob die betreffende Regelung verwickelt oder im Gegenteil so einfach ist, daß eine Prüfung der Umstände einen Irrtum leicht erkennbar macht. In einem Fall der vorliegenden Art, in dem dem Wirtschaftsteilnehmer während eines längeren Zeitraums mehrmals ° insgesamt neun Lizenzen erteilt wurden, mit denen eine, wie sich nachträglich herausstellte, irrtümliche Auffassung jeweils als richtig bestätigt wurde, die den streitigen Zahlungen zugrunde gelegt wurde, ist der wiederholte Irrtum der zuständigen Behörden erstens ein Anhaltspunkt dafür, daß das zu lösende Problem verwickelt war (siehe u. a. das Urteil vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-64/89, Deutsche Fernsprecher, Slg. 1990, I-2535, Randnr. 20), und zweitens dafür, daß der Wirtschaftsteilnehmer nicht gegen seine Sorgfaltspflicht verstossen hat. Der Umstand, daß Einfuhren auch noch nach der Einziehung der Lizenzen, aber aufgrund von zuvor gutgläubig eingegangenen vertraglichen Verbindlichkeiten durchgeführt wurden, hat auf die Konsequenzen, die sich aus der Beurteilung der Art des Irrtums ergeben, keinen Einfluß.

19 Hinsichtlich der Erfahrung des Wirtschaftsteilnehmers hat das nationale Gericht zu untersuchen, ob er gewerbsmässig im wesentlichen im Einfuhr- und Ausfuhrgeschäft tätig ist und ob er bereits über eine gewisse Erfahrung im Handel mit den betreffenden Waren verfügt, insbesondere ob er in der Vergangenheit Geschäfte dieser Art durchgeführt hat, für die die Abschöpfungen richtig berechnet wurden (siehe u. a. Urteil vom 26. Juni 1990, Deutsche Fernsprecher, a. a. O., Randnr. 21).

20 Nach alledem ist auf die Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß die Artikel 24 und 25 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse es dem Inhaber von Einfuhrlizenzen, die unstreitig nicht hätten erteilt werden dürfen, nicht verwehren, gegebenenfalls nach nationalem Recht gegen die erteilende Stelle einen Schadensersatzprozeß anhängig zu machen, in dem insbesondere das berechtigte Vertrauen des Wirtschaftsteilnehmers auf diese Lizenzen berücksichtigt wird. Eine Klage zur Nacherhebung eines Teils der Einfuhrabschöpfungen, wie sie dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, fällt unter Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet. Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob alle Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 5 Absatz 2 vorliegen.

Kostenentscheidung:

Kosten

21 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Tribunal de première instance Neufchâteau mit Urteil vom 10. Juli 1991 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Die Artikel 24 und 25 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 der Kommission vom 16. November 1988 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse verwehren es dem Inhaber von Einfuhrlizenzen, die unstreitig nicht hätten erteilt werden dürfen, nicht, gegebenenfalls nach nationalem Recht gegen die erteilende Stelle einen Schadensersatzprozeß anhängig zu machen, in dem insbesondere das berechtigte Vertrauen des Wirtschaftsteilnehmers auf diese Lizenzen berücksichtigt wird. Eine Klage zur Nacherhebung eines Teils der Einfuhrabschöpfungen, wie sie dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, fällt unter Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet. Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob alle Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 5 Absatz 2 vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück