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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.06.2000
Aktenzeichen: C-190/99
Rechtsgebiete: Richtlinie 96/43 EG
Vorschriften:
Richtlinie 96/43 EG |
Im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 226 EG ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden.
(vgl. Randnr. 11)
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 8. Juni 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 96/43/EG - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist. - Rechtssache C-190/99.
Parteien:
In der Rechtssache C-190/99
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater P. Oliver, als Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Klägerin,
gegen
Irland, vertreten durch M. A. Buckley, Chief State Solicitor, als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Irische Botschaft, 28, route d'Arlon, Luxemburg,
Beklagter,
wegen Feststellung, daß Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 zur Änderung und Kodifizierung der Richtlinie 85/73/EWG zur Sicherstellung der Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen von lebenden Tieren und bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zur Änderung der Richtlinien 90/675/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 162, S. 1, und Berichtigung, ABl. 1997, L 8, S. 32) verstoßen hat, daß es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen, und/oder diese Vorschriften der Kommission nicht mitgeteilt hat,
erläßt
DER GERICHTSHOF
(Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Sevón sowie der Richter P. Jann (Berichterstatter) und M. Wathelet,
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. März 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 21. Mai 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, daß Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 zur Änderung und Kodifizierung der Richtlinie 85/73/EWG zur Sicherstellung der Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen von lebenden Tieren und bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zur Änderung der Richtlinien 90/675/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 162, S. 1, und Berichtigung, ABl. 1997, L 8, S. 32) verstoßen hat, daß es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen, und/oder der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat.
2 Gemäß Artikel 1 der Richtlinie 96/43 erhalten der Titel, die Artikel und die Anhänge der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Gefluegelfleisch (ABl. L 32, S. 14) die Fassung des Anhangs der Richtlinie 96/43. Der neue Titel der Richtlinie 85/73 lautet nun "Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG, 90/675/EWG und 91/496/EWG".
3 Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 96/43 bestimmt für die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 85/73 in der durch die Richtlinie 96/43 geänderten und kodifizierten Fassung:
"Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um
i) Artikel 7 und Kapitel I Nummer 1 Buchstabe e) des Anhangs A bis zum 1. Juli 1996 nachzukommen;
ii) Kapitel II und Kapitel III Abschnitt II des Anhangs A sowie Kapitel II des Anhangs C bis zum 1. Januar 1997 nachzukommen;
iii) den übrigen Änderungen bis zum 1. Juli 1997 nachzukommen."
4 Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 96/43 sieht jedoch vor:
"Die Mitgliedstaaten verfügen über eine zusätzliche Frist bis zum 1. Juli 1999, um Kapitel III Abschnitt I des Anhangs A nachzukommen."
5 Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 96/43 bestimmt:
"Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen."
6 Da die Kommission keine Mitteilung über Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 96/43 in der irischen Rechtsordnung erhalten hatte und ihr keine weitere Information vorlag, aus der sie hätte schließen können, daß Irland seine Verpflichtung erfuellt hätte, forderte sie diesen Mitgliedstaat mit Schreiben vom 5. November 1997 gemäß dem Verfahren nach Artikel 226 EG auf, sich binnen zwei Monaten zu äußern.
7 Die irischen Behörden antworteten auf dieses Fristsetzungsschreiben nicht.
8 Die Kommission gelangte daher zu der Auffassung, daß Irland die Richtlinie 96/43 noch nicht umgesetzt habe, und richtete am 10. August 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Irland, mit der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Stellungnahme die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Verpflichtungen aus dieser Richtlinie nachzukommen.
9 Nachdem der Kommission keine weiteren Informationen über die Umsetzung der Richtlinie 96/43 im innerstaatlichen irischen Recht zugegangen waren, beschloß sie, die vorliegende Klage zu erheben. In Nummer 8 ihrer Klageschrift trägt sie vor, Gegenstand der Klage seien die in den drei Unterabschnitten des Artikels 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 96/43 genannten Bestimmungen.
10 In ihrer Klagebeantwortung bestreitet die irische Regierung die fehlende Umsetzung der Richtlinie 96/43 nicht, sie macht aber geltend, die zu dieser Umsetzung erforderlichen Maßnahmen sollten in Kürze erlassen werden, und beantragt daher, das Verfahren für einen Zeitraum von drei Monaten, innerhalb dessen der Erlaß dieser Maßnahmen erfolgen müsse, auszusetzen.
11 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß im Rahmen einer Klage nach Artikel 226 EG das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde; später eingetretene Veränderungen können vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden (vgl. u. a. Urteil vom 23. März 2000 in der Rechtssache C-327/98, Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-1851, Randnr. 28).
12 Aus den Erklärungen der irischen Regierung geht hervor, daß die Umsetzung der in Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 96/43 genannten Vorschriften nicht innerhalb der in diesem Artikel festgesetzten Fristen erfolgt ist. Somit ist die Klage der Kommission in diesem Punkt begründet.
13 Daher ist festzustellen, daß Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 96/43 verstoßen hat, daß es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um den in dieser Vorschrift genannten Bestimmungen nachzukommen.
Kostenentscheidung:
Kosten
14 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung Irlands beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Irland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 zur Änderung und Kodifizierung der Richtlinie 85/73/EWG zur Sicherstellung der Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen von lebenden Tieren und bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zur Änderung der Richtlinien 90/675/EWG und 91/496/EWG verstoßen, daß es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um den in dieser Vorschrift genannten Bestimmungen nachzukommen.
2. Irland trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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