Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 24.03.1994
Aktenzeichen: C-2/92
Rechtsgebiete: Verordnung 856/84/EWG, Verordnung 804/68/EWG


Vorschriften:

Verordnung 856/84/EWG
Verordnung 804/68/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Auch die Mitgliedstaaten haben die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu beachten, so daß sie diese soweit irgend möglich in Übereinstimmung mit diesen Erfordernissen anwenden müssen.

Der Gerichtshof hat im Vorabentscheidungsverfahren dem vorlegenden Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit einer in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallenden Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung er sichert.

2. Die Gemeinschaftsregelung über das System der zusätzlichen Abgabe für Milch, das durch die Verordnungen Nrn. 856/84, 857/84 und 1371/84 eingeführt worden ist, verpflichtet einen Mitgliedstaat nicht, wegen der einem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses übertragenen Referenzmenge eine Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung einzuführen, und verleiht dem Pächter insoweit auch nicht unmittelbar einen Anspruch auf eine solche Vergütung.

Die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts sehen eine solche Verpflichtung oder einen solchen Anspruch ebenfalls nicht vor.

Zum einen umfasst nämlich das in der Rechtsordnung der Gemeinschaft gewährleistete Eigentum nicht das Recht zur kommerziellen Verwertung eines Vorteils, der wie die Referenzmengen, die im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation zugeteilt werden, weder aus dem Eigentum noch aus der Berufstätigkeit des Betroffenen herrührt.

Zum anderen lässt sich die Geltendmachung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht mit Erfolg darauf stützen, daß andere Pächter später nach einer Änderung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Vergütung erhalten konnten. Dieser Grundsatz, der in Artikel 40 Absatz 3 EWG-Vertrag seinen spezifischen Ausdruck findet, kann nämlich die Beziehungen der Parteien eines Pachtvertrags nicht nachträglich zum Nachteil des Verpächters in der Weise verändern, daß diesem entweder im Rahmen vom betreffenden Mitgliedstaat zu erlassender nationaler Rechtsvorschriften oder aufgrund seiner unmittelbaren Wirkung eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung an den ausscheidenden Pächter auferlegt wird.

Da sich die Rechtsbeziehungen zwischen Pächter und Verpächter, insbesondere bei Ablauf des Pachtverhältnisses, beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts weiterhin nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats richten, unterliegen schließlich die möglichen Folgen einer eventuellen ungerechtfertigten Bereicherung des Verpächters bei Ablauf des Pachtverhältnisses nicht dem Gemeinschaftsrecht.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 24. MAERZ 1994. - THE QUEEN GEGEN MINISTRY OF AGRICULTURE, FISHERIES AND FOOD, EX PARTE DENNIS CLIFFORD BOSTOCK. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HIGH COURT OF JUSTICE, QUEEN'S BENCH DIVISION - VEREINIGTES KOENIGREICH. - ZUSAETZLICHE ABGABE FUER MILCH - ABLAUF DES LANDPACHTVERHAELTNISSES - UEBERTRAGUNG DER REFERENZMENGE AUF DEN VERPAECHTER - KEINE PFLICHT ZUR ZAHLUNG EINER VERGUETUNG AN DEN AUSSCHEIDENDEN PAECHTER. - RECHTSSACHE C-2/92.

Entscheidungsgründe:

1 Der High Court of Justice, Queen' s Bench Division, hat mit Beschluß vom 14. Oktober 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Januar 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften über das System der zusätzlichen Abgabe für Milch, das durch die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 10), die Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) und der Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) eingeführt worden ist, sowie nach der Auslegung der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes D. Bostock und dem Ministry of Agriculture, Fisheries and Food wegen eines Ausgleichs der Einbusse, die der Pächter dadurch erlitten hat, daß eine ursprünglich ihm selbst aufgrund der Regelung über die zusätzliche Abgabe für Milch zugeteilte Referenzmenge bei Ablauf des Pachtverhältnisses auf den Verpächter des Betriebes übertragen worden ist.

3 Herr Bostock hatte den Betrieb seit 1962 gepachtet. Der Betrieb hatte einen Bestand von 40 Kühen und war entsprechend ausgestattet. Im Laufe der Jahre verbesserte der Pächter den Betrieb wesentlich. Insbesondere erhöhte er 1967 die Kapazität der Milchproduktion.

4 Nach der Einführung des Systems der zusätzlichen Abgabe für Milch durch die Verordnung Nr. 856/84 vom 31. März 1984 und der Vorschriften zu seiner Durchführung erhielt Herr Bostock eine Referenzmenge nach diesem neuen System. Am 25. März 1985 gewährte er den Pachtbetrieb dem Verpächter zurück. Infolgedessen wurde die Referenzmenge nach Artikel 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 1371/84 vom 16. Mai 1984 auf den Verpächter übertragen.

5 Der Pächter erhielt für diese Übertragung keine Vergütung. Zum Zeitpunkt der Kündigung sah die durch die britischen Rechtsvorschriften, nämlich durch das Milk Supplementary Levy (Outgörs) Scheme 1984 und den Milk (Cessation of Production) Act 1985, nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 857/84 eingeführte "Aufgaberegelung" des Milchquotensystems keine derartige Vergütung vor. Dagegen sehen jetzt Section 13 und Anhang I des Agriculture Act 1986, die am 25. September 1986 in Kraft getreten sind, eine vom Verpächter an den Pächter zu zahlende Vergütung vor.

6 Im Mai 1990 erhob Herr Bostock Klage gegen das Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, mit der er im wesentlichen beantragte, festzustellen, daß die Regierung zum Erlaß einer Vergütungsregelung für Pächter verpflichtet ist, deren Pachtverhältnis zwischen April 1984 und September 1986 abgelaufen ist. Er führt folgende Klagegründe an: Dadurch, daß das Vereinigte Königreich keine Vergütungsregelung für ausscheidende Pächter für die Zeit von April 1984 bis September 1986 erlassen habe, habe es gegen die oben genannten Gemeinschaftsverordnungen und/oder die grundlegenden Prinzipien der Achtung des Eigentums, der ungerechtfertigten Bereicherungen und des Diskriminierungsverbots verstossen; solange es an einer solchen Regelung fehle, könne ein ausscheidender Pächter einen Vergütungsanspruch gegen den Verpächter unmittelbar auf Gemeinschaftsrecht stützen.

7 Nach Ansicht des Ministry of Agriculture, Fisheries and Food sind diese Gründe nicht stichhaltig.

8 Der High Court of Justice, Queen' s Bench Division, ist der Auffassung, daß die zu erlassende Entscheidung von der Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften über die zusätzliche Abgabe von Milch und der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts abhängt; er hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Sind die Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates, die Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates und die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission und/oder die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts dahin auszulegen, daß sie einen Mitgliedstaat verpflichten, für die Zeit von April 1984 (als die Referenzmengenregelung in Kraft trat) bis September 1986 (als im Vereinigten Königreich die Vergütungsvorschriften des Agriculture Act 1986 in Kraft traten) Maßnahmen zu erlassen, wie sie das Vereinigte Königreich im Rahmen des Agriculture Act 1986 für die Zeit ab September 1986 erlassen hat und die einem Pächter einen Vergütungsanspruch gegen den Verpächter verleihen, wenn

(i) dem Pächter eine Referenzmenge für den Betrieb nach den genannten Verordnungen zugeteilt worden war,

(ii) der Pächter dem Verpächter in der fraglichen Zeit die Pachtsache zurückgewährt hat,

(iii) bei der Rückgewähr der Pachtsache die Referenzmenge mit dem Betrieb auf den Verpächter übergegangen ist;

(iv) der Sachverhalt nicht unter Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 590/85 des Rates geänderten Fassung fällt und der betroffene Mitgliedstaat jedenfalls nicht die ihm durch diese Bestimmung eingeräumte Befugnis ausgeuebt hat, die Referenzmenge ganz oder zum Teil dem ausscheidenden Pächter gutzuschreiben;

(v) der betroffene Mitgliedstaat eine "Aufgaberegelung" nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 857/84 erlassen hat, der Pächter jedoch der Erlaubnis des Verpächters bedurfte, um an der Regelung teilnehmen zu können, in dem Zeitpunkt, als der Pächter die Pachtsache zurückgewährte, Anträge auf Teilnahme an der Regelung nicht angenommen wurden und die Regelung in bezug auf die als Aufgabevergütung verfügbaren Mittel beschränkt war?

b) Sind, solange nationale Maßnahmen der in Frage a aufgeführten Art nicht erlassen worden sind, die Verordnung Nr. 804/68, die Verordnung Nr. 857/84, die Verordnung Nr. 1371/84 und/oder die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts dahin auszulegen, daß sie einem Pächter unter den angegebenen Umständen einen unmittelbar durchsetzbaren Vergütungsanspruch gegen seinen Verpächter verleihen?

9 Mit diesen beiden Fragen, die zweckmässigerweise zusammen zu untersuchen sind, möchte der High Court of Justice, Queen' s Bench Division, im wesentlichen Aufschluß darüber erhalten, ob die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über das System der zusätzlichen Abgabe für Milch und/oder die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts einen Mitgliedstaat für den Fall, daß die einem Pächter während der Dauer seines Pachtvertrags zugeteilte Referenzmenge bei Ablauf des Pachtverhältnisses auf den Verpächter übertragen wird, verpflichten, eine Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung einzuführen, oder ob sie dem Pächter unmittelbar einen Anspruch auf eine solche Vergütung verleihen.

Zu den Gemeinschaftsvorschriften über die zusätzliche Abgabe für Milch

10 Die vom vorlegenden Gericht genannten Verordnungen enthalten keine Bestimmung, die die Mitgliedstaaten verpflichtet, wegen der einem Verpächter bei Vertragsablauf übertragenen Referenzmenge eine Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung einzuführen, oder die dem Pächter insoweit unmittelbar einen Anspruch auf eine solche Vergütung verleiht.

Zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts

11 Herr Bostock macht als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts namentlich das Eigentum und das Diskriminierungsverbot geltend. Nach seiner Meinung verstösst es gegen diese Grundsätze, wenn ein Pächter in einer Situation wie der des Ausgangsrechtsstreits von jedem Ausgleich der durch die Übertragung der Referenzmenge erlittenen Einbusse ausgeschlossen ist. Ausserdem bildeten die Beziehungen zwischen Privatpersonen im Bereich der Milchquoten einen "natürlichen Kontext" für den Grundsatz der Achtung des Eigentums, der die Verhinderung ungerechtfertigter Bereicherungen in sich schließe.

12 Da der Kläger des Ausgangsverfahrens aus der angeblichen Verletzung der angeführten allgemeinen Grundsätze die Verpflichtung des Mitgliedstaats zum Erlaß nationaler Vorschriften über eine Vergütung des Pächters ableitet, hält das vorlegende Gericht eine Erläuterung der Bedeutung und der Tragweite des Urteils des Gerichtshofes vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 5/88 (Wachauf, Slg. 1989, 2609) für erforderlich, das es als maßgebend für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits ansieht.

13 In dem genannten Urteil war der Gerichtshof um die Auslegung der Verordnung Nr. 1371/84 der Kommission ersucht worden. Das vorlegende Gericht hatte insbesondere die Frage aufgeworfen, ob diese Verordnung so ausgelegt werden kann, daß sie mit den verfassungsrechtlichen Garantien vereinbar ist, nach denen der Pächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses nicht entschädigungslos um die Früchte seiner Arbeit gebracht werden darf.

14 Der Gerichtshof hat dazu festgestellt, daß die fragliche gemeinschaftsrechtliche Regelung den nationalen Behörden einen Ermessensspielraum lässt, der weit genug ist, um ihnen die Anwendung dieser Regelung in der Weise zu ermöglichen, daß der Pächter nach Ablauf des Pachtverhältnisses nicht entschädigungslos um die Früchte seiner Arbeit der von ihm in dem Pachtbetrieb vorgenommenen Investitionen gebracht wird (Randnr. 22), d. h. ohne Verstoß gegen die Erfordernisse des Grundrechtschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung (Randnr. 23).

15 Das Urteil Wachauf betrifft also nicht die vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Frage des Vergütungsanspruchs, den der Pächter bei Rückgewähr des Pachtbetriebs an den Verpächter gegebenenfalls aus dem Gemeinschaftsrecht herleiten kann.

16 Der Gerichtshof hatte jedoch zuvor (Randnr. 19) festgestellt, daß auch die Mitgliedstaaten die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu beachten haben und diese deshalb, soweit irgend möglich, in Übereinstimmung mit diesen Erfordernissen anwenden müssen. Er hat dazu in seinem Urteil vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-260/89 (ERT, Slg. 1991, I-2925, Randnr. 42) ausgeführt, daß er, wenn eine einzelstaatliche Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt, im Vorabentscheidungsverfahren dem vorlegenden Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben hat, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung er sichert.

17 Somit sind die von Herrn Bostock angeführten Grundrechte zu prüfen, damit das vorlegende Gericht beurteilen kann, ob die betreffende Regelung mit ihnen vereinbar ist.

Zum Eigentum

18 Herr Bostock macht geltend, daß das Eigentum als Grundrecht den Mitgliedstaat zur Einführung einer Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung verpflichte, oder dem Pächter sogar unmittelbar einen Vergütungsanspruch gegen den Verpächter verleihe.

19 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Das in der Rechtsordnung der Gemeinschaft gewährleistete Eigentum umfasst nicht das Recht zur kommerziellen Verwertung eines Vorteils, der wie die Referenzmengen, die im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation zugeteilt werden, weder aus dem Eigentum noch aus der Berufstätigkeit des Betroffenen herrührt (Urteil vom 22. Oktober 1991 in der Rechtssache C-44/89, Von Deetzen II, Slg. 1991, I-5119, Randnr. 27).

20 Somit verpflichtet der in der Gemeinschaftsrechtordnung verankerte Schutz des Eigentums einen Mitgliedstaat nicht, eine Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung einzuführen, und verleiht dem Pächter auch nicht unmittelbar einen Anspruch auf eine solche Vergütung.

Zum Diskriminierungsverbot

21 Das Vorbringen des Klägers des Ausgangsverfahrens, daß er gegenüber den Pächtern, deren Pachtverhältnis nach dem 25. September 1986 abgelaufen sei, diskriminiert werde, ist ebenfalls zurückzuweisen.

22 Herr Bostock begehrt unter Berufung auf den Grundsatz der Gleichbehandlung eine Vergütung unter denselben Bedingungen, wie sie der Agriculture Act 1986 für Pächter vorsieht, deren Pachtverhältnis nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgelaufen ist.

23 Nach Artikel 40 Absatz 3 Unterabsatz 2 EWG-Vertrag hat die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte "jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Gemeinschaft auszuschließen". Dieses Diskriminierungsverbot ist nur der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, der zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört (siehe u. a. Urteil vom 25. November 1986 in den verbundenen Rechtssachen 201/85 und 202/85, Klensch, Slg. 1986, 3477, Randnr. 9).

24 Der Grundsatz der Gleichbehandlung kann jedoch die Beziehungen der Parteien eines Pachtvertrags nicht nachträglich zum Nachteil des Verpächters in der Weise verändern, daß diesem entweder im Rahmen vom betreffenden Mitgliedstaat zu erlassender nationaler Rechtsvorschriften oder aufgrund seiner unmittelbaren Wirkung eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung an den ausscheidenden Pächter auferlegt wird.

Zur ungerechtfertigten Bereicherung

25 Herr Bostock macht geltend, daß die Früchte seiner Arbeit und seiner Investitionen zum Erwerb oder zur Erhöhung der Referenzmenge beigetragen hätten, die dem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses zufalle. Aufgrund dessen müsse der Verpächter, da er ungerechtfertigt bereichert sei, ihm einen Ausgleich zahlen.

26 Hierzu genügt die Feststellung, daß sich die Rechtsbeziehungen zwischen Pächter und Verpächter, insbesondere bei Ablauf des Pachtverhältnisses, beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts weiterhin nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats richten. Daher unterliegen die möglichen Folgen einer eventuellen ungerechtfertigten Bereicherung des Verpächters bei Ablauf des Pachtverhältnisses nicht dem Gemeinschaftsrecht.

27 Nach alledem verpflichten die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über das System der zusätzlichen Abgabe für Milch, das durch die Verordnung Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984, die Verordnung Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 und die Verordnung Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 eingeführt worden ist, sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts einen Mitgliedstaat nicht, wegen der einem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses übertragenen Referenzmenge eine Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung einzuführen, und verleihen dem Pächter insoweit auch nicht unmittelbar einen Anspruch auf eine solche Vergütung.

Kostenentscheidung:

Kosten

28 Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom High Court of Justice, Queen' s Bench Division, mit Beschluß vom 14. Oktober 1991 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über das System der zusätzlichen Abgabe für Milch, das durch die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, die Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse und die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 eingeführt worden ist, sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts verpflichten einen Mitgliedstaat nicht, wegen der einem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses übertragenen Referenzmenge eine Regelung über eine vom Verpächter an den ausscheidenden Pächter zu zahlende Vergütung einzuführen, und verleihen dem Pächter insoweit auch nicht unmittelbar einen Anspruch auf eine solche Vergütung.

Ende der Entscheidung

Zurück