Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 02.06.1994
Aktenzeichen: C-2/93
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 729/70, Verordnung Nr. 2351/90


Vorschriften:

Verordnung Nr. 729/70 Art. 8
Verordnung Nr. 2351/90
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 729/70, der die Pflichten der Mitgliedstaaten aus Artikel 5 EWG-Vertrag hinsichtlich der Haushaltsführung auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik konkretisiert, erlegt den Mitgliedstaaten, auch wenn die von ihnen angewendete Gemeinschaftsregelung dies nicht ausdrücklich vorsieht, die Verpflichtung auf, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, daß die durch den EAGFL finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.

Beim Erlaß dieser Maßnahmen müssen sie einerseits mit der gleichen Sorgfalt vorgehen, die sie auch bei der Durchführung entsprechender nationaler Rechtsvorschriften anwenden, um so jede Beeinträchtigung der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu vermeiden, und andererseits den Verhältnismässigkeitsgrundsatz beachten.

Ein Mitgliedstaat war daher aufgrund des genannten Artikels ermächtigt, im Rahmen der Gemeinschaftsmaßnahmen zur Stützung des von einer Schweinepestepidemie betroffenen Schweinefleischmarktes auf nationaler Ebene eine Kautionsregelung für die Bezahlung von Fleisch zu schaffen, das durch die Interventionsstelle auf Kosten der Gemeinschaft von den Wirtschaftsteilnehmern angekauft wird.

2. Es ist rechtens, daß Gemeinschaftsregelungen zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik den vollständigen Verfall einer Kaution, die ein Wirtschaftsteilnehmer zur Sicherung der ordnungsgemässen Abwicklung einer aus Gemeinschaftsmitteln finanzierten Maßnahme stellt, in der Regel für den Fall vorsehen, daß dieser Wirtschaftsteilnehmer eine Verpflichtung nicht erfuellt, die als wichtige Verpflichtung und als Hauptpflicht anzusehen ist, d. h. eine für die Erreichung des mit der fraglichen Maßnahme verfolgten Ziels wesentliche Verpflichtung; folglich darf eine derartige Sanktion auch durch nationale Maßnahmen zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik vorgesehen werden.

Daher läuft es dem Gemeinschaftsrecht nicht zuwider, daß nationale Maßnahmen zur Durchführung der Verordnung Nr. 2351/90, mit der Maßnahmen zur Stützung des von einer Schweinepestepidemie betroffenen Schweinefleischmarktes festgelegt wurden, vorsehen, daß eine Kaution, die ein von Ankäufen durch die nationale Interventionsstelle begünstigter Wirtschaftsteilnehmer gestellt hat, im Fall der Nichterfuellung einer der Hauptpflichten dieses Wirtschaftsteilnehmers vollständig verfällt, so insbesondere bei der Lieferung von Fleisch, das nicht aus der von der Tierseuche betroffenen Wirtschaftszone stammt oder nicht unter die in den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung aufgeführten Warenarten fällt.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 2. JUNI 1994. - EXPORTSLACHTERIJEN VAN OORDEGEM BVBA GEGEN BELGISCHE DIENST VOOR BEDRIJFSLEVEN EN LANDBOUW UND GENERALE BANK NV. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: RECHTBANK VAN EERSTE AANLEG BRUSSEL - BELGIEN. - SCHWEINEPEST - MASSNAHMEN ZUR MARKTSTUETZUNG - KAUTION - VERORDNUNG (EWG) NR. 2351/90 DER KOMMISSION. - RECHTSSACHE C-2/93.

Entscheidungsgründe:

1 Der Präsident der Rechtbank van eerste aanleg Brüssel hat mit Beschluß vom 16. Dezember 1992, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 4. Januar 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 94, S. 13) und der Verordnung (EWG) Nr. 2351/90 der Kommission vom 9. August 1990 mit Sondermaßnahmen zur Stützung des Schweinemarktes in Belgien und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 906/90 (ABl. L 215, S. 9) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem belgischen Unternehmen Firma Exportslachterijen van Oordegem einerseits und dem Belgische Dienst voor Bedrijfsleven en Landbouw (belgisches Amt für gewerbliche Wirtschaft und Landwirtschaft; im folgenden: BDBL), der belgischen Interventionsstelle für die Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik, und der Generale Bank andererseits, in dem es um die Rechtmässigkeit einer im belgischen Recht vorgesehenen Verpflichtung zur Stellung einer Kaution geht.

3 Aus den Akten ergibt sich, daß zu Beginn des Jahres 1990 in bestimmten Regionen Belgiens, in denen die Schweinezucht mit einem hohen Besatz von Tieren betrieben wird, die klassische Schweinepest auftrat. Dagegen wurden sowohl vom belgischen Staat als auch von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Maßnahmen getroffen.

4 Der belgische Staat richtete im Rahmen der Maßnahmen, die er zur Verhinderung einer Ausbreitung der Tierseuche traf, insbesondere, je nach Gefährlichkeit der Lage, drei Zonen ein: eine den Infektionsherd umgebende Schutzzone (I), um diese herum eine Überwachungszone (II) und um letztere herum eine Pufferzone (III).

5 Seitens der Gemeinschaft wurden durch die Verordnung Nr. 2351/90 verschiedene, sich nach der betroffenen Zone richtende Maßnahmen vorgesehen. Zum ersten sahen die Artikel 1 bis 3 der Verordnung den Ankauf lebender Schweine aus der Schutzzone (I) zum Zweck ihrer Vernichtung vor. Die Artikel 4 bis 8 betrafen weiterhin Schweinefleisch aus der Pufferzone (III), das nach einer Hitzebehandlung normal verarbeitet und für die menschliche Ernährung verwandt werden konnte. Für die Verarbeitung und, soweit das Fleisch nicht schnell genug verarbeitet werden konnte, für die private Lagerhaltung konnten nach Leistung einer Sicherheit finanzielle Beihilfen gewährt werden. Die Artikel 9 und 10 sahen schließlich den Ankauf von Schweinefleisch aus der Pufferzone (III) durch den BDBL auf Kosten der Gemeinschaft zu den in der Verordnung festgelegten Hoechstmengen und Preisen vor. Dieses Fleisch sollte vernichtet, d. h. zu Erzeugnissen, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, verarbeitet werden. Die letztgenannte Regelung liegt dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde.

6 Die genannten Sondermaßnahmen zur Marktstützung endeten im Oktober 1990.

7 In Durchführung der Verordnung Nr. 2351/90 erließ der BDBL die Mitteilung Nr. 55 200, mit der die Modalitäten für den Abschluß von Verträgen zwischen dem BDBL und den Schlachthöfen über den Ankauf des fragliches Fleisches geregelt und die Bedingungen festgelegt wurden, denen ein solcher Ankauf unterlag.

8 Die Artikel I und IX dieser Mitteilung sahen vor, daß sich der betroffene Schlachthof mit der Einreichung eines Antrags auf Ankauf verpflichtete, alle durch die Mitteilung vorgeschriebenen Bedingungen vorbehaltlos und uneingeschränkt zu erfuellen. Artikel XII bestimmte, daß Rechnungen über die Ware der Nachweis der Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des verlangten Betrags (einschließlich Mehrwertsteuer) beiliegen muß und daß diese Sicherheit freigegeben wird, wenn der BDBL im Besitz des Nachweises ist, daß alle in der Mitteilung vorgesehenen Bedingungen erfuellt worden sind.

9 Im August 1990 schloß der BDBL mit der Firma Exportslachterijen van Oordegem BVBA auf deren Antrag mehrere Verträge über den Ankauf bestimmter Mengen von Schweinefleisch aus der Pufferzone (III). Entsprechend der Mitteilung Nr. 55 200 stellte das Unternehmen bei der Generale Bank eine Sicherheit zugunsten des BDBL.

10 Spätere Kontrollen in den Kühllagern, in denen das Fleisch gelagert war, ergaben, daß dieses nicht dem Erzeugnis entsprach, das das Unternehmen dem BDBL nach den geschlossenen Verträgen verkauft hatte. Der BDBL verlangte daher die Rückzahlung des bereits an das Unternehmen gezahlten Kaufpreises; falls erforderlich, so teilte er mit, werde er die gestellte Sicherheit in Anspruch nehmen.

11 Die Firma Exportslachterijen van Oordegem beantragte beim Präsidenten der Rechtbank van eerste aanleg Brüssel im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, der Generale Bank zu untersagen, die fragliche Sicherheit an den BDBL auszubezahlen. Zur Begründung seines Antrages führte das Unternehmen an, die Sicherheitsleistung sei rechtswidrig gewesen, da sie in der einschlägigen Gemeinschaftsregelung nicht vorgesehen sei.

12 Im Hinblick auf dieses Vorbringen hat das nationale Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verletzt der belgische Staat über den BDBL dadurch die Verordnung (EWG) Nr. 2351/90 der Kommission vom 9. August 1990, daß er in Artikel XII der Mitteilung Nr. 55 200 verlangt, daß vor der auf Kosten der Europäischen Gemeinschaft erfolgenden Zahlung des Kaufpreises für das mit Schweinepest infizierte Schweinefleisch eine Kaution gestellt wird?

1) Erlaubt es das europäische Gemeinschaftsrecht, daß die belgische Interventionsstelle in Anwendung u. a. des Artikels 8 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 im Rahmen der zur Bekämpfung der Schweinepest getroffenen Maßnahmen, insbesondere des Ankaufs von Schweinefleisch durch die Interventionsstelle gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2351/90 der Kommission vom 9. August 1990, für die auf Kosten der Europäischen Gemeinschaft erfolgende Zahlung des Kaufpreises für aus der Pufferzone stammendes Schweinefleisch die vorherige Stellung einer Kaution verlangt?

2a) Erlauben es das Interesse an einer entschiedenen Bekämpfung der Schweinepest und die Notwendigkeit einer strengen Durchführung der von der Kommission getroffenen Maßnahmen, daß ungeachtet des Umfangs der festgestellten Verstösse und/oder Unregelmässigkeiten die Sicherheit vollständig in Anspruch genommen wird und endgültig von der sie in Anspruch nehmenden Partei einbehalten wird?

2b) Darf die belgische Interventionsstelle, der BDBL, sofern der Gerichtshof entscheiden sollte, daß die gestellte Sicherheit nicht vollständig in Anspruch genommen werden darf, anhand der Ergebnisse von Stichproben, die im Rahmen der Kontrolle der verkauften Waren vorgenommen wurden, einen allgemeinen Prozentsatz extrapolieren, der nicht die Anforderungen erfuellt und für den die Rückzahlung der bezahlten Beträge gefordert und gegebenenfalls die Sicherheit in Anspruch genommen werden darf?

Zur ersten Frage

13 Die erste Frage geht im wesentlichen dahin, ob ein Mitgliedstaat im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest und insbesondere des Ankaufs von Schweinefleisch durch die Interventionsstelle gemäß der Verordnung Nr. 2351/90 aufgrund des Artikels 8 der Verordnung Nr. 729/70 ermächtigt war, die auf Kosten der Gemeinschaft erfolgende Zahlung des Kaufpreises für aus der "Pufferzone" stammendes Schweinefleisch von der Stellung einer Kaution abhängig zu machen.

14 Der Gemeinschaftsgesetzgeber erlässt im Rahmen der besonderen Rechtsakte, die Maßnahmen zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik enthalten und die Inanspruchnahme des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (im folgenden: EAGFL) regeln, im allgemeinen keine Vorschriften, die das Kontrollverfahren im einzelnen regeln, sondern überlässt es den Mitgliedstaaten, die Modalitäten dieses Verfahrens nach ihrem eigenen Recht und unter ihrer Verantwortung zu bestimmen und die am besten geeignete Regelung zu wählen. Diese Verteilung der Zuständigkeiten entspricht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes den allgemeinen Vorstellungen, die der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte zugrunde liegen (Urteil vom 6. Mai 1982 in den verbundenen Rechtssachen 146/81, 192/81 und 193/81, BayWa/BALM, Slg. 1982, 1503, Randnrn. 20 und 21).

15 Im vorliegenden Fall war mit der Verordnung Nr. 2351/90 der Kommission, mit der Sondermaßnahmen für eine Notlage getroffen worden waren, keine umfassende Regelung für die Maßnahmen zur Stützung des Schweinefleischmarktes in dem betroffenen Mitgliedstaat erlassen worden; insbesondere enthielt diese Verordnung keine Bestimmungen, mit denen sichergestellt werden sollte, daß die Wirtschaftsteilnehmer, zu deren Vorteil Fleisch aus der Pufferzone mit Gemeinschaftsmitteln angekauft wurde, die durch die Verordnung für sie begründeten Pflichten erfuellen.

16 Für die im vorliegenden Fall gegebene Inanspruchnahme von Gemeinschaftsmitteln, die der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik dienen, bestimmt die Verordnung Nr. 729/70, die die Grundregelung über die Pflichten der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten bei der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik darstellt, in Artikel 8 Absatz 1:

"Die Mitgliedstaaten treffen gemäß den einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um

- sich zu vergewissern, daß die durch den Fonds finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind,

- Unregelmässigkeiten zu verhindern und zu verfolgen,

- die infolge von Unregelmässigkeiten oder Versäumnissen abgeflossenen Beträge wiedereinzuziehen.

..."

17 In dieser Bestimmung, die eine Ausgestaltung der Pflichten der Mitgliedstaaten aus Artikel 5 EG-Vertrag für diesen besonderen Bereich darstellt, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Grundsätze niedergelegt, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der aus Mitteln des EAGFL finanzierten gemeinschaftlichen Agrarinterventionsmaßnahmen sowie bei der Bekämpfung von betrügerischen Handlungen und Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen zu beachten haben (Urteil BayWa, a. a. O., Randnr. 13).

18 Auch wenn der besondere Gemeinschaftsrechtsakt nicht ausdrücklich eine bestimmte Kontrollmaßnahme vorschreibt, erlegt somit der genannte Artikel den Mitgliedstaaten doch die allgemeine Verpflichtung auf, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, daß die durch den EAGFL finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind (Urteil vom 12. Juni 1990 in der Rechtssache C-8/88, Deutschland/Kommission, Slg. 1990, I-2321, Randnrn. 16 und 17).

19 Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten, was die auf nationaler Ebene getroffenen Kontrollmaßnahmen für die Durchführung der Gemeinschaftsregeln auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik angeht, mit der gleichen Sorgfalt vorgehen, die sie auch bei der Durchführung entsprechender nationaler Rechtsvorschriften anwenden, um so jede Beeinträchtigung der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu vermeiden (Urteil BayWa, a. a. O., Randnr. 22).

20 Diese nationalen Maßnahmen müssen zudem dem allgemeinen Verhältnismässigkeitsgrundsatz entsprechen, d. h. sie dürfen nicht die Grenzen dessen überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Zwecks angemessen und erforderlich ist (Urteil vom 18. Februar 1982 in der Rechtssache 77/81, Zuckerfabrik Franken, Slg. 1982, 681).

21 Es stellt sich somit die Frage, ob die auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen eine Verpflichtung zur Stellung einer Kaution der im Ausgangsverfahren streitigen Art vorsehen dürfen.

22 Insoweit ist festzustellen, daß Kautionsregelungen ein in den Gemeinschaftsrechtsakten zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik häufig verwandtes Mittel sind (siehe z. B. Verordnung (EWG) Nr. 1974/80 der Kommission vom 22. Juli 1980 über allgemeine Durchführungsbestimmungen für bestimmte Nahrungsmittelhilfeaktionen auf dem Getreide- und Reissektor, ABl. L 192, S. 11, Verordnung (EWG) Nr. 434/82 der Kommission vom 25. Februar 1982 über eine Dauerausschreibung zur Bereitstellung von Weißzucker aus der Gemeinschaft, der im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe an das Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinafluechtlinge (UNRWA) zu liefern ist, ABl. L 55, S. 34, und Verordnung (EWG) Nr. 2373/83 der Kommission vom 22. August 1983 mit den Durchführungsbestimmungen für die Destillation gemäß Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 für das Weinwirtschaftsjahr 1983/84, ABl. L 232, S. 5). Daher können auch die Mitgliedstaaten eine solche Maßnahme treffen.

23 Wie der BDBL zutreffend vorträgt, bot die fragliche Kautionsregelung den durch die gemeinschaftlichen Stützungsmaßnahmen begünstigten Wirtschaftsteilnehmern insofern einen Vorteil, als sie aufgrund dieser Regelung sofort Zahlungen erhalten konnten und nicht das Ergebnis der späteren Kontrollen abwarten mussten.

24 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, daß ein Mitgliedstaat im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest gemäß der Verordnung Nr. 2351/90 der Kommission aufgrund des Artikels 8 der Verordnung Nr. 729/70 ermächtigt war, die auf Kosten der Gemeinschaft erfolgende Zahlung des Kaufpreises für aus der "Pufferzone" stammendes Schweinefleisch von der Stellung einer Kaution abhängig zu machen.

Zur zweiten Frage

25 Mit dem ersten Teil der zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob die Mitgliedstaaten vorsehen durften, daß die gestellte Kaution unabhängig von der Schwere der begangenen Unregelmässigkeiten vollständig in Anspruch genommen wird, wenn der Wirtschaftsteilnehmer seine Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 2351/90 nicht erfuellt hat.

26 Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Gemeinschaftsrechtsakte zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik in der Regel den vollständigen Verfall einer durch sie vorgeschriebenen Kaution vorsehen, wenn der durch eine Gemeinschaftsmaßnahme Begünstigte eine Verpflichtung, die als wichtige Verpflichtung und als Hauptpflicht anzusehen ist, d. h. eine für die Erreichung des mit der fraglichen Maßnahme verfolgten Ziels wesentliche Verpflichtung, nicht erfuellt.

27 Nach der Rechtsprechung ist in solchen Fällen der vollständige Verfall der gestellten Kaution oder, allgemeiner, der vollständige Ausschluß von einer begünstigenden Gemeinschaftsmaßnahme nach dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz im oben dargelegten Sinn gerechtfertigt (Urteil vom 2. Dezember 1982 in der Rechtssache 272/81, RU-MI, Slg. 1982, 4167). Folglich ist in entsprechenden Fällen auch der vollständige Verfall einer Kaution, der in einer zur Durchführung von Gemeinschaftsmaßnahmen erlassenen nationalen Regelung vorgesehen ist, als gerechtfertigt anzusehen.

28 Im Hinblick auf die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Umstände und insbesondere auf das Ergebnis der Kontrollen, die notwendigerweise durch Stichproben erfolgten, ist die Verpflichtung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers, dem BDBL Erzeugnisse zu liefern, die ausschließlich aus der von der Schweinepest betroffenen Zone im belgischen Staatsgebiet stammen, im vorliegenden Fall, wie die Kommission zu Recht ausführt, als Hauptpflicht anzusehen. Diese Verpflichtung ist nämlich mit dem Wesen der fraglichen Gemeinschaftsmaßnahme und dem mit ihr verfolgten Ziel untrennbar verbunden. Ebenso ist die Verpflichtung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers, dem BDBL ausschließlich Erzeugnisse zu liefern, die unter die in den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 2351/90 aufgeführten Warenarten fallen, als Hauptpflicht einzustufen. Denn Gemeinschaftsvorschriften, durch die Ansprüche auf aus Gemeinschaftsmitteln finanzierte Leistungen begründet werden, sind eng auszulegen (Urteil BayWa, a. a. O., Randnr. 10).

29 Auf den ersten Teil der zweiten Frage ist deshalb zu antworten, daß die Mitgliedstaaten nach dem Gemeinschaftsrecht im Rahmen der Durchführung der Verordnung Nr. 2351/90 vorsehen durften, daß die gestellte Kaution vollständig in Anspruch genommen wird, wenn der durch die fraglichen Gemeinschaftsmaßnahmen Begünstigte eine Hauptpflicht nicht erfuellt.

30 Im Hinblick auf die Antwort auf den ersten Teil dieser Frage erübrigt sich die Beantwortung ihres zweiten Teils.

Kostenentscheidung:

Kosten

31 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Präsidenten der Rechtbank van eerste aanleg Brüssel mit Beschluß vom 16. Dezember 1992 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2351/90 der Kommission vom 9. August 1990 mit Sondermaßnahmen zur Stützung des Schweinemarktes in Belgien und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 906/90 war ein Mitgliedstaat aufgrund des Artikels 8 der Verordnung Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik ermächtigt, die auf Kosten der Gemeinschaft erfolgende Zahlung des Kaufpreises für aus der "Pufferzone" stammendes Schweinefleisch von der Stellung einer Kaution abhängig zu machen.

2) Bei der Durchführung der Verordnung Nr. 2351/90 durften die Mitgliedstaaten nach dem Gemeinschaftsrecht vorsehen, daß die gestellte Kaution vollständig in Anspruch genommen wird, wenn der durch die fraglichen Gemeinschaftsmaßnahmen Begünstigte eine Hauptpflicht nicht erfuellt.

Ende der Entscheidung

Zurück