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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: C-201/04
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 2913/92
Vorschriften:
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
23. Februar 2006
"Zollkodex der Gemeinschaften - Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben - Verpflichtung, dem Zollschuldner den geschuldeten Abgabenbetrag unmittelbar nach der buchmäßigen Erfassung und vor Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Schuld mitzuteilen - Begriff 'geeignete Form'"
Parteien:
In der Rechtssache C-201/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hof van Beroep Antwerpen (Belgien) mit Entscheidung vom 27. April 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Mai 2004, in dem Verfahren
Belgischer Staat
gegen
Molenbergnatie NV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie des Richters J. Makarczyk (Berichterstatter) und der Richterin R. Silva de Lapuerta,
Generalanwalt: F. G. Jacobs,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Molenbergnatie NV, vertreten durch E. Gevers und J. Gevers, advocaten,
- der belgischen Regierung, vertreten durch D. Haven als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis und M. van Beek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. Juni 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) über die Erhebung des Zollschuldbetrags.
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Belgischen Staat und der Molenbergnatie NV, Zollspediteurin (im Folgenden: Zollspediteurin), wegen Nacherhebung von Einfuhrabgaben und Antidumpingzöllen.
Rechtlicher Rahmen
3. Das Kapitel 3 des Titels VII des Zollkodex betrifft die Erhebung des Betrages der Zollschuld, die in Artikel 4 Absatz 9 dieses Kodex definiert ist als die Verpflichtung einer Person, die für eine bestimmte Ware im geltenden Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Einfuhrabgaben oder Ausfuhrabgaben zu entrichten.
4. Der Abschnitt 1 dieses Kapitels, der die Überschrift "Buchmäßige Erfassung des Zollschuldbetrags und Mitteilung an den Zollschuldner" trägt, umfasst die Artikel 217 bis 221.
5. Artikel 217 Absatz 1 des Zollkodex sieht vor:
"Jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag - nachstehend 'Abgabenbetrag' genannt - muss unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eingetragen werden (buchmäßige Erfassung).
Der vorstehende Unterabsatz gilt nicht
a) in Fällen, in denen ein vorläufiger Antidumping- oder Ausgleichszoll eingeführt worden ist;
b) in Fällen, in denen der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag höher als der Betrag ist, der auf der Grundlage einer verbindlichen Zolltarifauskunft festgelegt wurde;
c) in Fällen, in denen die Zollbehörden aufgrund von nach dem Ausschussverfahren erlassenen Vorschriften davon befreit sind, Abgabenbeträge, die unter einem bestimmten Betrag liegen, buchmäßig zu erfassen.
Die Zollbehörden können von der buchmäßigen Erfassung eines Abgabenbetrages absehen, der nach Artikel 221 Absatz 3 dem Zollschuldner nach Ablauf der vorgesehenen Frist nicht mehr mitgeteilt werden darf."
6. Artikel 220 des Zollkodex lautet wie folgt:
"(1) Ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Artikeln 218 und 219 buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, so hat die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrags oder des nachzuerhebenden Restbetrags innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung). Diese Frist kann nach Artikel 219 verlängert werden.
(2) Außer in den Fällen gemäß Artikel 217 Absatz 1 Unterabsätze 2 und 3 erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn
a) die ursprüngliche Entscheidung, keine Zölle oder einen niedrigeren als den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag buchmäßig zu erfassen, aufgrund von allgemeinen Vorschriften, die später durch eine gerichtliche Entscheidung für ungültig erklärt worden sind, gefasst worden ist;
b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat;
c) die gemäß dem Ausschussverfahren erlassenen Bestimmungen die Zollbehörden von ihrer Pflicht entheben, Abgabenbeträge nachträglich buchmäßig zu erfassen, die niedriger als ein festgesetzter Betrag liegen."
7. Artikel 221 des Zollkodex bestimmt:
"(1) Der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.
(2) Ist der zu entrichtende Abgabenbetrag in der Zollanmeldung als Hinweis vermerkt worden, so können die Zollbehörden vorsehen, dass die Mitteilung nach Absatz 1 nur erfolgt, wenn der angegebene Abgabenbetrag nicht mit dem von ihnen ermittelten Betrag übereinstimmt.
Wird von der im vorstehenden Unterabsatz genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht, so gilt unbeschadet des Artikels 218 Absatz 1 zweiter Unterabsatz die Überlassung der Waren durch die Zollbehörden als Mitteilung des buchmäßig erfassten Abgabenbetrags an den Zollschuldner.
(3) Die Mitteilung an den Zollschuldner darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen. Konnten die Zollbehörden jedoch aufgrund einer strafbaren Handlung den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag nicht genau ermitteln, so kann die Mitteilung noch nach Ablauf der genannten Dreijahresfrist erfolgen, sofern dies nach geltendem Recht vorgesehen ist."
8. Das Kapitel 4 des Titels VII des Zollkodex trägt die Überschrift "Erlöschen der Zollschuld". Es besteht aus zwei Artikeln, darunter Artikel 233, der Folgendes vorsieht:
"Unbeschadet der geltenden Vorschriften über die Verjährung der Zollschuld sowie über die Nichterhebung des Betrags der Zollschuld in den Fällen, in denen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gerichtlich festgestellt worden ist, erlischt die Zollschuld
a) durch Entrichtung des Abgabenbetrages;
b) durch Erlass des Abgabenbetrages;
c) wenn im Falle von Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben enthält,
- die Zollanmeldung gemäß Artikel 66 für ungültig erklärt wird;
- die Waren vor der Überlassung beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden, auf Anordnung der Zollbehörden vernichtet oder zerstört werden, gemäß Artikel 182 aufgegeben werden oder aus in ihrer Natur liegenden Gründen, durch Zufall oder höhere Gewalt vernichtet oder zerstört worden oder unwiederbringlich verloren gegangen sind;
d) wenn Waren, für die eine Zollschuld gemäß Artikel 202 entstanden ist, bei dem vorschriftswidrigen Verbringen beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen werden.
Bei Beschlagnahme und Einziehung der Ware gilt jedoch im Rahmen des auf Verstöße gegen Zollvorschriften anwendbaren Strafrechts die Zollschuld als nicht erloschen, wenn im Strafrecht eines Mitgliedstaats vorgesehen ist, dass die Zölle als Grundlage für die Verhängung von Strafmaßnahmen herangezogen werden oder dass aufgrund des Bestehens einer Zollschuld strafrechtliche Verfolgungen eingeleitet werden."
9. Der Zollkodex gilt nach seinem Artikel 253 Absatz 2 seit 1. Januar 1994.
10. Vor Inkrafttreten des Zollkodex wurde der fragliche Bereich durch die Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet (ABl. L 197, S. 1), die am 1. Juli 1980 in Kraft trat, und die Verordnung (EWG) Nr. 1854/89 des Rates vom 14. Juni 1989 über die buchmäßige Erfassung und die Voraussetzungen für die Entrichtung der Eingangs- oder Ausfuhrabgaben bei Bestehen einer Zollschuld (ABl. L 186, S. 1), die für die ab 1. Juli 1990 buchmäßig erfassten Abgabenbeträge galt, geregelt.
11. Artikel 2 der Verordnung Nr. 1697/79 bestimmt:
"(1) Stellen die zuständigen Behörden fest, dass die nach den gesetzlichen Vorschriften geschuldeten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet wurden, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet, vom Abgabenschuldner ganz oder teilweise nicht angefordert worden sind, so fordern sie die nicht erhobenen Abgaben nach.
Die Abgaben können jedoch nicht mehr nachgefordert werden, wenn seit der buchmäßigen Erfassung des ursprünglich vom Abgabenschuldner angeforderten Betrages oder, sofern eine buchmäßige Erfassung unterblieben ist, seit dem Tag, an dem die Zollschuld für die betreffende Ware entstanden ist, drei Jahre verstrichen sind.
(2) Im Sinne des Absatzes 1 gilt die Nachforderung als erhoben, wenn dem Betreffenden die Höhe der von ihm geschuldeten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben mitgeteilt worden ist."
12. Die Verordnung Nr. 1854/89 enthält in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c folgende Definition des Begriffes "buchmäßige Erfassung":
"... von der Zollbehörde vorgenommene Eintragung der einer Zollschuld entsprechenden Eingangs- oder Ausfuhrabgaben in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen".
13. Artikel 2 Absatz 1 dieser Verordnung bestimmt:
"Jeder einer Zollschuld entsprechende Eingangs- oder Ausfuhrabgabenbetrag - nachstehend 'Abgabenbetrag' genannt - muss unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von der Zollbehörde berechnet und buchmäßig erfasst werden."
14. Artikel 5 der Verordnung Nr. 1854/89 lautet:
"Wenn der sich aus einer Zollschuld ergebende Abgabenbetrag nicht gemäß den Artikeln 3 oder 4 oder zu einem niedrigeren Betrag als gesetzlich vorgesehen buchmäßig erfasst wurde, muss die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrags bzw. des nachzuerhebenden Restbetrags innerhalb von zwei Tagen ab dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die Zollbehörde davon Kenntnis erhalten hat und den gesetzlich vorgesehenen Betrag berechnen und die zur Zahlung verpflichtete Person bestimmen kann. Diese Frist kann nach Maßgabe von Artikel 4 verlängert werden."
15. Artikel 6 Absatz 1 dieser Verordnung sieht vor:
"Der Abgabenbetrag wird der zur Zahlung verpflichteten Person sofort nach der buchmäßigen Erfassung in geeigneter Form mitgeteilt."
16. Der Zollkodex wurde insbesondere durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. L 311, S. 17) geändert.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
17. Die Zollspediteurin meldete zwischen dem 9. April 1992 und dem 23. Juni 1994 im Auftrag und für Rechnung eines anderen Unternehmens Einfuhren von Videokassetten aus Macao über Hongkong in Belgien an.
18. Diese Einfuhren wurden nach dem System allgemeiner Zollpräferenzen für Waren mit Ursprung in Entwicklungsländern von der Zahlung von Zöllen befreit.
19. Nach einer Untersuchung in Macao entschied der nach Artikel 12 der Verordnung (EWG) Nr. 802/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Begriffsbestimmung für den Warenursprung (ABl. L 148, S. 1) eingesetzte Ausschuss für Ursprungsfragen, auf diese Waren nicht den Präferenztarif anzuwenden, da sie in Wirklichkeit aus China stammten und somit den für Drittländer geltenden Einfuhrabgaben und den Antidumpingzöllen unterlägen. Die Entscheidung des Ausschusses wurde den Mitgliedstaaten am 10. August 1994 mitgeteilt.
20. Die Zollfahndungsinspektion der Zoll- und Verbrauchsteuerverwaltung Antwerpen informierte die Zollspediteurin mit eingeschriebenem Brief vom 27. Februar 1995 über die genannte Untersuchung und teilte ihr die Höhe der geschuldeten Einfuhrabgaben und Antidumpingzölle mit.
21. Nach dem Vorbringen der belgischen Regierung wurden diese Abgabenbeträge am 7. März 1995 buchmäßig erfasst.
22. Die Regionaldirektion für Zölle und Verbrauchsteuern (im Folgenden: Verwaltung) setzte die Zollspediteurin mit Schreiben vom 29. September 1995 von der Nacherhebung dieser Abgaben nach Artikel 220 Absatz 1 des Zollkodex in Kenntnis.
23. Die Verwaltung blieb auch in ihrer Entscheidung über den Einspruch der Zollspediteurin bei ihrer Auffassung und erhob am 3. Juli 2000 Klage gegen die Zollspediteurin. Die Rechtbank van eerste aanleg Antwerpen erklärte die Forderung der Verwaltung mit Urteil vom 22. April 2002 für unbegründet, da diese die fraglichen Abgaben rechtswidrigerweise nacherhoben habe. Insbesondere sei die in Artikel 221 Absatz 3 des Zollkodex vorgesehene Ausschlussfrist von drei Jahren bereits abgelaufen gewesen, als der Zollspediteurin der für eine am 9. April 1992 entstandene Schuld geschuldete Abgabenbetrag mitgeteilt worden sei. Die Verwaltung legte gegen dieses Urteil Berufung ein.
24. Vor diesem Hintergrund hat der Hof van beroep Antwerpen das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Artikel 217 bis 232 des Zollkodex, d. h. die Bestimmungen des Kapitels 3 ("Erhebung des Zollschuldbetrags") des Titels VII ("Zollschuld"), wobei Kapitel 3 aus einem Abschnitt 1 ("Buchmäßige Erfassung des Zollschuldbetrags und Mitteilung an den Zollschuldner" - Artikel 217 bis 221) und einem Abschnitt 2 ("Fristen und Modalitäten für die Entrichtung des Abgabenbetrags" - Artikel 222 bis 232) besteht, auf die Erhebung einer Zollschuld anwendbar, die zwar vor dem 1. Januar 1994 entstanden ist, mit deren Erhebung aber erst nach dem 1. Januar 1994 begonnen wurde?
2. Bei Bejahung der ersten Frage: Muss die in Artikel 221 des Zollkodex vorgeschriebene Mitteilung stets nach der buchmäßigen Erfassung des Zollschuldbetrags erfolgen, oder, anders ausgedrückt, muss der in Artikel 221 des Zollkodex vorgeschriebenen Mitteilung stets die buchmäßige Erfassung des Zollschuldbetrags vorausgehen?
3. Führt eine verspätete Mitteilung des Zollschuldbetrags an den Zollschuldner, d. h. eine Mitteilung, die nach Ablauf der in der ursprünglichen Fassung des Artikels 221 Absatz 3 des Zollkodex (gültig bis zu seiner Ersetzung [mit Wirkung vom 19. Dezember 2000] durch Artikel 1 Nummer 17 der Verordnung [EG] Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 zur Änderung der Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften [ABl. L 311, S. 17]) vorgesehenen Frist von drei Jahren erfolgt, obwohl die Zollbehörden durchaus in der Lage waren, den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag innerhalb dieser Dreijahresfrist korrekt festzustellen, zu der Unmöglichkeit, die Erhebung der betreffenden Zollschuld weiter zu betreiben, oder aber zum Erlöschen der betreffenden Zollschuld oder zu irgendeiner anderen Rechtsfolge?
4. Müssen die Mitgliedstaaten festlegen, auf welche Weise die in Artikel 221 des Zollkodex vorgeschriebene Mitteilung des Zollschuldbetrags an den Zollschuldner zu erfolgen hat?
Bei Bejahung dieser Frage: Kann der Mitgliedstaat, der es versäumt hat, festzulegen, auf welche Weise die in Artikel 221 des Zollkodex vorgeschriebene Mitteilung des Zollschuldbetrags an den Zollschuldner zu erfolgen hat, geltend machen, dass jedes beliebige Dokument, in dem der Zollschuldbetrag genannt ist und das dem Zollschuldner (nach der buchmäßigen Erfassung) zur Kenntnis gebracht wird, als die in Artikel 221 des Zollkodex vorgeschriebene Mitteilung des Zollschuldbetrags an den Zollschuldner zu gelten hat, selbst wenn dieses Dokument weder auf Artikel 221 des Zollkodex verweist noch angibt, dass es sich um eine Mitteilung des Zollschuldbetrags an den Zollschuldner handelt?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten und zur dritten Frage
25. Mit der ersten Frage fragt das vorlegende Gericht im Hinblick darauf, dass der Zollkodex nach seinem Artikel 253 Absatz 2 ab 1. Januar 1994 gilt, nach der zeitlichen Geltung der Artikel 217 bis 232 des Zollkodex, die in Kapitel 3 des Titels VII dieses Kodex stehen und die Erhebung des Zollschuldbetrags betreffen.
26. Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, welche Folgen die Nichtbeachtung der in Artikel 221 Absatz 3 des Zollkodex vorgesehenen Frist hat.
27. Einleitend ist in Bezug auf die Begründung der Vorlageentscheidung festzustellen, dass sich die erste Frage, wie der Generalanwalt in Nummer 47 seiner Schlussanträge ausführt, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach die Artikel 217 bis 232 des Zollkodex zusammen betrifft, in erster Linie auf Artikel 221 dieses Kodex bezieht, da das vorlegende Gericht insbesondere wissen möchte, ob diese Vorschrift auf eine Zollschuld anwendbar ist, die vor dem 1. Januar 1994 entstanden ist, mit deren Erhebung jedoch nach diesem Datum und vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2700/2000 begonnen wurde.
28. Die erste und die dritte Frage sind daher aufgrund der Verbindung, die hinsichtlich der für sie erforderlichen Prüfung der Auswirkungen des Artikels 221 des Zollkodex zwischen ihnen besteht, gemeinsam zu behandeln.
29. Zur ersten Frage vertritt die belgische Regierung die Ansicht, dass die in Rede stehenden Vorschriften nur materielle Bestimmungen enthielten und daher auf vor dem 1. Januar 1994 entstandene Zollschulden nicht anwendbar seien.
30. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Zollspediteurin vertreten unter Verweisung auf das Urteil vom 12. November 1981 in den Rechtssachen 212/80 bis 217/80 (Salumi, Slg. 1981, 2735, Randnr. 9) die Auffassung, dass diese Vorschriften, die sowohl materielle als auch Verfahrensbestimmungen enthielten, hinsichtlich ihrer zeitlichen Geltung nicht isoliert betrachtet werden dürften, da sie ein einheitliches Ganzes bildeten. Sie ziehen daraus jedoch unterschiedliche Schlüsse. So ist die Kommission der Meinung, dass auf die Nacherhebung einer vor dem 1. Januar 1994 entstandenen Zollschuld, mit deren Erhebung erst nach diesem Datum begonnen wurde, nur die Verordnung Nr. 1697/79 anzuwenden sei. Die Zollspediteurin ist hingegen der Ansicht, dass die Artikel 217 bis 232 des Zollkodex auf die Erhebung einer solchen Schuld anwendbar seien.
31. Nach ständiger Rechtsprechung sind Verfahrensvorschriften im Allgemeinen auf alle bei ihrem Inkrafttreten anhängigen Rechtsstreitigkeiten anwendbar, während materiell-rechtliche Vorschriften gewöhnlich so ausgelegt werden, dass sie grundsätzlich nicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte gelten (vgl. insbesondere Urteile Salumi, Randnr. 9, vom 6. Juli 1993 in den Rechtssachen C-121/91 und C-122/91, CT Control [Rotterdam] und JCT Benelux/Kommission, Slg. 1993, I-3873, Randnr. 22, vom 7. September 1999 in der Rechtssache C-61/98, De Haan, Slg. 1999, I-5003, Randnr. 13, und vom 14. November 2002 in der Rechtssache C-251/00, Ilumitrónica, Slg. 2002, I-10433, Randnr. 29).
32. In Randnummer 11 des Urteils Salumi hat der Gerichtshof abweichend von der vorstehend genannten Auslegungsregel festgestellt, dass die Verordnung Nr. 1697/79, mit der eine Gesamtregelung für die Nacherhebung von Abgaben geschaffen werden sollte, sowohl Verfahrens- als auch materielle Bestimmungen enthält, die ein einheitliches Ganzes bilden, dessen Einzelbestimmungen hinsichtlich ihrer zeitlichen Geltung nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Wie der Generalanwalt in den Nummern 42 bis 46 seiner Schlussanträge ausführt, war diese Ausnahme dadurch gerechtfertigt, dass die bestehenden nationalen Regelungen durch eine neue Gemeinschaftsregelung ersetzt werden sollten, wobei eine kohärente und einheitliche Anwendung dieser zollrechtlichen Gemeinschaftsbestimmungen erreicht werden sollte.
33. Da die im vorliegenden Fall gestellte Frage ausschließlich die zeitliche Geltung des Zollkodex betrifft, der die davor bestehende zollrechtliche Gemeinschaftsregelung, insbesondere die davor geltenden Verordnungen Nr. 1697/79 und Nr. 1854/89 mit einigen Änderungen übernimmt, kann die oben wiedergegebene Ausnahme von dem in Randnummer 31 des vorliegenden Urteils angeführten Auslegungsgrundsatz nicht zur Anwendung kommen.
34. Es ist zwischen materiellen Bestimmungen und Verfahrensbestimmungen zu unterscheiden. Das vorlegende Gericht muss folglich, was den der Zollschuld zugrunde liegenden Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits angeht, der sich vor dem Inkrafttreten des Kodex zugetragen hat, einerseits die materiellen Bestimmungen der vor diesem Zeitpunkt geltenden Regelung und andererseits die Verfahrensbestimmungen des Zollkodex heranziehen (vgl. in diesem Sinne Urteile De Haan, Randnr. 14, und vom 13. März 2003 in der Rechtssache C-156/00, Niederlande/Kommission, Slg. 2003, I-2527, Randnrn. 35 und 36).
35. Da die Frage des vorlegenden Gerichts in erster Linie Artikel 221 des Zollkodex betrifft, ist an dieser Stelle zu prüfen, ob es sich bei den Vorschriften, aus denen dieser Artikel besteht, um materielle oder um Verfahrensbestimmungen handelt.
36. Die Absätze 1 und 2 dieses Artikels enthalten offensichtlich rein verfahrensrechtliche Bestimmungen.
37. Die Tragweite und damit die Natur der Regelung des Artikels 221 Absatz 3 sind eigens Gegenstand der dritten Frage des vorlegenden Gerichts. Dieses ersucht dort um Auskunft darüber, welche Auswirkungen es hat, wenn der Abgabenbetrag dem Schuldner verspätet mitgeteilt wird, d. h. nach Ablauf der Frist von drei Jahren, die in dieser Vorschrift vorgesehen ist, die im Wesentlichen die Regelung des Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1697/79 übernommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Niederlande/Kommission, Randnr. 6).
38. Die belgische Regierung, die Zollspediteurin und die Kommission vertreten dazu die Ansicht, dass die Schuld sowohl nach dem Zollkodex als auch nach den davor geltenden Regelungen nicht mehr erhoben werden könne, wenn der Abgabenbetrag dem Schuldner erst nach Ablauf der Dreijahresfrist mitgeteilt worden sei. Dies führe jedoch nicht zum Erlöschen der Schuld.
39. Es ist unbestreitbar, dass die Zollbehörden ihr Recht auf Erhebung der Zollschuld nach Ablauf der in Artikel 221 Absatz 3 des Zollkodex vorgesehenen Dreijahresfrist, in der sie dem Schuldner den Betrag dieser Schuld mitteilen müssen, nicht mehr ausüben können, es sei denn, sie konnten den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag aufgrund einer strafbaren Handlung nicht genau ermitteln. Die in Rede stehende Vorschrift enthält jedoch zugleich eine Regelung über die Zollschuld selbst und legt eine Verjährung für diese Schuld fest.
40. Außerdem heißt es in Artikel 233 des Zollkodex, dass die Auflistung der verschiedenen Gründe für das Erlöschen der Zollschuld in den Buchstaben a bis d dieses Artikels unbeschadet insbesondere der Vorschriften über die Verjährung der Zollschuld erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2002 in der Rechtssache C-112/01, SPKR, Slg. 2002, I-10655, Randnrn. 30 und 31).
41. Da die Schuld nach Ablauf der in Artikel 221 Absatz 3 des Zollkodex vorgesehenen Frist verjährt und damit erloschen ist, ist daher davon auszugehen, dass diese Vorschrift eine materiell-rechtliche Regelung enthält.
42. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sind die erste und die dritte Vorlagefrage wie folgt zu beantworten:
- Auf die nach dem 1. Januar 1994 begonnene Erhebung einer Zollschuld, die vor diesem Datum entstanden ist, sind nur die Verfahrensbestimmungen in den Artikeln 217 bis 232 des Zollkodex anwendbar.
- Mit dem Ablauf der in Artikel 221 Absatz 3 des Zollkodex vorgesehenen Frist verjährt, vorbehaltlich der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahme, der Anspruch auf Entrichtung der Zollschuld, was der Verjährung der Schuld selbst und damit ihrem Erlöschen gleichkommt. Aufgrund dieser Regelung ist Artikel 221 Absatz 3 anders als Artikel 221 Absätze 1 und 2 als materielle Bestimmung anzusehen und ist daher nicht auf die Erhebung einer vor dem 1. Januar 1994 entstandenen Zollschuld anwendbar. Ist eine Zollschuld vor dem 1. Januar 1994 entstanden, so unterliegt sie nur den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verjährungsregeln, selbst wenn das Verfahren zur Erhebung der Schuld nach dem 1. Januar 1994 eingeleitet wurde.
Zur zweiten Frage
43. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht für den Fall, dass Artikel 221 des Zollkodex anwendbar sein sollte, wissen, ob die in Artikel 221 Absatz 1 vorgesehene Mitteilung des Abgabenbetrags an den Schuldner vor der "buchmäßigen Erfassung" erfolgen kann.
44. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Zollkodex im Wesentlichen die Vorschriften der Verordnung Nr. 1854/89 über die Berechnung der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, mit der das Verfahren zur Erhebung der Zollschuld beginnt, über die Definition des Begriffes "buchmäßige Erfassung" und über das Erfordernis der Mitteilung des Abgabenbetrags in geeigneter Form unmittelbar nach dessen buchmäßiger Erfassung übernommen hat.
45. Die belgische Regierung ist der Ansicht, diese Frage müsse nicht beantwortet werden, da der Zollkodex nicht anwendbar sei. Die Kommission bezieht sich in ihrer Antwort auf die Verordnung Nr. 1697/79 und vertritt die Auffassung, dass die Eintragung des fraglichen Betrages in die Bücher keine notwendige Voraussetzung für die Einleitung eines Erhebungsverfahrens sei. Die Zollspediteurin macht geltend, dass die Mitteilung des Abgabenbetrags stets nach der buchmäßigen Erfassung erfolgen müsse.
46. Aus dem Wortlaut des Artikels 221 Absatz 1 des Zollkodex, der, wie der Generalanwalt in Nummer 68 seiner Schlussanträge ausführt, eindeutig ist, ergibt sich, dass die buchmäßige Erfassung, die in der Eintragung des Abgabenbetrags in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen durch die Zollbehörden besteht, notwendig der Mitteilung des Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrags an den Schuldner vorangehen muss.
47. Dieser chronologische Ablauf der buchmäßigen Erfassung und der Mitteilung des Abgabenbetrags, der bereits in der Überschrift des Abschnitts 1 des Kapitels 3 des Titels VII des Zollkodex, "Buchmäßige Erfassung des Zollschuldbetrags und Mitteilung an den Zollschuldner", zum Ausdruck kommt, ist zu beachten, damit es nicht zu Ungleichbehandlungen zwischen den Zollschuldnern kommt und außerdem das harmonische Funktionieren der Zollunion nicht beeinträchtigt wird. Dieser Ansatz fand sich auch in der Verordnung Nr. 1854/89, in deren vierter Begründungserwägung von "Fristen ..., innerhalb deren die buchmäßig erfassten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben zu entrichten sind", gesprochen wurde.
48. Dieses Ergebnis widerspricht nicht der von der Kommission angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach die Nacherhebung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Zollbehörden die Fristen für die Eintragung des Abgabenbetrags in die Bücher nicht beachtet haben, denn die Nichtbeachtung der für die buchmäßige Erfassung festgelegten Frist kann nur dazu führen, dass der betreffende Mitgliedstaat im Rahmen der Bereitstellung der Eigenmittel Verzugszinsen zu zahlen hat (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 26. November 1998 in der Rechtssache C-370/96, Covita, Slg. 1998, I-7711, Randnrn. 36 und 37, und De Haan, Randnr. 34). In diesen Urteilen wurde nämlich nur über die Frage entschieden, welche Auswirkungen eine verspätete buchmäßige Erfassung hat, und sie betreffen ausschließlich die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft.
49. Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 221 Absatz 1 des Zollkodex verlangt, dass der Betrag der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben buchmäßig erfasst wird, bevor er dem Schuldner mitgeteilt wird.
Zur vierten Frage
50. Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Mitgliedstaaten festlegen müssen, in welcher Form der Abgabenbetrag dem Zollschuldner gemäß Artikel 221 des Zollkodex mitzuteilen ist.
51. Die belgische Regierung und die Kommission machen geltend, dass die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht nicht regeln müssten, in welcher Form die Mitteilung der Zollschuld zu erfolgen habe. Die Zollspediteurin ist der Meinung, dass die Mitgliedstaaten dies festlegen müssten und dass, wenn dies unterblieben sei, nur ein Dokument, das eindeutig auf Artikel 221 des Zollkodex Bezug nehme, als Mitteilung im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden könne.
52. Im Hinblick auf die Beantwortung der Vorlagefrage ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten gemäß den allgemeinen Grundsätzen, auf denen die Gemeinschaft beruht und die die Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten beherrschen, nach Artikel 10 EG in ihrem Hoheitsgebiet für die Durchführung der Gemeinschaftsregelungen zu sorgen haben. Soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich seiner allgemeinen Grundsätze hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält, gehen die nationalen Behörden bei der Durchführung dieser Regelungen nach den formellen und materiellen Bestimmungen ihres nationalen Rechts vor (vgl. insbesondere Urteile vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-285/93, Dominikanerinnen-Kloster Altenhohenau, Slg. 1995, I-4069, Randnr. 26, und vom 25. März 2004 in der Rechtssache C-495/00, Azienda Agricola Giorgio, Giovanni und Luciano Visentin u. a., Slg. 2004, I-2993, Randnr. 39).
53. Die zollrechtlichen Bestimmungen der Gemeinschaft enthalten weder Vorschriften über den Inhalt des Begriffes "geeignete Form" noch Vorschriften, die andere Stellen als die Mitgliedstaaten und deren Behörden ermächtigten, diese Form festzulegen; es ist daher davon auszugehen, dass sich diese Form nach der internen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten bestimmt. Sollten die Mitgliedstaaten keine spezifischen Verfahrensregeln erlassen haben, ist es Sache der zuständigen staatlichen Stellen, dafür zu sorgen, dass der Zollschuldner aus ihren Mitteilungen genaue Kenntnis von seinen Rechten erlangen kann.
54. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auf die vierte Frage zu antworten, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, spezifische Verfahrensregeln hinsichtlich der Form zu erlassen, in der die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge dem Zollschuldner mitzuteilen sind, sofern auf diese Mitteilung innerstaatliche Verfahrensregeln von allgemeiner Geltung angewandt werden können, die eine angemessene Information des Zollschuldners gewährleisten und es diesem ermöglichen, seine Rechte in voller Kenntnis der Sachlage wahrzunehmen.
Kostenentscheidung:
Kosten
55. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Auf die nach dem 1. Januar 1994 begonnene Erhebung einer Zollschuld, die vor diesem Datum entstanden ist, sind nur die Verfahrensbestimmungen in den Artikeln 217 bis 232 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften anwendbar.
2. Artikel 221 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2913/92 verlangt, dass der Betrag der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben buchmäßig erfasst wird, bevor er dem Schuldner mitgeteilt wird.
3. Mit dem Ablauf der in Artikel 221 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2913/92 vorgesehenen Frist verjährt, vorbehaltlich der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahme, der Anspruch auf Entrichtung der Zollschuld, was der Verjährung der Schuld selbst und damit ihrem Erlöschen gleichkommt. Aufgrund dieser Regelung ist Artikel 221 Absatz 3 anders als Artikel 221 Absätze 1 und 2 als materielle Bestimmung anzusehen und ist daher nicht auf die Erhebung einer vor dem 1. Januar 1994 entstandenen Zollschuld anwendbar. Ist eine Zollschuld vor dem 1. Januar 1994 entstanden, so unterliegt sie nur den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verjährungsregeln, selbst wenn das Verfahren zur Erhebung der Schuld nach dem 1. Januar 1994 eingeleitet wurde.
4. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, spezifische Verfahrensregeln hinsichtlich der Form zu erlassen, in der die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge dem Zollschuldner mitzuteilen sind, sofern auf diese Mitteilung innerstaatliche Verfahrensregeln von allgemeiner Geltung angewandt werden können, die eine angemessene Information des Zollschuldners gewährleisten und es diesem ermöglichen, seine Rechte in voller Kenntnis der Sachlage wahrzunehmen.
Ende der Entscheidung
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