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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.10.2005
Aktenzeichen: C-204/03
Rechtsgebiete: Sechste Richtlinie 77/388/EWG


Vorschriften:

Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 17 Abs. 2
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 17 Abs. 5
Sechste Richtlinie 77/388/EWG Art. 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache C-204/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 14. Mai 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch E. Traversa und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien , vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J.-P. Puissochet, S. von Bahr (Berichterstatter), J. Malenovský und U. Lõhmus,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. März 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Artikeln 17 Absätze 2 und 5 sowie 19 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) verstoßen hat, dass es einen Pro-rata-Satz für den Abzug der von Steuerpflichtigen, die nur besteuerte Umsätze tätigen, getragenen Mehrwertsteuer vorsieht und dass es eine Sonderregelung eingeführt hat, durch die die Abziehbarkeit der Mehrwertsteuer beschränkt wird, die auf den Erwerb von mittels Subventionen finanzierten Gegenständen oder Dienstleistungen entfällt.

Rechtlicher Rahmen

Die Gemeinschaftsregelung

2. Gemäß Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist die Besteuerungsgrundlage

"bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen ... alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen".

3. Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie sieht in seiner sich aus ihrem Artikel 28f ergebenden Fassung vor: "Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer ... abzuziehen: ... die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden".

4. Artikel 17 Absatz 5 bestimmt:

"Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.

Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

..."

5. Artikel 19 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie, "Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs", lautet:

"Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:

- im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;

- im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a genannt sind.

..."

Die nationale Regelung

6. Artikel 102 des Gesetzes Nr. 37/1992 vom 28. Dezember 1992 über die Mehrwertsteuer (BOE Nr. 312 vom 29. Dezember 1992, S. 44247) in der durch das Gesetz Nr. 66/1997 vom 30. Dezember 1997 (BOE Nr. 313 vom 31. Dezember 1997, S. 38517) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 37/1992) ist der Pro-rata-Regelung des Abzugs dieser Steuer gewidmet. Artikel 1 dieses Artikels bestimmt:

"Die Pro-rata-Regelung gilt, wenn der Steuerpflichtige in Ausübung seiner Geschäftstätigkeit oder seines Gewerbes zusammen mit Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, andere Umsätze gleicher Art bewirkt, für die dieses Recht nicht besteht.

Die Pro-rata-Regelung gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige Subventionen erhält, die - soweit sie zur Finanzierung der geschäftlichen oder gewerblichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen bestimmt sind - gemäß Artikel 78 Absatz 2 Nummer 3 dieses Gesetzes nicht in die Besteuerungsgrundlage einfließen."

7. Artikel 104 dieses Gesetzes bezieht sich auf den allgemeinen Pro-rata-Satz. Absatz 2 Nummer 2 Unterabsatz 2 dieses Artikels bestimmt:

"Kapitalzuschüsse sind in den Nenner des Pro-rata-Satzes einzubeziehen, sie können aber auch in dem Steuerjahr, in dem sie gewährt wurden, und in den vier darauf folgenden Jahren zu je einem Fünftel angerechnet werden. Kapitalzuschüsse jedoch, die zur Finanzierung des Erwerbs bestimmter Gegenstände oder Dienstleistungen gewährt wurden, die im Rahmen von steuerbaren und nicht von der Mehrwertsteuer befreiten Umsätzen erlangt wurden, verringern ausschließlich die Höhe des Abzugs der für diese Umsätze zu tragenden oder entrichteten Vorsteuer, und zwar in genau dem Maße, in dem sie zu deren Finanzierung beigetragen haben."

Das Vorverfahren

8. Die Kommission leitete das in Artikel 226 EG vorgesehene Vertragsverletzungsverfahren durch den Versand eines Mahnschreibens an die spanische Regierung am 20. April 2001 ein; in diesem Schreiben machte sie geltend, dass die Artikel 102 und 104 Absatz 2 Nummer 2 Unterabsatz 2 des Gesetzes Nr. 37/1992 im Widerspruch zu den Artikeln 17 Absätze 2 und 5 sowie 19 der Sechsten Richtlinie das Vorsteuerabzugsrecht beschränkten.

9. Das Königreich Spanien äußerte sich auf dieses Mahnschreiben mit Schreiben vom 8. Mai 2001.

10. Da die Kommission diese Antwort nicht für zufrieden stellend hielt, gab sie am 27. Juni 2002 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten ab ihrer Zustellung nachzukommen.

11. Das Königreich Spanien wiederholte in seinem Antwortschreiben vom 20. September 2002 auf die mit Gründen versehene Stellungnahme, dass es den Standpunkt der Kommission nicht teile.

Zur Klage

Vorbemerkungen

12. Die in den Randnummern 6 und 7 dieses Urteils erwähnten Bestimmungen des Gesetzes Nr. 37/1992 enthalten eine allgemeine Regelung und eine Sonderregelung.

13. Nach der allgemeinen Regelung, die in Artikel 102 dieses Gesetzes in Verbindung mit den in Randnummer 7 dieses Urteils angeführten Bestimmungen des Artikels 104 dieses Gesetzes enthalten ist, werden Subventionen, die zur Finanzierung der geschäftlichen oder gewerblichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen bestimmt sind und die nicht Teil der Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer sind, bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Abzugs berücksichtigt, indem sie in den Nenner des Bruches einbezogen werden, aus dem sich dieser Pro-rata-Satz ergibt. Die Subventionen verringern auf diese Weise allgemein das Vorsteuerabzugsrecht, das den Steuerpflichtigen zusteht. Zu diesen gehören nicht nur die Steuerpflichtigen, die die auf der Vorstufe erhaltenen Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für die Zwecke besteuerter Umsätze verwenden, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, als auch für die steuerbefreiten Umsätze, die diesen Anspruch nicht eröffnen (im Folgenden: gemischt Steuerpflichtige), sondern auch die Steuerpflichtigen, die diese Gegenstände und diese Dienstleistungen nur für die Zwecke besteuerter Umsätze verwenden, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen (im Folgenden: umfassend Steuerpflichtige).

14. Die Sonderregelung ist in den in Randnummer 7 dieses Urteils angeführten Bestimmungen des Artikels 104 des Gesetzes Nr. 37/1992 enthalten. Nach dieser Regelung verringern Subventionen, die zur Finanzierung des Erwerbs bestimmter Gegenstände oder Dienstleistungen im Rahmen von steuerbaren und nicht von der Mehrwertsteuer befreiten Umsätzen gewährt wurden, ausschließlich die Höhe des Abzugs der für diese Umsätze zu tragenden oder zu entrichtenden Vorsteuer, und zwar genau in dem Maße, in dem sie zu deren Finanzierung beigetragen haben. Demgemäß verringert sich bei einer Subvention von beispielsweise 20 % des Preises für den Erwerb eines Gegenstands oder einer Dienstleistung das Recht auf Abzug der Vorsteuer, die konkret auf diesem Gegenstand oder dieser Dienstleistung lastet, um 20 %.

Vorbringen der Parteien

15. Die Kommission macht geltend, dass das Gesetz Nr. 37/1992 durch die allgemeine Regelung die in Artikel 17 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 19 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts rechtswidrig dadurch erweitere, dass diese Beschränkung nicht nur auf gemischt Steuerpflichtige, sondern auch auf umfassend Steuerpflichtige angewandt werde. Im Übrigen führe die durch dieses Gesetz eingeführte Sonderregelung einen in der Sechsten Richtlinie nicht vorgesehenen und gegen sie verstoßenden Abzugsmechanismus ein.

16. Die spanische Regierung ist der Ansicht, die Kommission orientiere sich am Buchstaben der Sechsten Richtlinie und berücksichtige damit nicht die Ziele dieser Regelung, insbesondere nicht den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer.

17. Artikel 19 der Sechsten Richtlinie sei nicht bloß eine Regelung für die Berechnung des in Artikel 17 Absatz 5 dieser Richtlinie erwähnten Pro-rata-Satzes, die dazu bestimmt sei, bei gemischt Steuerpflichtigen den Anteil der besteuerten Tätigkeiten, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffneten, im Vergleich zu den gesamten besteuerten und steuerbefreiten Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zu berechnen. Indem der Gemeinschaftsgesetzgeber in Artikel 19 vorgesehen habe, dass die Mitgliedstaaten in den Zähler des Bruches die Subventionen einbeziehen könnten, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie genannt seien, habe er eine Ausnahme von der in Artikel 17 Absatz 5 aufgestellten Regel für gemischt Steuerpflichtige dadurch eingeführt, dass er es zugelassen habe, das Vorsteuerabzugsrecht der umfassend Steuerpflichtigen zu beschränken.

18. Mit Artikel 19 der Sechsten Richtlinie sei bezweckt, die Mitgliedstaaten zu ermächtigen, das Gleichgewicht im Wettbewerb herzustellen und auf diese Weise den Grundsatz der Neutralität der Steuer zu wahren. Die spanische Regierung führt für ihren Standpunkt das Beispiel eines Fuhrunternehmers an, der eine Subvention für den Erwerb eines Fahrzeugs erhält. Die Subvention erlaube es ihm, den Preis seiner Dienstleistung und damit den Betrag der auf diese entfallenden Mehrwertsteuer zu verringern. Wenn dieser Transporteur zusätzlich die Vorsteuer für die Ausgaben, die er mit Hilfe dieser Subvention auf der Vorstufe getätigt habe, vollständig abziehen könne, genieße er einen zusätzlichen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern, die keine Subventionen erhielten.19. Die im Gesetz Nr. 37/1992 vorgesehene Sonderregelung sehe eine weiter gehende Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts vor, als sie sich aus der Anwendung von Artikel 19 der Sechsten Richtlinie ergebe, denn sie betreffe den Abzug der Vorsteuer nur für den Gegenstand oder die Dienstleistung, die mit Hilfe der Subvention erworben würden, und habe keinen Einfluss auf den Abzug der Steuer für andere Gegenstände oder Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige erhalten habe.

20. Hilfsweise beantragt die spanische Regierung für den Fall, dass der Gerichtshof der von ihr vorgeschlagenen Auslegung nicht folgen sollte, die Wirkungen des Urteils zeitlich zu beschränken. Der Ausschluss der Rückwirkung des Urteils sei zum einen dadurch gerechtfertigt, dass die spanischen Behörden beim Erlass der in Rede stehenden Regelung gutgläubig gehandelt hätten, und zum anderen durch die Störungen, die das Urteil des Gerichtshofes hervorrufen könne.

Würdigung durch den Gerichtshof

21. Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie stellt den Grundsatz des Rechts auf Vorsteuerabzug auf. Dieses Recht bezieht sich auf die Steuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet.

22. Tätigt der Steuerpflichtige sowohl besteuerte Umsätze, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, und steuerbefreite Umsätze, die dieses Recht nicht eröffnen, so sieht Artikel 17 Absatz 5 der Richtlinie vor, dass der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig ist, der auf den Betrag der besteuerten Umsätze entfällt. Dieser Pro-rata-Satz wird in der in Artikel 19 dieser Richtlinie festgelegten Weise berechnet.

23. Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, wirkt sich jede Einschränkung des Rechts auf Steuerabzug auf die Höhe der steuerlichen Belastung aus und muss in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten. Ausnahmen sind daher nur in den in der Sechsten Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (vgl. u. a. Urteile vom 21. September 1988 in der Rechtssache 50/87, Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 4797, Randnr. 17, vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-62/93, BP Soupergaz, Slg. 1995, I-1883, Randnr. 18, und vom 8. Januar 2002 in der Rechtssache C-409/99, Metropol und Stadler, Slg. 2002, I-81, Randnr. 42).

24. Hierzu ist festzustellen, dass Artikel 19 der Sechsten Richtlinie, "Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs", ausdrücklich auf Artikel 17 Absatz 5 der Richtlinie verweist und nur in Verbindung mit diesem zu sehen ist.

25. Artikel 19 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich, der die Subventionen betrifft, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie genannt sind, d. h. Subventionen, die nicht in den Preis des gelieferten Gegenstands oder der erbrachten Leistung eingehen und nicht Teil der Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer sind, ist daher im Licht von Artikel 17 Absatz 5 auszulegen. Die letztgenannte Bestimmung betrifft jedoch, wie ausdrücklich aus ihrem Wortlaut hervorgeht, nur den Fall der gemischt Steuerpflichtigen. Somit erlaubt Artikel 19 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich, der keine Ausnahme darstellt, die für die gemischt und die umfassend Steuerpflichtigen gilt, nur, das Recht auf Vorsteuerabzug unter Berücksichtigung der so definierten Subventionen bei gemischt Steuerpflichtigen zu beschränken.

26. Daher führt die allgemeine Regelung im Gesetz Nr. 37/1992 durch die Erstreckung der Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts auf umfassend Steuerpflichtige eine Beschränkung ein, die über die in den Artikeln 17 Absatz 5 und 19 der Sechsten Richtlinie ausdrücklich vorgesehene hinausgeht und den Bestimmungen dieser Richtlinie zuwiderläuft.

27. Zu der durch dieses Gesetz eingeführten Sonderregelung genügt die Feststellung, dass sie einen Mechanismus der Beschränkung des Vorsteuerabzugs einführt, der weder in den Artikeln 17 Absatz 5 und 19 noch in einer anderen Bestimmung der Sechsten Richtlinie vorgesehen ist. Ein solcher Mechanismus ist daher nach dieser Richtlinie nicht zulässig.

28. Das Vorbringen der spanischen Regierung, dass die von ihr vertretene Auslegung des Artikels 19 der Sechsten Richtlinie es besser ermögliche, das Gleichgewicht im Wettbewerb und daher den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zu wahren, ist zurückzuweisen. Denn die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Sechste Richtlinie auch dann anzuwenden, wenn sie sie für verbesserungsbedürftig halten. Wie aus dem Urteil vom 8. November 2001 in der Rechtssache C-338/98 (Kommission/Niederlande, Slg. 2001, I-8265, Randnrn. 55 und 56) hervorgeht, dürfen die Mitgliedstaaten, selbst wenn die Auslegung, die einige von ihnen vertreten, es erlauben würde, bestimmte mit der Sechsten Richtlinie verfolgte Ziele, wie die Steuerneutralität, besser zu erreichen, nicht von den in dieser Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Bestimmungen dadurch abweichen, dass sie, wie im vorliegenden Fall, andere Beschränkungen des Vorsteuerabzugsrechts, als sie in den Artikeln 17 und 19 der Richtlinie vorgesehen sind, einführen.

29. Zu dem Antrag der spanischen Regierung auf zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils des Gerichtshofes ist daran zu erinnern, dass sich der Gerichtshof nur in Ausnahmefällen aufgrund des der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnenden allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit veranlasst sehen kann, eine solche Beschränkung anzuordnen.

30. Wie der Generalanwalt in Nummer 24 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, muss hierzu nachgewiesen werden, dass die staatlichen Stellen durch eine objektive und bedeutende Ungewissheit über die Tragweite der Gemeinschaftsbestimmungen zum Erlass einer Regelung oder zu einem Verhalten veranlasst wurden, die mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2000 in der Rechtssache C-359/97, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2000, I-6355, Randnr. 92). Eine solche Ungewissheit bestand jedoch im vorliegenden Fall nicht. Daher sind die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils nicht zu beschränken.

31. Nach allem ist festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Artikeln 17 Absätze 2 und 5 sowie 19 der Sechsten Richtlinie verstoßen hat, dass es einen Pro-rata-Satz für den Abzug der von den Steuerpflichtigen, die nur besteuerte Umsätze tätigen, getragenen Mehrwertsteuer vorsieht und dass es eine Sonderregelung eingeführt hat, durch die die Abziehbarkeit der Mehrwertsteuer beschränkt wird, die auf den Erwerb von mittels Subventionen finanzierten Gegenständen oder Dienstleistungen entfällt.

Kostenentscheidung:

Kosten

32. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Artikeln 17 Absätze 2 und 5 sowie 19 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung verstoßen, dass es einen Pro-rata-Satz für den Abzug der von den Steuerpflichtigen, die nur besteuerte Umsätze tätigen, getragenen Mehrwertsteuer vorsieht und dass es eine Sonderregelung eingeführt hat, durch die die Abziehbarkeit der Mehrwertsteuer beschränkt wird, die auf den Erwerb von mittels Subventionen finanzierten Gegenständen oder Dienstleistungen entfällt.

2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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