Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.11.1992
Aktenzeichen: C-209/91
Rechtsgebiete: EWGVtr, RL 77/187, BGB


Vorschriften:

EWGVtr § 177
RL 77/187 Art. 1 Abs. 1
RL 77/187 Art. 3 Abs. 2
BGB § 613a
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen ist so auszulegen, daß die Richtlinie Anwendung finden kann, wenn ein Unternehmer durch Vertrag einem anderen Unternehmer die Verantwortung für die Bewirtschaftung einer zuvor von ihm selbst geleiteten innerbetrieblichen Dienstleistungseinrichtung gegen Entgelt und andere verschiedene Leistungen, die in dem Vertrag zwischen den beiden Unternehmen im einzelnen geregelt sind, überträgt.

2. Artikel 3 der Richtlinie 77/187 ist so auszulegen, daß die sich aus dem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis ergebenden Entgeltbedingungen, etwa hinsichtlich des Zeitpunkts der Auszahlung und der Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, anläßlich des Übergangs nicht geändert werden können, selbst wenn die Höhe des Arbeitsentgelts insgesamt unverändert bleibt. Die Richtlinie steht jedoch einer Änderung des Arbeitsverhältnisses durch den neuen Inhaber des Unternehmens nicht entgegen, sofern das nationale Recht eine solche Änderung unabhängig vom Fall des Unternehmensübergangs zulässt. Der Erwerber ist ferner verpflichtet, die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Bedingungen bis zur Kündigung oder bis zum Ablauf des Kollektivvertrags beziehungsweise bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Masse aufrechtzuerhalten, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräusserer vorgesehen waren.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 12. NOVEMBER 1992. - ANNE WATSON RASK UND KIRSTEN CHRISTENSEN GEGEN ISS KANTINESERVICE AS. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: SOE- OG HANDELSRETTEN - DAENEMARK. - WAHRUNG VON ANSPRUECHEN DER ARBEITNEHMER BEIM UEBERGANG VON UNTERNEHMEN. - RECHTSSACHE C-209/91.

Entscheidungsgründe:

1 Das Sö- og Handelsret, Kopenhagen, hat mit Beschluß vom 30. Juli 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 6. August 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26, nachstehend: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Anne Watson Rask und der ISS Kantineservice A/S (nachstehend: Beklagte) insbesondere wegen des Zeitpunkts der Auszahlung des Arbeitsentgelts der Klägerin sowie in einem Rechtsstreit zwischen Anne Watson Rask und Kirsten Christensen auf der einen Seite und der Beklagten auf der anderen Seite wegen der Zusammensetzung des Arbeitsentgelts der Klägerinnen.

3 Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren waren bei der Philips A/S (nachstehend: Philips) in einer der vier Betriebskantinen und anschließend ab 1. Januar 1989 bei der Beklagten beschäftigt, die zu diesem Zeitpunkt den Betrieb dieser vier Kantinen aufgrund eines Vertrags mit Philips vom 2. Dezember 1988 übernommen hatte.

4 Wie sich aus dem Vorlagebeschluß ergibt, übernahm die Beklagte aufgrund des Vertrags zwischen ihr und Philips die volle Verantwortung für den Betrieb der Kantinen von Philips, insbesondere für die Aufstellung des Speiseplans, den Einkauf, die Zubereitung und die Ausgabe des Essens, sämtliche Aufgaben der Verwaltung sowie die Einstellung und die Ausbildung des Personals.

5 Die Beklagte verpflichtete sich ebenfalls, die von Philips in ihren Kantinen fest angestellten Mitarbeiter ab 1. Januar 1989 zu denselben Bedingungen bezueglich Entgelt und Betriebszugehörigkeitsdauer zu übernehmen. Aufgrund dieser Verpflichtung stellte sie die Klägerinnen ein.

6 Als Gegenleistung sollte Philips an die Beklagte einen monatlichen Festbetrag zur Deckung "aller mit dem gewöhnlichen Betrieb verbundenen Ausgaben wie direkter und indirekter Löhne, Versicherungen, Arbeitskleidung und Management sowie der Kontroll- und Verwaltungskosten" zahlen und die Auslagen für verschiedene Waren wie Einweggeschirr und -verpackungen, Servietten oder Reinigungsmittel erstatten. Darüber hinaus stellte Philips der Beklagten die von dieser akzeptierten Verkaufs- und Produktionsräume, die für den Kantinenbetrieb erforderliche Einrichtung, Strom, Heizung und Telefon unentgeltlich zur Verfügung und verpflichtete sich zur allgemeinen Instandhaltung der Räume und Einrichtungen sowie zur Abfallbeseitigung.

7 Den Ausgangsverfahren liegt eine von der Beklagten einseitig vorgenommene Änderung des Tages der Auszahlung des Arbeitsentgelts an die übernommenen Arbeitnehmer ° vom letzten Donnerstag des Monats auf den letzten Werktag des Monats ° sowie der Zusammensetzung des Arbeitsentgelts dieser Arbeitnehmer zugrunde, dessen Gesamtbetrag jedoch vertragsgemäß unverändert blieb.

8 Die Klägerin Rask verlangte, daß ihr Arbeitsentgelt ihr wie in der Vergangenheit am letzten Donnerstag des Monats ausgezahlt werde. Sie forderte ausserdem zusammen mit der Klägerin Christensen, daß ihr verschiedene früher von Philips gezahlte Zulagen gewährt würden. Die Beklagte wies diese Forderungen zurück und entließ die Klägerin Rask, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter diesen Bedingungen abgelehnt hatte.

9 Vor dem Sö- og Handelsret, Kopenhagen, das die Klägerin Rask wegen Entschädigung aufgrund rechtswidriger Entlassung und zusammen mit der Klägerin Christensen wegen Zahlung der streitigen Zulagen anrief, machte die Beklagte geltend, daß entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der Vertrag mit Philips keine Unternehmensübertragung im Sinne der Richtlinie oder des zu ihrer Durchführung ergangenen dänischen Gesetzes Nr. 111 vom 21. März 1979 über die Rechtsstellung der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen dargestellt habe; somit sei sie jedenfalls nicht verpflichtet, ganz genau die gleichen Entgeltbedingungen wie Philips aufrechtzuerhalten.

10 Das Sö- og Handelsret, Kopenhagen, das zur Entscheidung über diese Rechtssachen eine Auslegung der Richtlinie für erforderlich hält, hat dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Ist die Richtlinie 77/187/EWG anwendbar, wenn ein Unternehmen A den Betrieb der Kantine in einem anderen Unternehmen B übernimmt und

° das Unternehmen A gegen eine feste monatliche Vergütung für "alle mit dem gewöhnlichen Betrieb verbundenen Ausgaben wie direkte und indirekte Löhne, Versicherungen, Arbeitskleidung und Management sowie für die Kontroll- und Verwaltungskosten" aufkommen soll,

° das Unternehmen B dem Unternehmen A von diesem akzeptierte Verkaufs- und Produktionsräume einschließlich verschließbarer Lagerräume, die Betriebseinrichtung, Strom, Heizung und Telefon sowie Garderoben für das Kantinenpersonal unentgeltlich zur Verfügung stellt sowie den Abfall beseitigt,

° das Unternehmen B die Kosten für die Verwendung von Einweggeschirr und -verpackungen, Servietten und Reinigungsmittel übernimmt,

° das Unternehmen A dem Kantinenpersonal des Unternehmens B eine Anstellung zum selben Entgelt wie bisher und unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit anbietet?

2) Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß der Kantinenbetrieb nur eine Dienstleistung für die im Unternehmen B angestellten Mitarbeiter darstellt und insofern mit der allgemeinen Produktion des Unternehmens nichts zu tun hat?

3) Verstösst eine Änderung des Zeitpunkts der Auszahlung des Arbeitsentgelts an die Mitarbeiter und/oder der Zusammensetzung ihres Arbeitsentgelts gegen Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie, wenn das Gesamtarbeitsentgelt im übrigen unverändert bleibt?

11 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts der Ausgangsrechtsstreitigkeiten, der anwendbaren Gemeinschaftsregelung, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten und zur zweiten Frage

12 Mit seinen ersten beiden Fragen möchte das nationale Gericht im wesentlichen wissen, ob Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie so auszulegen ist, daß die Richtlinie Anwendung findet, wenn ein Unternehmer durch Vertrag einem anderen Unternehmer die Verantwortung für die Bewirtschaftung einer zuvor von ihm selbst geleiteten innerbetrieblichen Dienstleistungseinrichtung gegen Entgelt und verschiedene Leistungen, die in dem Vertrag zwischen den beiden Unternehmern im einzelnen geregelt sind, überträgt.

13 Die Klägerinnen sowie die Kommission schlagen vor, die in dieser Weise neu formulierten Fragen zu bejahen. Sie machen geltend, daß durch einen solchen Vertrag die Verantwortung für die Bewirtschaftung der betreffenden Einrichtung auf den Vertragspartner übertragen werde, der damit zum Arbeitgeber der in dieser Einrichtung beschäftigten Arbeitnehmer werde. Die Klägerinnen tragen weiter vor, daß sich die Übertragung auf einen "Betriebsteil" im Sinne der Richtlinie beziehe, da die übertragene Einrichtung eine wirtschaftlich selbständige Einheit innerhalb des übertragenden Unternehmens darstelle.

14 Die Beklagte hält dem entgegen, daß ein Vertrag wie der vom vorlegenden Gericht beschriebene keinen "Unternehmensübergang" im Sinne der Richtlinie bewirke, wenn man dieser nicht einen übertrieben weiten Anwendungsbereich geben wolle. Ein solcher Vertrag bewirke keinen Übergang im Sinne der Richtlinie, da er dem Vertragspartner weder die volle Verantwortung für den Betrieb namentlich hinsichtlich des Kundenkreises und der Preisgestaltung einräume noch den Erwerb der für diesen Betrieb erforderlichen Aktiva vorsehe. Ein solcher Vertrag betreffe eine Einrichtung, die angesichts ihrer untergeordneten Bedeutung für die Tätigkeit des Veräusserers nicht als "Unternehmen" im Sinne der Richtlinie qualifiziert werden könne.

15 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 5. Mai 1988 in den verbundenen Rechtssachen 144/87 und 145/87, Berg, Slg. 1988, 2559, Randnr. 17) ist die Richtlinie anwendbar, wenn im Rahmen vertraglicher Beziehungen die natürliche oder juristische Person, die für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist und insoweit gegenüber den in dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern die Arbeitgeberverpflichtungen eingeht, wechselt, ohne daß es darauf ankommt, ob das Eigentum an dem Unternehmen übertragen worden ist.

16 Die Richtlinie gewährt nach Artikel 1 Absatz 1 namentlich auch dann Schutz, wenn die Übertragung nur einen Betrieb oder einen Betriebsteil, d. h. einen Teil des Unternehmens betrifft. Der Schutz gilt dann für die in diesem Unternehmensteil beschäftigten Arbeitnehmer, da nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 7. Februar 1985 in der Rechtssache 186/83 (Botzen, Slg. 1985, 519, Randnr. 15) das Arbeitsverhältnis inhaltlich durch die Verbindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmensteil gekennzeichnet wird, dem er zur Erfuellung seiner Aufgabe angehört.

17 Überträgt ein Unternehmer durch Vertrag einem anderen Unternehmer die Verantwortung für die Bewirtschaftung einer Einrichtung seines Unternehmens wie einer Kantine und übernimmt der letztgenannte damit die Arbeitgeberpflichten gegenüber den dort beschäftigten Arbeitnehmern, so kann ein solcher Vorgang in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, wie er in Artikel 1 Absatz 1 festgelegt ist. Daß der in diesem Fall übertragene Tätigkeitsbereich für das übertragende Unternehmen nur von untergeordneter Bedeutung ist und nicht in einem notwendigen Zusammenhang mit dem Unternehmenszweck steht, kann nicht zum Ausschluß dieses Vorgangs vom Anwendungsbereich der Richtlinie führen. Ebensowenig wird die Anwendbarkeit der Richtlinie dadurch ausgeschlossen, daß der Vertrag zwischen dem Veräusserer und dem Erwerber Dienstleistungen betrifft, die gegen ein Entgelt, das im einzelnen vertraglich geregelt ist, ausschließlich zugunsten des Veräusserers erbracht werden.

18 Dem nationalen Gericht obliegt die Beurteilung, ob die in seinem Vorlagebeschluß beschriebenen tatsächlichen Umstände insgesamt für einen "Unternehmensübergang" im Sinne der Richtlinie sprechen. Daher ist es angebracht, das Gericht darauf hinzuweisen, daß es folgenden Erwägungen wird Rechnung tragen müssen (vgl. zuletzt Urteil vom 19. Mai 1992 in der Rechtssache C-29/91, Redmond, Slg. 1992, I-3189, Randnrn. 23 und 24).

19 Das entscheidende Kriterium für die Antwort auf die Frage, ob es sich um einen Übergang im Sinne der Richtlinie handelt, besteht darin, ob die fragliche Einheit ihre Identität bewahrt, was insbesondere aus der tatsächlichen Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit folgt.

20 Für die Feststellung, ob diese Voraussetzungen erfuellt sind, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang ausgeuebten Tätigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Es ist jedoch klarzustellen, daß alle diese Umstände nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung sind und deshalb nicht isoliert beurteilt werden können.

21 Somit ist auf die ersten beiden Vorabentscheidungsfragen zu antworten, daß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie so auszulegen ist, daß die Richtlinie Anwendung finden kann, wenn ein Unternehmer durch Vertrag einem anderen Unternehmer die Verantwortung für die Bewirtschaftung einer zuvor von ihm selbst geleiteten innerbetrieblichen Dienstleistungseinrichtung gegen Entgelt und verschiedene Leistungen, die in dem Vertrag zwischen den beiden Unternehmen im einzelnen geregelt sind, überträgt.

Zur dritten Frage

22 Mit seiner dritten Frage möchte das nationale Gericht im wesentlichen wissen, ob Artikel 3 der Richtlinie so auszulegen ist, daß der Erwerber die zwischen dem Veräusserer und den Arbeitnehmern vereinbarten Bedingungen hinsichtlich des Arbeitsentgelts, insbesondere des Zeitpunkts seiner Auszahlung und seiner Zusammensetzung, aufrechterhalten muß, selbst wenn der Gesamtbetrag des Arbeitsentgelts unverändert bleibt.

23 In Artikel 3 der Richtlinie heisst es:

"(1) Die Rechte und Pflichten des Veräusserers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen auf Grund des Übergangs auf den Erwerber über.

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß der Veräusserer auch nach dem Übergang im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 neben dem Erwerber für Pflichten aus einem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis einzustehen hat.

(2) Nach dem Übergang im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zu der Kündigung oder dem Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zu der Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Masse aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräusserer vorgesehen waren.

Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen begrenzen, sofern dieser nicht weniger als ein Jahr beträgt."

24 Nach Ansicht der Klägerinnen verpflichtet Artikel 3 der Richtlinie den Erwerber, die mit dem Veräusserer vereinbarten Bedingungen hinsichtlich der Arbeit und des Arbeitsentgelts, insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts seiner Auszahlung, aufrechtzuerhalten.

25 Nach Meinung der Kommission und der Beklagten kann der Erwerber die durch den Vertrag oder das Arbeitsverhältnis festgelegten Bedingungen ändern, soweit eine solche Änderung nach nationalem Recht unabhängig vom Fall des Unternehmensübergangs zulässig sei.

26 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. insbesondere Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-362/89, D' Urso u. a., Slg. 1991, I-4105, Randnr. 9) soll die Richtlinie für die von einem Unternehmensübergang betroffenen Arbeitnehmer die Aufrechterhaltung ihrer Rechte aus dem Arbeitsvertrag oder aus dem Arbeitsverhältnis sicherstellen.

27 Wie der Gerichtshof jedoch in seinem Urteil vom 10. Februar 1988 in der Rechtssache 324/86 (Daddy' s Dance Hall, Slg. 1988, 739, Randnr. 16) festgestellt hat, nimmt die Richtlinie nur eine teilweise Harmonisierung auf dem betreffenden Gebiet vor, indem sie hauptsächlich den den Arbeitnehmern durch die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten selbst bereits gewährten Schutz auch auf den Fall des Unternehmensübergangs ausdehnt. Sie will kein für die gesamte Gemeinschaft aufgrund gemeinsamer Kriterien einheitliches Schutzniveau schaffen. Die Richtlinie kann daher nur in Anspruch genommen werden, um sicherzustellen, daß der betroffene Arbeitnehmer in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt ist, wie er es nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in seinen Beziehungen zum Veräusserer war.

28 Soweit daher nach nationalem Recht unabhängig vom Fall des Unternehmensübergangs das Arbeitsverhältnis, insbesondere hinsichtlich der Entgeltbedingungen, zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden kann, wird diese Möglichkeit nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß das Unternehmen in der Zwischenzeit übertragen und die Vereinbarung daher mit dem neuen Unternehmensinhaber geschlossen worden ist. Da der Erwerber nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie in die Rechte und Pflichten des Veräusserers aus dem Arbeitsverhältnis eintritt, kann dieses gegenüber dem Erwerber in demselben Umfang geändert werden, wie dies gegenüber dem Veräusserer möglich war; der Unternehmensübergang als solcher stellt jedoch keinesfalls einen Grund für eine solche Änderung dar (Urteil Daddy' s Dance Hall, a. a. O., Randnr. 17).

29 Zudem ist der Erwerber nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie verpflichtet, die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder bis zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Masse aufrechtzuerhalten, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräusserer vorgesehen waren. Die Mitgliedstaaten können diesen Zeitraum begrenzen, er darf jedoch nicht weniger als ein Jahr betragen.

30 Anhand dieser Regeln hat das nationale Gericht den nach nationalem Recht zu bestimmenden Umfang der Pflichten des Erwerbers zu beurteilen, ob diese nun auf einem Arbeitsvertrag, einem Arbeitsverhältnis oder einem Kollektivvertrag beruhen.

31 Somit ist auf die dritte Frage zu antworten, daß Artikel 3 der Richtlinie so auszulegen ist, daß die sich aus dem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis ergebenden Entgeltbedingungen, etwa hinsichtlich des Zeitpunkts der Auszahlung und der Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, anläßlich des Übergangs nicht geändert werden können, selbst wenn die Höhe des Arbeitsentgelts insgesamt unverändert bleibt. Die Richtlinie steht jedoch einer Änderung des Arbeitsverhältnisses durch den neuen Inhaber des Unternehmens nicht entgegen, sofern das nationale Recht eine solche Änderung unabhängig vom Fall des Unternehmensübergangs zulässt. Der Erwerber ist ferner verpflichtet, die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Bedingungen bis zur Kündigung oder bis zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags im gleichen Masse aufrechtzuerhalten, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräusserer vorgesehen waren.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom Sö- og Handelsret, Kopenhagen, mit Beschluß vom 30. Juli 1991 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen ist so auszulegen, daß die Richtlinie Anwendung finden kann, wenn ein Unternehmer durch Vertrag einem anderen Unternehmer die Verantwortung für die Bewirtschaftung einer zuvor von ihm selbst geleiteten innerbetrieblichen Dienstleistungseinrichtung gegen Entgelt und andere verschiedene Leistungen, die in dem Vertrag zwischen den beiden Unternehmen im einzelnen geregelt sind, überträgt.

2) Artikel 3 der Richtlinie 77/187 ist so auszulegen, daß die sich aus dem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis ergebenden Entgeltbedingungen, etwa hinsichtlich des Zeitpunkts der Auszahlung und der Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, anläßlich des Übergangs nicht geändert werden können, selbst wenn die Höhe des Arbeitsentgelts insgesamt unverändert bleibt. Die Richtlinie steht jedoch einer Änderung des Arbeitsverhältnisses durch den neuen Inhaber des Unternehmens nicht entgegen, sofern das nationale Recht eine solche Änderung unabhängig vom Fall des Unternehmensübergangs zulässt. Der Erwerber ist ferner verpflichtet, die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Bedingungen bis zur Kündigung oder bis zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Masse aufrechtzuerhalten, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräusserer vorgesehen waren.

Ende der Entscheidung

Zurück