Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.05.2005
Aktenzeichen: C-212/03
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 65/65/EWG des Rates i.d.F.v. 26.01.1965 zur Angleichung der Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten, Richtlinie 93/39/EWG, Richtlinie 92/73/EWG


Vorschriften:

EG Art. 28
Richtlinie 65/65/EWG des Rates i.d.F.v. 26.01.1965 zur Angleichung der Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten
Richtlinie 93/39/EWG
Richtlinie 92/73/EWG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 26. Mai 2005. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Maßnahmen gleicher Wirkung - Verfahren der vorherigen Genehmigung für persönliche Einfuhren von Arzneimitteln - Humanarzneimittel - Homöopathische Arzneimittel. - Rechtssache C-212/03.

Parteien:

In der Rechtssache C-212/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 15. Mai 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch H. Støvlbæk und B. Stromsky als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Französische Republik , vertreten durch G. de Bergues, C. BergeotNunes und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), R. Schintgen, J. Makarczyk und J. Kluka,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Oktober 2004

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 28 EG verstoßen hat, dass sie

- auf persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben und nach der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. L 22, S. 369) in der durch die Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. L 214, S. 22) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 65/65) sowohl in Frankreich als auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind, ein Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt;

- auf persönliche Einfuhren von homöopathischen Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben worden und in einem Mitgliedstaat nach der Richtlinie 92/73/EWG des Rates vom 22. September 1992 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel und zur Festlegung zusätzlicher Vorschriften für homöopathische Arzneimittel (ABl. L 297, S. 8) registriert sind, ein Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt, und

- auf persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben worden sind, aber nicht dort, sondern nur in dem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem sie gekauft werden, ein unverhältnismäßiges Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt.

Die nationale Regelung

2. Die Artikel R. 514212 bis R. 514214 des französischen Code de la santé publique bestimmten in ihrer damals geltenden Fassung:

Artikel R. 514212 - Jedes Arzneimittel, für das keine Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne von Artikel L. 601 oder vorübergehende Genehmigung der Verwendung im Sinne von Buchstabe b des Artikels L. 6012 für eingeführte Arzneimittel erteilt worden ist..., bedarf für die Einfuhr in das französische Zollgebiet einer Einfuhrgenehmigung, die vom Generaldirektor der Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé [Französische Agentur für die gesundheitliche Sicherheit von Gesundheitserzeugnissen] erteilt wird...

...

Artikel R. 514213 - Einzelpersonen dürfen Arzneimittel nur in einer Menge einführen, die ihrem persönlichen therapeutischen Bedarf für eine Behandlungszeit von nicht mehr als drei Monaten bei normaler Verwendung oder für die vorgeschriebene Behandlungszeit entspricht. Führen sie das Arzneimittel persönlich mit sich, sind sie von der Genehmigung befreit.

Artikel R. 514214 - Der Antrag auf Einfuhrgenehmigung muss enthalten:

a) Namen oder Firma und Anschrift der natürlichen oder juristischen Person, die für die Einfuhr verantwortlich ist;

b) das Herkunftsland, und wenn dieses ein anderes Land ist, das Ursprungsland des Arzneimittels;

c) die Bezeichnung, die Zusammenstellung, die Darreichungsform, die Dosierung und die administrative Grundlage;

d) die eingeführten Mengen.

Dem Antrag sind beizufügen:

...

4. Bei einem Arzneimittel, das von einer Einzelperson in anderer Weise als durch Mitführen eingeführt wird, gegebenenfalls das Rezept, das nach den besonderen Voraussetzungen für die Verschreibung und die Aushändigung ausgestellt ist, die auf dieses Arzneimittel nach der französischen Regelung anwendbar sind.

...

In jedem Fall kann der Generaldirektor der Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé beim Antragsteller alle für die Entscheidung über den Antrag erforderlichen ergänzenden Angaben anfordern.

Das Vorverfahren

3. Aufgrund einer Beschwerde beschloss die Kommission, das Verfahren der Genehmigung der Einfuhr von für den persönlichen Bedarf bestimmten Arzneimitteln nach Frankreich in allen seinen Ausgestaltungen auf seine Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht hin zu überprüfen.

4. Mit Mahnschreiben vom 9. März 2000 teilte die Kommission der französischen Regierung mit, dass die französische Regelung betreffend die Einfuhr von Arzneimitteln eine nach Artikel 28 EG verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung darstellen könne, weil sie Einfuhren von Arzneimitteln durch Privatpersonen von einer vorherigen Genehmigung abhängig mache, sofern die Betroffenen diese Mittel nicht persönlich mit sich führten.

5. In Beantwortung dieses Mahnschreibens machten die französischen Behörden in einem Schreiben vom 11. Mai 2000 geltend, dass die durch die französische Regelung eingeführte Kontrolle bei der Einfuhr von Arzneimitteln durch Privatpersonen zwar eine solche Maßnahme darstellen könne, diese jedoch nach Artikel 30 EG gerechtfertigt sei, da sie einzig den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen durch Maßnahmen sicherstellen solle, die nicht unverhältnismäßig seien.

6. Da die Kommission der Ansicht war, dass diese Antwort die Rügen in ihrem Mahnschreiben nicht entkräften könne, übersandte sie am 23. Oktober 2001 der Französischen Republik eine mit Gründen versehene Stellungnahme, mit der sie diese aufforderte, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten ab ihrer Zustellung nachzukommen.

7. Am 18. Dezember 2001 übersandte die französische Regierung der Kommission ein Schreiben, dem ein Verordnungsentwurf betreffend die Einfuhr von Humanarzneimitteln beigefügt war. Da diese Antwort nach Ansicht der Kommission nichts enthielt, was ihre Beurteilung hätte ändern können, beschloss sie, die vorliegende Klage einzureichen.

Zur Klage

8. Mit der vorliegenden Klage zielt die Kommission auf drei Fälle persönlicher Einfuhren ordnungsgemäß verschriebener Arzneimittel ab, in denen die Arzneimittel nicht persönlich mitgeführt werden. Es handelt sich um die Einfuhr

- von Arzneimitteln, die entsprechend dem Gemeinschaftsrecht sowohl in Frankreich als auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind;

- von homöopathischen Arzneimitteln, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht in einem anderen Mitgliedstaat registriert sind, und

- von Arzneimitteln, die nicht in Frankreich, aber in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind.

9. Die Kommission trägt vor, dass in diesen drei Fällen eine vorherige Genehmigung verlangt wird. Dieses Erfordernis verstoße in den ersten beiden erwähnten Fällen an sich schon gegen Artikel 28 EG; das Genehmigungsverfahren, wie es von den zuständigen Behörden im dritten Fall gehandhabt werde, sei unverhältnismäßig und verstoße aus diesem Grund ebenfalls gegen diesen Artikel.

Zur ersten Rüge betreffend die Art und Weise der Einfuhr der Arzneimittel, die sowohl in Frankreich als auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind

Vorbringen der Parteien

10. Die Kommission ist der Ansicht, dass ein Verfahren der vorherigen Genehmigung, das für die Einfuhr von sowohl im Einfuhrmitgliedstaat als auch im Ausfuhrmitgliedstaat zugelassenen Arzneimitteln unter den in der Klageschrift dargestellten Umständen vorgeschrieben werde, eine gegen Artikel 28 EG verstoßende Beschränkung des freien Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten darstelle.

11. Die französische Regierung wendet sich nicht grundsätzlich gegen diese Beurteilung, meint jedoch, dass die Kommission bei ihrer Untersuchung von einem falschen Verständnis der französischen Regelung ausgegangen sei, die in den von der ersten Rüge erfassten Fällen kein Verfahren der vorherigen Genehmigung für Arzneimittel vorsehe, für die bereits in Frankreich eine Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Verkehrsgenehmigung) erteilt worden sei.

12. Die Kommission erwidert, dass sie nicht die französische Regelung beanstande, sondern eine Verwaltungspraxis, wonach die zuständige Behörde Einfuhrgenehmigungen für Arzneimittel vorschreibe, die für den persönlichen Bedarf bestimmt und bereits in Frankreich zugelassen seien.

13. Die französische Regierung räumt den mehrdeutigen Charakter dieser Verwaltungspraxis ein, verweist jedoch darauf, dass von ihr jedenfalls nur in 1 % der Fälle Anträge von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten betroffen seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

14. Erstens ist festzustellen, dass die Kommission mit dieser Rüge auf eine Verwaltungspraxis abzielt, die eine Genehmigung für persönliche Einfuhren ordnungsgemäß verschriebener Arzneimittel vorschreibt, sofern diese vom Einführenden nicht mitgeführt werden; zweitens bestreitet die französische Regierung im Kern nicht, dass eine solche Praxis, wenn sie festgestellt würde, eine gegen Artikel 28 EG verstoßende Beschränkung darstellte.

15. In Bezug auf diese Verwaltungspraxis räumt die französische Regierung ein, dass aus einem der Kommission übermittelten Schriftstück betreffend das von der Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé (im Folgenden: AFSSAPS) vorgesehene Verfahren hervorgehe, dass eine Einfuhrgenehmigung für eine Reihe von Erzeugnissen erforderlich sei, für die bereits eine Verkehrsgenehmigung in Frankreich erteilt worden sei. Allerdings seien von diesem Genehmigungsverfahren in der Praxis nur in 1 % der Fälle Anträge von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten betroffen.

16. Der letztgenannte Umstand kann jedoch der in Rede stehenden Verwaltungspraxis nicht den Charakter einer Beschränkung im Sinne von Artikel 28 EG nehmen. Maßgeblich ist nämlich nicht die absolute oder relative Zahl der erteilten Genehmigungen, sondern der Umstand an und für sich, dass solche Genehmigungen verlangt werden.

17. Daher ist festzustellen, dass in Frankreich eine Verwaltungspraxis besteht, die persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die ordnungsgemäß verschrieben und gemäß der Richtlinie 65/65 sowohl in Frankreich als auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind, von einer Genehmigung abhängig macht, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt.

18. Demnach greift die erste Rüge der Kommission durch.

Zur zweiten Rüge betreffend die Art und Weise der Einfuhr in einem anderen Mitgliedstaat registrierter homöopathischer Arzneimittel

Vorbringen der Parteien

19. Nach Ansicht der Kommission verstößt es gegen Artikel 28 EG, wenn homöopathische Arzneimittel im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 92/73, die in einem anderen Mitgliedstaat registriert sind, einem Verfahren der vorherigen Genehmigung unterworfen werden.

20. Sei ein homöopathisches Arzneimittel in einem Mitgliedstaat registriert, so stelle es von vornherein keine Gefahr für die Gesundheit dar, da nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 92/73 nur homöopathische Arzneimittel mit einem ihre Unbedenklichkeit garantierenden Verdünnungsgrad registriert werden könnten und im Übrigen die Bestimmungen über die Herstellung und Überwachung der homöopathischen Arzneimittel harmonisiert worden seien.

21. Nach Ansicht der französischen Regierung verstößt das in Rede stehende Genehmigungsverfahren nicht gegen Artikel 28 EG. Die Mitgliedstaaten dürften auch weiterhin solche Genehmigungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorschreiben.

22. Die Richtlinie 92/73 sehe kein Verfahren der gegenseitigen Anerkennung vor, sondern eine bloße Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Registrierungen oder bereits von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Genehmigungen gebührend zu berücksichtigen. Es könne daher nicht angenommen werden, dass diese Richtlinie einen so hohen Grad der Harmonisierung eingeführt habe, dass eine Haftung des Einfuhrmitgliedstaats gegenüber den betreffenden Patienten begründet worden sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

23. Zunächst ist festzustellen, dass das Erfordernis einer Genehmigung für die persönliche Einfuhr eines im Ausfuhrmitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebrachten homöopathischen Arzneimittels, sofern es der Einführende nicht mit sich führt, eine gegen Artikel 28 EG verstoßende Beschränkung des freien Warenverkehrs darstellt, die jedoch mit der Notwendigkeit des Schutzes der Gesundheit von Menschen gerechtfertigt werden könnte.

24. Die Richtlinie 92/73 legt in Bezug auf die in ihrem Artikel 2 definierten homöopathischen Arzneimittel Bestimmungen zur Harmonisierung der Herstellung, der Kontrolle und der Inspektion fest, die insbesondere nach ihrer achten und neunten Begründungserwägung den Verwendern dieser Arzneimittel einen eindeutigen Hinweis auf deren homöopathischen Charakter und ausreichende Garantien in Bezug auf deren Qualität und Unbedenklichkeit geben sollen.

25. Ferner unterscheidet die Richtlinie laut ihrer zehnten und elften Begründungserwägung zwischen traditionellen homöopathischen Arzneimitteln, die ohne therapeutische Indikation in einer Dosierung, die kein Risiko für den Patienten darstellt, in Verkehr gebracht werden, und homöopathischen Arzneimitteln, die mit therapeutischem Indikationsanspruch oder in einer mit potenziellen Risiken verbundenen Darreichu ngsform in Verkehr gebracht werden.

26. Die Arzneimittel der ersten Gruppe unterliegen gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 92/73 einem besonderen vereinfachten Registrierungsverfahren. Dieses Verfahren ist nur dann anwendbar, wenn alle in dieser Bestimmung aufgeführten Bedingungen, insbesondere in Bezug auf das Fehlen einer besonderen therapeutischen Indikation auf dem Etikett oder auf den Verdünnungsgrad, der die Unbedenklichkeit des Arzneimittels garantieren soll, erfüllt sind. Insbesondere darf das Arzneimittel weder mehr als einen Teil pro Zehntausend der Urtinktur noch mehr als ein Hundertstel der gegebenenfalls in der Allopathie verwendeten kleinsten Dosis des Wirkstoffes enthalten, bei dessen Vorhandensein in einem allopathischen Arzneimittel Letzteres verschreibungspflichtig wird.

27. Die der zweiten in den Begründungserwägungen der Richtlinie 92/73 erwähnten Gruppe angehörenden homöopathischen Arzneimittel müssen nach Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie gemäß den Vorschriften für nicht-homöopathische Arzneimittel genehmigt werden. Für Arzneimittel dieser Gruppe können die Mitgliedstaaten nach Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie in ihrem Hoheitsgebiet entsprechend den dortigen Grundsätzen und besonderen Merkmalen der homöopathischen Medizin besondere Vorschriften für die pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Versuche einführen oder beibehalten.

28. Die zweite Rüge betrifft jedoch nur homöopathische Arzneimittel, die nach dem Verfahren des Artikels 7 der Richtlinie 92/73 registriert worden sind, also Arzneimittel, die nach den harmonisierten Bestimmungen hergestellt, kontrolliert und inspiziert worden sind und einen Verdünnungsgrad aufweisen, der ihre Unbedenklichkeit garantiert.

29. Die französische Regierung hat nicht dargetan, dass aus Gründen des Gesundheitsschutzes ein Verfahren der vorherigen Genehmigung bei der für persönliche Zwecke bestimmten Einfuhr solcher Arzneimittel, wenn sie der Einführende nicht persönlich mit sich führt, notwendig wäre.

30. Demnach greift die zweite Rüge der Kommission durch.

Zur dritten Rüge betreffend die Art und Weise der Einfuhr von Arzneimitteln, die nicht in Frankreich, sondern in dem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem sie gekauft werden

Vorbringen der Parteien

31. Die Kommission macht geltend, dass bei den von dieser Rüge erfassten Arzneimitteln das eingeführte Verfahren der vorherigen Genehmigung leicht zugänglich sein, innerhalb eines angemessenen Zeitraums abgeschlossen sein und zu einer Genehmigung der Einfuhr der Arzneimittel führen müsse, die keine Gefahren für die Gesundheit aufwiesen. Das von den französischen Behörden für die persönlichen Einfuhren solcher Arzneimittel angewandte Verfahren entspreche nicht diesen Kriterien und stehe außer Verhältnis zum verfolgten Zweck.

32. So sei das in Rede stehende Verfahren nicht leicht zugänglich, da es für den betroffenen Patienten nicht leicht sei, Angaben über die qualitative und quantitative Zusammensetzung des Erzeugnisses, dessen Einfuhr beabsichtigt sei, zusammenzutragen und dessen Packungsbeilage sowie Etikett vorzulegen, die nur in einem anderen Mitgliedstaat verfügbar seien. Ferner gebe es keine Bestimmung, die den Zeitraum begrenze, in dem die AFSSAPS den Antrag auf Erteilung einer Einfuhrgenehmigung behandele.

33. Außerdem kontrolliere die AFSSAPS offensichtlich, ob das eingeführte Arzneimittel Wirkstoffe enthalte, die in der Zusammensetzung in Frankreich bereits geprüfter Arzneimittel enthalten seien. Diese Kontrolle schließe die Möglichkeit, eine Genehmigung für ein in Frankreich nicht zugelassenes Arzneimittel zu erhalten, praktisch aus.

34. Die französische Regierung macht geltend, dass das in Rede stehende Verfahren der vorherigen Genehmigung zur Bekämpfung von Betrug oder einer Umgehung des Systems der Verkehrsgenehmigung gerechtfertigt sei.

35. Ferner entspreche das in Rede stehende Verfahren den Voraussetzungen, die die Kommission als mögliche Rechtfertigung für ein Verfahren der vorherigen Genehmigung genannt habe. Zum einen seien die Modalitäten dieses Verfahrens in den Artikeln R. 514212 bis R. 514214 des Code de la santé publique festgelegt, und zum anderen sei unstreitig, dass Einzelpersonen über die Möglichkeit verfügten, gegen die Entscheidungen der AFSSAPS gerichtlich vorzugehen.

36. Zum Zeitraum, innerhalb dessen das Genehmigungsverfahren abgeschlossen werden müsse, trägt die französische Regierung vor, dass ein Zeitraum von zwei Monaten angemessen sei, zumal es sich um eine Höchstfrist handele und in der Praxis bei von Einzelpersonen eingereichten Anträgen dieser Zeitraum in 50 % der Fälle höchstens 24 Stunden und in 85 % der Fälle höchstens 72 Stunden betrage.

37. Zur Darlegungslast der Antragsteller macht die französische Regierung geltend, dass die französischen Behörden von Einzelpersonen die Vorlage von Angaben nur insoweit verlangten, als sie nach Durchführung der entsprechenden Nachforschungen oder Aufnahme der entsprechenden Kontakte nicht über Angaben zum betroffenen Arzneimittel verfügten.

Würdigung durch den Gerichtshof

38. Die dritte Rüge der Kommission betrifft die Einfuhr von Arzneimitteln nach Frankreich, die nicht dort, aber bereits in dem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem sie gekauft werden, und die ordnungsgemäß verschrieben worden und zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind.

39. Während die französische Regelung nach Artikel R. 514213 des Code de la santé publique die Einfuhr solcher Arzneimittel von der Genehmigung befreit, wenn diese von den Personen, die sie gebrauchen, persönlich mitgeführt werden, gilt etwas anderes, wenn diese Arzneimittel von diesen Personen in anderer Weise eingeführt werden.

40. Auf die letztgenannten Einfuhren sind die allgemeinen Bestimmungen über Einfuhrgenehmigungen nach den Artikeln R. 514212 und R. 514214 des Code de la santé publique grundsätzlich anwendbar.

41. Der Umstand, dass Artikel L. 6012 des Code de la santé publique ein Verfahren der zeitlich begrenzten Anwendungsgenehmigung für Patienten mit schweren oder seltenen Krankheiten eingeführt hat, spielt wegen des begrenzten Geltungsbereichs eines solchen Verfahrens im vorliegenden Fall keine Rolle.

42. Zwar bestreitet die Kommission im vorliegenden Fall nicht, dass die zuständigen Behörden für die von der vorliegenden Rüge erfassten Einfuhren eine Genehmigung verlangen können, doch macht sie zu Recht geltend, dass es unverhältnismäßig ist, auf diese Einfuhren das gleiche Genehmigungsverfahren anzuwenden wie auf zu Handelszwecken eingeführte Arzneimittel.

43. Zwar können Gründe des Gesundheitsschutzes Beschränkungen des freien Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen, doch müssen solche Maßnahmen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten. Sie sind auf das Maß dessen zu beschränken, was zum Schutz der öffentlichen Gesundheit tatsächlich erforderlich ist, und sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen, das nicht durch Maßnahmen zu erreichen sein darf, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken (Urteil vom 23. September 2003 in der Rechtssache C192/01, Kommission/Dänemark, Slg. 2003, I-9693, Randnr. 45).

44. Die französische Regierung hat jedoch nicht dargetan, warum die in Rede stehenden Einfuhren - die genehmigungsfrei wären, wenn die Arzneimittel persönlich mitgeführt würden - dem Genehmigungsverfahren unterworfen werden müssen, das für Einfuhren zu Handelszwecken vorgeschrieben ist.

45. Für die Einfuhren, die von der vorliegenden Rüge erfasst werden, müssen die französischen Behörden ein Genehmigungsverfahren vorsehen, das den Besonderheiten dieser Einfuhren angepasst ist und dessen beschränkende Wirkungen auf den gemeinschaftlichen Handelsverkehr nicht über das für die Erreichung des verfolgten Zweckes Notwendige hinausgehen (vgl. in Bezug auf ein besonderes Verfahren für Paralleleinfuhren von Arzneimitteln Urteil vom 12. Oktober 2004 in der Rechtssache C263/03, Kommission/Frankreich, Slg. 2004, I0000, Randnrn. 19 und 20).

46. Dieses Verfahren muss leicht zugänglich sein und innerhalb eines angemessenen Zeitraums abgeschlossen werden können (vgl. Urteil vom 12. Oktober 2004 in der Rechtssache C263/03, Kommission/Frankreich, Randnr. 21).

47. Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 28 EG verstoßen, dass sie eine solche spezielle Regelung nicht vorgesehen hat.

48. Daher hat diese Rüge Erfolg.

49. Nach allem ist festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 28 EG verstoßen hat, dass sie

- auf persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben und nach der Richtlinie 65/65 sowohl in Frankreich als auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind, ein Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt;

- auf persönliche Einfuhren von homöopathischen Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben und nach der Richtlinie 92/73 in einem Mitgliedstaat registriert sind, ein Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt, und

- auf persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben worden sind, aber nicht dort, sondern nur in dem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem sie gekauft werden, ein unverhältnismäßiges Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt.

Kosten

50. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Französischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 28 EG verstoßen, dass sie

- auf persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben und nach der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten in der durch die Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 geänderten Fassung sowohl in Frankreich als auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie gekauft werden, zugelassen sind, ein Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt;

- auf persönliche Einfuhren von homöopathischen Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben und nach der Richtlinie 92/73/EWG des Rates vom 22. September 1992 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel und zur Festlegung zusätzlicher Vorschriften für homöopathische Arzneimittel in einem Mitgliedstaat registriert sind, ein Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt, und

- auf persönliche Einfuhren von Arzneimitteln, die in Frankreich ordnungsgemäß verschrieben worden sind, aber nicht dort, sondern nur in dem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem sie gekauft werden, ein unverhältnismäßiges Verfahren der vorherigen Genehmigung anwendet, sofern der Einführende die Arzneimittel nicht persönlich mit sich führt.

2. Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück