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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 02.04.1998
Aktenzeichen: C-213/96
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 234
EGV Art. 9
EGV Art. 12
EGV Art. 95
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

4 Eine Verbrauchsteuer, die Elektrizität inländischen Ursprungs je nach der Art der Erzeugung mit unterschiedlichen Sätzen belastet, eingeführte Elektrizität dagegen mit einem einheitlichen Satz belegt, der über dem niedrigsten, aber unter dem höchsten Satz für Elektrizität inländischen Ursprungs liegt, stellt eine inländische Abgabe im Sinne von Artikel 95 des Vertrages und keine Abgabe zollgleicher Wirkung im Sinne der Artikel 9 und 12 dar, wenn sie Bestandteil einer allgemeinen Steuerregelung ist, die nicht nur elektrischen Strom als solchen, sondern auch verschiedene Primärenergiequellen erfasst, und wenn sowohl eingeführte Elektrizität als auch Elektrizität inländischen Ursprungs ein und derselben Steuerregelung unterliegen und die Steuer unabhängig vom Ursprung der Elektrizität von der gleichen Behörde nach den gleichen Verfahren erhoben wird.

Der Umstand, daß eingeführte Elektrizität zum Zeitpunkt der Einfuhr und Elektrizität inländischen Ursprungs zum Zeitpunkt der Erzeugung besteuert wird, ist für die Qualifizierung einer solchen Steuer irrelevant, da diese beiden Zeitpunkte in Anbetracht der besonderen Merkmale der Elektrizität der gleichen Handelsstufe - Einspeisung der Elektrizität in das nationale Verteilungsnetz - entsprechen.

5 Das Gemeinschaftsrecht beschränkt beim derzeitigen Stand seiner Entwicklung nicht die Freiheit der Mitgliedstaaten, ein differenziertes Steuersystem für bestimmte, sogar im Sinne von Artikel 95 Absatz 1 des Vertrages gleichartige Erzeugnisse nach Maßgabe objektiver Kriterien, wie der Art der verwendeten Ausgangsstoffe oder der angewandten Herstellungsverfahren, zu errichten. Solche Differenzierungen sind jedoch mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar, wenn sie Ziele verfolgen, die ihrerseits mit den Erfordernissen des Vertrages und des abgeleiteten Rechts vereinbar sind, und wenn ihre Modalitäten geeignet sind, jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten und jeden Schutz inländischer konkurrierender Produktionen auszuschließen.

Artikel 95 des Vertrages verbietet es daher nicht, daß der Satz einer inländischen Elektrizitätsteuer je nach der Art der Erzeugung der Elektrizität und den dafür verwendeten Ausgangsstoffen unterschiedlich ist, sofern für diese Differenzierung ökologische Gründe maßgebend sind. Der Umweltschutz ist nämlich ein wesentliches Ziel der Gemeinschaft. Deren Aufgabe ist es u. a., ein beständiges, nichtinflationäres und umweltverträgliches Wachstum zu fördern, und ihre Tätigkeit umfasst eine Politik auf diesem Gebiet. Ausserdem stellt die Umweltverträglichkeit der Stromerzeugungsverfahren ein wichtiges Ziel der Energiepolitik der Gemeinschaft dar.

6 Artikel 95 Absatz 1 des Vertrages verbietet es, daß eine Verbrauchsteuer, die auf einem nationalen System der Besteuerung von Energiequellen beruht, Elektrizität inländischen Ursprungs je nach der Art der Erzeugung mit unterschiedlichen Sätzen belastet, eingeführte Elektrizität dagegen unabhängig von der Art der Erzeugung mit einem einheitlichen Satz belegt, der, auch wenn er unter dem höchsten Satz für Elektrizität inländischen Ursprungs liegt, zu einer höheren Belastung der eingeführten Elektrizität - sei es auch nur in bestimmten Fällen - führt.

Eine inländische Steuerregelung verstösst nämlich gegen Artikel 95 des Vertrages, wenn die Steuer auf das eingeführte Erzeugnis und die Steuer auf das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden, so daß das eingeführte Erzeugnis - sei es auch nur in bestimmten Fällen - höher belastet wird.

Der Umstand, daß es sich aufgrund der besonderen Merkmale der Elektrizität als ausserordentlich schwierig erweisen kann, die Art der Erzeugung der eingeführten Elektrizität und damit die für die Erzeugung verwendeten Primärenergiequellen genau zu bestimmen, kann eine solche Steuerregelung nicht rechtfertigen, da praktische Schwierigkeiten nicht geeignet sein können, die Erhebung inländischer Abgaben zu rechtfertigen, durch die aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren diskriminiert werden. Artikel 95 des Vertrages verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich nicht, die objektiv gerechtfertigten Differenzierungen abzuschaffen, die in nationalen Rechtsvorschriften zwischen den inländischen Steuern auf einheimische Erzeugnisse getroffen werden; anders verhält es sich jedoch, wenn die Abschaffung die einzige Möglichkeit wäre, eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung der eingeführten Erzeugnisse zu verhindern.


Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998. - Outokumpu Oy. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Uudenmaan Lääninoikeus - Finnland. - Verbrauchsteuer auf Elektrizität - Steuersatz, der bei Elektrizität inländischen Ursprungs je nach der Art der Erzeugung unterschiedlich ist - Einheitlicher Satz für eingeführte Elektrizität. - Rechtssache C-213/96.

Entscheidungsgründe:

1 Das Uudenmaan lääninoikeus hat mit Beschluß vom 30. Mai 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juni 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 9, 12 und 95 des Vertrages zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Verfahren der Outokumpu Oy, der Muttergesellschaft des finnischen Outokumpu-Konzerns, gegen einen Bescheid der Piiritullikamari (Bezirkszollkammer) Helsinki, mit dem diese die von Outokumpu im September 1995 vorgenommenen Einfuhren von Elektrizität aus Schweden besteuerte.

3 In Finnland werden nach § 1 des Eräiden energialähteiden valmisteverosta annettu laki (Gesetz Nr. 1473/94 vom 29. Dezember 1994 über Verbrauchsteuern auf bestimmte Energiequellen) auf Steinkohle, Brenntorf, Erdgas, Elektrizität und Kiefernöl zugunsten des Staates eine Grundsteuer und eine Zusatzsteuer erhoben. Nach § 2 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 1473/94 ist unter "Elektrizität" elektrischer Strom im Sinne der Position 2716 des Zolltarifs zu verstehen.

4 Gemäß § 3 ist die Zollverwaltung mit der Erhebung und der Kontrolle der Steuern betraut, die auf die im Gesetz Nr. 1473/94 genannten Produkte erhoben werden.

5 Nach § 4 des Gesetzes Nr. 1473/94 ist die Steuer gemäß folgender im Anhang zu diesem Gesetz enthaltener Steuertabelle zu entrichten (p = penni = 0,01 FIM):

 ProduktGruppeGrundbetragZusatzsteuer
Steinkohle, Steinkohlebriketts, aus Steinkohle gewonnene feste Brennstoffe, Braunkohle 1-116,1 FIM/Tonne
Brenntorf 2-3,5 FIM/MWh
Erdgas, gasförmige Erzeugnisse 3-11,2 p/nm3 *
Elektrizität    
- aus Kernenergie41,5 p/kWh0,9 p/kWh
- aus Wasserkraft5-0,4 p/kWh
- eingeführt61,3 p/kWh0,9 p/kWh
Kiefernöl718,55 p/kg-

* Die vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1997 für Erdgas zu entrichtende Steuer ermäßigt sich um 50 %.

6 Gemäß § 14 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 1473/94 muß Verbrauchsteuer auf Elektrizität entrichten,

1. wer in Finnland Strom durch Kernenergie oder Wasserkraft erzeugt;

2. wer im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit aus der Gemeinschaft oder ausserhalb von dieser Elektrizität bezieht.

7 Keine Verbrauchsteuer wird auf elektrischen Strom erhoben, der in Generatoren mit einer geringeren Leistung als 2 Megavoltampere erzeugt wird (§ 14 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 1473/94).

8 Ausserdem sind von der Steuer befreit:

- zur Erzeugung von Elektrizität verwendeter Brenntorf, sofern die jährliche Erzeugung 25 000 MWh nicht überschreitet (§ 7);

- in Finnland durch Kernenergie oder Wasserkraft erzeugte Elektrizität, die der Erzeuger selbst aus der Gemeinschaft ausführt oder zum Verbrauch an einem ausserhalb Finnlands gelegenen Ort in der Gemeinschaft liefert (§ 16).

9 Aus den Akten ergibt sich schließlich, daß aus bestimmten Industrieabfällen erzeugte Elektrizität nicht unter das Gesetz Nr. 1473/94 fällt.

10 Nach § 17 des Gesetzes Nr. 1473/94 hat, wer nach § 14 Absatz 1 Nummer 2 steuerpflichtig ist, die im allgemeinen Verbrauchsteuergesetz (Gesetz Nr. 1469/94) niedergelegten Formerfordernisse zu beachten.

11 Aus dem dem finnischen Parlament vorgelegten Gesetzesentwurf ergibt sich, daß die Besteuerung von Steinkohle, Elektrizität, Erdgas, Brenn- und Stichtorf sowie Kiefernrohöl auf ökologische Gründe gestützt wird. Ausserdem wurde der einheitliche Steuersatz für eingeführte Elektrizität so bemessen, daß er der durchschnittlichen steuerlichen Belastung von in Finnland erzeugter Elektrizität entspricht; dabei ist jedoch der Steuernachlaß für Brenntorf und Erdgas unberücksichtigt geblieben.

12 Das Gesetz Nr. 1473/94 ist am 1. Januar 1995 in Kraft getreten.

13 Seit dem 1. November 1995 führt Outokumpu aufgrund eines Vertrages mit der schwedischen Gesellschaft Vattenfall AB Elektrizität aus Schweden ein.

14 Erste Lieferungen erfolgten versuchsweise zwischen dem 18. September und dem 9. Oktober 1995. Für diese Probelieferung reichte Outokumpu am 17. Oktober 1995 bei der Bezirkszollkammer eine Steuererklärung für September 1995 ein. In einem Begleitschreiben zu dieser Erklärung führte Outokumpu aus, daß die Erhebung einer Verbrauchsteuer auf Elektrizität auf diese Einfuhren gegen die Artikel 12 und 13 EG-Vertrag verstosse, so daß die Steuer nicht geschuldet sei.

15 Am 23. Oktober 1995 entschied die Bezirkszollkammer, daß Outokumpu gemäß § 4 des Gesetzes Nr. 1473/94 eine Verbrauchsteuer auf Elektrizität von 1,3 p/kWh + 0,9 p/kWh, entsprechend den Steuersätzen für eingeführte Elektrizität, zu zahlen habe.

16 Outokumpu erhob beim vorlegenden Gericht Anfechtungsklage gegen die Entscheidung der Bezirkszollkammer Helsinki mit der Begründung, die Verbrauchsteuer auf Elektrizität sei eine nach den Artikeln 9 und 12 des Vertrages verbotene Abgabe zollgleicher Wirkung. Hilfsweise machte Outokumpu geltend, daß eine solche Steuer diskriminierend im Sinne von Artikel 95 des Vertrages sei, und beantragte, die Verbrauchsteuer so herabzusetzen, daß sie der niedrigsten steuerlichen Belastung für in Finnland erzeugte Elektrizität, also 0 p/kWh - dem Satz für von der Steuer befreite oder nicht unter das Gesetz Nr. 1473/94 fallende Elektrizität -, entspreche.

17 Da das Gericht der Ansicht war, daß die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der Auslegung der Artikel 9, 12 und 95 des Vertrages abhänge, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Nach den finnischen Rechtsvorschriften über die Energiebesteuerung wird auf elektrischen Strom inländischen Ursprungs eine Verbrauchsteuer erhoben, deren Höhe von der Art der Stromerzeugung abhängt. Auf Elektrizität, die durch Kernenergie erzeugt wird, wird als Verbrauchsteuer eine Grundsteuer von 1,5 p/kWh und eine Zusatzsteuer von 0,9 p/kWh erhoben. Auf Elektrizität, die durch Wasserkraft erzeugt wird, wird als Verbrauchsteuer nur eine Zusatzsteuer von 0,4 p/kWh erhoben. Auf Elektrizität, die in anderer Weise, z. B. aus Steinkohle, gewonnen wird, wird die Verbrauchsteuer nach der Menge der für die Elektrizitätserzeugung verbrauchten Ausgangsstoffe bemessen. Auf bestimmte Arten der Elektrizitätserzeugung, z. B. in Generatoren, deren Leistung unter 2 Megavoltampere liegt, wird auf den erzeugten elektrischen Strom überhaupt keine Verbrauchsteuer erhoben. Bei eingeführter Elektizität wird unabhängig von der Art ihrer Erzeugung als Verbrauchsteuer eine Grundsteuer von 1,3 p/kWh und eine Zusatzsteuer von 0,9 p/kWh erhoben. Die Verbrauchsteuer bemisst sich also bei eingeführter Elektrizität nach einer anderen Grundlage als bei der Elektrizität inländischen Ursprungs. Für die Erhebung der Verbrauchsteuer, die nach der Art der Energieerzeugung festgesetzt wird, werden in den Vorarbeiten zu dem Gesetz ökologische Gründe angeführt. Die Höhe der auf eingeführte Elektrizität erhobenen Steuer wird jedoch nicht auf der Grundlage der Art der Elektrizitätserzeugung festgesetzt. Die Verbrauchsteuer für eingeführte Elektrizität ist höher als die niedrigste, aber niedriger als die höchste Verbrauchsteuer für Elektrizität inländischen Ursprungs. Die Verbrauchsteuer für eingeführte Elektrizität wird vom Importeur erhoben, während die Verbrauchsteuer für Elektrizität inländischen Ursprungs vom Elektrizitätserzeuger zu zahlen ist.

1. Ist die in der vorstehend beschriebenen Weise für eingeführte Elektrizität festgesetzte Verbrauchsteuer als eine Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Einfuhrzoll im Sinne der Artikel 9 und 12 EG-Vertrag anzusehen?

2. Ist, wenn keine Abgabe mit der Wirkung eines Einfuhrzolls vorliegt, die für eingeführte Elektrizität in der dargestellten Weise festgesetzte Verbrauchsteuer als eine Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten diskriminierende Steuer im Sinne des Artikels 95 EG-Vertrag anzusehen?

18 Mit diesen Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, wie eine Verbrauchsteuer, die Elektrizität inländischen Ursprungs je nach der Art der Erzeugung mit unterschiedlichen Sätzen belastet, eingeführte Elektrizität dagegen mit einem einheitlichen Satz belegt, der über dem niedrigsten, aber unter dem höchsten Satz für Elektrizität inländischen Ursprungs liegt, im Hinblick auf die Artikel 9, 12 und 95 des Vertrages zu qualifizieren ist und ob sie mit diesen Vorschriften gegebenenfalls vereinbar ist.

19 Bezueglich der Qualifizierung ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-90/94, Haahr Petroleum, Slg. 1997, I-4085, Randnr. 19) die Vorschriften über Abgaben gleicher Wirkung und diejenigen über diskriminierende inländische Abgaben nicht kumulativ anwendbar sind, so daß ein und dieselbe Abgabe nach dem System des Vertrages nicht gleichzeitig in beide Kategorien fallen kann.

20 Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil Haahr Petroleum, Randnr. 20) stellt jede den Waren wegen des Überschreitens der Grenze einseitig auferlegte finanzielle Belastung, wenn sie kein Zoll im eigentlichen Sinne ist, unabhängig von ihrer Bezeichnung und der Art ihrer Erhebung eine Abgabe gleicher Wirkung im Sinne der Artikel 9, 12, 13 und 16 des Vertrages dar. Eine solche Belastung entzieht sich jedoch dieser Qualifizierung, wenn sie Bestandteil einer allgemeinen inländischen Abgabenregelung ist, die Gruppen von Waren systematisch nach objektiven Kriterien betrifft, die unabhängig von der Herkunft der Waren gelten; in diesem Fall fällt die finanzielle Belastung in den Anwendungsbereich von Artikel 95 des Vertrages.

21 Insoweit ist erstens festzustellen, daß eine Steuer wie die im Ausgangsverfahren streitige Bestandteil einer allgemeinen Steuerregelung ist, die nicht nur elektrischen Strom als solchen, sondern auch verschiedene Primärenergiequellen wie Steinkohleerzeugnisse, Brenntorf, Erdgas und Kiefernöl erfasst.

22 Zweitens ist darauf hinzuweisen, daß sowohl eingeführte Elektrizität als auch Elektrizität inländischen Ursprungs ein und derselben Steuerregelung unterliegen und daß die Steuer unabhängig vom Ursprung der Elektrizität von der gleichen Behörde nach Verfahren erhoben wird, die in den allgemeinen Rechtsvorschriften über die Verbrauchsteuern geregelt sind.

23 Drittens ist zu bemerken, daß diese Steuer mit Ausnahme der Elektrizität inländischen Ursprungs, die in Generatoren mit einer geringeren Leistung als zwei Megavoltampere oder in geringen Mengen mit Brenntorf erzeugt wird, Elektrizität unabhängig davon erfasst, ob sie inländischen Ursprungs ist oder eingeführt wurde. Unter diesen Umständen lässt sich allein aus der Tatsache, daß die Steuer bei der eingeführten Elektrizität vom Importeur geschuldet und bei der Einfuhr erhoben wird, nicht folgern, daß die Steuer die betreffende Ware wegen des Überschreitens der Grenze erfasst.

24 Outokumpu trägt jedoch vor, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. insbesondere Urteil vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 132/78, Denkavit Loire, Slg. 1979, 1923, Randnr. 8) sei eine Abgabe nur dann Teil einer allgemeinen inländischen Abgabenregelung, wenn sie inländische und eingeführte Erzeugnisse auf der gleichen Handelsstufe erfasse und der Steuertatbestand für beide Arten von Erzeugnissen derselbe sei.

25 In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens macht es keinen Unterschied, daß eingeführte Elektrizität zum Zeitpunkt der Einfuhr und Elektrizität inländischen Ursprungs zum Zeitpunkt der Erzeugung besteuert wird, da diese beiden Zeitpunkte in Anbetracht der besonderen Merkmale der Elektrizität der gleichen Handelsstufe - Einspeisung der Elektrizität in das nationale Verteilungsnetz - entsprechen (vgl. Urteil vom 11. Juni 1992 in den Rechtssachen C-149/91 und C-150/91, Sanders Adour und Guyomarc'h Orthez Nutrition animale, Slg. 1992, I-3899, Randnr. 18).

26 Outokumpu macht ausserdem geltend, die im Ausgangsverfahren streitige Steuer erfasse eingeführte und inländische Erzeugnisse weder nach denselben Kriterien noch unabhängig von ihrem Ursprung. Elektrizität inländischen Ursprungs unterliege einer Steuer, deren Sätze je nach Art der Erzeugung, ob durch Kernenergie oder durch Wasserkraft, unterschiedlich seien, oder werde nur bei den Ausgangsstoffen besteuert oder sei sogar von der Steuer befreit, während eingeführte Elektrizität unabhängig von der Art ihrer Erzeugung ausschließlich als Endprodukt zu einem einheitlichen Satz besteuert werde. Die Besteuerungsgrundlagen und die Steuersätze seien somit unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um Elektrizität inländischen Ursprungs oder um eingeführte Elektrizität handele.

27 Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, daß eine als inländische Abgabe ausgestaltete Belastung nur dann als Abgabe zollgleicher Wirkung anzusehen ist, wenn die Modalitäten ihrer Erhebung so beschaffen sind, daß sie tatsächlich nur die eingeführten und nicht die inländischen Erzeugnisse trifft (vgl. Urteil vom 28. Januar 1981 in der Rechtssache 32/80, Kortmann, Slg. 1981, 251, Randnr. 18). Wie sich aus Randnummer 23 des vorliegenden Urteils ergibt, ist dies aber bei der im Ausgangsverfahren streitigen Steuer nicht der Fall.

28 Ausserdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, daß die Tatsache, daß sich der Betrag der zu erhebenden Abgabe nach dem Ursprung der Waren bestimmt, die Abgabe nicht dem Anwendungsbereich von Artikel 95 des Vertrages entziehen kann (vgl. Urteil Haahr Petroleum, a. a. O., Randnr. 25).

29 Daher stellt eine Verbrauchsteuer wie die im Ausgangsverfahren streitige eine inländische Abgabe im Sinne von Artikel 95 des Vertrages und keine Abgabe zollgleicher Wirkung im Sinne der Artikel 9 und 12 dar.

30 Was die Vereinbarkeit einer solchen Steuer mit Artikel 95 des Vertrages betrifft, so beschränkt zwar nach ständiger Rechtsprechung das Gemeinschaftsrecht beim derzeitigen Stand seiner Entwicklung nicht die Freiheit der Mitgliedstaaten, ein differenziertes Steuersystem für bestimmte, sogar im Sinne von Artikel 95 Absatz 1 des Vertrages gleichartige Erzeugnisse nach Maßgabe objektiver Kriterien, wie der Art der verwendeten Ausgangsstoffe oder der angewandten Herstellungsverfahren, zu errichten. Solche Differenzierungen sind jedoch mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar, wenn sie Ziele verfolgen, die ihrerseits mit den Erfordernissen des Vertrages und des abgeleiteten Rechts vereinbar sind, und wenn ihre Modalitäten geeignet sind, jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten und jeden Schutz inländischer konkurrierender Produktionen auszuschließen.

31 Artikel 95 des Vertrages verbietet es daher nicht, daß der Satz einer inländischen Elektrizitätsteuer je nach der Art der Erzeugung der Elektrizität und den dafür verwendeten Ausgangsstoffen unterschiedlich ist, sofern für diese Differenzierung, wie sich bereits aus dem Wortlaut der Fragen des vorlegenden Gerichts ergibt, ökologische Gründe maßgebend sind.

32 Der Umweltschutz ist nämlich nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 20. September 1988 in der Rechtssache 302/86 (Kommission/Dänemark, Slg. 1988, 4607, Randnr. 8) ein wesentliches Ziel der Gemeinschaft. Im übrigen ist es seit dem Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union u. a. Aufgabe der Gemeinschaft, ein beständiges, nichtinflationäres und umweltverträgliches Wachstum zu fördern (Artikel 2 EG-Vertrag), und ihre Tätigkeit umfasst eine Politik auf dem Gebiet der Umwelt (Artikel 3 Buchstabe k EG-Vertrag).

33 Ausserdem stellt, worauf der Generalanwalt in Nummer 58 seiner Schlussanträge hingewiesen hat, die Umweltverträglichkeit u. a. der Stromerzeugungsverfahren ein wichtiges Ziel der Energiepolitik der Gemeinschaft dar.

34 Was jedoch die Frage betrifft, ob eine Differenzierung, wie sie für die im Ausgangsverfahren streitige Steuerregelung charakteristisch ist, mit dem Diskriminierungsverbot des Artikels 95 des Vertrages vereinbar ist, so liegt nach ständiger Rechtsprechung eine Verletzung dieser Vorschrift vor, wenn die Steuer auf das eingeführte Erzeugnis und die Steuer auf das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden, so daß das eingeführte Erzeugnis - sei es auch nur in bestimmten Fällen - höher belastet wird (vgl. u. a. Urteil vom 26. Juni 1991 in der Rechtssache C-152/89, Kommission/Luxemburg, Slg. 1991, I-3141, Randnr. 20).

35 Dies ist der Fall, wenn in einem System der unterschiedlichen Besteuerung wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eingeführte Elektrizität, die über das nationale Netz verteilt wird, unabhängig von der Art ihrer Erzeugung mit einer Einheitsteuer belastet wird, die über der niedrigsten Steuer liegt, mit der über das nationale Netz verteilte Elektrizität inländischen Ursprungs belastet wird.

36 Der Umstand, daß Elektrizität inländischen Ursprungs in bestimmten Fällen höher besteuert wird als eingeführte Elektrizität, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da für die Frage, ob das betreffende System mit Artikel 95 des Vertrages vereinbar ist, die auf eingeführter Elektrizität liegende Steuerlast mit der niedrigsten steuerlichen Belastung von Elektrizität inländischen Ursprungs zu vergleichen ist (vgl. Urteil Kommission/Luxemburg, a. a. O., Randnrn. 21 und 22).

37 Die finnische Regierung hält dem entgegen, daß die für Elektrizität inländischen Ursprungs geltenden unterschiedlichen Steuersätze wegen der besonderen Merkmale der Elektrizität, deren Ursprung und damit Erzeugungsart nicht bestimmt werden könne, wenn sie einmal in das Verteilungsnetz eingespeist sei, nicht auf eingeführte Elektrizität angewandt werden könnten. Unter diesen Umständen stelle die Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes, der so berechnet werde, daß er dem durchschnittlichen Steuersatz für Elektrizität inländischen Ursprungs entspreche, die einzige logische Art einer gerechten Behandlung eingeführter Elektrizität dar.

38 Der Gerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, daß praktische Schwierigkeiten nicht geeignet sein können, die Erhebung inländischer Abgaben zu rechtfertigen, durch die aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren diskriminiert werden (vgl. u. a. Urteil vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache C-375/95, Kommission/Griechenland, Slg. 1997, I-5981, Randnr. 47).

39 Aufgrund der besonderen Merkmale der Elektrizität kann es sich zwar als ausserordentlich schwierig erweisen, die Art der Erzeugung der eingeführten Elektrizität und damit die für die Erzeugung verwendeten Primärenergiequellen genau zu bestimmen; die fraglichen finnischen Rechtsvorschriften sehen aber noch nicht einmal die Möglichkeit für den Importeur vor, nachzuweisen, daß die von ihm eingeführte Elektrizität auf eine bestimmte Art erzeugt wurde, um den Steuersatz zu erhalten, der für auf dieselbe Art erzeugte Elektrizität inländischen Ursprungs gilt.

40 Wie der Gerichtshof überdies bereits entschieden hat, verpflichtet Artikel 95 des Vertrages die Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich nicht, die objektiv gerechtfertigten Differenzierungen abzuschaffen, die in nationalen Rechtsvorschriften zwischen den inländischen Steuern auf einheimische Erzeugnisse getroffen werden; anders verhält es sich jedoch, wenn die Abschaffung die einzige Möglichkeit wäre, eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung der eingeführten Erzeugnisse zu verhindern (vgl. Urteil vom 8. Januar 1980 in der Rechtssache 21/79, Kommission/Italien, Slg. 1980, 1, Randnr. 16).

41 Nach alledem ist zu antworten, daß Artikel 95 Absatz 1 des Vertrages es verbietet, daß eine Verbrauchsteuer, die auf einem nationalen System der Besteuerung von Energiequellen beruht, Elektrizität inländischen Ursprungs je nach der Art der Erzeugung mit unterschiedlichen Sätzen belastet, eingeführte Elektrizität dagegen unabhängig von der Art der Erzeugung mit einem einheitlichen Satz belegt, der, auch wenn er unter dem höchsten Satz für Elektrizität inländischen Ursprungs liegt, zu einer höheren Belastung der eingeführten Elektrizität - sei es auch nur in bestimmten Fällen - führt.

Kostenentscheidung:

Kosten

42 Die Auslagen der finnischen und der französischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Uudenmaan lääninoikeus mit Beschluß vom 30. Mai 1996 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Artikel 95 Absatz 1 EG-Vertrag verbietet es, daß eine Verbrauchsteuer, die auf einem nationalen System der Besteuerung von Energiequellen beruht, Elektrizität inländischen Ursprungs je nach der Art der Erzeugung mit unterschiedlichen Sätzen belastet, eingeführte Elektrizität dagegen unabhängig von der Art der Erzeugung mit einem einheitlichen Satz belegt, der, auch wenn er unter dem höchsten Satz für Elektrizität inländischen Ursprungs liegt, zu einer höheren Belastung der eingeführten Elektrizität - sei es auch nur in bestimmten Fällen - führt.

Ende der Entscheidung

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