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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.03.1992
Aktenzeichen: C-214/89
Rechtsgebiete: Brüsseler Übereinkommen vom 27.09.1968
Vorschriften:
Brüsseler Übereinkommen vom 27.09.1968 Art. 17 |
1. Der Begriff der "Gerichtsstandsvereinbarung" im Sinne des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist als autonomer Begriff anzusehen.
Eine in der Satzung einer Aktiengesellschaft enthaltene und in Übereinstimmung mit dem anwendbaren nationalen Recht und der Satzung selbst zustande gekommene Gerichtsstandsklausel, nach der ein bestimmtes Gericht eines Vertragsstaats über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären entscheiden soll, fällt unter diesen Begriff.
Die Formerfordernisse des Artikels 17 des Übereinkommens sind unabhängig von der Art und Weise des Erwerbs der Aktien in bezug auf jeden Aktionär als erfuellt anzusehen, wenn die Gerichtsstandsklausel in der Satzung der Gesellschaft enthalten ist und diese an einem dem Aktionär zugänglichen Ort hinterlegt oder in einem öffentlichen Register enthalten ist.
2. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit des Rechtsverhältnisses, aus dem Rechtsstreitigkeiten entspringen können, im Hinblick auf deren Entscheidung gemäß Artikel 17 des Übereinkommens eine Vereinbarung über die Zuständigkeit getroffen werden kann, ist erfuellt, wenn die in der Satzung einer Gesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel dahin auszulegen ist, daß sie sich auf die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären als solchen bezieht; für diese Auslegung ist allein das vorlegende Gericht zuständig.
URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 10. MAERZ 1992. - POWELL DUFFRYN PLC GEGEN WOLFGANG PETEREIT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: OBERLANDESGERICHT KOBLENZ - DEUTSCHLAND. - BRUESSELER UEBEREINKOMMEN - GERICHTSSTANDSVEREINBARUNG - IN DER SATZUNG EINER AKTIENGESELLSCHAFT ENTHALTENE KLAUSEL. - RECHTSSACHE C-214/89.
Entscheidungsgründe:
1 Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit Beschluß vom 1. Juni 1989, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juli 1989, gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof mehrere Fragen nach der Auslegung des Artikels 17 dieses Übereinkommens in der Fassung des Beitrittsübereinkommens von 1978 (ABl. L 304, S. 1; im folgenden: Übereinkommen) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn W. Petereit als Konkursverwalter der IBH-Holding AG (im folgenden: Kläger) und der Powell Duffryn plc (im folgenden: Beklagte). Wie sich aus den Akten ergibt, hatte die Beklagte, eine Gesellschaft englischen Rechts, im September 1979 bei einer Kapitalerhöhung der IBH-Holding AG, einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts (im folgenden: IBH), Namensaktien dieser Firma erworben. Am 28. Juli 1980 nahm sie an der Beschlußfassung im Rahmen einer Hauptversammlung der IBH teil, bei der die Aktionäre durch Zuruf Änderungen an der Satzung der IBH beschlossen, die u. a. die Aufnahme folgender Bestimmung in die Satzung umfassten:
"Durch Zeichnung oder Erwerb von Aktien oder Zwischenscheinen unterwirft sich der Aktionär für alle Streitigkeiten mit der Gesellschaft oder deren Organen dem ordentlichen Gerichtsstand der Gesellschaft."
3 1981 und 1982 zeichnete die Beklagte bei weiteren Kapitalerhöhungen der IBH wiederum Aktien und erhielt auch Dividendenzahlungen. Nachdem 1983 der Konkurs über das Vermögen der IBH eröffnet worden war, erhob der Kläger als Konkursverwalter beim Landgericht Mainz Klage, mit der er geltend machte, die Beklagte habe ihre Bareinzahlungsverpflichtungen aus den Kapitalerhöhungen gegenüber der IBH nicht erfuellt. Er verlangte ferner die Rückzahlung der seiner Auffassung nach zu Unrecht an die Beklagte gezahlten Dividenden.
4 Nachdem das Landgericht Mainz die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzuständigkeit zurückgewiesen hatte, legte die Beklagte gegen diese Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht Koblenz ein. Nach dessen Auffassung wirft der Rechtsstreit eine Frage der Auslegung des Artikels 17 des Übereinkommens auf; es hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1) Stellt die in einer Satzung einer Aktiengesellschaft enthaltene Regelung, aufgrund deren sich der Aktionär durch Zeichnung oder Erwerb von Aktien für alle Streitigkeiten mit der Gesellschaft oder deren Organen dem ordentlichen Gerichtsstand der Gesellschaft unterwirft, die Vereinbarung eines Gerichtsstandes zwischen dem Aktionär und der Gesellschaft im Sinne von Artikel 17 des Übereinkommens dar?
(Ist diese Frage unterschiedlich zu beantworten, je nachdem, ob der Aktionär anläßlich einer Kapitalerhöhung selbst zeichnet oder bereits bestehende Aktien erwirbt?)
2) Falls die Frage zu 1) bejaht wird:
a) Wahrt die Zeichnung und Übernahme von Aktien anläßlich der Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft durch schriftliche Zeichnungserklärung das Schriftformerfordernis des Artikels 17 Absatz 1 des Übereinkommens im Hinblick auf eine in der Satzung der Gesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel?
b) Genügt die Gerichtsstandsklausel dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit des Rechtsverhältnisses, aus dem künftige Rechtsstreitigkeiten entspringen, im Sinne von Artikel 17 des Übereinkommens?
c) Umfasst die Gerichtsstandsklausel in der Satzung auch Zahlungsansprüche aus einem Vertrag über die Zeichnung von Aktien und Ansprüche auf Rückzahlung zu Unrecht geleisteter Dividenden?
5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der vor dem Gerichtshof abgegebenen schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.
Zur ersten Frage
6 Artikel 17 des Übereinkommens bestimmt für den Fall, daß die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vereinbart haben, daß ein Gericht eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden soll, daß dieses Gericht ausschließlich zuständig ist.
7 Zu prüfen ist, ob eine in der Satzung einer Aktiengesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel eine zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären getroffene Vereinbarung im Sinne des Artikels 17 darstellt.
8 Hierzu trägt die Beklagte vor, eine Gerichtsstandsklausel in der Satzung einer Aktiengesellschaft könne keine Vereinbarung darstellen, da der den Satzungen eigene Normcharakter dem Aktionär keine Möglichkeit lasse, über ihren Inhalt zu verhandeln. Der Aktionär müsse sogar gewärtigen, daß Klauseln gegen seinen ausdrücklichen Willen aufgenommen würden, sofern dies nach der Satzung oder dem anwendbaren nationalen Recht zulässig sei.
9 Der Kläger und die Kommission machen dagegen, gestützt auf das deutsche Recht, insbesondere das Aktiengesetz, geltend, Satzungen hätten Vertragscharakter, und eine darin enthaltene Gerichtsstandsklausel stelle somit eine Vereinbarung im Sinne des Artikels 17 des Übereinkommens dar.
10 Insoweit ergibt sich aus einem Vergleich der verschiedenen Rechtsordungen der Vertragsstaaten, daß die Beziehungen zwischen einer Aktiengesellschaft und ihren Aktionären nicht immer in derselben Weise qualifiziert werden. In manchen Rechtsordnungen werden diese Beziehungen als vertraglich eingestuft, in anderen wird ihnen ein institutioneller oder ein normativer Charakter oder ein Charakter sui generis beigelegt.
11 Es stellt sich daher die Frage, ob der Begriff der "Gerichtsstandsvereinbarung" im Sinne des Artikels 17 des Übereinkommens autonom auszulegen ist oder ob er als Verweisung auf das innerstaatliche Recht des einen oder anderen beteiligten Staates zu verstehen ist.
12 Wie der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 6. Oktober 1976 in der Rechtssache 12/76 (Tessili, Slg. 1976, 1473) ausgeführt hat, gebührt keiner dieser beiden Möglichkeiten unter Ausschluß der anderen der Vorrang, da eine sachgerechte Entscheidung nur für jede Bestimmung des Übereinkommens gesondert getroffen werden kann; hierbei ist jedoch dessen volle Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt der Ziele des Artikels 220 EWG-Vertrag sicherzustellen.
13 Der Begriff der "Gerichtsstandsvereinbarung" hat entscheidende Bedeutung für die von den allgemeinen Regeln für die gerichtliche Zuständigkeit abweichende Übertragung einer ausschließlichen Zuständigkeit auf ein von den Parteien bestimmtes Gericht eines Vertragsstaats. In Anbetracht der Ziele und der allgemeinen Systematik des Übereinkommens und um sicherzustellen, daß sich aus dem Übereinkommen für die Vertragsstaaten und die betroffenen Personen so weit wie möglich gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten ergeben, ist der Begriff der "Gerichtsstandsvereinbarung" daher nicht als blosse Verweisung auf das innerstaatliche Recht des einen oder anderen beteiligten Staates zu verstehen.
14 Der Begriff der Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Artikels 17 ist deshalb, wie der Gerichtshof aus analogen Gründen insbesondere hinsichtlich der Wendung "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" sowie anderer Begriffe in Artikel 5 des Übereinkommens entschieden hat, die als Kriterium für besondere Zuständigkeiten dienen (vgl. Urteil vom 22. März 1983 in der Rechtssache 34/82, Peters, Slg. 1983, 987, Randnummern 9 und 10), als autonomer Begriff anzusehen.
15 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof bei der Auslegung der Wendung "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" in Artikel 5 des Übereinkommens entschieden hat, daß die Verpflichtungen, die einer Person als Mitglied eines Vereins obliegen, als vertragliche Verpflichtungen anzusehen sind, da der Beitritt zu einem Verein zwischen den Vereinsmitgliedern enge Bindungen gleicher Art schafft, wie sie zwischen Vertragsparteien bestehen (vgl. Urteil vom 22. März 1983 in der Rechtssache Peters, a. a. O., Randnr. 13).
16 In gleicher Weise sind auch die Bindungen zwischen den Aktionären einer Gesellschaft mit denjenigen vergleichbar, die zwischen Vertragsparteien bestehen. Die Errichtung einer Gesellschaft bringt nämlich zum Ausdruck, daß zwischen den Aktionären eine Gemeinsamkeit von Interessen im Hinblick auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks besteht. Um diesen Zweck zu erreichen, hat jeder Aktionär gegenüber den anderen Aktionären und den Organen der Gesellschaft Rechte und Pflichten, die in der Satzung der Gesellschaft niedergelegt sind. Für die Zwecke der Anwendung des Übereinkommens ist die Satzung der Gesellschaft daher als Vertrag anzusehen, der sowohl die Beziehungen zwischen den Aktionären als auch die Beziehungen zwischen diesen und der von ihnen gegründeten Gesellschaft regelt.
17 Eine in der Satzung einer Aktiengesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel stellt demzufolge eine Vereinbarung im Sinne des Artikels 17 des Übereinkommens dar, die sämtliche Aktionäre bindet.
18 Es ist unerheblich, ob der Aktionär, dem gegenüber die Gerichtsstandsklausel geltend gemacht wird, gegen die Annahme dieser Klausel gestimmt hat und ob er erst nach Annahme dieser Klausel Aktionär geworden ist.
19 Dadurch, daß er Aktionär einer Gesellschaft wird und bleibt, erklärt sich der Aktionär nämlich damit einverstanden, daß sämtliche Bestimmungen der Gesellschaftssatzung sowie die in Übereinstimmung mit dem anwendbaren nationalen Recht und der Satzung gefassten Beschlüsse der Gesellschaftsorgane für ihn gelten, selbst wenn einige dieser Bestimmungen oder Beschlüsse nicht seine Zustimmung finden.
20 Eine andere Auslegung des Artikels 17 des Übereinkommens würde dazu führen, daß für Rechtsstreitigkeiten aus ein und demselben rechtlichen und tatsächlichen Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären mehrere Zuständigkeiten begründet würden, und verstieße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.
21 Auf die erste Frage des vorlegenden Gerichts ist daher zu antworten, daß eine in der Satzung einer Aktiengesellschaft enthaltene und in Übereinstimmung mit dem anwendbaren nationalen Recht und der Satzung selbst zustandegekommene Gerichtsstandsklausel, nach der ein bestimmtes Gericht eines Vertragsstaats über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären entscheiden soll, eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Artikels 17 des Brüsseler Übereinkommens darstellt.
Zum ersten Teil der zweiten Frage
22 Mit dem ersten Teil der zweiten Frage will das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, unter welchen Bedingungen eine in der Satzung einer Gesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel den Formerfordernissen des Artikels 17 des Übereinkommens genügt.
23 Gemäß Artikel 17 des Übereinkommens muß die Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung oder im internationalen Handelsverkehr in einer Form geschlossen werden, die den internationalen Handelsbräuchen entspricht, die den Parteien bekannt sind oder die als ihnen bekannt angesehen werden müssen.
24 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Dezember 1976 in der Rechtssache 24/76 (Estasis Salotti, Slg. 1976, 1831, Randnr. 7) festgestellt hat, sollen die Formerfordernisse des Artikels 17 gewährleisten, daß die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht.
25 Jedoch ist das Verhältnis der Aktionäre zur Satzung einer Gesellschaft - die zum Ausdruck bringt, daß zwischen den Aktionären eine Gemeinsamkeit von Interessen im Hinblick auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks besteht - nicht dasselbe wie das - dem genannten Urteil zugrunde liegende - Verhältnis der Partei eines Kaufvertrags zu allgemeinen Verkaufsbedingungen.
26 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß Gesellschaftssatzungen in den Rechtsordnungen aller Vertragsstaaten der Schriftform bedürfen. Ferner wird im Gesellschaftsrecht aller Vertragsstaaten der Gesellschaftssatzung insofern eine besondere Rolle zugewiesen, als sie die grundlegende Regelung für die Beziehungen zwischen dem Aktionär und der Gesellschaft darstellt.
27 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß jeder, der Aktionär einer Gesellschaft wird, unabhängig von der Art und Weise des Erwerbs der Aktien weiß oder wissen muß, daß er an die Satzung dieser Gesellschaft und an die Änderungen gebunden ist, die die Organe der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem anwendbaren nationalen Recht und der Satzung an dieser vornehmen.
28 Im Falle einer in der Gesellschaftssatzung enthaltenen Gerichtsstandsklausel gilt folglich für jeden Aktionär, daß er diese Klausel kennt und der darin enthaltenen Begründung eines Gerichtsstands zustimmt, wenn die Satzung der Gesellschaft an einem ihm zugänglichen Ort, etwa dem Sitz der Gesellschaft, hinterlegt ist oder in einem öffentlichen Register enthalten ist.
29 Aufgrund dessen ist auf den ersten Teil der zweiten Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß die Formerfordernisse des Artikels 17 unabhängig von der Art und Weise des Erwerbs der Aktien in bezug auf jeden Aktionär als erfuellt anzusehen sind, wenn die Gerichtsstandsklausel in der Satzung der Gesellschaft enthalten ist und diese an einem dem Aktionär zugänglichen Ort hinterlegt oder in einem öffentlichen Register enthalten ist.
Zum zweiten Teil der zweiten Frage
30 Nach Artikel 17 des Übereinkommens erfolgt die Vereinbarung über die Zuständigkeit im Hinblick auf die Entscheidung über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige "aus einem bestimmten Rechtsverhältnis" entspringende Rechtsstreitigkeit.
31 Durch dieses Erfordernis soll die Geltung einer Gerichtsstandsvereinbarung auf die Rechtsstreitigkeiten eingeschränkt werden, die ihren Ursprung in dem Rechtsverhältnis haben, anläßlich dessen die Vereinbarung geschlossen wurde. Es soll vermeiden, daß eine Partei dadurch überrascht wird, daß die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts für sämtliche Rechtsstreitigkeiten begründet wird, die sich eventuell aus den Beziehungen mit ihrem Vertragspartner ergeben und ihren Ursprung in einer anderen Beziehung als derjenigen haben, anläßlich deren die Begründung des Gerichtsstands vorgenommen wurde.
32 Eine in der Satzung einer Gesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel erfuellt dieses Erfordernis, wenn sie sich auf eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder auf eine künftige, aus dem Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären als solchen entspringende Rechtsstreitigkeit bezieht.
33 Die Frage, ob der Gerichtsstandsklausel im vorliegenden Fall eine solche Bedeutung zuzusprechen ist, ist eine Auslegungsfrage, die vom vorlegenden Gericht zu klären ist.
34 Auf den zweiten Teil der zweiten Frage des vorlegenden Gerichts ist daher zu antworten, daß das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit des Rechtsverhältnisses, aus dem Rechtsstreitigkeiten entspringen können, im Sinne des Artikels 17 erfuellt ist, wenn die in der Satzung einer Gesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel dahin auszulegen ist, daß sie sich auf die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären als solchen bezieht.
Zum dritten Teil der zweiten Frage
35 Mit dem dritten Teil der zweiten Frage will das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob die vor ihm geltend gemachte Gerichtsstandsklausel für die mit der Klage verfolgten Ansprüche gilt.
36 Hierzu ist festzustellen, daß die Auslegung der vor dem vorlegenden Gericht geltend gemachten Gerichtsstandsklausel Sache dieses Gerichts ist.
37 Auf den dritten Teil der zweiten Frage des vorlegenden Gerichts ist daher zu antworten, daß es Sache des vorlegenden Gerichts ist, die vor ihm geltend gemachte Gerichtsstandsklausel zur Bestimmung der in ihren Anwendungsbereich fallenden Rechtsstreitigkeiten auszulegen.
Kostenentscheidung:
Kosten
38 Die Auslagen der Bundesregierung und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Oberlandesgericht Koblenz mit Beschluß vom 1. Juni 1989 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1) Eine in der Satzung einer Aktiengesellschaft enthaltene und in Übereinstimmung mit dem anwendbaren nationalen Recht und der Satzung selbst zustande gekommene Gerichtsstandsklausel, nach der ein bestimmtes Gericht eines Vertragsstaats über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären entscheiden soll, stellt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Artikels 17 des Brüsseler Übereinkommens dar.
2) Die Formerfordernisse des Artikels 17 sind unabhängig von der Art und Weise des Erwerbs der Aktien in bezug auf jeden Aktionär als erfuellt anzusehen, wenn die Gerichtsstandsklausel in der Satzung der Gesellschaft enthalten ist und diese an einem dem Aktionär zugänglichen Ort hinterlegt oder in einem öffentlichen Register enthalten ist.
3) Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit des Rechtsverhältnisses, aus dem Rechtsstreitigkeiten entspringen können, im Sinne des Artikels 17 ist erfuellt, wenn die in der Satzung einer Gesellschaft enthaltene Gerichtsstandsklausel dahin auszulegen ist, daß sie sich auf die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären als solchen bezieht.
4) Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die vor ihm geltend gemachte Gerichtsstandsklausel zur Bestimmung der in ihren Anwendungsbereich fallenden Rechtsstreitigkeiten auszulegen.
Ende der Entscheidung
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