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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 19.10.2000
Aktenzeichen: C-216/98
Rechtsgebiete: Richtlinie 95/59/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 95/59/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Mitgliedstaat, der Rechtsvorschriften erlässt und aufrechterhält, nach denen die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren durch Ministerialerlass festgesetzt werden müssen, verstößt gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 9 der Richtlinie 95/59 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, dem zufolge die Hersteller bzw. ihre Vertreter oder Beauftragten in der Gemeinschaft sowie die Importeure aus Drittländern frei für jedes ihrer Erzeugnisse den Kleinverkaufshöchstpreis bestimmen, um sicherzustellen, dass zwischen ihnen tatsächlich Wettbewerb herrscht. Die Festsetzung eines Kleinverkaufsmindestpreises durch staatliche Stellen beschränkt unweigerlich die Freiheit der Hersteller und Importeure, ihren Kleinverkaufshöchstpreis festzusetzen, da dieser jedenfalls nicht unter dem vorgeschriebenen Mindestpreis liegen kann. (vgl. Randnrn. 20-21, 33 und Tenor)


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 19. Oktober 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Griechenland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 95/59/EG - Artikel 9 - Mindestpreis - Tabakwaren. - Rechtssache C-216/98.

Parteien:

In der Rechtssache C-216/98

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Condou-Durande und E. Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Klägerin,

gegen

Hellenische Republik, vertreten durch P. Mylonopoulos, Rechtsberater in der Sonderabteilung des Außenministeriums für Rechtsfragen der Europäischen Gemeinschaften, und N. Dafniou, Mitarbeiterin in derselben Abteilung, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Griechische Botschaft, 117, Val Sainte-Croix, Luxemburg,

Beklagte,

" wegen Feststellung, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 9 der Richtlinie 95/59/EG des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (ABl. L 291, S. 40) verstoßen hat, dass sie Rechtsvorschriften erlassen und aufrechterhalten hat, nach denen die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren durch Ministerialerlass festgesetzt werden müssen,

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters J.-P. Puissochet in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie des Richters R. Schintgen und der Richterin F. Macken (Berichterstatterin),

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 17. Februar 2000,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. April 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 11. Juni 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 9 der Richtlinie 95/59/EG des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (ABl. L 291, S. 40) verstoßen hat, dass sie Rechtsvorschriften erlassen und aufrechterhalten hat, nach denen die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren durch Ministerialerlass festgesetzt werden müssen.

2 Die Richtlinie 95/59 hat die Richtlinie 72/464/EWG des Rates vom 19. Dezember 1972 in der Fassung der Richtlinie 92/78/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 (ABl. L 316, S. 5; im Folgenden: Richtlinie 72/464) kodifiziert.

3 Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 95/59, der Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 72/464 entspricht, bestimmt:

"Als Hersteller gilt jede in der Gemeinschaft niedergelassene natürliche oder juristische Person, die Tabak zu für den Kleinverkauf bestimmten Tabakwaren verarbeitet.

Die Hersteller bzw. ihre Vertreter oder Beauftragten in der Gemeinschaft sowie die Einführer aus Drittländern bestimmen frei für jedes ihrer Erzeugnisse und für jeden Mitgliedstaat, in dem diese Erzeugnisse in den Verkehr gebracht werden sollen, den Kleinverkaufshöchstpreis.

Unterabsatz 2 steht jedoch der Anwendung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften über die Preisüberwachung oder die Einhaltung der vorgeschriebenen Preise nicht entgegen, sofern diese Vorschriften mit der Gemeinschaftsregelung vereinbar sind."

4 In Griechenland gilt für die Festsetzung der Kleinverkaufspreise für Tabakwaren das Gesetz Nr. 2127/1993 vom 5. April 1993 betreffend die Harmonisierung der Besteuerung von Erdölerzeugnissen, Äthylalkohol und alkoholischer Getränke sowie von Tabakwaren mit dem Gemeinschaftsrecht in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes Nr. 2187/1994 vom 8. Februar 1994, dessen Artikel 45 bestimmt:

"1. Die Kleinverkaufspreise für im Inland konsumierte Tabakwaren werden vorbehaltlich der Bestimmungen in Absatz 3 von den Herstellern oder den in Griechenland ansässigen Vertretern der Hersteller aus anderen Mitgliedstaaten und ihren Importeuren festgesetzt; diese haben den Kleinverkaufspreis in Drachmen auf den für den Kleinhandelsverkauf bestimmten Stangen oder Schachteln oder auf den darauf befindlichen Steuerbanderolen anzugeben.

2....

3. Der Finanzminister legt durch Erlass, der im Amtsblatt der Regierung veröffentlicht wird, die Mindestpreise für den Kleinverkauf der in Absatz 1 genannten Erzeugnisse fest; diese entsprechen mindestens den in Übereinstimmung mit Absatz 2 festgestellten Preisen dieser Erzeugnisse am 1. Dezember 1993 zuzüglich 20 %. Durch Erlass der Finanzministers können auch andere Mindestpreise festgesetzt werden. Im Falle des Inverkehrbringens neuer Arten von Tabakwaren entspricht der Mindestpreis für den Kleinverkauf dem in dem genannten Ministerialerlass festgelegten Preis für die qualitativ am nächsten stehende Sorte. Der Finanzminister legt in diesem Erlass die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Zigarren oder Zigarillos, Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten und anderem Rauchtabak fest.

..."

5 Da diese Vorschrift nach Auffassung der Kommission gegen das Gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen Artikel 5 der Richtlinie 72/464, verstieß, richtete sie am 21. Februar 1994 ein Schreiben an die griechischen Behörden, in dem sie diese hierauf hinwies.

6 Am 31. März 1994 antworteten die griechischen Behörden, das Gesetz Nr. 2127/1993 beeinträchtige nicht das Recht der Hersteller und Importeure, den Kleinverkaufspreis ihrer Erzeugnisse frei festzusetzen, und zwar aus folgenden Gründen:

- Die Festlegung der Mindestpreise für den Kleinverkauf - auf der Grundlage der von den Herstellern frei festgesetzten Preise - verstoße nicht gegen Artikel 5 der Richtlinie 72/464; dieser verlange nicht die freie Festsetzung der Mindestpreise für den Kleinverkauf, sondern sehe lediglich die freie Festsetzung der Hoechstpreise vor;

- die Richtlinie 72/464 lasse die Anwendung nationaler Vorschriften betreffend die Preisüberwachung und die Einhaltung der vorgeschriebenen Preise zu;

- gegen die Festlegung des Mindestpreises könne nur die Rüge eines Verstoßes gegen Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG), nicht aber eines Verstoßes gegen die Richtlinie 72/464 erhoben werden.

7 Am 15. Juli 1994 richtete die Kommission erneut ein Schreiben an die griechischen Behörden, in dem sie ausführte, die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren könnten nicht gleichzeitig ministeriell und von den Herstellern oder Importeuren festgelegt werden.

8 Sie wies ferner darauf hin, dass der Gerichtshof mehrfach bekräftigt habe, dass Artikel 5 der Richtlinie 72/464 den Grundsatz der freien Bestimmung der Tabakpreise durch die Hersteller oder Importeure aufstelle und dass ein nationales System zur Preisüberwachung diesem Grundsatz nicht zuwiderlaufen dürfe.

9 Sie führte schließlich aus, die Richtlinie 72/464 sei, auch wenn sie zum abgeleiteten Recht gehöre, eine ausreichende Rechtsgrundlage, um die Rechtswidrigkeit einer nationalen Vorschrift festzustellen, die eine verbindliche Festsetzung der Kleinverkaufspreise für Tabak vorsehe.

10 Mit Schreiben vom 14. September 1994 wiederholten die griechischen Behörden ihr früheres Vorbringen.

11 Da die Kommission mit dieser Antwort nicht zufrieden war, beschloss sie am 22. März 1996, das Verfahren des Artikels 169 EG-Vertrag einzuleiten, und richtete ein Mahnschreiben an die griechische Regierung mit der Aufforderung, hierzu Stellung zu nehmen.

12 Mit Schreiben vom 29. Mai 1996 antwortete die griechische Regierung auf dieses Mahnschreiben, wobei sie ihr früheres Vorbringen wieder aufgriff.

13 Am 17. Juni 1997 richtete die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die griechische Regierung. Nach einer Erläuterung der Gründe für die Zurückweisung des Vorbringens der griechischen Regierung stellte die Kommission fest, die Hellenische Republik habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 der Richtlinie 72/464, nunmehr Artikel 9 der Richtlinie 95/59 verstoßen, dass sie Artikel 45 des Gesetzes Nr. 2127/1993 aufrechterhalten habe, und forderte die Hellenische Republik auf, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um der mit Gründen versehenen Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Zustellung nachzukommen.

14 Mit Schreiben vom 25. März 1998 bekräftigte die griechische Regierung ihren Standpunkt und trug ferner vor, sie mache von dem ihr durch Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie 95/59 eingeräumten Recht zur Preisüberwachung Gebrauch, indem sie einen Mindestpreis festsetze, um ein Minimum an Steuereinnahmen aus dem Tabakverkauf auf dem griechischen Markt zu gewährleisten. Sie berief sich außerdem auf die dem Staat gegebene Möglichkeit, sich aus Gründen der öffentlichen Gesundheit für eine Verringerung des Tabakkonsums einzusetzen, und verwies darauf, dass Artikel 45 des Gesetzes Nr. 2127/1993 auf die Hersteller und Importeure unabhängig davon angewandt werde, ob sie Inländer oder Gemeinschaftsangehörige seien.

15 Da diese Antwort die Kommission nicht zufrieden stellte, hat diese die vorliegende Klage erhoben.

16 Nach Auffassung der Kommission hindert das griechische Recht die Hersteller und Importeure daran, den Preis ihrer Erzeugnisse frei festzusetzen, da es einen vom Finanzminister festgesetzten Mindestpreis gebe, der beachtet werden müsse.

17 Die griechische Regierung vertritt demgegenüber die Auffassung, Artikel 9 der Richtlinie 95/59 bestimme lediglich, dass der Hersteller den Kleinverkaufshöchstpreis frei bestimmen können müsse, nicht aber den Kleinverkaufsmindestpreis. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss habe in seiner Stellungnahme zum Vorschlag der Kommission (ABl. 1991, C 69, S. 25), der zum Erlass der Richtlinie 92/78 geführt habe, die Formulierung vorgeschlagen, der Hersteller oder Importeur von Tabakwaren solle den "Kleinverkaufspreis" bestimmen; die Bezugnahme auf Hoechstpreise solle somit wegfallen. Diesem Vorschlag sei jedoch nicht gefolgt worden, was bedeute, dass die Preisfestsetzung nur in Bezug auf die Hoechstpreise freigegeben sei.

18 Wie sich aus der dritten und siebten Begründungserwägung der Richtlinie 95/59 ergibt, steht diese im Zusammenhang mit einer Politik der Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren mit dem Ziel, eine Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren zu verhindern und damit die Öffnung der nationalen Märkte der Mitgliedstaaten zu erreichen.

19 Zu diesem Zweck bestimmt Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 95/59, dass in der Gemeinschaft hergestellte Zigaretten und aus Drittländern eingeführte Zigaretten in jedem Mitgliedstaat einer nach dem Kleinverkaufshöchstpreis einschließlich Zöllen berechneten proportionalen Verbrauchsteuer sowie einer nach Erzeugniseinheit berechneten spezifischen Verbrauchsteuer unterliegen.

20 Nach Artikel 9 Absatz 1 dieser Richtlinie bestimmen die Hersteller bzw. ihre Vertreter oder Beauftragten in der Gemeinschaft sowie die Importeure aus Drittländern frei für jedes ihrer Erzeugnisse den Kleinverkaufshöchstpreis, um sicherzustellen, dass zwischen ihnen tatsächlich Wettbewerb herrscht.

21 Nun ist festzustellen, dass die Festsetzung eines Kleinverkaufsmindestpreises durch staatliche Stellen unweigerlich die Freiheit der Hersteller und Importeure beschränkt, ihren Kleinverkaufshöchstpreis festzusetzen, da dieser jedenfalls nicht unter dem vorgeschriebenen Mindestpreis liegen kann.

22 Im Übrigen kann die Nichtberücksichtigung des Vorschlags des Wirtschafts- und Sozialausschusses, den Zusatz "höchst" wegzulassen, nicht als Anhaltspunkt dafür verstanden werden, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Mitgliedstaaten die Befugnis hätte geben wollen, einen Kleinverkaufsmindestpreis vorzuschreiben. Für eine solche Änderung war nämlich kein Raum, da die Richtlinie 95/59 sich im Zusammenhang mit der Berechnung der proportionalen Verbrauchsteuer nur auf den Kleinverkaufshöchstpreis bezieht und da die Festsetzung eines Kleinverkaufspreises durch die Behörden eines Mitgliedstaats, auch in der Form eines Mindestpreises, ihrer Natur nach die Freiheit der Wirtschaftsteilnehmer einschränkt, ihren Kleinverkaufshöchstpreis festzusetzen.

23 Die griechische Regierung macht ferner geltend, die Freiheit zur Festsetzung des Kleinverkaufshöchstpreises könne in jedem Fall durch nationale Rechtsvorschriften über die Preisüberwachung oder die Einhaltung der vorgeschriebenen Preise eingeschränkt werden, sofern diese Vorschriften mit der Gemeinschaftsregelung vereinbar seien.

24 Indem Artikel 45 des Gesetzes Nr. 2127/1993 zunächst eine völlig freie Festsetzung der Preise für Tabakwaren durch die Hersteller und Importeure eingeführt und diese Freiheit sodann einheitlich und proportional lediglich im Hinblick auf die Mindestpreise eingeschränkt habe, und zwar unterschiedslos für griechische und Gemeinschaftserzeugnisse und ganz allgemein ohne eine andere Gemeinschaftsvorschrift zu verletzen, habe er nicht gegen die Richtlinie 95/59 verstoßen.

25 Insoweit ergibt sich aus dem Urteil vom 21. Juni 1983 in der Rechtssache 90/82 (Kommission/Frankreich, Slg. 1983, 2011, Randnr. 22), dass der Ausdruck "Preisüberwachung" nicht so ausgelegt werden kann, als behalte er den Mitgliedstaaten eine andere Befugnis als diejenige vor, die allgemeinen einzelstaatlichen Vorschriften zur Eindämmung des Preisanstiegs nach ihrem Ermessen zu erlassen.

26 Wie sich ferner aus dem Urteil vom 16. November 1977 in der Rechtssache 13/77 (GB-Inno-BM, Slg. 1977, 2115, Randnr. 64) ergibt, ist der Ausdruck "Einhaltung der vorgeschriebenen Preise" so zu verstehen, dass er einen Preis bezeichnet, der nach Festlegung durch den Hersteller oder Importeur und Billigung durch die staatliche Behörde als Hoechstpreis vorgeschrieben ist und als solcher auf allen Ebenen des Vertriebssystems bis hin zum Verkauf an den Verbraucher einzuhalten ist. Dieser Mechanismus der Preisfestsetzung soll verhindern, dass die Integrität der Steuereinnahmen durch die Überschreitung des vorgeschriebenen Preises gefährdet wird.

27 Im vorliegenden Fall drängt sich die Feststellung auf, dass die streitigen Rechtsvorschriften nicht die allgemeine Preisüberwachung oder die Einhaltung der vorgeschriebenen Preise zum Gegenstand haben, da sie zum einen nicht darauf gerichtet sind, den Preisanstieg zu hemmen - was von der griechischen Regierung im Übrigen nicht bestritten wird -, und zum anderen der vom Finanzminister vorgeschriebene Preis nicht zuvor vom Hersteller oder Importeur festgesetzt wurde und es sich im Übrigen um einen Mindestpreis handelt.

28 Die griechische Regierung trägt schließlich vor, der Grundsatz der freien Festsetzung der Preise für Tabakwaren durch die Hersteller oder Importeure könne unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Gesundheit nach Artikel 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 30 EG) eingeschränkt werden.

29 Die Festsetzung eines Mindestpreises sei nämlich erforderlich, um den Tabakkonsum zu verringern, da die Hersteller und Importeure die Möglichkeit hätten, im Falle einer Erhöhung der Verbrauchsteuern diese nicht an die Verbraucher weiterzugeben, indem sie ihre Gewinnspanne verringerten.

30 Insoweit ist festzustellen, dass Artikel 36 EG-Vertrag den Mitgliedstaaten die Anwendung nationaler Vorschriften erlaubt, die zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen den innergemeinschaftlichen Handel einschränken. Die nach Artikel 36 EG-Vertrag getroffenen Maßnahmen können indessen nur gerechtfertigt sein, wenn sie für die Erreichung des in diesem Artikel genannten Zieles notwendig sind und dieses Ziel nicht mit Maßnahmen erreichbar ist, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken (siehe u. a. Urteile vom 10. Juli 1984 in der Rechtssache 72/83, Campus Oil u. a., Slg. 1984, 2727, Randnr. 37, vom 23. Februar 1988 in der Rechtssache 216/84, Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 793, Randnr. 7, und vom 13. Dezember 1990 in der Rechtssache C-347/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1990, I-4747, Randnr. 58).

31 Im vorliegenden Fall kann das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit jedoch in angemessener Weise durch eine erhöhte Besteuerung der Tabakwaren verfolgt werden, die den Grundsatz der freien Preisfestsetzung unangetastet ließe.

32 Die Möglichkeit der Hersteller und Importeure, die Erhöhungen der auf ihre Erzeugnisse entfallenden Verbrauchsteuer nicht weiterzugeben, ist nämlich in jedem Fall durch den Umfang ihrer Gewinnspanne beschränkt, so dass Verbrauchsteuererhöhungen früher oder später auf die Kleinhandelspreise durchschlagen.

33 Nach alledem hat die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 9 der Richtlinie 95/59 verstoßen, dass sie Rechtsvorschriften erlassen und aufrechterhalten hat, nach denen die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren durch Ministerialerlass festgesetzt werden müssen.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr, wie von der die Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 9 der Richtlinie 95/59/EG des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer verstoßen, dass sie Rechtsvorschriften erlassen und aufrechterhalten hat, nach denen die Mindestpreise für den Kleinverkauf von Tabakwaren durch Ministerialerlass festgesetzt werden müssen.

2. Die Hellenische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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