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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: C-223/01
Rechtsgebiete: Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG, Verordnung Nr. 165/95 (Dänemark)


Vorschriften:

Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG Art. 3
Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG Art. 4 Abs. 1
Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Unterabs. 2 Buchst. a Ziff. iii
Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG Art. 4 Abs. 3 Nr. 11
Verordnung Nr. 165/95 (Dänemark) § 9 Abs. 1 Nr. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 über Arzneimittel in der durch die Richtlinie 93/39 geänderten Fassung, der es erlaubt, für die Genehmigung des Inverkehrbringens von Arzneimitteln auf ein abgekürztes Verfahren zurückzugreifen, wenn das Arzneimittel, für das eine solche Genehmigung beantragt wird, im Wesentlichen einem Erzeugnis, das seit mindestens sechs oder zehn Jahren in der Gemeinschaft nach den Gemeinschaftsvorschriften zugelassen ist und in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, in Verkehr gebracht ist, gleicht, ist dahin auszulegen, dass die Wendung Erzeugnis..., das... in Verkehr gebracht ist" ein Arzneimittel erfasst, für das im betroffenen Mitgliedstaat eine Verkehrsgenehmigung erteilt worden ist. Denn worauf es für die Frage ankommt, ob die Verkehrsgenehmigung für ein Generikum im abgekürzten Verfahren nach der in Rede stehenden Bestimmung erteilt werden kann, ist, dass alle Angaben und Unterlagen für das Referenzarzneimittel der zuständigen Behörde, bei der der Antrag auf Verkehrsgenehmigung gestellt worden ist, noch zur Verfügung stehen, und nicht der Umstand, dass das Referenzarzneimittel tatsächlich in den Verkehr gebracht worden ist.

( vgl. Randnrn. 27, 29, Tenor 1 )

2. Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 über Arzneimittel in der durch die Richtlinie 93/39 geänderten Fassung, der es erlaubt, für die Genehmigung des Inverkehrbringens von Arzneimitteln auf ein abgekürztes Verfahren zurückzugreifen, wenn das Arzneimittel, für das eine solche Genehmigung beantragt wird, im Wesentlichen einem Erzeugnis, das seit mindestens sechs oder zehn Jahren in der Gemeinschaft nach den Gemeinschaftsvorschriften zugelassen ist und in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, in Verkehr gebracht ist, gleicht, ist dahin auszulegen, dass es für die Behandlung eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums im abgekürzten Verfahren gemäß dieser Bestimmung notwendig und ausreichend ist, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel im betroffenen Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags gültig ist.

( vgl. Randnr. 58, Tenor 2 )


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 16. Oktober 2003. - AstraZeneca A/S gegen Lægemiddelstyrelsen. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Østre Landsret - Dänemark. - Arzneimittel - Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG - Verkehrsgenehmigung für ein Generikum - Widerruf der Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel - Abgekürztes Verfahren. - Rechtssache C-223/01.

Parteien:

In der Rechtssache C-223/01

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom dänischen Østre Landsret in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

AstraZeneca A/S

gegen

Lægemiddelstyrelsen,

Beteiligte:

Generics (UK) Ltd,

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (ABl. 1965, Nr. 22, S. 369) in der durch die Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. L 214, S. 22) geänderten Fassung

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, der Richter R. Schintgen und C. Gulmann (Berichterstatter), der Richterin N. Colneric und des Richters J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: F. G. Jacobs,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der AstraZeneca A/S, vertreten durch J. Rothe, advokat, beauftragt durch I. Dodds-Smith, Solicitor,

- der Generics (UK) Ltd, vertreten durch N. Lindgreen, advokat, beauftragt durch S. Kon, Solicitor,

- der Lægemiddelstyrelse und der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten im Beistand von P. Biering, advokat,

- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,

- der norwegischen Regierung, vertreten durch F. Sejersted als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. C. Støvlbæk als Bevollmächtigten,

- der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch E. Wright als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der AstraZeneca A/S, der Generics (UK) Ltd, der Lægemiddelstyrelse und der dänischen Regierung, der norwegischen Regierung, der Kommission sowie der EFTA-Überwachungsbehörde in der Sitzung vom 10. Oktober 2002,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Januar 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Østre Landsret hat mit Beschluss vom 23. Mai 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Juni 2001, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel, zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG (ABl. L 214, S. 22) (im Folgenden: Erste Arzneimittelrichtlinie oder Richtlinie 65/65), zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der AstraZeneca A/S (im Folgenden: AstraZeneca) und der Lægemiddelstyrelse (dänische Arzneimittelbehörde) wegen der Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Verkehrsgenehmigung) für ein Generikum im abgekürzten Verfahren nach der Richtlinie 65/65 an die Generics (UK) Ltd (im Folgenden: Generics) nach der Rückgabe der Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel.

Rechtlicher Rahmen

Das Gemeinschaftsrecht

3 Nach Artikel 3 der Richtlinie 65/65 darf ein Arzneimittel in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats eine Verkehrsgenehmigung nach der Richtlinie erteilt hat oder wenn eine solche Genehmigung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) erteilt wurde.

4 Artikel 4 der Richtlinie 65/65 regelt das Verfahren, das zu befolgen ist, und legt fest, welche Unterlagen und Angaben für die Erteilung einer Verkehrsgenehmigung beizubringen sind. Er sieht zum einen Verfahren vor, in deren Rahmen der Antragsteller die gesamten in Rede stehenden Unterlagen vorlegen muss (im Folgenden: vollständiges Verfahren), und zum anderen Verfahren, in deren Rahmen der Antragsteller für einen Teil dieser Unterlagen von der Vorlagepflicht befreit ist (im Folgenden: abgekürztes Verfahren).

5 Dieser Artikel bestimmt in Absatz 1 und Absatz 3 Nummern 8 und 11:

Die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 ist von der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats zu beantragen.

Dem Antrag sind folgende Angaben und Unterlagen beizufügen:

...

8. Ergebnisse von Versuchen:

- physikalisch-chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Art;

- pharmakologischer und toxikologischer Art;

- ärztlicher oder klinischer Art.

Unbeschadet des Rechtsschutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gilt jedoch Folgendes:

a) Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche oder die Ergebnisse der ärztlichen oder klinischen Versuche vorzulegen, wenn er entweder nachweisen kann,

i) dass...

ii) oder... dass...

iii) oder dass das Arzneimittel im Wesentlichen einem Erzeugnis gleicht, das seit mindestens sechs Jahren in der Gemeinschaft nach den Gemeinschaftsvorschriften zugelassen und in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, in Verkehr gebracht ist; dieser Zeitraum wird auf zehn Jahre verlängert, wenn es sich um ein technologisch hochwertiges Arzneimittel im Sinne von Teil A des Anhangs der Richtlinie 87/22/EWG oder um ein Arzneimittel im Sinne von Teil B des Anhangs der genannten Richtlinie handelt, bei dem das in Artikel 2 derselben Richtlinie vorgesehene Verfahren angewandt wurde; ferner kann ein Mitgliedstaat diese Frist durch eine einheitliche, alle in seinem Gebiet auf dem Markt befindlichen Erzeugnisse erfassende Entscheidung auf zehn Jahre verlängern, wenn dies seiner Ansicht nach im Interesse der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten können davon absehen, den genannten Zeitraum von sechs Jahren über den Zeitpunkt hinaus zu verlängern, zu dem ein Patent zum Schutz des ursprünglichen Erzeugnisses abläuft.

...

11. Die Kopie einer Genehmigung für das betreffende Arzneimittel in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland, zusammen mit einer Liste der Mitgliedstaaten, in denen ein Antrag auf Genehmigung nach dieser Richtlinie geprüft wird; Kopien der Zusammenfassung der vom Antragsteller gemäß Artikel 4a vorgeschlagenen bzw. durch die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats gemäß Artikel 4b genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels; Kopien des gemäß Artikel 6 der Richtlinie 92/27/EWG vorgeschlagenen bzw. durch die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats gemäß Artikel 10 derselben Richtlinie genehmigten Beipackzettels; Einzelheiten aller Entscheidungen zur Versagung der Genehmigung, ob in der Gemeinschaft oder in einem Drittland, und die Gründe für diese Entscheidung.

Diese Angaben sind in regelmässigen Abständen auf den neuesten Stand zu bringen."

6 Was insbesondere Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 der Richtlinie 65/65 angeht, so wurde diese Bestimmung durch die Richtlinie 87/21/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Änderung der Richtlinie 65/65/EWG (ABl. L 15, S. 36) geändert.

7 Nach Artikel 5 der Richtlinie 65/65 wird die Verkehrsgenehmigung versagt, wenn sich nach der Prüfung der in Artikel 4 aufgeführten Angaben und Unterlagen ergibt, dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich ist oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder vom Antragsteller unzureichend begründet ist oder dass das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist.

8 Die Zweite Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. L 147, S. 13) in der durch die Richtlinie 93/39 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 75/319) sieht in Kapitel Va, Pharmakovigilanz", vor, dass die Mitgliedstaaten ein System der Arzneimittelüberwachung (Pharmakovigilanzsystem) einrichten müssen, das u. a. dem Inhaber der Verkehrsgenehmigung für ein Arzneimittel Verpflichtungen hinsichtlich der Erfassung und Mitteilung aller Nebenwirkungen des Arzneimittels bei Menschen auferlegt. Dazu sind den zuständigen Behörden in regelmäßigen Abständen Unterlagen vorzulegen, denen eine wissenschaftliche Beurteilung beigefügt sein muss.

Das nationale Recht

9 Nach § 14 Absatz 3 des Lov om lægemidler (Arzneimittelgesetz), veröffentlicht durch die Durchführungsverordnung Nr. 656 vom 28. Juli 1995, später geändert, ist der dänische Gesundheitsminister für die Regelung der Behandlung von Anträgen auf Verkehrsgenehmigungen durch die Lægemiddelstyrelse und die Festlegung der Angaben zuständig, die diesen Anträgen beizufügen sind.

10 Aufgrund dieser Zuständigkeit wurde die Bekendtgørelse Nr. 165 vom 3. März 1995 om markedsføringstilladelse til lægemidler (Verordnung über die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln, im Folgenden: Verordnung Nr. 165/95) erlassen. Sie regelt in ihren §§ 3 bis 5 die Anforderungen, die im Rahmen eines vollständigen Verfahrens zu erfuellen sind, und in § 9 die Anforderungen, die im Rahmen eines abgekürzten Verfahrens gestellt werden.

11 § 9 Absatz 1 Nummer 3 der Verordnung Nr. 165/95 lautet wie folgt:

Der Antragsteller braucht die in § 3 Nummer 9 erwähnten toxikologischen, pharmakologischen und klinischen Unterlagen nicht vorzulegen, wenn er das Vorliegen eines der folgenden Fälle nachweist:

...

3. Das Arzneimittel, für das der Antrag gestellt wird, gleicht im Wesentlichen einem Arzneimittel, das in der Gemeinschaft... seit mindestens sechs Jahren zugelassen ist und in Dänemark im Verkehr ist...."

Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen

12 Die Unternehmensgruppe Astra entwickelte ein Arzneimittel in Form von Kapseln mit der Bezeichnung Losec Entero" (im Folgenden: Losec-Entero-Kapseln), das zur Behandlung von mit der Magensäure zusammenhängenden Krankheiten verwendet wird. Sein Wirkstoff ist Omeprazol. 1989 erteilte die Lægemiddelstyrelse der Unternehmensgruppe Astra eine Verkehrsgenehmigung für dieses Arzneimittel, das in Dänemark seit diesem Zeitpunkt im Verkehr ist.

13 Am 3. Februar 1997 beantragte AstraZeneca, eine Gesellschaft dänischen Rechts, die der Unternehmensgruppe Astra angehört, bei der Lægemiddelstyrelse eine Verkehrsgenehmigung für ein Arzneimittel in Form von Tabletten, das ebenfalls die Bezeichnung Losec Entero" trug. Dieses Arzneimittel ist mit Losec-Entero-Kapseln bioäquivalent, doch ist der Wirkstoff darin in einer anderen Form enthalten. Die beantragte Verkehrsgenehmigung wurde am 22. September 1997 erteilt.

14 Am 23. Februar 1998 stellte Generics nach dem abgekürzten Verfahren des § 9 der Verordnung Nr. 165/95 bei der Lægemiddelstyrelse einen Antrag auf Verkehrsgenehmigung eines Arzneimittels in Form von Kapseln mit der Bezeichnung Generics Entero" (im Folgenden: Generics-Entero-Kapseln). Es handelt sich um ein Generikum, dessen Referenzarzneimittel die Losec-Entero-Kapseln sind.

15 Am 6. April 1998 wurde auf Antrag von AstraZeneca die Verkehrsgenehmigung für die Losec-Entero-Kapseln widerrufen. Dieser Widerruf wurde auf Gründe gestützt, die mit der Sicherheit des Arzneimittels, das in anderen Mitgliedstaaten weiterhin im Verkehr ist, nichts zu tun hatten.

16 Am 30. November 1998 erteilte die Lægemiddelstyrelse Generics die Verkehrsgenehmigung für die Generics-Entero-Kapseln.

17 Gegen diese Entscheidung erhob AstraZeneca am 28. April 1999 Klage beim Østre Landsret. Generics trat dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Lægemiddelstyrelse bei.

18 AstraZeneca beantragt, die Lægemiddelstyrelse zu verurteilen, die Verkehrsgenehmigung für die Generics-Entero-Kapseln zurückzunehmen, da ungeachtet einer etwas unklaren Formulierung die dänische Fassung von Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 ebenso wie die englische Fassung dieser Bestimmung voraussetze, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel nicht nur zum Zeitpunkt der Beantragung der Verkehrsgenehmigung für das Generikum, sondern auch zum Zeitpunkt der Erteilung der Verkehrsgenehmigung für das Generikum gültig sein müsse.

19 Die Lægemiddelstyrelse und Generics trugen dagegen vor, dass Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 dahin auszulegen sei, dass es notwendig und ausreichend sei, wenn die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags im abgekürzten Verfahren gültig sei.

20 Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es, wenn ein Unternehmen eine Genehmigung für das Inverkehrbringen im abgekürzten (vereinfachten) Verfahren gemäß Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 [Unterabsatz 2] Buchstabe a Ziffer iii der Ersten Arzneimittelrichtlinie (Richtlinie 65/65 des Rates mit späteren Änderungen) beantragt und darlegt, dass das Produkt, für das es die Genehmigung begehrt, im Wesentlichen einem Referenzprodukt gleicht, das in dem nach der Richtlinie erforderlichen Zeitraum in der Gemeinschaft zugelassen war, notwendig und ausreichend, dass das Referenzprodukt

a) zum Zeitpunkt der Antragstellung in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, in den Verkehr gebracht war oder

b) sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, immer noch auf dem Markt befindet oder

c) sich sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, auf dem Markt befindet?

2. Bedeutet die Wendung in Verkehr gebracht" in Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 [Unterabsatz 2] Buchstabe a Ziffer iii, dass es ausreichend und notwendig ist, dass für das Referenzprodukt in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, eine Verkehrsgenehmigung in Form einer Genehmigung für das Inverkehrbringen vorliegt?

3. Enthält für den Fall der Bejahung der Fragen 1b und 1c die Erste Arzneimittelrichtlinie eine Rechtsgrundlage dafür, dass die nationalen Behörden einen Antragsteller von den betreffenden Bedingungen befreien können, so dass ein im abgekürzten Verfahren gestellter Antrag gleichwohl einer sachlichen Prüfung unterzogen werden kann?

21 Das vorlegende Gericht hat mit Beschluss vom 6. Juni 2002 die Fragen 1a und 3 zurückgezogen.

Zu den Vorlagefragen

22 Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 (im Folgenden: die in Rede stehende Bestimmung) regelt die Voraussetzungen, die der Antragsteller auf eine Verkehrsgenehmigung erfuellen muss, um von der Verpflichtung, die Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und chemischen Versuche vorzulegen, befreit zu sein, d. h., um in den Genuss des abgekürzten Verfahrens zu gelangen.

23 Zu diesem Zweck muss der Antragsteller nachweisen, dass

- das Arzneimittel, für das die Verkehrsgenehmigung beantragt wird, im Wesentlichen einem anderen Arzneimittel, dem Referenzarzneimittel, gleicht;

- das Referenzarzneimittel seit mindestens sechs oder zehn Jahren in der Gemeinschaft nach den Gemeinschaftsvorschriften zugelassen ist, und

- das Referenzarzneimittel in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, in Verkehr gebracht ist".

24 Das vorlegende Gericht möchte genaue Angaben zur letztgenannten Voraussetzung erhalten.

25 Mit seiner zweiten Frage, die als erstes zu überprüfen ist, möchte es wissen, ob die Wendung in Verkehr gebracht" in Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii dahin auszulegen ist, dass es ausreicht, dass eine Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel im betreffenden Mitgliedstaat erteilt worden ist, oder dahin, dass dieses Arzneimittel zudem in diesem Staat tatsächlich in den Verkehr gebracht worden sein muss.

26 In diesem Zusammenhang ist nach Ansicht sämtlicher Verfahrensbeteiligten, die vor dem Gerichtshof hierzu Stellung genommen haben, und nach der Erörterung des Generalanwalts in den Nummern 70 bis 73 seiner Schlussanträge davon auszugehen, dass die Wendung Erzeugnis..., das... in Verkehr gebracht ist" so aufzufassen ist, dass darunter ein Arzneimittel zu verstehen ist, für das eine Verkehrsgenehmigung erteilt worden ist.

27 Denn entscheidend für die Frage, ob die Verkehrsgenehmigung für ein Generikum im abgekürzten Verfahren nach der in Rede stehenden Bestimmung erteilt werden kann, ist, dass alle Angaben und Unterlagen für das Referenzarzneimittel der zuständigen Behörde, bei der der Antrag auf Verkehrsgenehmigung gestellt worden ist, noch zur Verfügung stehen, und nicht der Umstand, dass das Referenzarzneimittel tatsächlich in den Verkehr gebracht worden ist.

28 Diese Auslegung entspricht im Übrigen derjenigen in den Hinweisen der Kommission zu der Regelung der Arzneimittel in der Europäischen Gemeinschaft (veröffentlicht in Regelung der Arzneimittel in der Europäischen Gemeinschaft", Band II: Mitteilung an die Antragsteller betreffend die Zulassung der für den Menschen bestimmten Arzneimittel in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, Kapitel 1, Punkt 4.2.2).

29 Daher ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 dahin auszulegen ist, dass die Wendung Erzeugnis..., das... in Verkehr gebracht ist" ein Arzneimittel erfasst, für das im betroffenen Mitgliedstaat eine Verkehrsgenehmigung erteilt worden ist.

30 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, welcher Zeitpunkt des Inverkehrbringens" des Referenzarzneimittels für den Antrag auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum maßgeblich ist.

31 Im Hinblick auf die Antwort auf die Frage nach der Bedeutung des Begriffes in Verkehr gebracht" soll mit der ersten Frage in Wirklichkeit geklärt werden, welcher Zeitpunkt der Verkehrsgenehmigung" für das Referenzarzneimittel für den Antrag auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum maßgeblich ist.

32 Vorab ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmung das abgekürzte Verfahren voraussetzt, dass für das Referenzarzneimittel zu einem bestimmten Zeitpunkt in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum gestellt wird, eine Verkehrsgenehmigung erteilt worden ist.

33 Zum anderen bezieht sich das vorliegende Problem auf den Umstand, dass im Ausgangsverfahren die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel auf Antrag ihres Inhabers widerrufen worden ist und dass dieser Widerruf aus Gründen erfolgt ist, die nichts mit der Sicherheit des Arzneimittels zu tun hatten.

34 In Bezug auf die Frage, ob es für das abgekürzte Verfahren notwendig ist, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel noch gültig ist, und bis wann sie ggf. gültig sein muss, sind mehrere Auslegungen der in Rede stehenden Bestimmung vorgeschlagen worden.

35 Nach einer ersten, von Generics, der niederländischen Regierung und der EFTA-Überwachungsbehörde aufgrund einer in den Nummern 37 und 38 der Schlussanträge des Generalanwalts zusammengefassten Argumentation vertretenen Auslegung genügt es, dass eine Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel im betroffenen Mitgliedstaat erteilt worden ist, ohne dass sie sich zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum noch in Kraft befinden muss.

36 Nach einer zweiten, von der dänischen und der norwegischen Regierung sowie der Kommission aus in den Nummern 39 und 40 der Schlussanträge des Generalanwalts dargestellten Gründen befürworteten Auslegung ist es notwendig und ausreichend, dass sich die im betroffenen Mitgliedstaat erteilte Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum noch in Kraft befindet.

37 Nach einer dritten, von AstraZeneca aus in Nummer 36 der Schlussanträge des Generalanwalts dargestellten Gründen vertretenen Ansicht ist es notwendig, dass sich die im betroffenen Mitgliedstaat erteilte Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel zum Zeitpunkt der Erteilung der Verkehrsgenehmigung für das Generikum noch in Kraft befindet.

38 Die Stichhaltigkeit all dieser Auslegungen einschließlich der ersten ist ungeachtet des Umstands zu prüfen, dass das vorlegende Gericht seine Frage 1a zurückgezogen hat, mit der der Gerichtshof gerade nach der Stichhaltigkeit der ersten Auslegung befragt werden sollte. Denn im vorliegenden Fall erlauben es die Bedürfnisse der Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung nicht, die Prüfung der Frage auf einige der denkbaren Fälle zu beschränken.

39 In diesem Zusammenhang sind drei Bemerkungen allgemeiner Art voranzustellen.

40 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass im Verfahren vor dem Gerichtshof auf einige Nuancen im Wortlaut der verschiedenen Sprachfassungen der in Rede stehenden Bestimmung hingewiesen worden ist, die nach Ansicht der Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen sind.

41 So ist im Einzelnen neben der dänischen Fassung der in Rede stehenden Bestimmung, auf deren Grundlage die Vorlagefragen abgefasst worden sind, auf die deutsche, die französische und die englische Fassung dieser Bestimmung abgestellt worden, die wie folgt lauten:

Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche oder die Ergebnisse der ärztlichen oder klinischen Versuche vorzulegen, wenn er... nachweisen kann,... dass das Arzneimittel im Wesentlichen einem Erzeugnis gleicht, das... in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, in Verkehr gebracht ist."

Le demandeur n'est pas tenu de fournir les résultats des essais pharmacologiques et toxicologiques ni les résultats des essais cliniques s'il peut démontrer... que le médicament est essentiellement similaire à un produit... commercialisé dans l'État membre concerné par la demande."

The applicant shall not be required to provide the results of pharmacological and toxicological tests or the results of clinical trials if he can demonstrate... that the medicinal product is essentially similar to a product which... is marketed in the Member State for which the application is made."

42 Zweitens ist daran zu erinnern, dass das durch die in Rede stehende Bestimmung eingeführte abgekürzte Verfahren, das unter bestimmten Voraussetzungen die Hersteller von Arzneimitteln, die im Wesentlichen bereits zugelassenen Erzeugnissen gleichen, von der Verpflichtung befreit, die Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Versuche vorzulegen, eingeführt worden ist, um es diesen Herstellern zu ermöglichen, die Zeit und die Kosten zu sparen, die für die Sammlung dieser Daten erforderlich sind, und - nach der vierten Begründungserwägung der Richtlinie 87/21 -, um zu vermeiden, dass Versuche am Menschen oder am Tier ohne zwingende Notwendigkeit wiederholt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 1998 in der Rechtssache C-368/96 [Generics (UK) u. a.], Slg. 1998, I-7967, Randnr. 4).

43 Allerdings hat der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie sich aus der zweiten Begründungserwägung der Richtlinie 87/21 ergibt, bei der Festlegung der Voraussetzungen für den Rückgriff auf das abgekürzte Verfahren auch die Interessen der Innovationsfirmen berücksichtigt, und zwar insbesondere dadurch, dass er ein derartiges Verfahren von der Voraussetzung abhängig gemacht hat, dass das Referenzarzneimittel seit sechs oder zehn Jahren in der Gemeinschaft zugelassen ist (vgl. Urteil Generics [UK] u. a., Randnrn. 72 und 73).

44 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 65/65 in Anbetracht ihres wesentlichen Zieles auszulegen und anzuwenden ist, das, wie es in ihrer ersten Begründungserwägung heißt, im Schutz der öffentlichen Gesundheit besteht (vgl. Urteile Generics [UK] u. a., Randnr. 22, und vom 8. Mai 2003 in der Rechtssache C-15/01, Paranova Läkemedel u. a., Slg. 2003, I-0000, Randnr. 24).

45 In dem der ersten Vorlagefrage zugrunde liegenden Fall ist insbesondere der Umstand erheblich, dass zum einen die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel aus anderen Gründen als der Sicherheit widerrufen worden ist und dass zum anderen die zuständigen Behörden des betroffenen Mitgliedstaats nach diesem Widerruf keine Informationen erhalten haben, die es erlaubten, die Qualität, die Wirksamkeit und die Unschädlichkeit des fraglichen Arzneimittels, das in anderen Mitgliedstaaten immer noch im Verkehr ist, in Zweifel zu ziehen.

46 Diese Umstände sind die Erklärung dafür, dass sich ein beträchtlicher Teil des Vorbringens vor dem Gerichtshof auf die Erheblichkeit des Umstands bezieht, dass grundsätzlich nach dem Widerruf der Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel die in Kapitel V der Richtlinie 75/319 vorgesehenen und in Randnummer 8 dieses Urteils erwähnten Verpflichtungen der Arzneimittelüberwachung für den Inhaber der widerrufenen Verkehrsgenehmigung nicht mehr gelten.

47 Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist die in Rede stehende Bestimmung im Hinblick auf die Frage auszulegen, zu welchem Zeitpunkt die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel in Bezug auf den Antrag auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum bestehen muss.

48 Zunächst ist die Auslegung abzulehnen, wonach es genügt, dass das Referenzarzneimittel zu einem bestimmten Zeitpunkt im betroffenen Mitgliedstaat zugelassen worden ist, ohne dass die Verkehrsgenehmigung zu dem Zeitpunkt fortbestehen muss, zu dem der Antrag auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum gestellt wird.

49 Denn die in Rede stehende Bestimmung ist im Licht des wesentlichen Zieles der Richtlinie 65/65, nämlich des Gesundheitsschutzes, auszulegen, und nach ihrem Wortlaut in den meisten Sprachfassungen ist, wie der Generalanwalt in den Nummern 42 und 43 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber durch die Verwendung des Indikativs Präsens verlangen wollte, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel zumindest zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum noch gültig ist.

50 Jedoch ist es zwar notwendig, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum noch gültig ist, doch ist dies auch ausreichend.

51 Diese Auslegung dürfte nämlich mit der Systematik und dem Wortlaut der Artikel 4 und 5 der Richtlinie 65/65 am besten zu vereinbaren sein: Artikel 4 bezieht sich nur auf die Voraussetzungen, die der Antrag auf Verkehrsgenehmigung erfuellen muss, und nach Artikel 5 wird die Verkehrsgenehmigung versagt, wenn die Angaben und Unterlagen zur Begründung des Antrags nicht den Bestimmungen des Artikels 4 entsprechen.

52 Diese Auslegung entspricht im Übrigen am besten dem besonderen Zweck des abgekürzten Verfahrens, das es, wie in Randnummer 42 dieses Urteils ausgeführt, ermöglichen soll, die Zeit und die Kosten zu sparen, die für die Sammlung der Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Versuche erforderlich sind, und zu vermeiden, dass Versuche am Menschen oder am Tier wiederholt werden.

53 Sie stellt auch das mit der Richtlinie 65/65 verfolgte Ziel des Gesundheitsschutzes nicht in Frage. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des abgekürzten Verfahrens nicht zu einer Abschwächung der Anforderungen führen darf, denen Arzneimittel in Bezug auf Sicherheit und Wirksamkeit genügen müssen (vgl. Urteil Generics [UK] u. a., Randnr. 22). Wenn die Gesundheitsbehörden des betroffenen Mitgliedstaats in besonderen Fällen und aus konkret festgestellten Gründen der Ansicht sind, dass das Fehlen einer Verpflichtung zur Arzneimittelüberwachung beim Inhaber der widerrufenen Verkehrsgenehmigung den Gesundheitsschutz beeinträchtigen könnte, so müssen sie geeignete Maßnahmen erlassen, also gegebenenfalls die Anwendung des abgekürzten Verfahrens für die Erteilung der Verkehrsgenehmigung für ein Generikum ablehnen.

54 Derartige besondere Fälle können es jedoch nicht rechtfertigen, dass das abgekürzte Verfahren allgemein nicht angewandt wird, wenn die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel aus anderen Gründen als denjenigen des Gesundheitsschutzes vor der Erteilung der Verkehrsgenehmigung für das Generikum widerrufen wird.

55 Es ist noch darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller auf Verkehrsgenehmigung für ein Generikum ab Stellung seines Antrags der Pflicht zur regelmäßigen Aktualisierung der in seinem Antrag enthaltenen Angaben gemäß Artikel 4 Absatz 3 Nummer 11 Unterabsatz 2 der Richtlinie 65/65 unterliegt. Wie die Kommission ausgeführt hat, bedeutet diese Verpflichtung, dass der Antragsteller den zuständigen Behörden unverzüglich alle Angaben über etwaige neue Umstände zu übermitteln hat, die für die Bewertung des Erzeugnisses erheblich sein könnten.

56 Ferner verfügen die zuständigen Behörden, wie der Generalanwalt in den Nummern 56 bis 58 seiner Schlussanträge ausführt, für die Zeit zwischen der Stellung des Antrags auf Verkehrsgenehmigung für das Generikum und der Entscheidung über diesen über ausreichende Informationsmittel in Bezug auf die Wirksamkeit und Unschädlichkeit des Referenzarzneimittels, sofern dieses in anderen Mitgliedstaaten zugelassen bleibt.

57 Im Übrigen wird die gewählte Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung von der European Medicines Agencies Co-operation on Legal and Legislative Issues (EMACOLEX), die sich aus auf Rechtsfragen spezialisierten Beamten der Mitgliedstaaten zusammensetzt, der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) und der Kommission (Protokoll der Zwölften Tagung von EMACOLEX in Helsinki im November 1999) befürwortet. Diese Auslegung hat die Kommission im Übrigen in ihren Hinweisen zu der Regelung der Arzneimittel in der Europäischen Union übernommen (Kapitel 1, Nr. 4.2.4).

58 Nach allem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 dahin auszulegen ist, dass es für die Behandlung eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums im abgekürzten Verfahren gemäß Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 notwendig und ausreichend ist, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel im betroffenen Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags gültig ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

59 Die Auslagen der dänischen, der niederländischen und der norwegischen Regierung, der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Østre Landsret mit Beschluss vom 23. Mai 2001 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel in der durch die Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Wendung Erzeugnis..., das... in Verkehr gebracht ist" ein Arzneimittel erfasst, für das im betroffenen Mitgliedstaat eine Verkehrsgenehmigung erteilt worden ist.

2. Für die Behandlung eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums im abgekürzten Verfahren gemäß Artikel 4 Absatz 3 Nummer 8 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie 65/65 ist es notwendig und ausreichend, dass die Verkehrsgenehmigung für das Referenzarzneimittel im betroffenen Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags gültig ist.

Ende der Entscheidung

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