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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.02.2002
Aktenzeichen: C-23/00 P
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates vom 26. Juni 1990 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs, Richtlinie 96/22/EG des Rates vom 29. April 1996 über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von ß-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/, EGV, EG-Satzung


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates vom 26. Juni 1990 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs Art. 6 Abs. 1
Richtlinie 96/22/EG des Rates vom 29. April 1996 über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von ß-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/ Art. 3
EGV Art. 230
EG-Satzung Art. 49 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Der Gerichtshof hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Antrag eines Rechtsmittelführers gegen eine Entscheidung des Gerichts gerichtet ist, gegen die gemäß Artikel 49 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel eingelegt werden kann.

Entscheidungen, die einen Zwischenstreit über eine Einrede der Unzulässigkeit im Sinne dieser Bestimmung beenden, sind Entscheidungen, die damit, dass sie dieser Einrede stattgeben oder sie zurückweisen, eine der Parteien beschweren.

Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn dem angefochtenen Urteil des Gerichts zu entnehmen ist, dass nach dessen Auffassung über die vom Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit nicht entschieden zu werden brauchte, weil die Anträge des Klägers jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen seien.

Das Gericht hat pflichtgemäß zu prüfen, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, die Klage als unbegründet abzuweisen, ohne über die vom Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu entscheiden, wodurch dieser nicht beschwert sein kann.

( vgl. Randnrn. 46, 50-52 )


Urteil des Gerichtshofes vom 26. Februar 2002. - Rat der Europäischen Union gegen Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH und C. H. Boehringer Sohn. - Rechtsmittel - Zulässigkeit - Antrag auf Teilaufhebung eines Urteils des Gerichts, soweit darin festgestellt wird, dass über eine Einrede der Unzulässigkeit gegen eine als unbegründet abgewiesene Klage nicht entschieden zu werden braucht. - Rechtssache C-23/00 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-23/00 P

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Sims-Robertson und I. Díez Parra als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführer,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Zweite Kammer) vom 1. Dezember 1999 in den verbundenen Rechtssachen T-125/96 und T-152/96 (Boehringer/Rat und Kommission, 1999, Slg. II-3427) wegen Aufhebung dieses Urteils,

andere Verfahrensbeteiligte:

Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH,

C. H. Boehringer Sohn,

mit Sitz in Ingelheim am Rhein (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: D. Waelbroeck und D. Fosselard, avocats, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-125/96 und Beklagte im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-152/96,

Fédération européenne de la santé animale (Fedesa) mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: A. Vandencasteele, avocat, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV) mit Sitz in Den Haag (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: G. van der Wal, advocaat, und L. Parret, avocat, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferinnen im ersten Rechtszug,

und

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch G. Amodeo als Bevollmächtigte im Beistand von D. Lloyd Jones, QC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-125/96,

erlässt DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter A. La Pergola (Berichterstatter), J.-P. Puissochet, M. Wathelet, R. Schintgen und V. Skouris,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Oktober 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der Rat der Europäischen Union hat mit Rechtsmittelschrift, die am 27. Januar 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 1. Dezember 1999 in den verbundenen Rechtssachen T-125/96 und T-152/96 (Boehringer/Rat und Kommission, Slg. 1999, II-3427, im Folgenden: angefochtenes Urteil) wegen Teilaufhebung dieses Urteils eingelegt.

Rechtlicher Rahmen

2 Der Rat erließ am 26. Juni 1990 die Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Hoechstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 224, S. 1).

3 Nach dieser Verordnung legt die Kommission Hoechstmengen von Rückständen (im Folgenden: HMR) fest, die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung definiert werden als "die Hoechstkonzentration von Rückständen aus der Verwendung von Tierarzneimitteln, bei der die Gemeinschaft akzeptieren kann, dass sie legal zugelassen wird, oder die als eine in oder auf einem Nahrungsmittel annehmbare Konzentration anerkannt wird".

4 Gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 sind die pharmakologisch wirksamen Stoffe, die in Tierarzneimitteln verwendet werden, nach einer Beurteilung ihrer Risiken für die menschliche Gesundheit in eine der vier Listen aufzunehmen, die in den Anhängen I bis IV der Verordnung enthalten sind. Anhang I betrifft die Stoffe, für die eine HMR festgesetzt werden kann, in Anhang II werden die Stoffe aufgeführt, für die die Festsetzung einer HMR nicht erforderlich erscheint, Anhang III bezieht sich auf die Stoffe, für die unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige HMR festgelegt werden kann, und in Anhang IV werden die Stoffe genannt, für die wegen ihrer Gefährlichkeit keine HMR festgesetzt werden kann.

5 Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2377/90 bestimmt:

"Die Aufnahme eines neuen pharmakologisch wirksamen Stoffes, der

- in Tierarzneimitteln verwendet werden soll, die für die Verabreichung an zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere bestimmt sind, und

- in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, die die Verwendung des betreffenden Stoffes bei zur Nahrungsmittelerzeugung genutzten Tieren zuvor nicht zugelassen haben, in den Verkehr gebracht werden soll,

in Anhang I, II oder III wird von dem für die Vermarktung Verantwortlichen bei der Kommission beantragt."

6 Am 29. April 1996 erließ der Rat die Richtlinie 96/22/EG über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von ß-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG (ABl. L 125, S. 3).

7 Laut der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 96/22 kann die missbräuchliche Verwendung von ß-Agonisten die menschliche Gesundheit ernsthaft gefährden und ist es im Interesse des Verbrauchers angezeigt, den Besitz und die Verabreichung von ß-Agonisten an Tiere jeglicher Art sowie das Inverkehrbringen dieser Stoffe zu diesem Zweck zu untersagen.

8 Demgemäß haben die Mitgliedstaaten nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 96/22 dafür Sorge zu tragen, dass "das Inverkehrbringen von ß-Agonisten zur Verabreichung an Tiere, die zur Gewinnung von Fleisch und anderen Erzeugnissen für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu anderen als den in Artikel 4 Nummer 2 vorgesehenen Zwecken" verboten wird.

9 Artikel 3 der Richtlinie 96/22 bestimmt:

"Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Folgendes verboten wird:

a) die Verabreichung... von ß-Agonisten an Nutztiere...;

b) das Halten von Tieren im Sinne des Buchstabens a) in einem Betrieb, sofern sie nicht unter amtlicher Aufsicht stehen, die Vermarktung oder die Schlachtung - im Hinblick auf den menschlichen Verzehr - von Nutztieren..., die unter Buchstabe a) genannte Stoffe enthalten oder in denen das Vorhandensein solcher Stoffe festgestellt worden ist, es sei denn, sie wurden nachweislich gemäß den Artikeln 4 oder 5 behandelt;

...

d) die Vermarktung von Fleisch von Tieren im Sinne des Buchstabens b);

e) die Verarbeitung von Fleisch im Sinne des Buchstabens d)."

10 Gemäß Artikel 4 Nummer 2 der Richtlinie 96/22 können die Mitgliedstaaten abweichend von den Artikeln 2 und 3 der Richtlinie die Verabreichung von zugelassenen Tierarzneimitteln, die u. a. ß-Agonisten enthalten können, zu verschiedenen festgelegten therapeutischen Zwecken an bestimmte Rinderarten, Equiden und Heimtiere zulassen.

11 In Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 96/22 wird "therapeutische Behandlung" definiert als die "individuelle Verabreichung - gemäß Artikel 4 - eines der zugelassenen Stoffe an ein Nutztier zur Behandlung einer Fruchtbarkeitsstörung... sowie, im Falle von ß-Agonisten, zur Induktion der Tokolyse bei weiblichen Rindern zum Zeitpunkt des Abkalbens sowie zur Behandlung von Atemstörungen und zur Induktion der Tokolyse bei nicht für die Fleischerzeugung gehaltenen Equiden".

12 Am 8. Juli 1996 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 1312/96 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung Nr. 2377/90 (ABl. L 170, S. 8).

13 Mit dieser Änderungsverordnung wurden in den Anhang III der Verordnung Nr. 2377/90 vorläufige HMR für einen bestimmten ß-Agonisten, nämlich Clenbuterolhydrochlorid (im Folgenden: Clenbuterol), aufgenommen. Der Anhang bestimmt unter der Rubrik "Sonstige Vorschriften", dass diese vorläufigen HMR am 1. Juli 2000 auslaufen, und nennt als einzige für diesen Stoff zulässige therapeutische Indikationen im Fall von Rindern die Tokologie bei gebärenden Kühen und im Fall der Equiden die Tokologie und Erkrankungen der Atemwege.

14 Dazu wird in der siebten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1312/96 darauf hingewiesen, dass die "Richtlinie [96/22]... die Verwendung von Clenbuterol bei allen Nutztieren mit Ausnahme zu bestimmten therapeutischen Zwecken bei [Equiden] und Kühen [verbietet]".

Sachverhalt und Verfahren beim Gericht

15 Dem Rechtsstreit liegt der folgende, in den Randnummern 3, 4, 36 und 37 des angefochtenen Urteils wiedergegebene Sachverhalt zugrunde.

16 Die Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH (im Folgenden: BI Vetmedica) entwickelt und vertreibt Tierarzneimittel. Sie ist eine Tochtergesellschaft der C. H. Boehringer Sohn (im Folgenden: Boehringer) und gehört dieser vollständig; Boehringer ist einer der zwanzig größten Arzneimittelhersteller weltweit.

17 BI Vetmedica hielt nach ihren Angaben vor dem Gericht einen Marktanteil von etwa 97 % aller Verkäufe von Tierarzneimitteln in der Europäischen Union, die vom Verbot der ß-Agonisten durch die Richtlinie 96/22 erfasst werden.

18 Am 20. Juli 1994 reichte BI Vetmedica bei der Kommission gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 einen Antrag auf Festsetzung einer HMR für Clenbuterol im Hinblick auf Rinder und Equiden ein. Mit Stellungnahme vom 3. Januar 1996 empfahl der Ausschuss für Tierarzneimittel aus Gründen der wissenschaftlichen Methodologie die Festsetzung vorläufiger HMR mit Wirkung bis zum 1. Juli 2000. Daraufhin erließ die Kommission die Verordnung Nr. 1312/96.

19 Unter diesen Umständen haben BI Vetmedica und Boehringer am 9. August 1996 beim Gericht eine - unter der Nummer T-125/96 in das Register eingetragene - Klage erhoben, mit der sie u. a, beantragt haben,

- die Artikel 1, 2, 3 und 4 der Richtlinie 96/22 für nichtig zu erklären, soweit darin das Inverkehrbringen von ß-Agonisten enthaltenden Tierarzneimitteln zur Verabreichung an Tiere, die zur Gewinnung von Fleisch und anderen Erzeugnissen für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu therapeutischen Zwecken untersagt wird;

- die Kommission zu verurteilen, den ihnen durch den Erlass des angefochtenen Rechtsakts verursachten Schaden zu ersetzen.

20 Am 27. September 1996 haben BI Vetmedica und Boehringer beim Gericht eine - unter der Nummer T-152/96 in das Register eingetragene - zweite Klage erhoben, mit der sie u. a. beantragt haben,

- gemäß Artikel 184 EG-Vertrag (jetzt Artikel 241 EG) festzustellen, dass die Richtlinie 96/22, soweit darin das Inverkehrbringen von ß-Agonisten enthaltenden Tierarzneimitteln zur Verabreichung an Nutztiere zu therapeutischen Zwecken untersagt wird, rechtswidrig ist und demgemäß nicht als Grundlage für die in der Verordnung Nr. 1312/96 vorgesehenen Beschränkungen dienen kann;

- die Verordnung Nr. 1312/96 für nichtig zu erklären, soweit darin die Gültigkeit der für Clenbuterol festgesetzten HMR auf bestimmte, genau bezeichnete therapeutische Anwendungen beschränkt wird.

21 Mit besonderem Schriftsatz, der am 31. Oktober 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat in der Rechtssache T-125/96 gemäß Artikel 114 der Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

22 Mit Beschluss vom 13. Juni 1997 hat das Gericht in der Rechtssache T-125/96 die Fédération européenne de la santé animale (im Folgenden: Fedesa) und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von BI Vetmedica und Boehringer sowie die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (im Folgenden: SKV) und die Kommission als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Gericht in der Rechtssache T-152/96 die Fedesa als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von BI Vetmedica und Boehringer und die SKV und den Rat als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

Das angefochtene Urteil

23 Das Gericht hat zunächst in Randnummer 57 des angefochtenen Urteils festgestellt: "Der Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1312/96 in der Rechtssache T-152/96 ist im Wesentlichen auf die Einrede der Rechtswidrigkeit gegen die Richtlinie 96/22 gestützt, deren teilweise Nichtigerklärung einen Teil des Streitgegenstands der Rechtssache T-125/96 bildet. Das Vorbringen der Klägerinnen, aus welchen Gründen die Richtlinie rechtswidrig sei, ist außerdem in beiden Rechtssachen im Wesentlichen deckungsgleich."

24 Laut Randnummer 58 des angefochtenen Urteils erschien es dem Gericht unter diesen Umständen angemessen, vor einer Prüfung der sonstigen Fragen der Zulässigkeit und Begründetheit in den beiden einzelnen Rechtssachen zunächst die ihnen gemeinsame Frage der Rechtmäßigkeit der Richtlinie 96/22 zu klären.

25 Als Ergebnis dieser Rechtmäßigkeitsprüfung in den Randnummern 59 bis 141 des angefochtenen Urteils hat das Gericht in Randnummer 142 des Urteils festgestellt, dass die vier Klagegründe, auf die BI Vetmedica und Boehringer ihre Auffassung von der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22 stützten, als unbegründet zurückzuweisen seien.

26 Hieraus hat das Gericht sodann in Randnummer 143 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass der Antrag von BI Vetmedica und Boehringer in der Rechtssache T-125/96 auf Teilnichtigerklärung der Richtlinie 96/22 jedenfalls als unbegründet abzuweisen sei, ohne dass über die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden brauche.

27 Dementsprechend hat das Gericht in Randnummer 146 des angefochtenen Urteils nach dem Hinweis, es habe bereits festgestellt, dass die Richtlinie 96/22 keine der von BI Vetmedica und Boehringer geltend gemachten rechtlichen Regeln verletze, entschieden, dass der Schadensersatzantrag in der Rechtssache T-125/96 auf einen angeblichen Verstoß gegen diese Regeln gestützt und darum jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen sei, ohne dass über die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden brauche.

28 In der Rechtssache T-152/96 hat das Gericht zunächst in den Randnummern 173 und 175 des angefochtenen Urteils die von BI Vetmedica und Boehringer erhobene Nichtigkeitsklage gegen die Verordnung Nr. 1312/96 für zulässig erklärt.

29 In der Sache hat das Gericht sodann in Randnummer 176 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die beiden von BI Vetmedica und Boehringer geltend gemachten Klagegründe auf dieselbe Einrede, nämlich die der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22, gestützt seien.

30 In Randnummer 180 des angefochtenen Urteils heißt es weiter, da die von BI Vetmedica und Boehringer geltend gemachten Klagegründe der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22 nicht durchgriffen, sei die von ihnen erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass darüber entschieden zu werden brauche, ob diese Einrede, wie die Kommission und der Rat geltend machten, unzulässig sei.

31 Demgemäß hat das Gericht in Randnummer 181 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die beiden Klagegründe, auf die BI Vetmedica und Boehringer ihre Nichtigkeitsklage gegen die Verordnung Nr. 1312/96 stützten, ebenfalls insoweit als unbegründet zurückzuweisen seien, als sie auf die behauptete Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22 gestützt seien.

32 Schließlich hat das Gericht in den Randnummern 182 bis 197 des angefochtenen Urteils einen dritten, von der Fedesa in ihrem Streithilfeschriftsatz und von BI Vetmedica und Boehringer in ihren Antworten auf schriftliche Fragen des Gerichts geltend gemachten Klagegrund geprüft, wonach die Kommission ihre Befugnisse aus der Verordnung Nr. 2377/90 dadurch überschritten habe, dass sie die Gültigkeit der HMR für ein Tierarzneimittel auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen beschränkt habe.

33 Diese Prüfung hat das Gericht in Randnummer 198 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis geführt, dass die Kommission ihre Befugnisse aus der Verordnung Nr. 2377/90 überschritten habe, indem sie die Gültigkeit der für Clenbuterol festgelegten HMR in der Verordnung Nr. 1312/96 auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und Equiden beschränkt habe.

34 In Randnummer 199 des angefochtenen Urteils hat das Gericht demgemäß festgestellt, dass die Verordnung Nr. 1312/96 für nichtig zu erklären sei, soweit sie die Gültigkeit der für Clenbuterol festgelegten HMR auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und Equiden beschränke.

35 Nach alledem hat das Gericht für Recht erkannt und entschieden:

"1. Die Rechtssachen T-125/96 und T-152/96 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. Die Verordnung... Nr. 1312/96... wird für nichtig erklärt, soweit sie die Gültigkeit der in ihr für Clenbuterol festgelegten HMR auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und Equiden beschränkt.

3. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

4. In der Rechtssache T-125/96 tragen die Klägerinnen und die Fédération européenne de la santé animale (Fedesa) als Streithelferin ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates. Das Vereinigte Königreich, die Kommission und die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV) tragen ihre eigenen Kosten.

5. In der Rechtssache T-152/96 trägt die Kommission außer ihren eigenen Kosten die Hälfte der Kosten der Klägerinnen und der Fédération européenne de la santé animale (Fedesa); die andere Hälfte tragen letztere selbst. Der Rat und die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV) tragen ihre eigenen Kosten."

Das Rechtsmittel

36 Der Rat beantragt,

- über die Einrede der Unzulässigkeit, die er im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-125/96 erhoben hat, zu entscheiden;

- den Teil des angefochtenen Urteils, wonach über diese Unzulässigkeitseinrede nicht entschieden zu werden braucht, aufzuheben.

37 Der Rat stützt diese Anträge auf einen einzigen Rechtsmittelgrund, dem zufolge das Gericht rechtlich fehlerhaft davon abgesehen habe, die bei ihm erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu prüfen. Dadurch, dass das Gericht nicht vor der Begründetheitsprüfung die Befugnis einer natürlichen oder juristischen Person zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine Richtlinie geprüft habe, habe es weder dem Buchstaben noch dem Geist von Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) entsprochen und überdies eine Entscheidung getroffen, die im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsprechung stehe.

38 Die Kommission beantragt,

- den Teil des angefochtenen Urteils, wonach über die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit nicht zu entscheiden ist, aufzuheben;

- die Nichtigkeitsklage in der Rechtssache T-125/96 für unzulässig zu erklären.

39 Die SKV beantragt,

- über die Einrede der Unzulässigkeit, die der Rat im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-125/96 erhoben hat, zu entscheiden;

- den Teil des angefochtenen Urteils, wonach über die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit nicht zu entscheiden ist, aufzuheben.

40 BI Vetmedica und Boehringer beantragen,

- das Rechtsmittel als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;

- dem Rat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

41 Zur Begründung ihres Antrags, das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, machen BI Vetmedica und Boehringer erstens geltend, der Rat könne, da er als Beklagter in der Rechtssache T-125/96 in vollem Umfang obsiegt habe, gemäß Artikel 49 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes gegen das Urteil des Gerichts kein Rechtsmittel einlegen. Zweitens genüge das Rechtsmittel nicht den Anforderungen der Artikel 225 EG, 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes und 112 § 1 Absatz 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung, da es weder die angegriffenen Teile des angefochtenen Urteils noch die den Aufhebungsantrag spezifisch begründenden rechtlichen Argumente genau angebe.

42 Die Fedesa beantragt,

- das Rechtsmittel als offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen;

- dem Rat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

43 Das Vereinigte Königreich beantragt,

- das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels

44 Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes bestimmt:

"Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung."

45 Der Rat begehrt mit seinem Rechtsmittel die Aufhebung des Teils des Urteils, mit dem das Gericht eine Entscheidung über seine in der Rechtssache T-125/96 erhobene Einrede der Unzulässigkeit für nicht erforderlich erklärt hat. Insoweit bezieht sich der Rat im Rahmen des Rechtsmittels auf die Randnummern 143 und 146 des angefochtenen Urteils.

46 Der Gerichtshof hat von Amts wegen zu prüfen, ob dieser Antrag des Rates gegen eine Entscheidung des Gerichts gerichtet ist, gegen die gemäß Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel eingelegt werden kann.

47 Dazu ist zunächst festzustellen, dass es sich bei der Endentscheidung des Gerichts in der Rechtssache T-125/96 im Sinne von Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes um die in Nummer 3 des Tenors des angefochtenen Urteils ausgesprochene Entscheidung handelt, mit der das Gericht durch Abweisung der von BI Vetmedica und Boehringer erhobenen Klagen in vollem Umfang in der Sache über den Rechtsstreit entschieden hat.

48 Diese Endentscheidung des Gerichts in der Rechtssache T-125/96 wird vom Rat, dessen Begehren sie entspricht, nicht angefochten.

49 Demnach ist davon auszugehen, dass der Rat mit seinem Rechtsmittel geltend machen will, dass das angefochtene Urteil außer dieser Endentscheidung im Licht seiner Randnummern 143 und 146 noch eine weitere rechtsmittelfähige Entscheidung enthalte, nämlich die, mit der das Gericht gemäß Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes den Zwischenstreit über die erhobene Einrede der Unzulässigkeit beendet hat.

50 Entscheidungen, die einen Zwischenstreit über eine Einrede der Unzulässigkeit im Sinne dieser Bestimmung beenden, sind jedoch Entscheidungen, die damit, dass sie dieser Einrede stattgeben oder sie zurückweisen, eine der Parteien beschweren. So hat der Gerichtshof etwa einem Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts stattgegeben, soweit mit diesem eine von einer Partei gegen die Klage erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen worden war, obgleich das Gericht die Klage mit demselben Urteil als unbegründet abgewiesen hatte (Urteil vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C-73/97 P, Frankreich/Comafrica u. a., Slg. 1999, I-185).

51 Dagegen ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, dass das Gericht eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage von BI Vetmedica und Boehringer in der Rechtssache T-125/96 treffen wollte, bevor es diese Klage als unbegründet abwies. Aus den Randnummern 143 und 146 des angefochtenen Urteils geht vielmehr hervor, dass nach Auffassung des Gerichts über die Einrede der Unzulässigkeit des Rates nicht entschieden zu werden brauchte, da die Anträge von BI Vetmedica und Boehringer in der Rechtssache T-125/96 jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen seien.

52 Das Gericht hat pflichtgemäß geprüft, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege unter den Umständen des vorliegenden Falles gerechtfertigt war, die Klage in dieser Rechtssache als unbegründet abzuweisen, ohne über die Einrede der Unzulässigkeit des Rates zu entscheiden, wodurch dieser nicht beschwert sein kann.

53 Demnach richtet sich das Rechtsmittel des Rates nicht gegen eine Entscheidung des Gerichts, die gemäß Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes mit einem Rechtsmittel angefochten werden kann.

54 Nach alledem ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass das Vorbringen von BI Vetmedica und Boehringer geprüft zu werden braucht.

Kostenentscheidung:

Kosten

55 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Artikel 118 auf das Rechtmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat mit seinem Vorbringen unterlegen ist und BI Vetmedica und Boehringer einen entsprechenden Antrag gestellt haben, sind dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

56 Nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Artikel 118 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Nach dieser Bestimmung tragen das Vereinigte Königreich und die Kommission ihre eigenen Kosten. Nach Artikel 69 § 4 Absatz 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als ein Mitgliedstaat oder ein Organ seine eigenen Kosten trägt. Nach dieser Vorschrift sind der Fedesa und der SKV ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten der Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH und der C. H. Boehringer Sohn.

3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Fédération européenne de la santé animale (Fedesa) und die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV) tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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