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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: C-242/05
Rechtsgebiete: EG, Verfahrensordnung


Vorschriften:

EG Art. 234
EG Art. 49
EG Art. 50
EG Art. 51
EG Art. 52
EG Art. 53
EG Art. 54
EG Art. 55
Verfahrensordnung Art. 104 § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES (Vierte Kammer)

27. Juni 2006

"Artikel 104 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung - Freier Dienstleistungsverkehr - Miete eines Kraftfahrzeugs in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnstaat - Abgabe auf nicht registrierte, aber Gebietsansässigen zur Verfügung gestellte Fahrzeuge - Regelung der Erhebung"

Parteien:

In der Rechtssache C-242/05

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Gerechtshof 's-Hertogenbosch (Niederlande) mit Entscheidung vom 31. Mai 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juni 2005, in dem Verfahren

G. M. van de Coevering

gegen

Hoofd van het District Douane Roermond van de rijksbelastingdienst

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann sowie der Richterin N. Colneric und des Richters K. Lenaerts (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Grass,

gemäß Artikel 104 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 49 EG bis 55 EG.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn van de Coevering (im Folgenden: Kläger) und dem Hoofd van het District Douane Roermond van de rijksbelastingdienst (Leiter des Zollbezirks Roermond der Steuerbehörde) über einen Nacherhebungsbescheid betreffend eine Steuer, die aufgrund der Straßenbenutzung in den Niederlanden mit einem in Belgien gemieteten und registrierten Personenkraftwagen zu leisten ist.

Nationales Recht

3 Nach der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Artikels 1 des Gesetzes über die Steuer auf Personenkraftwagen und Motorräder von 1992 (Wet op de belasting van personenauto's en motorrijwielen 1992; im Folgenden: Gesetz) gilt:

"1. Unter der Bezeichnung 'Steuer auf Personenkraftwagen und Motorräder' wird eine Steuer auf Personenkraftwagen und Motorräder erhoben.

2. Die Steuer wird bei der Registrierung eines Personenkraftwagens oder eines Motorrads in dem aufgrund der Wegenverkeerswet 1994 (Straßenverkehrsgesetz von 1994) geführten Register der ausgegebenen Kennzeichen geschuldet.

...

5. Steht ein nicht registrierter Personenkraftwagen oder ein nicht registriertes Motorrad einer in den Niederlanden wohnenden natürlichen Person oder einer dort niedergelassenen Körperschaft tatsächlich zur Verfügung, so wird die Steuer bei Beginn der Benutzung dieses Kraftfahrzeugs in den Niederlanden auf der Straße im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes von 1994 geschuldet."

4 Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzes lautet:

"Für einen nicht registrierten Personenkraftwagen oder ein nicht registriertes Motorrad wird die Steuer bei demjenigen erhoben, dem das Kraftfahrzeug tatsächlich zur Verfügung steht."

5 Artikel 6 des Gesetzes bestimmt:

"1. Die Steuer ist bei der Anmeldung zu entrichten.

2. Abweichend von Artikel 10 Absatz 2 und Artikel 19 Absatz 3 des Allgemeinen Gesetzes über staatliche Steuern (Algemene wet inzake rijksbelastingen)

a. muss die Steuer, wenn sie

1. bei der Registrierung geschuldet wird, gezahlt werden, bevor das Kennzeichen auf einen Namen ausgestellt wird;

2. bei Beginn der Benutzung der Straße geschuldet wird, vor Beginn dieser Benutzung gezahlt werden;

b. erfolgt die Anmeldung gleichzeitig mit der Zahlung der Steuer.

3. Durch ministerielle Regelung können Bestimmungen erlassen werden, nach denen die Steuer in Abweichung von Absatz 2 Buchstabe b nicht vor Beginn der Benutzung der Straße gezahlt zu werden braucht.

4. Macht in dem in Absatz 3 genannten Fall derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über einen nicht registrierten Personenkraftwagen oder ein nicht registriertes Motorrad besitzt, bei einer Überprüfung durch Beamte der staatlichen Steuerbehörden oder durch Fahndungsbeamte im Sinne von Artikel 141 des Wetboek van Strafvordering (Strafprozessordnung) nicht glaubhaft, dass die Steuer gezahlt ist, ist die Steuer unverzüglich zu zahlen."

6 Artikel 9 des Gesetzes (in der bis zum 30. Juni 2001 geltenden Fassung) lautet:

"1. Die Steuer beträgt für einen Personenkraftwagen 45,2 % des Nettokatalogpreises abzüglich 3 394 NLG, oder aber, für einen Personenkraftwagen, der durch einen Motor mit Kompressionszündung angetrieben wird, 45,2 % des Nettokatalogpreises,

a. zuzüglich 722 NLG oder,

b. wenn die Emissionen dieses Personenkraftwagens die Emissionsgrenzwerte für das Jahr 2005 erfüllen, abzüglich 478 NLG.

..."

7 Artikel 4 Absatz 3 der Durchführungsverordnung betreffend die Steuer auf Personenkraftwagen und Motorräder von 1992 (Uitvoeringsbesluit belasting van personenauto's en motorrijwielen 1992; im Folgenden: Durchführungsverordnung) bestimmt:

"Eine Befreiung für einen Personenkraftwagen oder ein Motorrad, der bzw. das im Ausland an eine in den Niederlanden wohnende natürliche Person oder eine dort niedergelassene Körperschaft vermietet worden ist, wird nur gewährt, wenn der Personenkraftwagen oder das Motorrad spätestens am Ende des Tages, der auf den Tag folgt, an dem die Benutzung der niederländischen Straßen begonnen hat, aus den Niederlanden verbracht wird oder aber bei einer niederländischen Niederlassung der Vermietergesellschaft abgeliefert wird."

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

8 Der Kläger, der seinen Wohnsitz in den Niederlanden hat, mietete bei einer belgischen Gesellschaft einen in Belgien registrierten Personenkraftwagen.

9 Nachdem am 31. Mai und 21. Juni 2001 festgestellt worden war, dass das genannte Fahrzeug im niederländischen Hoheitsgebiet geparkt und im Verkehr benutzt wurde, ohne in den Niederlanden registriert zu sein, erließ der Hoofd van het District Douane Roermond van de rijksbelastingdienst nach Artikel 1 Absatz 5 des Gesetzes einen Nacherhebungsbescheid in Höhe von 60 476 NLG (27 565 Euro). Zudem wurde eine Geldbuße in Höhe von 25 % dieses Betrages verhängt, d. h. 15 185 NLG (6 891 Euro).

10 Da die Beschwerden gegen den Nacherhebungsbescheid und den Bescheid, mit dem die Geldbuße verhängt worden war, erfolglos blieben, erhob der Kläger eine Klage beim vorlegenden Gericht.

11 In seinem Vorlagebeschluss weist der Gerechtshof te 's-Hertogenbosch darauf hin, dass die Kraftfahrzeugsteuer für einen in den Niederlanden ebenso wie in einem anderen Mitgliedstaat gemieteten Wagen ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Straßenbenutzung in den Niederlanden durch einen in den Niederlanden Ansässigen zum vollen Betrag, endgültig und ohne die Möglichkeit einer Erstattung geschuldet wird. Der Gerechtshof fragt sich, ob diese Steuer einen in den Niederlanden Ansässigen nicht daran hindere, einen Personenkraftwagen in einem anderen Mitgliedstaat zu mieten, insbesondere wenn die Mietdauer länger sei als der in Artikel 4 Absatz 3 der Durchführungsverordnung vorgesehene Zeitraum von zwei Tagen, aber kürzer als die wirtschaftliche Lebensdauer des Fahrzeugs.

12 Für einen solchen Zeitraum würde ein in den Niederlanden Ansässiger nämlich eher ein in den Niederlanden registriertes Fahrzeug mieten, für das der Vermieter die Kraftfahrzeugsteuer bereits entrichtet habe, als ein Fahrzeug, das nicht in den Niederlanden registriert sei und für das diese Steuer noch nicht entrichtet worden sei. Wenn, im ersten Fall, der Vermieter die entrichtete Steuer auf den Mietpreis umlegte, sei der auf den Mietpreis umgelegte Betrag für jede Mietdauer, die kürzer sei als die Lebensdauer des Fahrzeugs, jedenfalls niedriger als der volle Betrag der Steuer. Im zweiten Fall dagegen schulde der Vermieter den vollständigen Betrag der Steuer und zwar unabhängig von der Mietdauer und unabhängig von der Dauer der Straßenbenutzung in den Niederlanden. Der Vermieter eines nicht in den Niederlanden registrierten Fahrzeugs sei aber in den meisten Fällen außerhalb der Niederlande niedergelassen.

13 Zwar könne ein nicht in den Niederlanden niedergelassener Vermieter eine Registrierung vornehmen lassen und die Steuer in voller Höhe entrichten, bevor er ein Fahrzeug an einen in den Niederlanden Ansässigen vermiete, doch sei er normalerweise nicht dazu bereit, da er dann entweder die Steuer auch in voller Höhe dem Mieter in Rechnung stellen müsste, wodurch der von ihm geforderte Mietpreis nicht mehr wettbewerbsfähig wäre, oder aber die Steuer ganz oder zum größten Teil selbst tragen müsste, weshalb er von einer Vermietung Abstand nehmen würde.

14 Sofern ein Vermieter daher daran gehindert sein könnte, in einem anderen Mitgliedstaat als den Niederlanden einen Personenkraftwagen an einen in den Niederlanden Ansässigen für einen Zeitraum zu vermieten, der länger sei als der Zeitraum der Befreiung, aber kürzer als die Lebensdauer des Wagens, sei zweifelhaft, ob die Steuererhebung aufgrund von Artikel 1 Absatz 5 des Gesetzes in Einklang mit dem freien Dienstleistungsverkehr stehe.

15 Unter Hinweis auf Randnummer 68 des Urteils des Gerichtshofes vom 21. März 2002 in der Rechtssache C-451/99 (Cura Anlagen, Slg. 2002, I-3193) stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob eine solche Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein könne.

16 In Anbetracht der Randnummern 67 bis 69 des Urteils Cura Anlagen hält es das vorlegende Gericht für zweifelhaft, ob diese Steuererhebung im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehe, soweit im vorliegenden Fall ein Nacherhebungsbescheid über den vollen Betrag der Steuer allein aufgrund der Feststellung erlassen worden sei, dass der Kläger das fragliche Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt im niederländischem Hoheitsgebiet benutzt habe, ohne dass die tatsächliche Dauer der Miete des Personenkraftwagens oder der genaue Zeitraum festgestellt worden sei, in dem der Kläger mit diesem Wagen die niederländischen Straßen benutzt habe.

17 Unter diesen Umständen hat der Gerechtshof 's-Hertogenbosch beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Steht das Gemeinschaftsrecht, insbesondere der freie Dienstleistungsverkehr im Sinne der Artikel 49 EG bis 55 EG, dem entgegen, dass das Königreich der Niederlande von einer in den Niederlanden wohnenden natürlichen Person, die in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund eines Vertrages mit einem Vermieter einen Personenkraftwagen mietet, der nicht in dem aufgrund des Straßenverkehrsgesetzes von 1994 geführten Register registriert ist und für den die Steuer auf Personenkraftwagen und Motorräder nach Artikel 1 Absatz 2 des Gesetzes nicht entrichtet worden ist, aufgrund von Artikel 1 Absatz 5 des Gesetzes die Steuer auf Personenkraftwagen und Motorräder bei Beginn der Benutzung der Straße im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes von 1994 mit diesem Personenkraftwagen in den Niederlanden erhebt, wobei der volle Betrag der Steuer geschuldet wird, unabhängig von der Mietdauer und der Dauer der Straßenbenutzung in den Niederlanden, und wobei für die oben genannte natürliche Person keinerlei Recht auf Befreiung und keinerlei Anspruch auf Erstattung besteht?

Zur Vorlagefrage

18 Nach Artikel 104 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn die Antwort auf eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann, durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

19 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes steht Artikel 49 EG der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, die die Möglichkeit für einen Dienstleistungserbringer, von der Dienstleistungsfreiheit tatsächlich Gebrauch zu machen, ohne objektive Rechtfertigung beschränkt (vgl. u. a. Urteile Cura Anlagen, Randnr. 29, und vom 11. März 2004 in der Rechtssache C-496/01, Kommission/Frankreich, Slg. 2004, I-2351, Randnr. 64). Die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs gilt außerdem sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch des Dienstleistungsempfängers (vgl. u. a. Urteil vom 17. Februar 2005 in der Rechtssache C-134/03, Viacom Outdoor, Slg. 2005, I-1167, Randnr. 35).

20 Nach Artikel 49 EG schließt diese Freiheit auch die Anwendung einer nationalen Regelung aus, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert (Urteile vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-381/93, Kommission/Frankreich, Slg. 1994, I-5145, Randnr. 17, und Cura Anlagen, Randnr. 30).

21 Im Ausgangsrechtsstreit bringen die niederländischen Rechtsvorschriften in den Niederlanden Ansässige dadurch, dass sie für ein bei einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft gemietetes Fahrzeug bei Beginn der Straßenbenutzung in den Niederlanden die Zahlung der Registrierungsgebühr in voller Höhe verlangen, davon ab, ein Fahrzeug in einem anderen Mitgliedstaat zu mieten. Da diese Verpflichtung demnach grenzüberschreitende Mietaktivitäten erschwert (vgl. in diesem Sinne Urteil Cura Anlagen, Randnrn. 37 und 71), stellt sie eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

22 Eine solche Maßnahme kann nur zulässig sein, wenn es sich um eine ausdrücklich in Artikel 46 Absatz 1 EG vorgesehene abweichende Maßnahme handelt oder wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem derartigen Fall muss aber die Anwendung dieser Maßnahme auch geeignet sein, die Erreichung des mit ihr angestrebten Zieles zu gewährleisten, und darf nicht über das hierfür Erforderliche hinausgehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Cura Anlagen, Randnrn. 31 und 32 sowie die dort zitierte Rechtsprechung).

23 Abgesehen von bestimmten Ausnahmen, auf die es im Ausgangsrechtsstreit nicht ankommt, ist die Besteuerung von Kraftfahrzeugen nicht harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind daher bei der Ausübung ihrer Steuerhoheit auf diesem Gebiet frei, sofern sie dabei das Gemeinschaftsrecht beachten (Urteil Cura Anlagen, Randnr. 40).

24 Ein Mitgliedstaat darf eine Registrierungsgebühr für ein Fahrzeug, das einem in diesem Staat wohnenden Arbeitnehmer von einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat überlassen wird, dann erheben, wenn das Fahrzeug im Wesentlichen dauerhaft im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats genutzt werden soll oder tatsächlich so genutzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Cura Anlagen, Randnr. 42, und Beschluss vom 30. Mai 2006 in der Rechtssache C-435/04, Leroy, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 14, sowie in Bezug auf Firmenfahrzeuge, die Arbeitnehmern überlassen wurden, Urteile vom 15. September 2005 in der Rechtssache C-464/02, Kommission/Dänemark, Slg. 2005, I-7929, Randnrn. 75 bis 78, vom 15. Dezember 2005 in den verbundenen Rechtssachen C-151/04 und C-152/04, Nadin u. a., Slg. 2005, I-11203, Randnr. 41, und vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C-232/03, Kommission/Finnland, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47).

25 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die Dauer des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Mietvertrags und die Art der tatsächlichen Verwendung des gemieteten Fahrzeugs zu beurteilen (vgl. Urteil Nadin u. a., Randnr. 42, und Beschluss Leroy, Randnr. 15).

26 Sind die in Randnummer 24 des vorliegenden Beschlusses genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Bindung des in einem anderen Mitgliedstaat registrierten Fahrzeugs an einen Mitgliedstaat schwächer, so dass eine weitere Rechtfertigung der fraglichen Beschränkung erforderlich ist (Urteile Kommission/Dänemark, Randnr. 79, und Kommission/Finnland, Randnr. 48).

27 Sofern eine solche Rechtfertigung besteht, muss die Steuer, wie der Gerichtshof in Randnummer 69 des Urteils Cura Anlagen näher ausgeführt hat, jedenfalls auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Bezüglich einer österreichischen Verbrauchsabgabe im Zusammenhang mit einer Verpflichtung zur Zulassung von Fahrzeugen, die in einem anderen Mitgliedstaat gemietet wurden, hat der Gerichtshof entschieden, dass eine solche Abgabe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, wenn das mit ihr verfolgte Ziel durch die Einführung einer Abgabe erreicht werden kann, die proportional zur Dauer der Zulassung des Fahrzeugs in dem Staat ist, in dem es benutzt wird, wodurch eine Benachteiligung der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Kfz-Leasing-Unternehmen bei der Amortisation der Abgabe vermieden würde.

28 Derselbe Grundsatz ist auf eine nationale Regelung anzuwenden, die, ohne die Registrierung eines im Ausland gemieteten und registrierten Fahrzeugs zu verlangen, die Entrichtung einer Steuer bei Beginn der Benutzung der Straßen des betroffenen Mitgliedstaats vorschreibt, wenn das mit ihr verfolgte Ziel durch die Einführung einer Steuer erreicht werden kann, die proportional zur Dauer der Benutzung des Fahrzeugs in diesem Staat ist.

29 Daraus folgt, dass eine nationale Regelung, die die Entrichtung einer Steuer vorschreibt, deren Betrag nicht proportional zur Benutzung des Fahrzeugs in dem betroffenen Mitgliedstaat ist, selbst wenn sie ein berechtigtes und mit dem EG-Vertrag zu vereinbarendes Ziel verfolgt, gegen die Artikel 49 EG bis 55 EG verstößt, wenn sie auf Fahrzeuge angewandt wird, die in einem anderen Mitgliedstaat gemietet und registriert sind und weder dazu bestimmt sind, im Wesentlichen im erstgenannten Mitgliedstaat dauerhaft benutzt zu werden, noch tatsächlich in dieser Weise benutzt werden, es sei denn, dass das Ziel der Regelung durch die Einführung einer Steuer, die proportional zur Dauer der Benutzung des Fahrzeugs in diesem Staat ist, nicht erreicht werden kann.

30 Das Ziel der im Ausgangsrechtsstreit fraglichen Regelung kann offenkundig durch eine Steuer, die proportional zur Dauer der Benutzung des Fahrzeugs auf niederländischem Hoheitsgebiet ist, erreicht werden. Die niederländische Regierung hat nämlich angekündigt, dass diese Regelung in dem Sinne angepasst werde, dass die Steuer für Fahrzeuge, die in einem anderen Mitgliedstaat gemietet worden seien, auf der Grundlage der Dauer des Mietvertrags ermittelt werde.

31 Unter den Umständen des vorliegenden Falles ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, dass die streitige niederländische Steuer dem Kläger auferlegt wurde, ohne dass vorher die Mietdauer des Fahrzeugs oder die Dauer der Straßenbenutzung in den Niederlanden ermittelt worden war, da diese Merkmale für die Anwendung des geltenden Gesetzes unerheblich waren.

32 Demnach schreibt die im Ausgangsrechtsstreit fragliche Regelung, soweit danach für ein in einem anderen Mitgliedstaat gemietetes und registriertes Fahrzeug, das weder dazu bestimmt ist, im Wesentlichen im erstgenannten Mitgliedstaat dauerhaft benutzt zu werden, noch tatsächlich in dieser Weise benutzt wird, die Steuer in voller Höhe zu zahlen ist, ohne dass die Dauer der Straßenbenutzung in den Niederlanden berücksichtigt wird und ohne dass ein Recht auf Befreiung oder ein Anspruch auf Erstattung vorgesehen ist, die Entrichtung einer Steuer vor, deren Betrag nicht proportional zur Dauer der Benutzung des Fahrzeugs in diesem Mitgliedstaat ist.

33 Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Artikel 49 EG bis 55 EG einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, nach der eine in diesem Mitgliedstaat wohnende natürliche Person, die ein in einem anderen Mitgliedstaat registriertes Fahrzeug mietet, bei Beginn der Benutzung dieses Fahrzeugs auf den Straßen des ersten Mitgliedstaats eine Registrierungsgebühr in voller Höhe zu entrichten hat, ohne dass die Dauer der Benutzung dieses Straßennetzes berücksichtigt wird und ohne dass diese Person ein Recht auf Befreiung oder Rückerstattung geltend machen kann, wenn das Fahrzeug weder dazu bestimmt ist, im Wesentlichen im erstgenannten Mitgliedstaat dauerhaft benutzt zu werden, noch tatsächlich in dieser Weise benutzt wird.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen der niederländischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Die Artikel 49 EG bis 55 EG stehen einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegen, nach der eine in diesem Mitgliedstaat wohnende natürliche Person, die ein in einem anderen Mitgliedstaat registriertes Fahrzeug mietet, bei Beginn der Benutzung dieses Fahrzeugs auf den Straßen des ersten Mitgliedstaats eine Registrierungsgebühr in voller Höhe zu entrichten hat, ohne dass die Dauer der Benutzung dieses Straßennetzes berücksichtigt wird und ohne dass diese Person ein Recht auf Befreiung oder Rückerstattung geltend machen kann, wenn das Fahrzeug weder dazu bestimmt ist, im Wesentlichen im erstgenannten Mitgliedstaat dauerhaft benutzt zu werden, noch tatsächlich in dieser Weise benutzt wird.



Ende der Entscheidung

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