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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.12.1994
Aktenzeichen: C-250/92
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag
Vorschriften:
EWG-Vertrag Art. 85 Abs. 1 | |
EWG-Vertrag Art. 42 | |
EWG-Vertrag Art. 86 |
1. Der Geltungsbereich der auf der Grundlage der Artikel 42 und 43 EWG-Vertrag erlassenen Verordnung Nr. 26 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen ist in ihrem Artikel 1 dahin gehend beschränkt worden, daß die Verordnung nur für die Produktion der im Anhang II zum Vertrag aufgeführten Erzeugnisse und den Handel mit diesen gilt. Diese Verordnung ist daher auf den Handel mit einem nicht unter den Anhang II fallenden Erzeugnis selbst dann nicht anwendbar, wenn dieses einen Hilfsstoff für die Herstellung eines anderen Erzeugnisses darstellt, das seinerseits unter diesen Anhang fällt. Die Verordnung fände daher auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel nur Anwendung, wenn diese Erzeugnisse selbst unter den Anhang II zum Vertrag fielen. Da dies nicht der Fall ist, sind die Dünge- und Pflanzenschutzmittel nicht aufgrund des Artikels 42 EWG-Vertrag und der Verordnung Nr. 26 von der Anwendung der Wettbewerbsregeln ausgenommen.
Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln insbesondere auf der Grundlage des Artikels 43 EWG-Vertrag erlassen worden ist. Artikel 42 ist nämlich eine Ausnahmebestimmung, deren Anwendungsbereich ebenso wie der der Verordnung Nr. 26 nicht stillschweigend durch den Erlaß von Maßnahmen erweitert werden kann, die auf Artikel 43 EWG-Vertrag gestützt werden, der den Rat dazu ermächtigt, Rechtsakte zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik zu erlassen.
2. Eine Bestimmung der Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern eine Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt, fällt nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag, sofern diese Bestimmung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
3. Mit der beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und schließlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten; danach ergibt sich das Vorliegen einer beherrschenden Stellung im allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen.
4. Auch im Fall einer beherrschenden Stellung einer Bezugsgenossenschaft auf einem bestimmten Markt ist eine Änderung ihrer Satzung, durch die ihren Mitgliedern die Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt wird, keine gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossende mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, sofern diese Änderung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
5. Eine Vereinbarung zwischen Unternehmen ist ebenso wie eine beherrschende Stellung geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, daß sie den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinne beeinflussen kann. Somit kann im Falle einer Bezugsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern die Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt, der innergemeinschaftliche Handel im Sinne der Artikel 85 Absatz 1 und 86 EWG-Vertrag beeinträchtigt sein, auch wenn die betroffenen Produktionsmittel teilweise aus Drittländern eingeführt werden.
6. Das nationale Gericht ist zur Entscheidung über die Rechtmässigkeit einer bei der Kommission angemeldeten Vereinbarung befugt, wenn es der Ansicht ist, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht erfuellt sind und die Gefahr einer anderslautenden Entscheidung der Kommission kaum besteht.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 15. DEZEMBER 1994. - GOETTRUP-KLIM E.A. GROVVAREFORENINGER GEGEN DANSK LANDBRUGS GROVVARESELSKAB AMBA. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: OESTRE LANDSRET - DAENEMARK. - WETTBEWERB - LANDWIRTSCHAFT - VERORDNUNG NR. 26 - BEZUGSGENOSSENSCHAFT - AUSSCHLUSS DER MITGLIEDER, DIE ANDERWEITIG EINKAUFEN - VERSTOSS GEGEN ARTIKEL 85 ABSATZ 1 - MISSBRAUCH EINER BEHERRSCHENDEN STELLUNG. - RECHTSSACHE C-250/92.
Entscheidungsgründe:
1 Das Östre Landsret hat mit Beschluß vom 20. März 1991 und Entscheidung vom 10. April 1992, beide beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juni 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag Fragen nach der Auslegung der Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag und der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen (ABl. 1962, S. 993) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen siebenunddreissig örtlichen landwirtschaftlichen Waren- und Verwertungsgenossenschaften (nachstehend: Klägerinnen) und der Dansk Landbrugs Grovvareselskab AmbA (dänische landwirtschaftliche Waren- und Verwertungsgenossenschaft, nachstehend: DLG). Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind alle Mitglieder der Landsforening af den lokale andel, die vor 1991 Landsforeningen af Andels Grovvareforeninger (Landesverband der landwirtschaftlichen Waren- und Verwertungsgenossenschaften, nachstehend: LAG) hieß. Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die Frage der Rechtmässigkeit und der wirtschaftlichen Folgen einer von der DLG durchgeführten Satzungsänderung, die zum Ausschluß der Klägerinnen geführt hat.
3 Die DLG ist eine Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht, die in ihrer jetzigen Form seit 1969 besteht. Zweck der Gesellschaft ist es, ihre Mitglieder mit landwirtschaftlichen Produktionsmitteln, darunter Futter- und Düngemitteln, zu den günstigsten Preisen zu versorgen. Ausserdem bietet die DLG ihren Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen an, insbesondere im Kredit- und Versicherungsbereich, sorgt für den Absatz der Erzeugnisse ihrer Mitglieder zu den höchstmöglichen Preisen und vermittelt ihnen logistische Hilfe sowie Zugang zu Forschungseinrichtungen. Ihre Mitglieder sind über ganz Dänemark verteilt.
4 Die DLG besteht aus vier Gruppen von Mitgliedern: die Gruppen A, B, C und D. Die B-Mitglieder sind örtliche oder sonstige Genossenschaften, die mit Waren aus dem Warensortiment der DLG handeln und/oder solche herstellen. Die Klägerinnen gehörten vor ihrem Ausschluß zu den B-Mitgliedern und hatten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gewisse Rechte, in der Führung der DLG mitzuwirken.
5 Die LAG war 1975 von B-Mitgliedern der DLG gegründet worden. In den 80iger Jahren begannen einige B-Mitglieder, die mit den Verkaufspreisen der DLG für Dünge- und Pflanzenschutzmittel unzufrieden waren, diese Produkte selbst einzuführen. Dabei entwickelte sich innerhalb der LAG eine gewisse Zusammenarbeit zwischen diesen Mitgliedern.
6 Wegen der zunehmenden Konkurrenz seitens der LAG änderte die DLG am 9. Juni 1988 ihre Satzung trotz des Widerstands der Vertreter der B-Mitglieder.
7 § 7 dieser Satzung wurde wie folgt geändert:
"(1) Für B- und D-Mitglieder gilt ausserdem, daß die Mitgliedschaft oder eine andere Form der Beteiligung an Vereinigungen, Gesellschaften oder anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit, die auf der Großhandelsstufe bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln mit der Gesellschaft konkurrieren, mit Wirkung vom 1. Januar 1989 an als mit der Mitgliedschaft in der DLG unvereinbar angesehen wird. Die Gesellschaft bietet den B- und den D-Mitgliedern auf deren Wunsch beim Einkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ihre Vermittlungsdienste an.
(2) Mitglieder, die zum Zeitpunkt der Annahme dieser neuen Bestimmung der Satzung entgegen Absatz 1 zu anderen konkurrierenden Vereinigungen usw. gehören oder an diesen beteiligt sein sollten, müssen spätestens bis zum 31.12.1988 entweder diese andere Mitgliedschaft oder Formen der Zusammenarbeit beenden oder aus der DLG austreten. Sofern ein solches Mitglied aus der DLG austreten will, wird eine bis spätestens zum 15.12.1988 gegenüber der Gesellschaft abgegebene schriftliche Mitteilung als ausreichende Kündigung angesehen mit der Rechtsfolge, daß das ausscheidende Mitglied Anspruch darauf hat, daß ihm seine geleistete Gesellschaftseinlage sowie das Guthaben auf dem Betriebskreditkonto über einen Zeitraum von 10 Jahren nach den Bestimmungen über den ordnungsgemässen Austritt... ausbezahlt wird.
(3) Ein Verstoß gegen Absatz 1 führt, wenn er nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung zum 1.1.1989 festgestellt werden sollte, zum Ausschluß aus der DLG... unabhängig davon, ob die satzungswidrige Mitgliedschaft/Form der Zusammenarbeit vor oder nach dem 1.1.1989 begründet worden ist. Im Falle eines solchen Ausschlusses erhält das ausscheidende Mitglied im günstigsten Fall, d. h., wenn nicht die vollständige oder teilweise Einziehung... beschlossen wird, seine geleistete Gesellschaftseinlage und ein eventuelles Guthaben auf dem Betriebskreditkonto in gleich grossen Raten über 10 Jahre ausbezahlt, wobei die erste Rate bis zum Ende des ersten auf den Ausschluß folgenden Rechnungsjahres zu zahlen ist.
(4) Die vorstehenden verschärften Bestimmungen für B- und D-Mitglieder treten wie angeführt am 1. Januar 1989 in Kraft; zu diesem Zeitpunkt beginnt gleichzeitig die nächste B- und D-Mitgliedschaftsperiode... Die neuen Bestimmungen hindern B- und D-Mitglieder nicht daran, landwirtschaftliche Produktionsmittel en gros von anderen Lieferanten (Handelsvertretern, Maklern oder Unternehmen für landwirtschaftliche Produktionsmittel im In- und Ausland) als der Gesellschaft zu beziehen, solange ein solcher anderweitiger Bezug nicht entgegen Absatz 1 in Form einer organisierten Mitgliedschaft oder Beteiligung an anderen Vereinigungen usw. erfolgt."
8 Gleichzeitig wurden die Regeln über den Austritt und das Ausscheiden dahin geändert, daß die Mitgliedschaft bei der DLG von da an statt für zehn Jahre für fünf Jahre erworben wird.
9 Später wurde beschlossen, die B-Mitglieder, deren Ausschluß sich als notwendig erweisen sollte, rechtmässig ausgeschiedenen Mitgliedern gleichzustellen. Das bedeutet, daß ihnen über einen Zeitraum von zehn Jahren ihre eingetragenen Gesellschaftseinlagen zurückgezahlt werden, die sich aus der eventuellen Anfangseinlage und dem nicht ausgezahlten Teil der später zugeschriebenen Gewinnanteile zusammensetzen, nicht aber ihr Anteil am unverteilten Vermögen, d. h. der verhältnismässige Anteil am vollen Eigenkapital der DLG nach Abzug der Gesellschaftseinlagen.
10 Mit Schreiben vom 29. Dezember 1988 unterbreitete die DLG diese Satzungsänderung der Kommission, um ein Negativattest gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, S. 204), oder hilfsweise die Erklärung der Unanwendbarkeit der Wettbewerbsregeln gemäß Artikel 4 dieser Verordnung zu erlangen.
11 In dieser Anmeldung erläuterte die DLG die Ziele der Änderung ihrer Satzung wie folgt:
"Zweck der oben genannten Bestimmung der Satzung ist es, den wenigen ganz grossen multinationalen Herstellern von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln entgegenzutreten, um die Einkaufspreise der dänischen Landwirte zu senken; daneben soll verhindert werden, daß Vertreter der Konkurrenz in Führungsorganen der Gesellschaft (Vertreterversammlung und Vorstand) vertreten sind, in denen Geschäftsgeheimnisse behandelt werden."
12 Eine Reihe von B-Mitgliedern weigerte sich, die Änderung der Satzung zu befolgen, so daß von März 1989 an siebenunddreissig örtliche Genossenschaften, die B-Mitglieder waren, aus der DLG ausgeschlossen wurden.
13 Die Kommission hat zu dem Anmeldungsschreiben der DLG vom 29. Dezember 1988 noch nicht Stellung genommen.
14 Im Jahr 1989 wurde die Änderung der Satzung der DLG von der Preisüberwachungsstelle (Monopoltilsynet) sowie von der Preisbehörde (Monopolraad), den nationalen Kartellbehörden, geprüft. Keine der beiden Behörden entdeckte einen Verstoß gegen das nationale Wettbewerbsrecht. In diese Prüfung bezogen sie die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag nicht ein.
15 Am 1. Dezember 1989 erhoben die aus der DLG ausgeschlossenen B-Mitglieder gegen diese Gesellschaft Klage vor dem Östre Landsret mit dem Antrag, die Satzungsänderung für nichtig zu erklären, der DLG zu untersagen, die neuen Bestimmungen der Satzung anzuwenden, und die Beklagte zur Zahlung eines Betrags von insgesamt 200 000 000 DKR sowie zum Ersatz des Schadens und der Nachteile, die den Klägerinnen durch den Ausschluß entstanden sind, und zur Zahlung von Zinsen auf die genannten Beträge zu verurteilen. Zur Begründung machten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens u. a. geltend, daß die Änderung der Satzung der DLG gegen die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag verstosse, da der dänische Markt durch die Bestimmung gegenüber einer Reihe von ausländischen Lieferanten abgeschottet werde.
16 Da das Östre Landsret in diesem Verfahren eine Entscheidung über die Auslegung der Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag für notwendig erachtete, beschloß es am 20. März 1991, die Rechtssache dem Gerichtshof vorzulegen.
17 Mit Beschluß vom 10. April 1992 hat es die Rechtssache dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung über folgende Fragen vorgelegt:
Frage 1
Ist Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag so auszulegen, daß das in dieser Vertragsbestimmung enthaltene Verbot gewisser Formen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens auf den Fall anwendbar ist, daß eine 1969 zu geschäftlichen Zwecken gegründete Genossenschaft (A) 1988 ihre Satzung dahin ändert, daß Unternehmen oder Vereinigungen von der Mitgliedschaft in der betreffenden Genossenschaft ausgeschlossen werden sollen, sofern sie an Vereinigungen, Gesellschaften oder anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit beteiligt sind, die auf der Großhandelsstufe mit dem Unternehmen A beim Einkauf und Verkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in Wettbewerb stehen, wobei die Satzungsänderung auf eine seinerzeit zwischen einigen Mitgliedern bestehende Einkaufsgemeinschaft (B) abzielte?
Frage 2
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß mit der Satzungsänderung gleichzeitig der Zustand beendet werden sollte, daß in den Führungsorganen der Genossenschaft A (Vertreterversammlung und Vorstand) Personen sassen, die gleichzeitig entweder als Vorstandsmitglied oder in anderer Weise an der Leitung der konkurrierenden Einkaufsgemeinschaft B beteiligt waren oder in anderer Weise auf diese tatsächlich Einfluß hatten, so daß die Gefahr bestand, daß die Einblicke, die die betreffenden Personen in die Geschäftsgeheimnisse von A erhielten und/oder erhalten wollten, zum Vorteil von B mißbraucht wurden?
Frage 3
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß die Satzungsänderung gegen den Widerspruch einer Reihe von Mitgliedern durchgeführt wurde, die gegen die Bestimmung über den Ausschluß in dieser Satzung stimmten, teils weil diese Bestimmung die betreffenden Mitglieder des Unternehmens A an einem unter Umgehung von A organisierten Einkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln hindern sollte, teils weil diese Mitglieder meinten, durch den Einkauf über B eventuell niedrigere Preise oder bessere Bedingungen erzielen zu können, als A ihnen bieten konnte.
Frage 4
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß die ausgeschlossenen Unternehmen oder Vereinigungen beim Ausschluß mit rechtmässig ausgeschiedenen Mitgliedern gleichgestellt wurden, was bedeutet,
a) auf der einen Seite, daß sie keinen anteiligen Anspruch auf das unverteilte Vermögen von A (einen verhältnismässigen Anteil an dem vollen Eigenkapital von A nach Abzug der Gesellschaftseinlagen) haben, ihnen aber ihre eingetragenen Gesellschaftseinlagen, ca. 37 Mio. DKR, über einen Zeitraum von 10 Jahren zurückgezahlt werden, und
b) auf der anderen Seite, daß ihre Gesellschaftseinlage nicht eingezogen wird, was aufgrund von § 8 Absatz 4 in Verbindung mit § 7 Absatz 3 der Satzung möglich wäre?
Frage 5
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß die spätere Entwicklung gezeigt hat, daß die ausgeschlossenen Mitglieder über das Unternehmen B bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in der Lage waren, ihre Tätigkeit auf dem dänischen Markt für landwirtschaftliche Produktionsmittel mit einem Marktanteil fortzusetzen, der 1990 bezueglich des Gesamtumsatzes dem Umsatz des Unternehmens A entsprach?
Frage 6
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß es bei der beim Östre Landsret anhängigen Klage der aus dem Unternehmen A ausgeschlossenen Mitglieder gegen A um die Frage geht, ob die ausgeschlossenen Unternehmen einen anteiligen Anspruch auf das unverteilte Vermögen von A haben (vgl. Frage 4), und daß die Klägerinnen keinen Antrag auf Wiederaufnahme als Mitglieder von A gestellt haben?
Frage 7
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß aufgrund der Satzung von A Mitglieder Dünge- und Pflanzenschutzmittel ohne Einschaltung von A einkaufen können, sofern dies anders als in Form einer organisierten Zusammenarbeit geschieht, d. h. sofern entweder jedes Mitglied einzeln für sich einkauft oder mehrere Mitglieder zusammen einkaufen, dann aber nur im Rahmen einer gelegentlichen Einkaufsverbindung für eine einzelne Partie/Schiffsladung?
Frage 8
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß die Satzung in der Weise geändert worden ist, daß eine Vermittlungstätigkeit von A beim Einkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln im Rahmen einer von A geleiteten Zusammenarbeit in der Weise angeboten werden kann, daß A bei dieser Zusammenarbeit auf eine Gewinnspanne bei diesen Waren verzichtet?
Frage 9
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß nach der Satzungsänderung und dem Ausschluß Nichtmitglieder, darunter die ausgeschlossenen Mitglieder, die Möglichkeit haben, Waren von A aus dem gesamten Sortiment von A einschließlich der Dünge- und Pflanzenschutzmittel zu den normalen branchenüblichen Großhandelsbedingungen einzukaufen?
Frage 10
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß die Satzungsänderung auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel begrenzt ist, die zum Zeitpunkt dieser Änderung die in der Einleitung genannten Anteile am Gesamtumsatz von A ausmachten?
Frage 11
Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, daß dem Östre Landsret hinreichende Auskünfte über die Art der betreffenden Produkte, darunter die Existenz und den Verkauf von Ersatzprodukten, sowie Auskünfte über die Produkte, den Umsatz und die Marktanteile von A und B sowie der mit A und B konkurrierenden Unternehmen erteilt werden?
Frage 12
Ist davon auszugehen, daß Dünge- und/oder Pflanzenschutzmittel von der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 in Verbindung mit beispielsweise der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, die insbesondere auf Artikel 43 EWG-Vertrag als Grundlage verweist, umfasst werden?
Frage 13
Ist die Bedingung in Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 86 EWG-Vertrag bezueglich der Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten erfuellt, wenn die Dünge- und Pflanzenschutzmittel zum Zeitpunkt, zu dem die betreffende Satzungsänderung durchgeführt wurde, von den ausgeschlossenen Mitgliedern über B zum Teil unmittelbar bei Herstellern ausserhalb des Gemeinsamen Marktes gekauft wurden?
Frage 14
Wie ist die Bestimmung in Artikel 85 Absatz 3 über die Freistellung in Fällen der in den vorstehenden Fragen genannten Art zu verstehen und anzuwenden, wenn davon ausgegangen werden kann, daß die Änderung des § 7 der Satzung bei der Kommission angemeldet worden ist, um nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates von 1962 ein Negativattest oder hilfsweise nach Artikel 4 der Verordnung eine Freistellung zu erlangen?
Frage 15
Ist Artikel 86 EWG-Vertrag so auszulegen, daß eine Satzungsänderung wie die in Frage 1 beschriebene einen Verstoß gegen diese Vertragsbestimmung beinhalten kann, wenn das Unternehmen A zum Zeitpunkt der Satzungsänderung die in der Einleitung genannten Marktanteile bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln besaß?
Frage 16
Ist es für die Anwendung des Artikels 86 EWG-Vertrag von Bedeutung, daß A zum Zeitpunkt der Satzungsänderung im Register der dänischen Preisüberwachungsstelle als beherrschendes Einzelunternehmen eingetragen war, wobei zu bemerken ist, daß die Eintragung seit dem 1. Januar 1990 aufgrund des zum selben Zeitpunkt in Dänemark eingeführten neuen Wettbewerbsgesetzes nicht mehr besteht und A' s Eintragung nicht durch eine neue Eintragung nach diesem Gesetz ersetzt worden ist?
Frage 17
Ist für die Anwendung des Artikels 86 EWG-Vertrag die Mitteilung der dänischen Preisbehörde vom 22. Februar 1989 von Bedeutung, daß angesichts der in der Frage 2 genannten Umstände kein Grund bestehe, gegen die Satzungsänderung von A einzuschreiten?
18 Das Östre Landsret sieht in seinem Vorlagebeschluß als bewiesen an, daß die DLG in erster Linie alle B-Mitglieder dazu bringen wollte, den Einkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln unter Umgehung der DLG aufzugeben, so daß innerhalb des dänischen Genossenschaftssektors nur eine grosse Gesellschaft übrig bliebe, die diese Produktionsmittel für die dänischen Landwirte einkaufen würde.
19 Einige Wirtschaftsdaten über die Lage auf den relevanten Märkten enthalten das Vorlageurteil, die beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen sowie die schriftlichen Antworten auf die Fragen, die der Gerichtshof der DLG und den Klägerinnen gestellt hat. Danach hatte die DLG 1988 zum Zeitpunkt der Änderung ihrer Satzung am dänischen Düngemittelmarkt einen Anteil von etwa 36 %, während der Marktanteil der Korn & Foderstof Kompagniet A/S etwa 23 %, der Superfos A/S etwa 14 % und der der LAG etwa 10 % betrugen. Der Anteil der DLG am Pflanzenschutzmittelmarkt belief sich auf etwa 32 %. Nach ihrem Ausschluß konkurrierten die Klägerinnen im Rahmen der LAG auf dem dänischen Markt für landwirtschaftliche Produktionsmittel so erfolgreich mit der DLG, daß sie 1990 einen Marktanteil innehatten, der dem der DLG entsprach. Wie sich diesen wirtschaftlichen Daten weiterhin entnehmen lässt, wird der Bedarf an Düngemitteln in Dänemark zu etwa 60 % durch Einfuhren gedeckt; die Düngemittel werden sowohl aus den Mitgliedstaaten als auch aus Drittländern eingeführt. Der Bedarf an Pflanzenschutzmitteln in Dänemark wird fast ausschließlich durch Einfuhren gedeckt.
20 Die siebzehn Fragen des vorlegenden Gerichts lassen sich in fünf Hauptgruppen einteilen, die in folgender Reihenfolge zu prüfen sind:
° Anwendungsbereich der in Artikel 42 EWG-Vertrag und in der genannten Verordnung Nr. 26 vorgesehenen Ausnahme von den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln (Frage 12);
° Begriff der Einschränkung des Wettbewerbs in Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag (Fragen 1 bis 11);
° Begriff des Mißbrauchs einer beherrschenden Stellung in Artikel 86 EWG-Vertrag (Fragen 15 bis 17);
° Begriff der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 und des Artikels 86 EWG-Vertrag (Frage 13);
° Zuständigkeit des nationalen Gerichts, wenn zum selben Zeitpunkt bei der Kommission ein Antrag auf Erteilung eines Negativattests oder einer Freistellungserklärung anhängig ist (Frage 14).
Zur Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 26
21 Mit der ersten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Dünge- und Pflanzenschutzmittel aufgrund des Artikels 42 EWG-Vertrag und der genannten Verordnung Nr. 26 von der Anwendung der Wettbewerbsregeln ausgenommen sind.
22 Nach Artikel 42 EWG-Vertrag findet das Kapitel über die Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als der Rat dies bestimmt. Gemäß Artikel 38 Absatz 3 EWG-Vertrag sind die Erzeugnisse, für welche die Artikel 39 bis 46 gelten, in der im EWG-Vertrag als Anhang II beigefügten Liste aufgeführt. Ausserdem kann der Rat nach dieser Bestimmung binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages entscheiden, welche Erzeugnisse noch in diese Liste aufzunehmen sind.
23 Nach ständiger Rechtsprechung (siehe u. a. Urteile des Gerichtshofes vom 25. März 1981, sogenanntes Lab-Urteil, in der Rechtssache 61/80, Coöperatieve Stremsel- en Kleurselfabriek/Kommission, Slg. 1981, 851, Randnr. 21, und des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnrn. 36 und 37) wurde gemäß diesen Vertragsbestimmungen der Geltungsbereich der Verordnung Nr. 26 in ihrem Artikel 1 dahin gehend beschränkt, daß die Verordnung nur für die Produktion der im Anhang II zum Vertrag aufgeführten Erzeugnisse und den Handel mit diesen gilt. Diese Verordnung ist daher auf den Handel mit einem nicht unter den Anhang II fallenden Erzeugnis selbst dann nicht anwendbar, wenn dieses einen Hilfsstoff für die Herstellung eines anderen Erzeugnisses darstellt, das seinerseits unter diesen Anhang fällt. Die Verordnung fände daher auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel nur Anwendung, wenn diese Erzeugnisse selbst unter den Anhang II zum Vertrag fielen. Dies ist nicht der Fall.
24 Demnach gilt die Verordnung Nr. 26 im vorliegenden Fall nicht, und die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag sind im vollem Umfang anwendbar.
25 Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die genannte Richtlinie 91/414 insbesondere auf der Grundlage des Artikels 43 EWG-Vertrag erlassen worden ist.
26 Artikel 42 ist nämlich eine Ausnahmebestimmung, deren Anwendungsbereich ebenso wie der der Verordnung Nr. 26 nicht stillschweigend durch den Erlaß von Maßnahmen erweitert werden kann, die auf Artikel 43 EWG-Vertrag gestützt werden, der den Rat dazu ermächtigt, Rechtsakte zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik zu erlassen.
27 Somit ist auf die erste Gruppe der vorgelegten Fragen zu antworten, daß die Dünge- und Pflanzenschutzmittel nicht aufgrund des Artikels 42 EWG-Vertrag und der Verordnung Nr. 26 von der Anwendung der Wettbewerbsregeln ausgenommen sind.
Zur Einschränkung des Wettbewerbs
28 Mit der zweiten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Bestimmung der Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern letztlich eine Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt, unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fällt.
29 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens machen geltend, daß eine solche Änderung der Satzung eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecke oder bewirke, da ihr Ziel gewesen sei, die Einkaufstätigkeit der B-Mitglieder innerhalb der LAG, der Konkurrentin der DLG, zu unterbinden und letzterer auf diese Weise eine beherrschende Stellung auf den relevanten Märkten zu verschaffen.
30 Eine Bezugsgenossenschaft ist eine freiwillige Vereinigung von Personen, die zur Verfolgung gemeinsamer geschäftlicher Zwecke errichtet worden ist.
31 Die Vereinbarkeit der Satzung einer solchen Vereinigung mit den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln kann nicht abstrakt beurteilt werden. Sie hängt von den einzelnen Bestimmungen der Satzung der Vereinigung und den wirtschaftlichen Bedingungen auf den relevanten Märkten ab.
32 Auf einem Markt, auf dem der Preis der Erzeugnisse von dem Auftragsvolumen abhängt, kann der Umsatz der Bezugsgenossenschaften je nach der Zahl ihrer Mitglieder ein bedeutsames Gegengewicht zu der Vertragsgestaltungsmacht der Grosserzeuger bilden und einem wirksameren Wettbewerb förderlich sein.
33 Wenn einige Mitglieder zweier miteinander konkurrierender Bezugsgenossenschaften sowohl der einen als auch der anderen angehören, beeinträchtigt dies die Fähigkeit dieser beiden Genossenschaften, ihre Ziele zugunsten ihrer anderen Mitglieder zu verfolgen, insbesondere wenn die betreffenden Mitglieder wie im vorliegenden Fall selbst Genossenschaften sind, denen viele einzelne Personen als Mitglieder angehören.
34 Eine doppelte Mitgliedschaft gefährdet deshalb sowohl das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft als auch ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern. Das Verbot einer doppelten Mitgliedschaft stellt also nicht notwendigerweise eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag dar und kann sich sogar positiv auf den Wettbewerb auswirken.
35 Es ist jedoch zuzugeben, daß eine Bestimmung in einer Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die die Möglichkeit ihrer Mitglieder beschränkt, sich an anderen, konkurrierenden Formen der Zusammenarbeit zu beteiligen, und sie auf diese Weise davon abhält, sich anderweitig einzudecken, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben kann. Um nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zu fallen, dürfen den Mitgliedern durch die Satzung einer Bezugsgenossenschaft nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die notwendig sind, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
36 Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen sind die in den Fragen des vorlegenden Gerichts aufgeführten besonderen Umstände des Ausgangsrechtsstreits zu würdigen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die bei einem Verstoß gegen die Satzung vorgesehenen Sanktionen im Hinblick auf das Ziel der Satzung nicht unverhältnismässig sind und ob die Mindestdauer der Mitgliedschaft nicht unangemessen ist.
37 Die Änderung der Satzung der DLG ist insoweit begrenzt, als sie nur Dünge- und Pflanzenschutzmittel betrifft, die einzigen Produktionsmittel, bei denen es zwischen dem Einkaufsvolumen und dem Preis einen unmittelbaren Zusammenhang gibt.
38 Selbst nach der Änderung der Satzung der DLG und nach dem Ausschluß der Klägerinnen können Nichtmitglieder, die Klägerinnen eingeschlossen, von der DLG Waren aus deren gesamtem Sortiment einschließlich der Dünge- und Pflanzenschutzmittel zu denselben Geschäftsbedingungen und zu denselben Preisen wie die Mitglieder einkaufen; allerdings haben Nichtmitglieder offenkundig keinen Anspruch auf Auszahlung des sich aus den erzielten Umsätzen ergebenden Jahresüberschusses.
39 Die Satzung der DLG erlaubt den Mitgliedern den Einkauf von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ohne Einschaltung der DLG, sofern dies anders als in Form einer organisierten Zusammenarbeit geschieht. Dabei kann jedes Mitglied für sich allein oder zusammen mit anderen Mitgliedern einkaufen, in letzterem Fall aber nur im Rahmen einer gelegentlichen Einkaufsverbindung für eine einzelne Partie/Schiffsladung.
40 Somit gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß satzungsmässige Beschränkungen, wie sie den Mitgliedern der DLG auferlegt sind, über das hinausgehen, was erforderlich ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
41 Die den Klägerinnen auferlegten Sanktionen als Folge ihres Ausschlusses wegen Verstosses gegen die Satzung der DLG sind nicht unverhältnismässig, da die DLG die Klägerinnen Mitgliedern gleichgestellt hat, die von ihrem Austrittsrecht Gebrauch gemacht haben.
42 Der Zeitraum der Mitgliedschaft ist von zehn auf fünf Jahre herabgesetzt worden und erscheint nicht unangemessen.
43 Schließlich ist bezeichnend, daß die Klägerinnen nach ihrem Ausschluß innerhalb der LAG so erfolgreich mit der DLG konkurrieren konnten, daß sie 1990 einen Marktanteil innehatten, der dem der DLG entsprach.
44 Die anderen in der zweiten Gruppe der Fragen des vorlegenden Gerichts aufgeführten Umstände ändern nichts an der Beurteilung der Problemstellung.
45 Somit ist auf die zweite Gruppe der Fragen des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß eine Bestimmung der Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern eine Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt, nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fällt, sofern diese Bestimmung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
Zum Mißbrauch einer beherrschenden Stellung
46 Mit der dritten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Bestimmung der Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die sich dahin auswirkt, daß den Mitgliedern die Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt ist, eine gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossende mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ist.
47 Der Begriff der beherrschenden Stellung ist nach ständiger Rechtsprechung als wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens zu verstehen, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und schließlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten; danach ergibt sich das Vorliegen einer beherrschenden Stellung im allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (siehe u. a. Urteile des Gerichtshofes vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnrn. 65 und 66, und des Gerichts vom 12. Dezember 1991 in der Rechtssache T-30/89, Hilti/Kommission, Slg. 1991, II-1439, Randnr. 90).
48 In bestimmten Fällen kann zwar ein hoher Marktanteil eines Unternehmens als ein wichtiger Anhaltspunkt für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung angesehen werden. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts hatte die DLG zum Zeitpunkt der Änderung der Satzung im Jahr 1988 am dänischen Düngemittelmarkt einen Anteil von etwa 36 % und am dänischen Pflanzenschutzmittelmarkt einen Anteil von 32 %. Auch wenn nicht ausgeschlossen ist, daß einem Unternehmen mit solchen Marktanteilen im Verhältnis zu der Macht und der Zahl seiner Wettbewerber eine beherrschende Stellung zuzuschreiben ist, können diese Marktanteile allein nicht den entscheidenden Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung darstellen.
49 Zum Begriff des Mißbrauchs einer beherrschenden Stellung ist zunächst festzustellen, daß der Aufbau oder die Verstärkung einer beherrschenden Stellung nicht an und für sich gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstösst.
50 Wie oben ausgeführt (Randnr. 32) kann der Umsatz der Bezugsgenossenschaften einem wirksameren Wettbewerb auf bestimmten Märkten förderlich sein, sofern die den Mitgliedern auferlegten Bedingungen auf das beschränkt sind, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
51 Satzungsmässige Beschränkungen, wie sie im Ausgangsrechtsstreit den Mitgliedern der DLG auferlegt sind, überschreiten diese Grenzen nicht (siehe Randnrn. 36 bis 42).
52 Somit ist auf die dritte Gruppe der Fragen des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß auch im Fall einer beherrschenden Stellung einer Bezugsgenossenschaft auf einem bestimmten Markt eine Änderung ihrer Satzung, durch die ihren Mitgliedern die Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt wird, keine gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossende mißbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung ist, sofern diese Änderung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
Zur Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels
53 Mit der vierten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der innergemeinschaftliche Handel im Sinne der Artikel 85 Absatz 1 und 86 EWG-Vertrag beeinträchtigt wird, da die Geschäfte über den Bezug der Produktionsmittel teilweise unmittelbar mit Erzeugern abgeschlossen werden, die in Drittländern niedergelassen sind.
54 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Vereinbarung zwischen Unternehmen geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, daß sie den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinne beeinflussen kann. (Urteil vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia/Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 22). Somit liegt im allgemeinen eine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels vor, wenn mehrere Voraussetzungen erfuellt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind.
55 Es ist Sache des nationalen Gerichts, gegebenenfalls anhand der durch diese Rechtsprechung aufgestellten Kriterien die erforderliche wirtschaftliche Prüfung vorzunehmen. Angesichts der Antworten auf die vorangegangenen Fragen erscheint eine solche Prüfung im Ausgangsverfahren aber nicht erforderlich.
56 Somit ist auf die vierte Gruppe von Fragen zu antworten, daß der innergemeinschaftliche Handel im Sinne der Artikel 85 Absatz 1 und 86 EWG-Vertrag beeinträchtigt sein kann, auch wenn die von einer Bestimmung der Satzung erfassten Produktionsmittel teilweise aus Drittländern eingeführt werden.
Zur Zuständigkeit des nationalen Gerichts
57 Mit der fünften und letzten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Befugnisse das nationale Gericht hat, wenn bei der Kommission eine Vereinbarung wegen Erteilung eines Negativattests oder einer Freistellungserklärung nach der Verordnung Nr. 17 angemeldet worden ist.
58 Sind die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 1 offensichtlich nicht erfuellt und besteht somit kaum die Gefahr einer anderslautenden Entscheidung der Kommission, so kann das nationale Gericht das Verfahren fortsetzen und über den streitigen Vertrag entscheiden (Urteil vom 28. Februar 1991 in der Rechtssache C-234/89, Delimits, Slg. 1991, I-935, Randnr. 50).
59 Im Ausgangsrechtsstreit hat die Kommission auf eine Frage des Gerichtshofes zu erkennen gegeben, daß die Änderung der Satzung der DLG ihrer Meinung nach nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falle.
60 Somit ist auf die fünfte Gruppe von Fragen zu antworten, daß das nationale Gericht zur Entscheidung über die Rechtmässigkeit einer bei der Kommission angemeldeten Vereinbarung befugt ist, wenn es der Ansicht ist, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag offensichtlich nicht erfuellt sind.
Kostenentscheidung:
Kosten
61 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen beim Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
auf die ihm vom Östre Landsret mit Beschluß vom 20. März 1991 und Entscheidung vom 10. April 1992 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1) Dünge- und Pflanzenschutzmittel sind nicht aufgrund des Artikels 42 EWG-Vertrag und der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen von der Anwendung der Wettbewerbsregeln ausgenommen.
2) Eine Bestimmung der Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern eine Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt, fällt nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag, sofern diese Bestimmung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
3) Auch im Fall einer beherrschenden Stellung einer Bezugsgenossenschaft auf einem bestimmten Markt ist eine Änderung ihrer Satzung, durch die ihren Mitgliedern die Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt wird, keine gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossende mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, sofern diese Änderung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemässe Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten.
4) Der innergemeinschaftliche Handel kann im Sinne der Artikel 85 Absatz 1 und 86 EWG-Vertrag beeinträchtigt sein, auch wenn die von einer Bestimmung der Satzung erfassten Produktionsmittel teilweise aus Drittländern eingeführt werden.
5) Das nationale Gericht ist zur Entscheidung über die Rechtmässigkeit einer bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldeten Vereinbarung befugt, wenn es der Ansicht ist, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag offensichtlich nicht erfuellt sind.
Ende der Entscheidung
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