Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.05.1992
Aktenzeichen: C-258/90
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, VO (EWG) Nr. 4028/86, VO (EWG) Nr. 1871/87


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 178
EWG-Vertrag Art. 215
VO (EWG) Nr. 4028/86 Art. 1
VO (EWG) Nr. 4028/86 Art. 13
VO (EWG) Nr. 4028/86 Art. 14
VO (EWG) Nr. 1871/87 Art. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Sowohl aus dem Zweck der Verordnung Nr. 4028/86 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur als auch aus Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1871/87 mit Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung hinsichtlich Maßnahmen zur Förderung der Versuchsfischerei ergibt sich, daß die der Kommission durch Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4028/86 für die Entscheidung über die Gewährung einer Förderungsprämie gesetzte Zweimonatsfrist ab Einreichung eines Vorhabens der Versuchsfischerei nicht zwingend ist.

2. Wenn die Kommission eine Entscheidung gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 4028/86 über die Gewährung eines finanziellen Zuschusses für ein Vorhaben im Rahmen einer Versuchsfischereikampagne gemäß der Definition des Artikels 13 der Verordnung zu treffen hat, verfügt sie über ein weites Ermessen hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen, die die Gewährung des Zuschusses rechtfertigen, und insbesondere hinsichtlich der Voraussetzung, daß sich das Vorhaben auf Fischereizonen bezieht, deren geschätzte Bestände auf längere Sicht eine regelmässige und wirtschaftliche Befischung möglich erscheinen lassen. Aufgrund dieses Beurteilungsspielraums kommt eine um so grössere Bedeutung der Beachtung der Garantien zu, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung, die Entscheidung ausreichend zu begründen. Diese Begründung muß die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es dem Betroffenen möglich ist, zur Wahrung seiner Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme kennenzulernen, und daß der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann.

3. Die Marktbürger dürfen nicht auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation vertrauen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können. Dies gilt auch auf einem Gebiet wie dem Sektor der Versuchsfischerei, deren Zweck eine ständige Anpassung insbesondere an die Ergebnisse früherer Fischereikampagnen bedingt. Die Wirtschaftsteilnehmer können sich also nicht auf ihr berechtigtes Vertrauen berufen, um unter Hinweis auf die Gewährung solcher Prämien für frühere Kampagnen Förderungsprämien für Vorhaben zu erlangen. Sie können ein solches Vertrauen auch nicht auf den Ablauf der in Artikel 16 Absatz 3 festgelegten Zweimonatsfrist für die Entscheidung über die Gewährung einer bestimmten Förderungsprämie gründen, da diese Frist erstens nicht zwingend ist und ihr Ablauf zweitens nicht zur Folge hat, daß die Antragsteller einen Anspruch auf den nach dieser Verordnung vorgesehenen finanziellen Zuschuß erhielten.

4. Die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 215 Absatz 2 EWG-Vertrag ist an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Die den Gemeinschaftsorganen vorgeworfene Handlung muß rechtswidrig sein, es muß ein tatsächlicher Schaden eingetreten sein, und zwischen der Handlung und dem behaupteten Schaden muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 7. MAI 1992. - PESQUERIAS DE BERMEO SA UND NAVIERA LAIDA SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - FISCHEREI - VORHABEN IM RAHMEN DER VERSUCHSFISCHEREIKAMPAGNE - ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION, DASS DAS VORHABEN NICHT DIE VORAUSSETZUNGEN FUER DIE GEWAEHRUNG EINES GEMEINSCHAFTSZUSCHUSSES NACH DER VERORDNUNG (EWG) NR. 4028/86 DES RATES ERFUELLT. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN C-258/90 UND C-259/90.

Entscheidungsgründe:

1 Die Pesquerias De Bermeo SA und die Naviera Laida SA mit Sitz in Las Arenas-Gücho (Spanien) haben mit zwei am 23. August 1990 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangenen Klageschriften Klage erhoben. Erstens beantragen sie, gestützt auf Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag, die Nichtigerklärung der Entscheidungen EXP/ES/1/90 und EXP/ES/2/90 der Kommission vom 6. Juni 1990, mit denen festgestellt wurde, daß die Vorhaben im Rahmen der Versuchsfischereikampagne in Gewässern der Zone Südwestatlantik nicht die Voraussetzungen für die Gewährung eines Gemeinschaftszuschusses nach der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 des Rates vom 18. Dezember 1986 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur (ABl. L 376, S. 7) erfuellen. Zweitens begehren sie die Feststellung, daß die Klägerinnen gemäß Artikel 15 dieser Verordnung Anspruch auf die Gemeinschaftszuschüsse für die betreffenden Fischereikampagnen hatten. Drittens wird, gestützt auf die Artikel 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag, Ersatz der Schäden begehrt, die die Klägerinnen durch den Erlaß der streitigen Entscheidungen erlitten haben wollen.

2 Am 14. Februar 1990 reichten die Klägerinnen bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die spanischen Behörden zwei Anträge auf Förderungsprämien für mit den Schiffen "Geminis" und "Ceres" in den Gewässern der Zone Südwestatlantik durchzuführende Versuchsfischereikampagnen ein.

3 Die beiden Schiffe begannen diese Kampagnen am 15. Februar 1990 in Montevideo (Uruguay) und am 22. Februar 1990 in Punta Arenas (Chile).

4 Die Kommission bestätigte den Eingang der genannten Anträge am 7. März 1990.

5 Am 24. April 1990 teilte die Kommission vor dem in Artikel 16 der Verordnung Nr. 4028/86 vorgesehenen Ständigen Strukturausschuß für die Fischwirtschaft (im weiteren: Ausschuß) mit, daß sie es nicht mehr für zweckmässig halte, im Jahr 1990 solche Kampagnen in den Zonen des Südwestatlantiks, wo frühere Kampagnen stattgefunden hatten, fortzuführen. Die Kommission begründete diese Erklärung damit, daß in den Jahren 1987 bis 1989 42 Förderungsprämien erteilt worden seien, von denen 25 Kampagnen betroffen hätten, die in derselben Zone des Südwestatlantik und hinsichtlich derselben Arten durchgeführt worden seien wie die, auf die sich die Anträge der Klägerinnen bezögen. Mit Schreiben vom 25. April 1990 teilte die Kommission den Klägerinnen mit, daß für Versuchsfischereikampagnen im Südwestatlantik keine Förderungsprämien mehr gewährt würden.

6 Im Mai wiesen die Klägerinnen in zwei Schreiben darauf hin, daß ihre Anträge am 14. Februar 1990 eingereicht worden seien und daß die Kommission den Empfang am 7. März 1990 bestätigt habe. Aus den Schreiben der Kommission vom 25. April 1990 habe sich ergeben, daß die Entscheidungen, die nach der Verordnung Nr. 4028/86 zu treffen seien, noch nicht ergangen seien, was gegen die in Artikel 16 Absatz 3 dieser Verordnung vorgesehene Zweimonatsfrist verstosse.

7 Am 6. Juni 1990 erließ die Kommission die beiden streitigen, an das Königreich Spanien und an die Klägerinnen gerichteten Entscheidungen. In Artikel 1 dieser Entscheidungen stellt sie fest, daß die Vorhaben im Rahmen der Versuchsfischereikampagne in Gewässern der Zone Südwestatlantik nicht die Voraussetzungen für einen Gemeinschaftszuschuß gemäß der Verordnung Nr. 4028/86 erfuellten. Die zweite und die dritte Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidungen lauten folgendermassen:

"Die Fischer in der Gemeinschaft kennen die Fischbestände dieser Zone; ausserdem sind die Ergebnisse der Befischung dieser Zone bekannt, und eine Versuchsfischereikampagne mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit einer regelmässigen und langfristigen Befischung der Bestände dieser Zone einzuschätzen, ist nicht gerechtfertigt.

Folglich erfuellt diese Versuchsfischereikampagne nicht die für den Gemeinschaftszuschuß vorgesehenen Voraussetzungen, insbesondere die Voraussetzungen des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86."

8 Am 7. November 1989 hatte die Kommission Förderungsprämien für Versuchsfischereikampagnen gewährt, die von denselben Schiffen "Geminis" und "Ceres" in denselben Zonen des Südwestatlantiks hinsichtlich derselben Arten, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidungen waren, durchgeführt worden waren.

9 Gemäß Artikel 1 der Verordnung Nr. 4028/86 kann die Kommission für bestimmte Maßnahmen u. a. der Neuorientierung der Fischereitätigkeit durch Einführung von Versuchsfischereikampagnen einen Gemeinschaftszuschuß gewähren. Dieser Zuschuß wird gewährt, um die strukturelle Entwicklung des Fischereisektors im Rahmen der für die gemeinsame Fischereipolitik aufgestellten Leitlinien zu erleichtern.

10 Gemäß Artikel 13 der Verordnung

"gilt als 'Versuchsfischereikampagne' jede gewerbsmässige Fischereitätigkeit, die in einem bestimmten Gebiet mit dem Ziel ausgeuebt wird, die Wirtschaftlichkeit einer regelmässigen und langfristigen Befischung der Bestände dieser Zone einzuschätzen".

11 Artikel 14 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 4028/86 bestimmt:

"(2) Für den Zuschuß müssen die in Absatz 1 genannten Vorhaben ferner

a)...

b)...

c) Fischereizonen betreffen, in denen einer Einschätzung der Bestandslage zufolge auf längere Sicht regelmässig und wirtschaftlich Fischfang betrieben werden kann...

d)...

(3) Ein Vorhaben kann mehrere aufeinanderfolgende Kampagnen umfassen, die in derselben Fischereizone mit dem Ziel durchgeführt werden, die Voraussetzungen für eine regelmässige und andauernde Fangtätigkeit in diesem Gebiet zu schaffen".

12 Gemäß Artikel 16 der Verordnung werden die Vorhaben der Versuchsfischereikampagnen über die zuständigen nationalen Stellen, nachdem diese eine befürwortende Stellungnahme abgegeben haben, bei der Kommission eingereicht. Absatz 3 dieses Artikels bestimmt:

"Binnen zwei Monaten nach Einreichung eines Vorhabens entscheidet die Kommission über die Gewährung der Prämie... Die Entscheidung wird den Begünstigten sowie dem oder den betreffenden Mitgliedstaaten mitgeteilt. Die anderen Mitgliedstaaten werden hiervon im Rahmen des Ständigen Strukturausschusses für die Fischwirtschaft... unterrichtet."

13 Gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1871/87 der Kommission vom 16. Juni 1987 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung Nr. 4028/86 des Rates hinsichtlich Maßnahmen zur Förderung der Versuchsfischerei (ABl. L 180, S. 1) wird die Förderungsprämie nur gewährt, wenn die Kampagnen nach dem Tag der Registrierung des Antrags bei der Kommission beginnen.

14 Wegen weiterer Einzelheiten des Rechtsstreits, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung

15 Zur Begründung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung tragen die Klägerinnen vor, daß die Kommission die mit der Einreichung des Vorhabens beginnende Zweimonatsfrist des Artikels 16 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4028/86 nicht eingehalten habe, daß die Kommission gegen die in dieser Verordnung niedergelegten Bedingungen für die Gewährung eines Gemeinschaftszuschusses für Versuchsfischereikampagnen und gegen die Begründungspflicht verstossen habe und daß schließlich der Grundsatz des berechtigten Vertrauens verletzt worden sei.

Zu der Rüge der Nichteinhaltung der Zweimonatsfrist

16 Die Klägerinnen sind der Auffassung, gemäß Artikel 16 Absatz 3 sei die Kommission verpflichtet, über die Gewährung der Förderungsprämie für eine Versuchsfischereikampagne binnen zwei Monaten nach Einreichung des Vorhabens zu entscheiden. Die von der Kommission nach Ablauf dieser Frist erlassenen Entscheidungen seien rechtswidrig und demgemäß für nichtig zu erklären. Durch solche verspätete Entscheidungen könne die Kommission den Anträgen auf Gemeinschaftszuschüsse nur stattgeben.

17 Die Kommission ist der Auffassung, die in Artikel 16 Absatz 3 vorgesehene Zweimonatsfrist sei nicht zwingend, sondern nur ein Anhaltspunkt. Mit Ablauf der Frist könnten die Prämienantragsteller die Mechanismen in Gang setzen, die der Vertrag ihnen biete, um gegen die Untätigkeit des Gemeinschaftsorgans vorzugehen. Jedenfalls habe die Nichteinhaltung der Frist keine Auswirkungen auf den Inhalt der Entscheidung über eine Förderungsprämie für eine Versuchsfischereikampagne.

18 Die Verordnung Nr. 4028/86 enthält keine besondere Bestimmung, die Folgen im Fall der Nichteinhaltung der Frist des Artikels 16 Absatz 3 der Verordnung durch die Kommission vorsähe.

19 Weiter ergibt sich aus dem Zweck, den die Verordnung den Entscheidungen der Kommission über die Gewährung der Förderungsprämien zuweist, daß diese Frist nicht zwingend ist.

20 Keine Bestimmung der Verordnung Nr. 4028/86 erlaubt nämlich die Annahme, daß die in der vierten und der elften Begründungserwägung dieser Verordnung angeführte Verbesserung der Fangmöglichkeiten in den Gewässern, die nicht unter die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften fallen, von der Einhaltung der in Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4028/86 festgelegten Frist abhängig ist.

21 Im übrigen wird der nicht zwingende Charakter dieser Frist durch Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1871/87 bestätigt. Hiernach kann derjenige, der eine Prämie beantragt, mit der Versuchsfischereikampagne am Tag nach der Registrierung seines Antrags beginnen, also lange bevor die Kommission ihre Entscheidung erlassen hat und jedenfalls vor Ablauf der in Frage stehenden Zweimonatsfrist. Der Antragsteller, der diese Möglichkeit wählt, tut dies auf eigene Gefahr, da die Kommission eine Entscheidung erlassen kann, mit der der beantragte Zuschuß versagt wird.

22 Die Rüge wegen Nichteinhaltung der in Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4028/86 festgelegten Zweimonatsfrist durch die Kommission ist demgemäß zurückzuweisen.

Zu den Rügen des Verstosses gegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Verordnung Nr. 4028/86 und gegen die Begründungspflicht

23 Die Klägerinnen machen geltend, ihre Anträge von 1990 hätten ebenso wie diejenigen von 1989 alle Voraussetzungen der Verordnung Nr. 4028/86 und insbesondere die Voraussetzung des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe c erfuellt. Um auf längere Sicht eine regelmässige und wirtschaftliche Fangtätigkeit in Aussicht nehmen zu können, seien im Sinne von Artikel 14 Absatz 3 mehrere aufeinanderfolgende Kampagnen erforderlich gewesen. Im übrigen habe sich die Kommission bei der Verweigerung der Förderungsprämien auf Kriterien gestützt, die nach Ablauf der in Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung festgelegten Frist aufgestellt worden seien. In den angefochtenen Entscheidungen, die keinerlei Erklärung über diese Kriterien enthielten, sei schließlich die Begründungspflicht gemäß Artikel 190 EWG-Vertrag verletzt worden.

24 Die Kommission ist der Auffassung, vor Erlaß einer Entscheidung über die Gewährung eines Gemeinschaftszuschusses für eine Versuchsfischereikampagne müsse sie die technischen Daten des Vorhabens in dem allgemeinen und komplexen Rahmen des Fischereisektors beurteilen. Bei dieser Beurteilung verfüge sie über ein Ermessen, das sie nicht überschritten habe, indem sie die Ergebnisse der früheren im Südwestatlantik durchgeführten Versuchsfischereikampagnen berücksichtigt habe. Wie sich aus der Begründung der angefochtenen Entscheidungen ergebe, erfuellten die betreffenden Vorhaben einige der für die Gewährung der Prämie aufgestellten Voraussetzungen nicht. Aus Artikel 14 Absatz 3, wonach ein Vorhaben mehrere aufeinanderfolgende Kampagnen umfassen könne, die in derselben Fischereizone durchgeführt würden, folge im übrigen nicht, daß die Kommission gezwungen sei, mehr als eine Kampagne je Vorhaben zur Einschätzung der Wirtschaftlichkeit einer regelmässigen Befischung in einer bestimmten Zone auf längere Sicht zu genehmigen.

25 Zu diesem Punkt ist zunächst festzustellen, daß Artikel 13 der Verordnung Nr. 4028/86 die Versuchsfischerei als jede gewerbsmässige Fischereitätigkeit definiert, die in einem bestimmten Gebiet mit dem Ziel ausgeuebt wird, die Wirtschaftlichkeit einer regelmässigen und langfristigen Befischung der Bestände der Zone einzuschätzen. Die Kommission kann zu einem solchen Vorhaben also nur dann einen Zuschuß geben, wenn es zum einen eine Zone betrifft, die genau bestimmt ist und sich in den in Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4028/86 gelegenen Gewässern befindet, und sich zum anderen auf Fischereizonen bezieht, deren geschätzte Bestände auf längere Sicht eine regelmässige und wirtschaftliche Befischung im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe c möglich erscheinen lassen. Wenn die Kommission eine Entscheidung gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 4028/86 zu treffen hat, verfügt sie über ein weites Ermessen hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen, die die Gewährung eines finanziellen Zuschusses rechtfertigen.

26 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90, TU München, Slg. 1991, I-5469, Randnrn. 14 und 26) kommt, soweit die Organe der Gemeinschaft über einen solchen Beurteilungsspielraum verfügen, eine um so grössere Bedeutung der Beachtung der Garantien zu, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung, die Entscheidung ausreichend zu begründen. Diese Begründung muß die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es dem Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung seiner Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme kennenzulernen, und daß der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann.

27 Die Kommission weist in den Begründungserwägungen der angefochtenen Entscheidungen vom 6. Juni 1990 darauf hin, daß den Gemeinschaftsfischern die Bestandslage der betreffenden Fischereizone bekannt sei, daß die Ergebnisse der Befischung dieser Zone den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern bekannt seien und daß eine Versuchsfischereikampagne mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit einer regelmässigen und langfristigen Befischung der Bestände dieser Zone einzuschätzen, nicht gerechtfertigt sei. Ausserdem erfuellten diese Versuchsfischereikampagnen nicht die Voraussetzungen für einen Gemeinschaftszuschuß, insbesondere nicht die des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr.4028/86.

28 Ferner hatte die Kommission auf der Grundlage der Ergebnisse von 25 Versuchsfischereikampagnen, von denen einige im übrigen von den Klägerinnen selbst zwischen 1987 und 1989 in der Zone Südwestatlantik durchgeführt worden waren, ihren Standpunkt dem Ausschuß und den Klägerinnen bereits im April 1990 mitgeteilt.

29 Die Kommission hat somit ihre ablehnenden Entscheidungen ausreichend begründet, und die Rügen wegen Verstosses gegen die Voraussetzungen der Anwendung der Verordnung Nr. 4028/86 und die Begründungspflicht sind demgemäß zurückzuweisen.

Zu der Rüge des Verstosses gegen den Grundsatz des berechtigten Vertrauens

30 Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz des berechtigten Vertrauens verstossen, da sie sich darauf verlassen hätten, die Förderungsprämien für die Vorhaben von 1990 zu erhalten, da diese im wesentlichen mit den im Jahre 1989 vorgeschlagenen, für die solche Prämien gewährt worden seien, identisch gewesen seien.

31 Nach Auffassung der Kommission ist diese Rüge unzulässig, da sie erstmals in der Erwiderung vorgebracht worden sei.

32 Die Klägerinnen haben bereits in ihren Klagen den Vorwurf eines Verstosses gegen den Grundsatz des berechtigten Vertrauens erhoben. Es handelt sich also nicht um eine neue, im Laufe des Verfahrens eingeführte Rüge, und die Einrede der Kommission ist deshalb zurückzuweisen.

33 Die Kommission macht hilfsweise geltend, die Genehmigung der Vorhaben von 1980 ziehe nicht automatisch die der späteren Vorhaben nach sich, selbst wenn sie die gleichen Schiffe, Fischarten und Fischereizonen beträfen. Ausserdem hätten die Klägerinnen vor Ablauf der in Artikel 16 Absatz 3 vorgesehenen Zweimonatsfrist Informationen erhalten, aufgrund deren die Ablehnung der Anträge vorherzusehen gewesen sei.

34 Zum Vorwurf eines Verstosses gegen den Grundsatz des berechtigten Vertrauens ist daran zu erinnern, daß dieser Grundsatz zwar zu den tragenden Grundsätzen der Gemeinschaft gehört, die Marktbürger jedoch nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation vertrauen dürfen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können (vgl. in diesem Sinne das Urteil vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre/Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 33). Dies gilt auch auf einem Gebiet wie dem Sektor der Versuchsfischerei, deren Zweck eine ständige Anpassung insbesondere an die Ergebnisse früherer Fischereikampagnen bedingt.

35 Die Wirtschaftsteilnehmer können sich also nicht auf ihr berechtigtes Vertrauen berufen, um unter Hinweis auf die Gewährung solcher Prämien für frühere Kampagnen Förderungsprämien für Vorhaben zu erlangen.

36 Die Wirtschaftsteilnehmer können ein solches Vertrauen auch nicht auf den Ablauf der in Artikel 16 Absatz 3 festgelegten Zweimonatsfrist gründen. Erstens ist diese Frist nämlich nicht zwingend, und zweitens hatte ihr Ablauf nicht zur Folge, daß die Antragsteller einen Anspruch auf den betreffenden finanziellen Zuschuß erhielten. Im übrigen hatte die Kommission den Klägerinnen schon im April mitgeteilt, daß sie die Gewährung von Prämien für Vorhaben in der Zone Südwestatlantik nicht in Betracht ziehen könne.

37 Die Klägerinnen können sich deshalb nicht darauf berufen, daß die Kommission gegen den Grundsatz des berechtigten Vertrauens verstossen habe.

38 Da diese Rüge ebenfalls nicht begründet ist, sind die Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen insgesamt zurückzuweisen.

Zu den Anträgen auf Feststellung, daß die Klägerinnen Anspruch auf die Förderungsprämien für die in Frage stehenden Vorhaben hatten

39 Die Klägerinnen sind der Auffassung, aufgrund der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung müsse der Gerichtshof feststellen, daß die Klägerinnen Anspruch auf die Förderungsprämien für die Vorhaben von Versuchsfischereikampagnen im Südwestatlantik gehabt hätten.

40 Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage sind Anträge auf Feststellung, daß die Klägerinnen auf bestimmte Leistungen Anspruch hatten, unzulässig, so daß die entsprechenden Anträge der Klägerinnen zurückzuweisen sind.

Zu den Anträgen auf Entschädigung

41 Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Voraussetzungen für die Auslösung der ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft lägen im vorliegenden Fall vor, da die Kommission ihnen einen Schaden zugefügt habe, indem sie es in rechtswidriger Weise abgelehnt habe, ihnen die Gemeinschaftszuschüsse zu gewähren.

42 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 215 Absatz 2 EWG-Vertrag an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Die den Gemeinschaftsorganen vorgeworfene Handlung muß rechtswidrig sein, es muß ein tatsächlicher Schaden eingetreten sein, und zwischen der Handlung und dem behaupteten Schaden muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl. in diesem Sinne das Urteil vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-308/87, Grifoni/Kommission, Slg. 1990, I-1203, Randnr. 6).

43 Aus alldem ergibt sich, daß der Kommission kein rechtswidriges Verhalten im Zusammenhang mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen vorzuwerfen ist, das geeignet wäre, die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft auszulösen.

44 Demgemäß sind die Anträge auf Schadensersatz zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden brauchte, ob die geltend gemachten Schäden tatsächlich eingetreten sind und ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Organs und diesen Schäden besteht.

45 Da auch diese Anträge zurückzuweisen sind, sind die Klagen insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

46 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klagen werden abgewiesen.

2) Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück