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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: C-274/04
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 3665/87


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 Art. 11 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 Art. 11 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)

6. April 2006

"Landwirtschaft - Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 - Ausfuhrerstattungen - Anwendung einer Sanktion nach dem Erlass eines bestandskräftig gewordenen Bescheides über die Rückforderung einer Erstattung - Möglichkeit der Überprüfung der Sanktionsentscheidung"

Parteien:

In der Rechtssache C-274/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 16. Juni 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Juni 2004, in dem Verfahren

ED & F Man Sugar Ltd

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Schiemann, der Richterin N. Colneric sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und E. Levits,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: K. Sztranc, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der ED & F Man Sugar Ltd, vertreten durch die Rechtsanwälte H.-J. Prieß und M. Niestedt,

- des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch G. Seber als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. September 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 11 Absätze 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABl. L 310, S. 57) (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der ED & F Man Sugar Ltd (im Folgenden: Klägerin) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) darüber, dass das Hauptzollamt gegen die Klägerin nach dem Erlass von Bescheiden über die Rückforderung der gewährten Erstattung gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3665/87 eine Sanktion nach Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a dieser Verordnung verhängt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die erste bis dritte und die fünfte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2945/94 haben folgenden Wortlaut:

"Nach der geltenden Gemeinschaftsregelung werden Ausfuhrerstattungen einzig und allein anhand objektiver Kriterien gewährt, die insbesondere Quantität, Art und Merkmale des Ausfuhrerzeugnisses sowie seine geografische Bestimmung betreffen. Da aufgrund der bisherigen Erfahrungen insbesondere zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts gehende Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle stärker bekämpft werden sollten, müssen zu Unrecht gezahlte Beträge zurückgefordert und Sanktionen vorgesehen werden, welche die Ausführer veranlassen, das Gemeinschaftsrecht einzuhalten.

Damit die Ausfuhrerstattungen ordnungsgemäß gewährt werden, müssen Sanktionen unabhängig vom Anteil subjektiver Schuld verhängt werden. Von der Verhängung einer Sanktion sollte jedoch insbesondere dann abgesehen werden, wenn es sich um einen offensichtlichen, von der zuständigen Behörde anerkannten Irrtum handelt. Vorsatz ist jedoch stärker zu ahnden.

Die Angaben eines Ausführers könnten, sofern der wahre Sachverhalt nicht erkannt wird, unrechtmäßige Zahlungen zur Folge haben. Wird der wahre Sachverhalt festgestellt, so erscheint es angemessen, den Ausführer nach Maßgabe des Betrags zu bestrafen, den er sonst zu Unrecht erhalten hätte. ...

...

Die bisher gesammelten Erfahrungen, die in diesem Zusammenhang festgestellten Unregelmäßigkeiten und insbesondere die Betrugsfälle zeigen, dass eine solche Maßnahme sowohl erforderlich als auch angemessen ist, dass sie hinreichend abschreckend sein wird und dass sie in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden muss."

4 Artikel 3 Absätze 1 und 5 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt:

"(1) Als Tag der Ausfuhr gilt der Zeitpunkt, an dem die Zollbehörden die Ausfuhranmeldung, aus der hervorgeht, dass eine Erstattung beantragt wird, annehmen.

...

(5) Das bei der Ausfuhr für die Inanspruchnahme einer Ausfuhrerstattung verwendete Dokument muss alle für die Berechnung des Ausfuhrerstattungsbetrags erforderlichen Angaben enthalten und insbesondere:

a) die Bezeichnung der Erzeugnisse nach der für die Ausfuhrerstattungen verwendeten Nomenklatur,

b) die Eigenmasse der Erzeugnisse oder gegebenenfalls die zur Berechnung der Ausfuhrerstattung zu berücksichtigende und in den entsprechenden Mengeneinheiten ausgedrückte Menge,

c) die Zusammensetzung der betreffenden Erzeugnisse oder einen Hinweis auf diese Zusammensetzung, sofern dies zur Berechnung der Ausfuhrerstattung erforderlich ist.

Handelt es sich bei dem in diesem Absatz bezeichneten Dokument um die Ausfuhranmeldung, so muss diese ebenfalls alle Angaben und den Vermerk 'Erstattungscode' enthalten."

5 Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt:

"Außer von der Voraussetzung, dass das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat, ist die Zahlung der einheitlichen oder unterschiedlichen Erstattung davon abhängig, dass das Erzeugnis innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in ein Drittland eingeführt wurde, es sei denn, dass es im Laufe der Beförderung infolge höherer Gewalt untergegangen ist,

a) wenn ernste Zweifel am Erreichen der tatsächlichen Bestimmung des Erzeugnisses bestehen

oder

b) wenn bei dem Erzeugnis aufgrund des Unterschieds zwischen dem für das ausgeführte Erzeugnis anzuwendenden Erstattungsbetrag und den für ein gleichartiges Erzeugnis zum Zeitpunkt der Annahme der Ausfuhranmeldung geltenden Eingangsabgaben die Möglichkeit besteht, dass es in die Gemeinschaft wieder eingeführt wird."

6 Artikel 11 Absatz 1 Unterabsätze 1 bis 4 und Unterabsatz 5 Satz 1 sowie Absatz 3 der Verordnung Nr. 3665/87 lautet:

"(1) Wird festgestellt, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, so entspricht die für die betreffende Ausfuhr geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe

a) des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung,

b) des doppelten Unterschieds zwischen der beantragten und der geltenden Erstattung, wenn der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat.

Als beantragte Erstattung gilt der Betrag, der anhand der Angaben gemäß Artikel 3 bzw. Artikel 25 Absatz 2 berechnet wird. Richtet sich die Höhe des Erstattungssatzes nach der jeweiligen Bestimmung, so ist der differenzierte Teil der Erstattung anhand der Angaben gemäß Artikel 47 zu berechnen.

Die unter Buchstabe a) genannte Sanktion entfällt:

- im Falle höherer Gewalt,

- für Ausnahmefälle aufgrund von vom Ausführer nicht zu vertretenden Umständen, die nach Annahme der Ausfuhranmeldung oder der Zahlungserklärung durch die zuständigen Behörden eingetreten sind. Ein Ausnahmefall liegt nur vor, wenn der Ausführer die zuständigen Behörden unmittelbar nach dem Erkennen dieser Umstände, jedenfalls aber innerhalb der Frist gemäß Artikel 47 Absatz 2 darüber in Kenntnis setzt, es sei denn die zuständigen Behörden haben schon selbst festgestellt, dass der beantragte Erstattungsbetrag unrichtig war,

- im Falle eines offensichtlichen, von der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit der beantragten Erstattung anerkannten Irrtums,

- sofern die beantragte Erstattung der Verordnung (EG) Nr. 1222/94 ..., insbesondere Artikel 3 Absatz 2, entspricht und unter Zugrundelegung des Durchschnitts der in einem vorgegebenen Zeitraum verwendeten Mengen berechnet wurde,

- in Fällen der Korrektur des Gewichts insoweit, als die Abweichung des Gewichts auf unterschiedlichen Wiegemethoden beruht.

Ergibt sich aus der unter den Buchstaben a) oder b) genannten Verminderung ein Negativbetrag, so hat der Ausführer diesen Betrag zu zahlen.

Haben die zuständigen Behörden festgestellt, dass die beantragte Erstattung nicht zutrifft und dass die betreffende Ausfuhr nicht erfolgt ist, dass also eine Kürzung der Erstattung nicht möglich ist, so zahlt der Ausführer den der Sanktion gemäß Buchstabe a) bzw. b) entsprechenden Betrag. ...

...

(3) Unbeschadet der Verpflichtung, gemäß Absatz 1 vierter Unterabsatz einen negativen Betrag zu berücksichtigen, wenn eine Erstattung unrechtmäßig gewährt wird, zahlt der Begünstigte den unrechtmäßig erhaltenen Betrag - einschließlich aller nach Absatz 1 erster Unterabsatz fälligen Sanktionen - zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurück. ...

..."

Nationales Recht

7 § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vom 25. Mai 1976 (BGBl. I S. 1253) bestimmt:

"Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

..."

8 § 51 VwVfG lautet:

"Wiederaufgreifen des Verfahrens

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;

2. neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;

3. Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

..."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9 Im Februar 1998 meldete die Klägerin beim zuständigen Zollamt mit vier Ausfuhranmeldungen insgesamt 100 Tonnen Weißzucker zur Ausfuhr nach Polen an, wofür sie die Gewährung von Ausfuhrerstattungen beantragte. Mit vier Bescheiden vom 6. April 1998 gewährte ihr das Hauptzollamt die beantragten Erstattungen.

10 Nachdem Ermittlungen des Zollkriminalamts Köln Anhaltspunkte dafür ergeben hatten, dass Weißzucker, der nach Polen, in die Tschechische Republik bzw. in die Schweiz ausgeführt werden sollte, die Bestimmungsdrittstaaten nicht erreicht habe, stellte das Hauptzollamt im Rahmen einer Prüfung der von der Klägerin vorgelegten Ankunftsnachweise fest, dass diese das in der vorstehenden Randnummer erwähnte Handelsgeschäft betreffenden Papiere nicht den Nachweis der Überführung der exportierten Waren in den freien Verkehr in Polen, sondern lediglich in ein Veredelungsverfahren dokumentierten. Die Klägerin erklärte, keine weiteren Angaben zum Verbleib der Sendung machen zu können, da sie diese Angaben nicht von ihrem Vertragspartner erlangen könne. Mit vier Berichtigungsbescheiden vom 17. April 2000 verlangte das Hauptzollamt gemäß Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a dieser Verordnung die Rückzahlung der der Klägerin gezahlten Erstattungen (im Folgenden: Rückforderungsbescheide). Die Klägerin zahlte den angeforderten Betrag zurück, ohne Rechtsbehelf gegen diese Bescheide einzulegen.

11 Mit vier Bescheiden vom 5. Juni 2000 (im Folgenden: Sanktionsbescheide) verhängte das Hauptzollamt sodann gegen die Klägerin in Anwendung von Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 3665/87 jeweils eine Sanktion. Es begründete sie damit, dass die Rückforderungsbescheide bestandskräftig geworden seien und somit feststehe, dass die Klägerin eine höhere als die ihr zustehenden Erstattungen beantragt habe.

12 Nach Zurückweisung ihres Einspruchs gegen die Sanktionsbescheide durch das Hauptzollamt erhob die Klägerin Klage beim vorlegenden Gericht, mit der sie geltend machte, dass das Hauptzollamt nicht berechtigt gewesen sei, eine Sanktion gegen sie festzusetzen, da es die Ausfuhrerstattung nicht habe zurückfordern dürfen. Der Gerichtshof habe nämlich im Urteil vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache C-110/99 (Emsland-Stärke, Slg. 2000, I-11569) entschieden, dass der Nachweis über die Abfertigung der Ware zum freien Verkehr im Bestimmungsdrittland nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 nur vor Zahlung der Ausfuhrerstattung verlangt werden dürfe. Unter diesen Umständen gelangte das vorlegende Gericht zu der Auffassung, dass der bei ihm anhängige Rechtsstreit eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Artikels 11 Absätze 1 und 3 der Verordnung Nr. 3665/87, erforderlich mache.

13 Daher hat das Finanzgericht Hamburg das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die nationalen Behörden und Gerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen auf Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 gestützten Sanktionsbescheid berechtigt, zu prüfen, ob der Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, wenn der Rückforderungsbescheid nach Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 vor Erlass des Sanktionsbescheids bestandskräftig geworden ist?

2. Für den Fall, dass die vorstehende Frage verneint wird: Darf in einem Rechtsstreit gegen einen Sanktionsbescheid nach Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 unter den im vorliegenden Beschluss geschilderten Umständen geprüft werden, ob der Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Ausfuhrerstattung beantragt hat, um einer mittlerweile vorgenommenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts Rechnung zu tragen?

Zur ersten Frage

14 Wie der Generalanwalt in Nummer 41 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat ein Sanktionsbescheid, anders als ein Rückforderungsbescheid, der lediglich darauf abzielt, einen zu Unrecht erlangten finanziellen Vorteil zu entziehen, die erhebliche Verminderung des zustehenden Erstattungsbetrags und gegebenenfalls, wenn diese Verminderung zu einem negativen Betrag führt, die Zahlung eines Strafbetrags zur Folge.

15 Der Gerichtshof hat hierzu wiederholt entschieden, dass eine Sanktion, selbst wenn sie keinen strafrechtlichen Charakter besitzt, nur dann verhängt werden darf, wenn sie auf einer klaren und eindeutigen Rechtsgrundlage beruht (Urteile vom 25. September 1984 in der Rechtssache 117/83, Könecke, Slg. 1984, 3291, Randnr. 11, Emsland-Stärke, Randnr. 56, und vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C-210/00, Käserei Champignon Hofmeister, Slg. 2002, I-6453, Randnr. 52).

16 Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 sieht die Verhängung einer Sanktion vor, wenn festgestellt wird, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat.

17 Aus dieser Bestimmung geht nicht hervor, dass diese zwingende Voraussetzung des Erlasses des Sanktionsbescheids bereits aufgrund des Vorliegens eines Rückforderungsbescheids nach Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 als erfüllt anzusehen wäre oder aus dem bloßen Umstand abgeleitet werden könnte, dass der Wirtschaftsteilnehmer diesen Rückforderungsbescheid nicht angefochten hat.

18 Die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Rechtssicherheit verlangen, dass die nationalen Behörden und Gerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen auf Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 gestützten Sanktionsbescheid auch dann prüfen können, ob der Ausführer tatsächlich im Sinne dieser Bestimmung eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, wenn ein früherer, aufgrund von Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 dieser Verordnung erlassener Rückforderungsbescheid bestandskräftig geworden ist.

19 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 dahin auszulegen ist, dass die nationalen Behörden und Gerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen auf diese Bestimmung gestützten Sanktionsbescheid auch dann berechtigt sind, zu prüfen, ob der Ausführer im Sinne dieser Bestimmung eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, wenn ein Rückforderungsbescheid nach Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 dieser Verordnung vor Erlass des Sanktionsbescheids bestandskräftig geworden ist.

Zur zweiten Frage

20 In Anbetracht der Antwort des Gerichtshofes auf die erste Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

Kostenentscheidung:

Kosten

21 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 ist dahin auszulegen, dass die nationalen Behörden und Gerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen auf diese Bestimmung gestützten Sanktionsbescheid auch dann berechtigt sind, zu prüfen, ob der Ausführer im Sinne dieser Bestimmung eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, wenn ein Rückforderungsbescheid nach Artikel 11 Absatz 3 Unterabsatz 1 dieser Verordnung vor Erlass des Sanktionsbescheids bestandskräftig geworden ist.



Ende der Entscheidung

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