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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 21.06.1993
Aktenzeichen: C-276/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Verordnung Nr. 404/93
Vorschriften:
EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2 | |
Verordnung Nr. 404/93 Art. 18 Abs. 1 | |
Verordnung Nr. 404/93 Art. 19 Abs. 1 |
Der Umstand, daß die Personen, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, bedeutet keineswegs, daß diese als von der Maßnahme individuell betroffen im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages anzusehen sind, sofern nur feststeht, daß die Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist. Als individuell betroffen können diese Personen nur dann angesehen werden, wenn sie in ihrer Rechtsstellung aufgrund von Umständen betroffen sind, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und sie in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten.
Eine Verordnung, mit der eine Regelung für den Bananenhandel mit Drittländern und für die Aufteilung eines in ihr festgelegten Zollkontingents unter verschiedenen, mittels objektiver Kriterien beschriebenen Gruppen von Marktbeteiligten geschaffen wird, ist jedoch aufgrund eines objektiv bestimmten Tatbestands anwendbar und zeitigt Rechtsfolgen für generell und abstrakt umschriebene Personengruppen. Sie betrifft die zu den verschiedenen Gruppen gehörenden Marktbeteiligten lediglich aufgrund ihrer objektiven Eigenschaft als Marktbeteiligte im Bereich der Vermarktung von Bananen aus Drittländern ebenso wie jeden anderen Marktbeteiligten in gleicher Lage.
BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES VOM 21. JUNI 1993. - CHIQUITA BANANA COMPANY BV UND ANDERE GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BANANEN - GEMEINSAME MARKTORGANISATION - HANDEL MIT DRITTLAENDERN - WIRTSCHAFTSTEILNEHMER - NICHTIGKEITSKLAGE - UNZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE C-276/93.
Entscheidungsgründe:
1 Die Chiquita Banana Company BV und fünf weitere Unternehmen der Bananenwirtschaft haben mit Klageschrift, die am 13. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage auf Nichtigerklärung bestimmter Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (ABl. L 47, S. 1) erhoben.
2 Die Verordnung Nr. 404/93 regelt in Titel IV den Handel mit dritten Ländern. Sie sieht in diesem Zusammenhang vor, daß die herkömmlichen Einfuhren von Bananen aus den AKP-Staaten in die Gemeinschaft, deren Mengen im Anhang festgelegt sind, weiterhin zollfrei erfolgen können.
In Artikel 18 Absätze 1 und 2 der Verordnung heisst es:
"Jährlich wird ein Zollkontingent in Höhe von 2 Millionen Tonnen Eigengewicht für Einfuhren von Drittlandsbananen und nicht herkömmliche Einfuhren von AKP-Bananen eröffnet.
Im Rahmen dieses Zollkontingents wird auf Einfuhren von Drittlandsbananen eine Abgabe von 100 ECU/Tonne erhoben; nicht herkömmliche Einfuhren von AKP-Bananen unterliegen einem Zollsatz von Null.
...
Ausserhalb des Kontingents gemäß Absatz 1
° unterliegen die nicht herkömmlichen Einfuhren von AKP-Bananen einer Abgabe von 750 ECU/Tonnen;
° unterliegen die Einfuhren von Drittlandsbananen einer Abgabe von 850 ECU/Tonnen."
Artikel 19 Absatz 1 bestimmt:
"Das Zollkontingent wird ab 1. Juli 1993 anteilig wie folgt eröffnet:
a) 66,5 v. H. für die Gruppe der Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen und/oder nichttraditionelle AKP-Bananen vermarktet haben;
b) 30 v. H. für die Gruppe der Marktbeteiligten, die Gemeinschaftsbananen und/oder traditionelle AKP-Bananen vermarktet haben;
c) 3,5 v. H. für in der Gemeinschaft niedergelassene Marktbeteiligte, die ab 1992 mit der Vermarktung von anderen als Gemeinschafts- und/oder traditionellen AKP-Bananen beginnen..."
3 Die Klägerinnen machen geltend, daß die Vorschriften der Verordnung Nr. 404/93 über die Schaffung eines Zollkontingents für Einfuhren von Bananen aus Drittländern und über die Aufteilung dieses Kontingents zwischen den Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen und/oder nichttraditionelle AKP-Bananen vermarktet haben, und jenen, die Gemeinschafts- und/oder traditionelle AKP-Bananen vermarktet haben, sie unmittelbar und individuell beträfen und rechtswidrig seien.
4 Gemäß Artikel 92 § 2 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit von Amts wegen prüfen, ob unverzichtbare Prozeßvoraussetzungen fehlen, und hierüber gemäß Artikel 91 §§ 3 und 4 ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
5 Da die Akten alle für die Beurteilung erforderlichen Angaben enthalten, hat der Gerichtshof beschlossen, ohne Anhörung mündlicher Ausführungen der Parteien zu entscheiden.
6 Gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag kann jede natürliche oder juristische Person die an sie ergangenen Entscheidungen sowie diejenigen Entscheidungen anfechten, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.
7 Da mit der vorliegenden Klage die Nichtigerklärung von Bestimmungen einer Verordnung begehrt wird, ist zu prüfen, ob die Klägerinnen durch die angefochtene Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen sind.
8 Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet der Umstand, daß die Personen, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs, daß diese als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern nur feststeht, daß die Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist (vgl. z. B. Beschluß des Gerichtshofes vom 24. Mai 1993 in der Rechtssache C-131/92, Arnaud u. a./Rat, Slg. 1993, I-2573).
9 Als individuell betroffen können diese Personen nur dann angesehen werden, wenn sie in ihrer Rechtsstellung aufgrund von Umständen betroffen sind, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und sie in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten (Urteil vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 26/86, Deutz und Geldermann/Rat, Slg. 1987, 941).
10 Mit den hier angefochtenen Vorschriften wird eine Regelung für den Bananenhandel mit Drittländern und für die Aufteilung des Zollkontingents unter verschiedenen Gruppen von Marktbeteiligten geschaffen, die mittels objektiver Kriterien beschrieben sind.
11 Diese Bestimmungen sind damit aufgrund eines objektiv bestimmten Tatbestands anwendbar und zeitigen Rechtsfolgen für generell und abstrakt umschriebene Personengruppen.
12 Der angefochtene Rechtsakt betrifft die Klägerinnen daher lediglich aufgrund ihrer objektiven Eigenschaft als Marktbeteiligte im Bereich der Vermarktung von Bananen aus Drittländern ebenso wie jeden anderen Marktbeteiligten in gleicher Lage.
13 Demnach ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
14 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
beschlossen:
1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2) Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Luxemburg, den 21. Juni 1993
Ende der Entscheidung
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