Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.09.1994
Aktenzeichen: C-28/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
EWG-Vertrag Art. 119
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 119 EWG-Vertrag verwehrt es einem Betriebsrentensystem, das im Anschluß an das Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88, Barber, einen einheitlichen Beginn des Rentenalters für alle angeschlossenen Personen festsetzt, zugunsten der Frauen in bezug auf die Leistungen für Beschäftigungszeiten nach dem Inkrafttreten der Neuregelung einen niedrigeren Beginn des Rentenalters als bei Männern beizuhalten, selbst wenn sich ein solcher Unterschied aus einer von den Frauen schon vor dem Erlaß des Urteils Barber ausdrücklich oder stillschweigend ausgeuebten Wahlmöglichkeit ergibt. Für diese Beschäftigungszeiten verstossen Maßnahmen, durch die die Gleichbehandlung im Wege der Einschränkung der Vergünstigungen der bis dahin bevorzugten Personen wiederhergestellt wird, nicht gegen Artikel 119 EWG-Vertrag, denn dieser verlangt nur, daß Männer und Frauen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt erhalten, ohne aber eine bestimmte Höhe vorzuschreiben.

Was dagegen die Beschäftigungszeiten zwischen dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils Barber, und dem Tag des Inkrafttretens der Regelung anbelangt, durch die das System einen einheitlichen Beginn des Rentenalters vorschreibt, so darf nach Artikel 119 die Gleichstellung nicht auf andere Weise erfolgen als durch die Anwendung der für die weiblichen Arbeitnehmer geltenden Regelung auch auf die männlichen Arbeitnehmer. Sobald der Gerichtshof nämlich eine Diskriminierung im Bereich des Entgelts festgestellt hat und solange im Rahmen des Rentensystems die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht getroffen worden sind, kann die Beachtung des Artikels 119 nur dadurch sichergestellt werden, daß den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie sie den Angehörigen der bevorzugten Gruppe zustehen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 28. SEPTEMBER 1994. - MARIA NELLEKE GERDA VAN DEN AKKER UND ANDERE GEGEN STICHTING SHELL PENSIOENFONDS. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: KANTONGERECHT 'S-GRAVENHAGE - NIEDERLANDE. - GLEICHES ENTGELT FUER MAENNER UND FRAUEN - BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG - JE NACH GESCHLECHT UNTERSCHIEDLICHES RENTENALTER - ANGLEICHUNG. - RECHTSSACHE C-28/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Kantongerecht Den Haag hat mit Urteil vom 12. Januar 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Februar 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 119 EWG-Vertrag hinsichtlich des Erfordernisses der Angleichung des Rentenalters männlicher und weiblicher Arbeitnehmer in den Betriebsrentensystemen im Anschluß an das Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88 (Barber, Slg. 1990, I-1889; im folgenden: Urteil Barber) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Maria N. G. van den Akker und zehn weiteren Frauen und der Stichting Shell Pensiönfonds wegen der von letzterer getroffenen Entscheidung, das Rentenalter der männlichen und der weiblichen Arbeitnehmer zu vereinheitlichen.

3 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind alle bei juristischen Personen beschäftigt, die zum Konzern Royal Shell gehören, und sind deshalb dem Betriebsrentensystem des Konzerns, der Stichting Shell Pensiönfonds, angeschlossen.

4 Bis zum 31. Dezember 1984 wurde in der Rentenregelung dieses Systems hinsichtlich des Rentenalters, das auf 60 bzw. 55 Jahre festgesetzt war, zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern unterschieden.

5 Die genannte Unterscheidung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1985 aufgehoben und das Rentenalter einheitlich auf 60 Jahre festgesetzt.

6 Zu dieser Änderung gab es Übergangsbestimmungen. Die Arbeitnehmerinnen, die dem System bereits am 1. Januar 1985 angeschlossen waren, hatten die Wahl, die Anhebung des Rentenalters von 55 auf 60 Jahre zu akzeptieren oder es bei 55 Jahren zu belassen. Die Wahl musste spätestens am 31. Dezember 1986 getroffen werden, wobei mangels einer ausdrücklichen Erklärung zugunsten der Anhebung des Rentenalters auf 60 Jahre davon ausgegangen wurde, daß sich die Betroffene dafür entschieden hatte, es bei 55 Jahren zu belassen.

7 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens entschieden sich alle ausdrücklich oder stillschweigend für die Beibehaltung des Rentenalters von 55 Jahren.

8 Im Anschluß an das Urteil Barber, in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß die Festsetzung eines je nach Geschlecht unterschiedlichen Rentenalters für die Zahlung von Renten im Rahmen eines betrieblichen Rentensystems gegen Artikel 119 verstösst, hielt es der Rentenfonds für erforderlich, seine Regelung in der Weise zu ändern, daß mit Wirkung vom 1. Juni 1991 die Möglichkeit für Frauen, das Rentenalter von 55 Jahren beizubehalten, beseitigt wurde.

9 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens fochten diese Maßnahme an und wandten sich gegen die Auffassung des Rentenfonds, das Urteil Barber habe diese Änderung unerläßlich gemacht.

10 Das mit ihren Klagen befasste Kantongerecht Den Haag hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

A. Verstösst es gegen Artikel 119 EWG-Vertrag, wenn in einer im Rahmen eines Arbeitsvertrags getroffenen Rentenregelung, in der das Rentenalter seit dem 1. Januar 1985 sowohl für männliche als auch für weibliche angeschlossene Arbeitnehmer auf 60 Jahre festgesetzt ist, das Rentenalter für eine bestimmte Gruppe weiblicher angeschlossener Arbeitnehmer auch nach dem 17. Mai 1990 auf 55 Jahre festgesetzt bleibt, sofern

a) sich letzteres aus einer ab 1. Januar 1985 (als durch Änderung der Regelung das Rentenalter, das vorher für männliche Arbeitnehmer 60 Jahre und für weibliche Arbeitnehmer 55 Jahre betrug, angeglichen und einheitlich auf 60 Jahre festgesetzt wurde) geltenden Übergangsregelung ergibt,

b) die Übergangsregelung nur für die weiblichen angeschlossenen Arbeitnehmer (oder Anwartschaftsberechtigten) galt, die sowohl am 31. Dezember 1984 als auch am 1. Januar 1985 bei einem der Beklagten beigetretenen Arbeitgeber beschäftigt waren ("die Geschädigten") und

c) die Übergangsregelung zugleich vorsah, daß die Geschädigten zwischen einem Rentenalter von 55 oder 60 Jahren wählen konnten, was in einem Zeitraum geschehen musste, der schon (spätestens) am 31. Dezember 1986 endete?

B. Spielt es für die Antwort auf Frage A eine Rolle, ob die Übergangsregelung für Fälle, in denen nicht rechtzeitig eine ausdrückliche Wahl getroffen wird, die Anwendung des ursprünglichen Rentenalters von 55 Jahren oder des allgemeinen Rentenalters von 60 Jahren vorsieht?

Zur ersten Frage

11 Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob es Artikel 119 EWG-Vertrag einem Betriebsrentensystem verwehrt, nach dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils Barber, ein je nach Geschlecht unterschiedliches Rentenalter beizuhalten, wobei sich dieser Unterschied aus der den Arbeitnehmerinnen im Anschluß an die schon vor dem Erlaß des Urteils Barber erfolgte Vereinheitlichung des Rentenalters auf 60 Jahre für beide Geschlechter eingeräumten Möglichkeit ergibt, dieses Alter bei 55 Jahren zu belassen.

12 Wie der Gerichtshof insbesondere im Urteil vom 6. Oktober 1993 in der Rechtssache C-109/91 (Ten Över, Slg. 1993, I-4879) klargestellt hat, kann gemäß dem Urteil Barber die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 zur Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses dieses Urteils, geschuldet werden; dies gilt nicht für Arbeitnehmer oder deren anspruchsberechtigte Angehörige, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben.

13 Der Gerichtshof hat damit anerkannt, daß eine rückwirkende Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung, die sich grundsätzlich aus der vom Gerichtshof im Urteil vom 8. April 1976 in der Rechtssache 43/75 (Defrenne, Slg. 1976, 455) bestätigten unmittelbaren Wirkung von Artikel 119 ergibt, für die Rentensysteme zu Kosten hätte führen können, die ihr finanzielles Gleichgewicht hätten stören können. Er hat jedoch klargestellt, daß eine Beschränkung der Wirkungen der im Urteil vorgenommenen Auslegung für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 nicht zugelassen werden kann.

14 Daraus folgt, daß die Betriebsrentensysteme verpflichtet waren, die Gleichbehandlung mit Wirkung zum 17. Mai 1990 wiederherzustellen.

15 Zur Frage, in welcher Weise dieses Ziel zu erreichen ist, ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof in Randnummer 15 des Urteils Defrenne im Kontext eines Ausgangsverfahrens, in dem es um einen Entschädigungsanspruch aufgrund einer Diskriminierung bei der Entlohnung ging, unter Hinweis auf die Verknüpfung des Artikels 119 mit der Angleichung der Arbeitsbedingungen auf dem Wege des Fortschritts den Einwand zurückgewiesen hat, daß dieser Artikel auf andere Weise als durch eine Anhebung der niedrigeren Löhne und Gehälter befolgt werden könne.

16 Ferner hat der Gerichtshof im Urteil vom 7. Februar 1991 in der Rechtssache C-184/89 (Nimz, Slg. 1991, I-297, Randnrn. 18 bis 20) ausgeführt, daß das nationale Gericht gehalten ist, jede diskriminierende nationale Bestimmung unangewendet zu lassen, ohne daß es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder irgendein verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste, und daß es auf die Angehörigen der benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung anzuwenden hat, wie sie für die übrigen Arbeitnehmer gilt, wobei diese Regelung, solange Artikel 119 EWG-Vertrag im innerstaatlichen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzige gültige Bezugssystem bleibt.

17 Sobald der Gerichtshof eine Diskriminierung im Bereich des Entgelts festgestellt hat und solange im Rahmen des Rentensystems die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht getroffen worden sind, kann folglich die Beachtung des Artikels 119 nur dadurch sichergestellt werden, daß den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie sie den Angehörigen der bevorzugten Gruppe zustehen.

18 Die Anwendung dieses Grundsatzes auf den vorliegenden Fall bedeutet, daß die Rentenansprüche männlicher Arbeitnehmer für den Zeitraum zwischen dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils Barber, und dem 1. Juni 1991, dem Tag, an dem das Rentenalter durch das fragliche System für alle Arbeitnehmer zwingend auf 60 Jahre festgesetzt wurde, anhand desselben Rentenalters zu berechnen sind wie die weiblicher Arbeitnehmer.

19 Was dagegen die Beschäftigungszeiten nach dem 1. Juni 1991 anbelangt, so verstossen Maßnahmen, durch die die Gleichbehandlung im Wege der Einschränkung der Vergünstigungen der bis dahin bevorzugten Personen wiederhergestellt wird, nicht gegen Artikel 119 EWG-Vertrag. Artikel 119 verlangt nämlich nur, daß Männer und Frauen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt erhalten, ohne aber eine bestimmte Höhe vorzuschreiben.

20 An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, daß sich die unterschiedliche Behandlung wie im vorliegenden Fall aus Übergangsmaßnahmen ergibt, die im Rahmen eines Betriebsrentensystems getroffen wurden, in dem schon vor dem Urteil Barber ein einheitliches Rentenalter für beide Geschlechter festgesetzt und gleichzeitig Frauen die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich für die Beibehaltung eines niedrigeren Rentenalters als desjenigen der Männer zu entscheiden.

21 Der Gerichtshof hat nämlich im Urteil Defrenne entschieden, daß der Grundsatz des gleichen Entgelts zu den Grundlagen der Gemeinschaft (Randnr. 12) gehört und daß Artikel 119 unmittelbare Wirkung in Form der Begründung von Rechten besitzt, die die nationalen Gerichte zu gewährleisten haben (Randnr. 24). Aus dem zwingenden Charakter von Artikel 119 folgt, daß das Verbot der diskriminierenden Ungleichbehandlung von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern nicht nur für die Behörden verbindlich ist, sondern sich auch auf alle Beziehungen zwischen Privatpersonen und alle Tarifverträge zur kollektiven Regelung der abhängigen Erwerbstätigkeit erstreckt (Randnr. 39).

22 Auf die erste Vorlagefrage ist deshalb zu antworten, daß es Artikel 119 EWG-Vertrag einem Betriebsrentensystem, das im Anschluß an das Urteil Barber einen einheitlichen Beginn des Rentenalters für alle angeschlossenen Personen festsetzt, verwehrt, zugunsten der Frauen in bezug auf die Leistungen für Beschäftigungszeiten nach dem Inkrafttreten der Neuregelung einen niedrigeren Beginn des Rentenalters als bei Männern beizuhalten, selbst wenn sich ein solcher Unterschied aus einer von den Frauen schon vor dem Erlaß des Urteils Barber ausgeuebten Wahlmöglichkeit ergibt. Für Beschäftigungszeiten zwischen dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils Barber, und dem Tag des Inkrafttretens der Regelung, durch die das System einen einheitlichen Beginn des Rentenalters vorschreibt, darf nach Artikel 119 die Gleichstellung nicht auf andere Weise erfolgen als durch die Anwendung der für die weiblichen Arbeitnehmer geltenden Regelung auch auf die männlichen Arbeitnehmer.

Zur zweiten Frage

23 Die zweite Frage geht im wesentlichen dahin, ob die Antwort auf die erste Frage anders ausfällt, wenn sich die Beibehaltung des Rentenalters von 55 Jahren für Frauen wie im vorliegenden Fall nicht aus einer ausdrücklichen Entscheidung dieser Frauen ergibt, sondern aus der Tatsache, daß die Frauen, da sie bei der vor dem Erlaß des Urteils Barber erfolgten Vereinheitlichung des Rentenalters der angeschlossenen Personen nicht die Anhebung ihres Rentenalters auf 60 Jahre wie bei Männern verlangt haben, so behandelt werden, als hätten sie sich dafür entschieden, es bei 55 Jahren zu belassen.

24 Insoweit genügt die Feststellung, daß die in Artikel 119 aufgestellte Verpflichtung zur Beachtung des Gleichheitssatzes im Bereich des Entgelts zwingenden Charakter hat und daß sich ein Betriebsrentensystem ihr daher nicht einfach deshalb entziehen kann, weil eine Diskriminierung das Ergebnis einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Entscheidung des Arbeitnehmers ist, dem eine solche Befugnis eingeräumt wurde.

25 Auf die zweite Frage ist deshalb zu antworten, daß es auf die Beantwortung der ersten Frage keinen Einfluß hat, daß in einem Fall wie dem vorliegenden mangels einer ausdrücklichen Entscheidung der betreffenden Arbeitnehmerin davon ausgegangen wurde, daß sie sich für die Beibehaltung des vor der Angleichung geltenden Rentenalters entschieden hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

26 Die Auslagen der deutschen und der niederländischen Regierung, des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Kantongerecht Den Haag mit Urteil vom 12. Januar 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Artikel 119 EWG-Vertrag verwehrt es einem Betriebsrentensystem, das im Anschluß an das Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88 (Barber) einen einheitlichen Beginn des Rentenalters für alle angeschlossenen Personen festsetzt, zugunsten der Frauen in bezug auf die Leistungen für Beschäftigungszeiten nach dem Inkrafttreten der Neuregelung einen niedrigeren Beginn des Rentenalters als bei Männern beizuhalten, selbst wenn sich ein solcher Unterschied aus einer von den Frauen schon vor dem Erlaß des Urteils Barber ausgeuebten Wahlmöglichkeit ergibt. Für Beschäftigungszeiten zwischen dem 17. Mai 1990 und dem Tag des Inkrafttretens der Regelung, durch die das System einen einheitlichen Beginn des Rentenalters vorschreibt, darf nach Artikel 119 die Gleichstellung nicht auf andere Weise erfolgen als durch die Anwendung der für die weiblichen Arbeitnehmer geltenden Regelung auch auf die männlichen Arbeitnehmer.

2) Auf die Beantwortung der ersten Frage hat es keinen Einfluß, daß in einem Fall wie dem vorliegenden mangels einer ausdrücklichen Entscheidung der betreffenden Arbeitnehmerin davon ausgegangen wurde, daß sie sich für die Beibehaltung des vor der Angleichung geltenden Rentenalters entschieden hat.

Ende der Entscheidung

Zurück