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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: C-283/99
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 39
EGV Art. 43
EGV Art. 49
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Mitgliedstaat verstößt dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG), dass er bestimmt, dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, in seinem Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von privaten Sicherheitsunternehmen mit der Staatszugehörigkeit dieses Mitgliedstaats ausgeübt werden können. Ein solches Erfordernis der Staatszugehörigkeit stellt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit dar, die nicht durch die in Artikel 55 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 45 Absatz 1 EG) gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) vorgesehene Ausnahmeregelung gerechtfertigt ist.

( vgl. Randnrn. 19, 22, 28 und Tenor )

2. Ein Mitgliedstaat verstößt dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG), dass er bestimmt, dass als vereidigte private Wachleute nur Inländer mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können, da dieses Staatsangehörigkeitserfordernis die Arbeitnehmer anderer Mitgliedstaaten daran hindert, in diesem Staat einer solchen Beschäftigung nachzugehen.

( vgl. Randnrn. 24, 28 und Tenor )

3. Der Begriff Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" in Artikel 48 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 Absatz 4 EG) umfasst nicht die Beschäftigung im Dienst einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, unabhängig von den Aufgaben, die der Beschäftigte zu erfuellen hat.

( vgl. Randnr. 25 )


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 31. Mai 2001. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Niederlassungsfreiheit - Dienstleistungsfreiheit - Tätigkeit privater Sicherheitsdienste - Private Sicherheitsunternehmen und vereidigte private Wachleute - Erfordernis der Staatszugehörigkeit. - Rechtssache C-283/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-283/99

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch A. Aresu und M. Patakia, dann durch E. Traversa und M. Patakia als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand zunächst von P. G. Ferri, dann von F. Quadri, avvocati dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagte,

wegen Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG) verstoßen hat, dass sie bestimmt,

- dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, im italienischen Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von italienischen privaten Sicherheitseinrichtungen" ausgeübt werden können,

- dass als vereidigte private Wachleute" nur italienische Staatsangehörige mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter P. Jann (Berichterstatter), L. Sevón, S. von Bahr und C. W. A. Timmermans,

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 14. Dezember 2000,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Februar 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 29. Juli 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage auf Feststellung erhoben, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG) verstoßen hat, dass sie bestimmt,

- dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, im italienischen Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von italienischen privaten Sicherheitseinrichtungen" ausgeübt werden können,

- dass als vereidigte private Wachleute" nur italienische Staatsangehörige mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können.

Nationale Regelung

2 Die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste ist in Italien durch den Testo unico delle leggi di pubblica sicurezza (kodifizierte Fassung der Gesetze über die öffentliche Sicherheit, im Folgenden: Testo unico) geregelt, der durch das Königliche Dekret Nr. 773 vom 18. Juni 1931 (GURI Nr. 146 vom 26. Juni 1931) erlassen wurde.

3 Artikel 133 des Testo unico sieht vor:

Öffentliche Einrichtungen, andere gemeinschaftliche Einrichtungen und Privatpersonen können private Wachleute zur Überwachung oder Bewachung ihres beweglichen oder unbeweglichen Eigentums einsetzen.

Sie können sich mit Genehmigung des Präfekten auch zusammenschließen, um solche Wachleute zur gemeinsamen Überwachung oder Bewachung dieses Eigentums einzusetzen."

4 Artikel 134 des Testo unico bestimmt:

Ohne Lizenz des Präfekten ist es Einrichtungen oder Privatpersonen untersagt, für Rechnung von Privatpersonen Dienstleistungen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum zu erbringen, Untersuchungen oder Nachforschungen durchzuführen oder Informationen einzuholen.

Unbeschadet des Artikels 11 kann die Lizenz nicht an Personen erteilt werden, die nicht die italienische Staatszugehörigkeit haben, die geschäftsunfähig sind oder die wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat verurteilt worden sind.

Die Lizenz kann nicht für Aufgaben erteilt werden, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder mit der Befugnis zur Beschränkung der individuellen Freiheit verbunden sind."

5 In Artikel 138 des Testo unico heißt es:

Private Wachleute müssen folgenden Anforderungen genügen:

1. die italienische Staatsangehörigkeit besitzen;

..."

Vorbringen der Parteien

6 Da die Kommission die italienische Regelung betreffend private Sicherheitsdienste für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar hielt, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren ein. Nachdem sie der Italienischen Republik Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, gab die Kommission am 8. Juli 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der dieser Mitgliedstaat aufgefordert wurde, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung nachzukommen. Da die Kommission die Antwort der italienischen Regierung für nicht ausreichend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

7 Die Kommission macht geltend, das Erfordernis der Staatszugehörigkeit, das allgemein in Artikel 134 und für das Sicherheitspersonal speziell in Artikel 138 des Testo unico vorgesehen sei, stelle ein Hindernis für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit dar, da es Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten seien, und Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen seien, an der Aufnahme von Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste hindere.

8 Unter Berufung insbesondere auf die Urteile des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C-114/97 (Kommission/Spanien, Slg. 1998, I-6717) und vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-355/98 (Kommission/Belgien, Slg. 2000, I-1221) trägt die Kommission vor, die sich aus den Artikeln 55 und 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 45 EG und 55 EG) ergebenden Rechtfertigungen fänden auf die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste keine Anwendung, weil die privaten Sicherheitsunternehmen und die vereidigten privaten Wachleute nicht direkt und spezifisch an der Ausübung öffentlicher Gewalt beteiligt seien. Dies ergebe sich im Übrigen bereits aus Artikel 134 des Testo unico selbst, da nach diesem Artikel die für die Ausübung von Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste erforderliche Lizenz nicht für Aufgaben erteilt werden [kann], die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse... verbunden sind".

9 Die italienische Regierung bestreitet die behauptete Vertragsverletzung. Auch wenn die Staatsangehörigkeitsklauseln der Artikel 134 und 138 des Testo unico die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit beschränken könnten, ließen die Merkmale, die für die fraglichen Tätigkeiten, insbesondere die der vereidigten privaten Wachleute, kennzeichnend seien, den Schluss zu, dass diese Tätigkeiten mit der Ausübung öffentlicher Gewalt zusammenhingen, so dass das Erfordernis der Staatszugehörigkeit aufgrund des Artikels 55 Absatz 1 EG-Vertrag gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 66 EG-Vertrag gerechtfertigt sei.

10 Zunächst seien die Tätigkeiten der privaten Sicherheitsunternehmen und der vereidigten privaten Wachleute bei der Erteilung oder der eventuellen Entziehung der Lizenz einer eingehenden behördlichen Kontrolle unterworfen. Außerdem stuenden die betroffenen Personen im Rahmen ihrer Tätigkeiten unter der Kontrolle des Questore, des Polizeipräfekten, der ihnen gegenüber Disziplinargewalt ausübe.

11 Ferner müssten die vereidigten privaten Wachleute vor Gericht - dem Pretore - einen Eid leisten, mit dem sie sowohl die Verpflichtung, ihre Aufgaben zum Wohl der Allgemeinheit auszuüben, als auch eine Treueverpflichtung gegenüber der Italienischen Republik eingingen.

12 Schließlich hätten die vereidigten privaten Wachleute kriminalpolizeiliche Aufgaben zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten, die ihnen eigen seien und nicht in einer bloßen Unterstützung der Ordnungskräfte bestuenden. Diese Aufgaben umfassten die Befugnis zur Festnahme auf frischer Tat, eine Ermächtigung zur Aufnahme von Protokollen mit Beweiswert sowie eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden.

13 Die Kommission weist diese Argumente zurück, indem sie zum einen geltend macht, dass eine behördliche Kontrolle und die Pflicht zur Eidesleistung kein Beleg dafür seien, dass die fraglichen Tätigkeiten der Ausübung öffentlicher Gewalt zuzuordnen seien.

14 Zum anderen handele es sich bei der Befugnis der vereidigten privaten Wachleute zur Aufnahme von Protokollen mit Beweiswert und bei ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden lediglich um Hilfsfunktionen.

15 Bei der Befugnis zur Festnahme auf frischer Tat sei eine Unterscheidung angebracht. Nähmen die vereidigten privaten Wachleute eine Festnahme auf frischer Tat im Fall einer schweren Straftat vor, bei der das italienische Recht die Kriminalpolizeibeamten zur Festnahme des Täters verpflichte, übten sie keine öffentliche Gewalt im Sinne des Artikels 55 EG-Vertrag aus, sondern leisteten einen bloßen Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, zu dem jeder verpflichtet sein könne (vgl. Urteil Kommission/Spanien, Randnr. 37). Nähmen sie hingegen eine Festnahme auf frischer Tat im Fall einer minder schweren Straftat vor, bei der die Kriminalpolizeibeamten die Befugnis, aber nicht die Pflicht zur Festnahme des Täters hätten, so sei, wie die Kommission einräumt, die Ausübung dieser Befugnis normalerweise den genannten Beamten vorbehalten. Es handele sich aber um einen marginalen Fall innerhalb der Aufgaben, die die vereidigten privaten Wachleute normalerweise zu erfuellen hätten. Folglich stelle diese Befugnis einen abtrennbaren Teil der Berufstätigkeit von vereidigten privaten Wachleuten insgesamt dar, der es nicht rechtfertigen könne, den gesamten Beruf aufgrund von Artikel 55 EG-Vertrag den Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten zu entziehen.

16 In der mündlichen Verhandlung hat die italienische Regierung, ohne dass ihr die Kommission widersprochen hätte, geltend gemacht, dass die vereidigten privaten Wachleute ihre Tätigkeit niemals selbständig ausüben könnten, sondern immer in abhängiger Stellung beschäftigt sein müssten. Es gebe daher keine vereidigten privaten Wachleute, die ihren Beruf selbständig ausübten.

Würdigung durch den Gerichtshof

17 Zunächst ist festzustellen, dass die Staatsangehörigkeitsklauseln der Artikel 134 und 138 des Testo unico, wie die italienische Regierung selbst einräumt, geeignet sind, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit, wie sie in den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag vorgesehen sind, zu beschränken.

Zum Erfordernis der Staatszugehörigkeit für die Ausübung der Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste (Artikel 134 des Testo unico)

18 Zunächst ist festzustellen, dass das Erfordernis der Staatszugehörigkeit, das Artikel 134 des Testo unico für Einrichtungen und Privatpersonen aufstellt, die für Rechnung von Privatpersonen Dienstleistungen der Überwachung oder Bewachung von Eigentum erbringen, Untersuchungen oder Nachforschungen durchführen oder Informationen einholen, Staatsangehörige und Unternehmen anderer Mitgliedstaaten daran hindert, eine solche Tätigkeit im italienischen Hoheitsgebiet - sei es durch eine Niederlassung in Italien oder von einem anderen Mitgliedstaat aus - auszuüben.

19 Die italienische Regierung hat jedoch geltend gemacht, ohne aber hierzu Einzelheiten vorzutragen, dass die in Artikel 134 des Testo unico genannten Tätigkeiten der Ausübung öffentlicher Gewalt zuzuordnen seien. Daher ist zu prüfen, ob die sich aus Artikel 134 des Testo unico ergebenden Beschränkungen der durch den EG-Vertrag gewährleisteten Freiheiten durch die in Artikel 55 Absatz 1 EG-Vertrag gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 66 EG-Vertrag vorgesehene Ausnahmeregelung gerechtfertigt sind.

20 Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass sich diese Ausnahmeregelung auf Tätigkeiten beschränken muss, die als solche eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt darstellen (vgl. u. a. die erwähnten Urteile Kommission/Spanien, Randnr. 35, und Kommission/Belgien, Randnr. 25). Der Gerichtshof hat ebenfalls entschieden, dass die Tätigkeit der Bewachungs- oder Sicherheitsunternehmen normalerweise keine direkte und spezifische Beteiligung an der Ausübung der öffentlichen Gewalt darstellt (Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 26; vgl. auch Urteil Kommission/Spanien, Randnr. 39).

21 Die italienische Regierung hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Situation in Italien anders zu beurteilen wäre als diejenigen, die der zitierten Rechtsprechung zugrunde liegen. Insbesondere zu der Argumentation betreffend die Befugnis zur Festnahme auf frischer Tat, die den bei den Sicherheitsunternehmen beschäftigten vereidigten privaten Wachleuten zustehe, genügt die Feststellung, dass - wie sich aus Nummer 45 der Schlussanträge des Generalanwalts ergibt - die Wachleute nicht mehr Befugnisse haben als jede andere Privatperson.

22 Daher findet die in Artikel 55 Absatz 1 EG-Vertrag gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 66 EG-Vertrag vorgesehene Ausnahmeregelung im vorliegenden Fall keine Anwendung. Folglich stellt das in Artikel 134 des Testo unico für die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste aufgestellte Erfordernis der Staatszugehörigkeit eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit dar, die nicht gerechtfertigt ist.

Zum Erfordernis der Staatsangehörigkeit für die Beschäftigung von vereidigten privaten Wachleuten (Artikel 138 des Testo unico)

23 Zu den vereidigten privaten Wachleuten hat die italienische Regierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie ihre Tätigkeit nicht als Selbständige, sondern nur als in abhängiger Stellung Beschäftigte ausüben könnten. Daher ist das in Artikel 138 des Testo unico aufgestellte Erfordernis der Staatsangehörigkeit sowie seine mögliche Rechtfertigung allein unter dem Blickwinkel der Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu beurteilen.

24 Zunächst hindert das in Artikel 138 des Testo unico aufgestellte Staatsangehörigkeitserfordernis die Arbeitnehmer anderer Mitgliedstaaten daran, in Italien einer Beschäftigung als vereidigter privater Wachbediensteter nachzugehen.

25 Anders als die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit sehen die Artikel 48 ff. EG-Vertrag, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer betreffen, keine Ausnahmen für Tätigkeiten vor, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Artikel 48 Absatz 4 EG-Vertrag stellt lediglich fest, dass dieser Artikel auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung keine Anwendung findet. Wie der Generalanwalt in Nummer 26 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, umfasst der Begriff Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" nicht die Beschäftigung im Dienst einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, unabhängig von den Aufgaben, die der Beschäftigte zu erfuellen hat. Somit gehören die vereidigten privaten Wachleute unstreitig nicht zur öffentlichen Verwaltung. Artikel 48 Absatz 4 EG-Vertrag kommt daher im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.

26 Im Übrigen hat die italienische Regierung sich nicht auf Gründe der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit berufen, die Beschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Artikel 48 Absatz 3 EG-Vertrag rechtfertigen können.

27 Daher sind die von der italienischen Regierung vorgetragenen Argumente zur Teilnahme der vereidigten privaten Wachleute an der Ausübung öffentlicher Gewalt nicht stichhaltig.

28 Nach alledem hat die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag verstoßen, dass sie bestimmt,

- dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, im italienischen Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von italienischen privaten Sicherheitsunternehmen ausgeübt werden können,

- dass als vereidigte private Wachleute nur italienische Staatsangehörige mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können.

Kostenentscheidung:

Kosten

29 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Italienischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48, 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG) verstoßen, dass sie bestimmt,

- dass die Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste, einschließlich derjenigen der Überwachung oder Bewachung von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum, im italienischen Hoheitsgebiet vorbehaltlich einer Lizenz nur von italienischen privaten Sicherheitsunternehmen ausgeübt werden können,

- dass als vereidigte private Wachleute nur italienische Staatsangehörige mit der entsprechenden Lizenz eingestellt werden können.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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