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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.1998
Aktenzeichen: C-284/95
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 3093/94/EWG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 3093/94/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

7 Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts sind nach Möglichkeit im Licht des Völkerrechts auszulegen, insbesondere wenn sie einen von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Vertrag durchführen sollen.

8 Artikel 5 der Verordnung Nr. 3093/94 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, enthält ein seit dem 1. Juni 1995 geltendes grundsätzliches Verbot der Verwendung von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen (HCFC). Da unter den Ausnahmen, die es von diesem Verbot gibt, die Verwendung von HCFC als Brandbekämpfungsmittel nicht vorgesehen ist, ist dieser Artikel so auszulegen, daß er die Verwendung und infolgedessen das Inverkehrbringen von HCFC zu diesen Zwecken vollständig verbietet.

Dieses Verbot ist nicht im Hinblick auf Artikel 130r des Vertrages ungültig, da der Gemeinschaftsgesetzgeber weder die Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschrift offensichtlich falsch beurteilt noch gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen hat. Indem der Gesetzgeber eine Maßnahme getroffen hat, die über die Maßnahmen hinausgeht, die ihm aufgrund seiner internationalen Verpflichtungen obliegen, und indem er vorgesehen hat, daß die Kommission in der Liste der verbotenen Verwendungen je nach dem technischen Fortschritt Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen kann, hat er insbesondere den in Absatz 2 verankerten Grundsatz eines hohen Schutzniveaus beachtet und die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten berücksichtigt, wie Artikel 130r Absatz 3 dies verlangt.

Das fragliche Verbot ist auch nicht im Hinblick auf Artikel 30 des Vertrages ungültig, da der Umweltschutz, den es zum Ziel hat, ein zwingendes Erfordernis darstellt, das die Anwendung dieses Artikels einschränken kann.

9 Der die Umweltpolitik der Gemeinschaft betreffende Artikel 130r des Vertrages sieht eine Reihe von Zielen, Grundsätzen und Kriterien vor, die der Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen der Durchführung der Umweltpolitik zu beachten hat. Da bestimmte Ziele und Grundsätze gegeneinander abgewogen werden müssen und die Anwendung der Kriterien komplex ist, muß sich die gerichtliche Nachprüfung zwangsläufig auf die Frage beschränken, ob der Gesetzgeber beim Erlaß einer bestimmten Regelung die Anwendungsvoraussetzungen des Artikels 130r des Vertrages offensichtlich falsch beurteilt hat.

10 Aus den Vorschriften des Titels XVI des Vertrages über die Umwelt ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber nach Artikel 130r Absatz 1, wenn er Maßnahmen zur Erhaltung, zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt erlässt, die ein spezielles Umweltproblem behandeln sollen, stets gleichzeitig Maßnahmen erlassen müsste, die auf die Umwelt insgesamt abzielen. Daraus folgt, daß Artikel 130r den Erlaß von Maßnahmen erlaubt, die nur bestimmte Aspekte der Umwelt betreffen, sofern diese Maßnahmen zur Erhaltung und zum Schutz der Umwelt sowie zur Verbesserung ihrer Qualität beitragen.

11 Wenn die Umweltpolitik der Gemeinschaft nach Artikel 130r Absatz 2 des Vertrages auf ein hohes Schutzniveau abzielen muß, so doch nicht unbedingt auf das in technischer Hinsicht höchstmögliche. Denn Artikel 130t des Vertrages gestattet den Mitgliedstaaten, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen.

12 Das nationale Gericht muß die Sach- und Rechtslage schildern, in der sich die von ihm aufgeworfenen Fragen stellen, oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutern, auf denen diese Fragen beruhen; sonst ist eine sachdienliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts nicht möglich. Dies gilt ganz besonders in bestimmten Bereichen, wie dem des Wettbewerbs, die durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet sind.


Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1998. - Safety Hi-Tech Srl gegen S. & T. Srl. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Giudice di Pace di Genova - Italien. - Verordnung (EG) Nr. 3093/94 - Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht - Beschränkungen der Verwendung von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen und von Halonen - Gültigkeit. - Rechtssache C-284/95.

Entscheidungsgründe:

1 Der Giudice di Pace Genua hat mit Beschluß vom 8. August 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 28. August 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 3093/94 des Rates vom 15. Dezember 1994 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (ABl. L 333, S. 1), zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin Safety Hi-Tech Srl und der Beklagten S. & T. Srl über die Erfuellung eines zwischen ihnen geschlossenen Kaufvertrags über die Lieferung eines aus teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen (im folgenden: HCFC) hergestellten Produktes mit der Bezeichnung "NAF S III", das als Brandbekämpfungsmittel eingesetzt wird.

3 Aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt sich, daß sich die Klägerin in diesem Vertrag verpflichtet hatte, an die Beklagte eine bestimmte Menge dieses Produktes zum Preis von 3 213 000 LIT einschließlich Mehrwertsteuer zu liefern, es zu lagern und der Beklagten auf Abruf in Genua zur Verfügung zu stellen.

4 Am 4. August 1995, an dem die Zahlung durch die Beklagte auf Vorlage der Rechnung seitens der Klägerin hätte erfolgen sollen, weigerte sich die Beklagte, das Produkt abzunehmen, weil der Vertrag ungültig sei, da die Verwendung und infolgedessen das Inverkehrbringen von HCFC als Brandbekämpfungsmittel nach Artikel 5 der Verordnung verboten seien.

5 Die Klägerin beantragte am 8. August 1995 beim Giudice di Pace den Erlaß eines Mahnbescheids gegen die Beklagte über den vereinbarten Preis zuzueglich Nebenforderungen und Gebühren.

6 Die Klägerin hält das von der Beklagten geltend gemachte Verbot, HCFC als Brandbekämpfungsmittel zu verwenden und in den Verkehr zu bringen, für rechtswidrig. Die Verordnung sei ungültig, weil in ihr kein entsprechendes Verbot für andere Stoffe wie die Halone vorgesehen sei, die auch schädlich, wenn nicht noch schädlicher für die Umwelt seien. Das Verbot der Verwendung und des Inverkehrbringens von HCFC sei unvereinbar mit den Artikeln 130r, 30, 85 und 86 EG-Vertrag. Daher solle der Gerichtshof zur Gültigkeit der Verordnung befragt werden.

7 Die Verordnung, die auf die Rechtsgrundlage des Artikels 130s Absatz 1 EG-Vertrag gestützt ist, der zur Erreichung der Ziele des Artikels 130r dienen soll, bezweckt nach ihren Begründungserwägungen unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse sowie des Vorhandenseins von Substitutionsstoffen den Erlaß von Maßnahmen zur schrittweisen Eliminierung der Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen.

8 Wie aus der dritten, der vierten und der fünften Begründungserwägung hervorgeht, wurde die Verordnung insbesondere erlassen, um die Verpflichtungen zu erfuellen, die von der Gemeinschaft nach dem Wiener Übereinkommen vom 22. März 1985 zum Schutz der Ozonschicht (im folgenden: Wiener Übereinkommen) und dem Montrealer Protokoll vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (Entscheidung 88/540/EWG des Rates vom 14. Oktober 1988, ABl. L 297, S. 8), das durch die Änderung vom 29. Juni 1990 geändert wurde (Entscheidung 91/690/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991, ABl. L 377, S. 28), sowie nach der zweiten Änderung des Montrealer Protokolls vom 25. November 1992 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (Entscheidung 94/68/EG des Rates vom 2. Dezember 1993, ABl. 1994, L 33, S. 1), übernommen wurden; diesen Übereinkünften sind alle Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft beigetreten.

9 Nach Artikel 1 der Verordnung, der den Geltungsbereich festlegt, findet die Verordnung Anwendung auf die Produktion, die Einfuhr, die Ausfuhr, das Angebot, die Verwendung und die Rückgewinnung der darin aufgeführten Stoffe, die als "geregelte Stoffe" bezeichnet werden; unter diesen Stoffen werden auch die HCFC und die Halone genannt.

10 Die HCFC sind in Artikel 2 zwölfter Gedankenstrich der Verordnung definiert als die in Gruppe VIII des Anhangs I aufgeführten geregelten Stoffe, einschließlich ihrer Isomere. Die Halone sind in Artikel 2 siebter Gedankenstrich definiert als die in Gruppe III des Anhangs I aufgeführten geregelten Stoffe, einschließlich ihrer Isomere.

11 Insbesondere bezueglich der Verwendung von HCFC sieht Artikel 4 Absätze 8, 9 Unterabsatz 2 und 10 der Verordnung eine Sonderregelung für die HCFC vor, die von Herstellern oder Importeuren in den Verkehr gebracht oder für eigene Zwecke verwendet werden.

12 Jede Verwendung von HCFC ausser der durch Hersteller oder Importeure für eigene Zwecke fällt unter Artikel 5 - Regelung der Verwendung teilhalogenierter Fluorchlorkohlenwasserstoffe - der Verordnung, der bestimmt:

"(1) Ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten dieser Verordnung ist die Verwendung von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen verboten, ausgenommen

- als Lösungsmittel;

- als Kältemittel;

- zur Herstellung von Hartschaumstoffen, die als Isolationsstoffe verwendet werden, und von Integralschaumstoffen für Sicherheitszwecke;

- zur Verwendung in Labors, einschließlich für Forschungs- und Entwicklungszwecke;

- als Ausgangsmaterial bei der Herstellung anderer Chemikalien und

- als Trägergas für Sterilisationsstoffe in geschlossenen Systemen.

(2) Ab dem 1. Januar 1996 ist die Verwendung von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen in folgenden Fällen verboten:

- zur Verwendung als Lösungsmittel in nichtgeschlossenen Systemen, einschließlich offenen Reinigungsgeräten und offenen Trockenanlagen ohne Kühlbereich, in Klebstoffen und Trennmitteln, die nicht in Geräten mit geschlossenem Kreislauf verwendet werden, in Mitteln zum Entstopfen von Abflußrohren, wenn die teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffe nicht zurückgewonnen werden, und in Aerosolen, mit Ausnahme der Verwendung als Lösungsmittel für Reagenzien zur Entwicklung von Fingerabdrücken auf porösen Oberflächen wie Papier und mit Ausnahme der Verwendung als Fixiermittel für vor dem 1. Januar 1996 hergestellte Laserdrucker;

- in nach dem 31. Dezember 1995 hergestellten Geräten für folgende Verwendungszwecke:

a) als Kältemittel in nichtgeschlossenen Direktverdampfungssystemen;

b) als Kältemittel in Haushaltskühlgeräten und -gefriergeräten;

c) zur Klimatisierung von Kraftfahrzeugen;

d) zur Klimatisierung von Strassenfahrzeugen im öffentlichen Verkehr.

(3) Ab dem 1. Januar 1998 ist die Verwendung von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen in nach dem 31. Dezember 1997 hergestellten Geräten für folgende Verwendungszwecke verboten:

- zur Klimatisierung in Schienenfahrzeugen für den öffentlichen Verkehr,

- als Trägergas für Sterilisationsstoffe in geschlossenen Systemen.

(4) Ab dem 1. Januar 2000 ist die Verwendung von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen in nach dem 31. Dezember 1999 hergestellten Geräten für folgende Verwendungszwecke verboten:

- als Kältemittel in öffentlichen bzw. Verteilerkühlhäusern und -lagern,

- als Kältemittel in Geräten mit einer Eingangsleistung von 150 kW oder mehr,

soweit keine Vorschriften, Sicherheitsbestimmungen oder andere Auflagen für die Verwendung von Ammoniak bestehen.

(5) Die Einfuhr, die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr und das Inverkehrbringen von Geräten, deren Verwendung gemäß diesem Artikel beschränkt wird, sind ab dem Datum des Inkrafttretens der Verwendungsbeschränkung verboten. Geräte, die nachweislich vor dem Datum der Verwendungsbeschränkung hergestellt wurden, unterliegen diesem Verbot nicht.

(6) Die Kommission kann nach dem Verfahren des Artikels 16 in der Liste in den Absätzen 1 bis 4 unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen."

13 Für Halone sieht Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung vorbehaltlich der Ausnahmen in den Absätzen 8 bis 12 folgendes vor:

"[D]ie Hersteller [stellen] sicher, daß sie nach dem 31. Dezember 1993 keine Halone mehr herstellen.

Entsprechend den Vorschlägen der Mitgliedstaaten legt die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 16 jedes Jahr etwaige wesentliche Verwendungszwecke, für die die Produktion und die Einfuhr von Halonen nach dem 31. Dezember 1993 in der Gemeinschaft zugelassen sind, sowie die Verwender fest, die sich diese wesentlichen Verwendungszwecke für den eigenen Bedarf zunutze machen dürfen; hierbei wendet sie die Kriterien an, die in der von den Parteien des Montrealer Protokolls getroffenen Entscheidung IV/25 vorgesehen sind. Diese Produktion und Einfuhr sind nur dann zulässig, wenn keine geeigneten Ersatzstoffe oder keine rezyklierten Halone von anderen Vertragsparteien des Protokolls zur Verfügung stehen.

Die Kommission erteilt Lizenzen für die in Unterabsatz 2 genannten Verwender und teilt ihnen mit, für welchen Verwendungszweck diese Lizenz gilt sowie welche Stoffe und welche Stoffmengen sie verwenden dürfen.

Ein Hersteller kann von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er den betreffenden Stoff/die betreffenden Stoffe herstellt, die Erlaubnis erhalten, nach dem 31. Dezember 1993 Halone zur Deckung des lizenzierten Bedarfs der in Unterabsatz 2 genannten Verwender herzustellen. Die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats unterrichtet die Kommission vorab von ihrer Absicht, eine solche Erlaubnis zu erteilen."

14 Ausserdem bestimmt Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung in bezug auf die Halone:

"[D]ie Hersteller [stellen] sicher, daß sie nach dem 31. Dezember 1993 keine Halone mehr in Verkehr bringen oder für eigene Zwecke verwenden.

Ein Hersteller kann von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem er den betreffenden Stoff/die betreffenden Stoffe herstellt, die Erlaubnis erhalten, Halone nach dem 31. Dezember 1993 zur Deckung des lizenzierten Bedarfs der in Artikel 3 Absatz 3 genannten Verwender in Verkehr zu bringen."

15 Ferner ist nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung vorbehaltlich einer Ausnahmegenehmigung der Kommission die Überführung u. a. von unbenutzten, zurückgewonnenen oder aufgearbeiteten Halonen, die aus Nichtvertragsstaaten eingeführt werden, in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft untersagt; nach Artikel 9 der Verordnung ist auch die Überführung von Erzeugnissen, die u. a. Halone enthalten und aus Nichtvertragsstaaten eingeführt werden, in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft untersagt.

16 Die Verordnung enthält keine Vorschrift über die Verwendung von Halonen, die Artikel 5 über die Verwendung von HCFC entspricht.

17 Angesichts der Regelung für HCFC und für Halone sowie des Vorbringens der Klägerin hat das vorlegende Gericht, nach dessen Ansicht der Ausgang des Rechtsstreits von der Auslegung und der Gültigkeit der Verordnung abhängt, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Verordnung Nr. 3093/94 des Rates (in Übereinstimmung mit Artikel 130r EG-Vertrag) so auszulegen, daß Halone (also stark umweltschädliche Produkte) frei verwendet werden dürfen, da nur ihre Produktion oder ihre Verwendung durch die Hersteller beschränkt ist, sie jedoch frei eingeführt werden dürfen, während die Verwendung (und damit sowohl die Produktion als auch die Einfuhr) von HCFC (also von gering umweltschädlichen Erzeugnissen) für andere als die in Artikel 5 genannten Zwecke vollständig verboten ist?

2. Stellt die Regelung in der Verordnung Nr. 3093/94 eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmässige Beschränkungen dar, indem sie, ohne daß die in Artikel 36 EG-Vertrag genannten Gründe vorliegen, den freien Verkehr eines Erzeugnisses im gesamten Gemeinschaftsgebiet beschränkt?

3. Stellt das Handeln der Gemeinschaft und ihrer Organe im Rahmen des Erlasses der Verordnung Nr. 3093/94 sowie insbesondere in den Phasen nach dem Erlaß ein öffentlich-rechtliches Eingreifen zur Stärkung der beherrschenden Stellung einzelner Wirtschaftsteilnehmer dar, das für sich den Tatbestand des erheblichen Mißbrauchs im Sinne von Artikel 86 EG-Vertrag erfuellt?

4. Können die Vorschriften über den Umweltschutz - insbesondere die Verordnung Nr. 3093/94 - so ausgelegt werden, daß sie von der gemeinschaftlichen Regelung des Wettbewerbs abweichen (indem sie das Zustandekommen von Kartellen oder die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ermöglichen oder erleichtern), oder sind die in dieser Regelung enthaltenen Verbote unbedingt und unabdingbar, so daß Ausnahmen oder Beschränkungen weder von der Gemeinschaft noch von den einzelnen Mitgliedstaaten angeordnet werden können?

18 Für eine sachdienliche Antwort an das vorlegende Gericht sind die Fragen im Licht der tatsächlichen Umstände einzugrenzen, wie sie sich aus den Fragen und aus den vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten ergeben.

19 Die Vorlagefragen stellen die Gültigkeit der Verordnung insgesamt in Frage. Der Ausgangsrechtsstreit betrifft jedoch nur das in der Verordnung enthaltene Verbot der Verwendung und gegebenenfalls des Inverkehrbringens von HCFC als Brandbekämpfungsmittel, nicht aber etwaige andere Verwendungen dieser Stoffe. Somit sind weder die Vorschriften der Verordnung über andere Stoffe als HCFC noch die über andere Verwendungen von HCFC Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits. Demzufolge kann die Gültigkeit dieser Vorschriften im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren nicht geprüft werden.

Zur ersten Frage

20 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht zum einen dahin, ob Artikel 5 der Verordnung die Verwendung und infolgedessen das Inverkehrbringen von HCFC als Brandbekämpfungsmittel untersagt, und wirft zum anderen die Frage der Rechtmässigkeit dieses Verbotes im Hinblick auf Artikel 130r EG-Vertrag auf.

Zur Auslegung von Artikel 5 der Verordnung

21 Mit der Verordnung einschließlich ihres Artikels 5 sollen die Verpflichtungen erfuellt werden, die die Gemeinschaft nach dem Wiener Übereinkommen und dem Montrealer Protokoll sowie nach dessen zweiter Änderung eingegangen ist.

22 Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts sind nach Möglichkeit im Licht des Völkerrechts auszulegen, insbesondere wenn sie einen von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Vertrag durchführen sollen (vgl. Urteil vom 10. September 1996 in der Rechtssache C-61/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-3989, Randnr. 52).

23 Gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Wiener Übereinkommens dürfen die Vertragsparteien zusätzlich innerstaatliche Maßnahmen treffen, wenn diese unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Bewertungen die Verwendung alternativer Stoffe fördern sollen, die sich weniger schädlich auf die Ozonschicht auswirken.

24 In Anbetracht dieser Befugnis heisst es in der sechsten Begründungserwägung der Verordnung, daß es insbesondere aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse in bestimmten Fällen angebracht ist, strengere Kontrollmaßnahmen einzuführen als sie in der zweiten Änderung des Montrealer Protokolls vorgesehen sind.

25 Im Hinblick auf die Erreichung dieses Zieles verbietet Artikel 5 der Verordnung die Verwendung von HCFC.

26 Von diesem seit dem 1. Juni 1995 geltenden grundsätzlichen Verbot gibt es jedoch eine Reihe von Ausnahmen, die in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung abschließend aufgezählt werden. Danach dürfen HCFC nach dem 1. Juni 1995 als Lösungsmittel, als Kältemittel, zur Herstellung von Hartschaumstoffen, die als Isolationsstoffe verwendet werden, und von Integralschaumstoffen für Sicherheitszwecke, zur Verwendung in Labors, einschließlich für Forschungs- und Entwicklungszwecke, als Ausgangsmaterial bei der Herstellung anderer Chemikalien und als Trägergas für Sterilisationsstoffe in geschlossenen Systemen verwendet werden.

27 Ausserdem verbietet Artikel 5 Absätze 2, 3 und 4 der Verordnung entsprechend dem grundsätzlichen Verwendungsverbot ab dem 1. Januar 1996, dem 1. Januar 1998 und dem 1. Januar 2000 die Verwendung von HCFC in weiteren Fällen.

28 Aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß die Verwendung von HCFC als Brandbekämpfungsmittel in der Verordnung nicht vorgesehen ist, so daß diese Verwendung nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung vom 1. Juni 1995 an verboten ist.

29 Daher stellt sich die Frage, ob das vollständige Verbot der Verwendung von HCFC als Brandbekämpfungsmittel auch das Verbot ihres Inverkehrbringens zur Folge hat.

30 Das Inverkehrbringen von HCFC als Brandbekämpfungsmittel ist in Artikel 5 der Verordnung nicht erwähnt. Jedoch geht das Inverkehrbringen von HCFC zu diesen Zwecken der Verwendung dieser Stoffe voraus und dient keinem anderen Zweck als ihrer Verwendung zu eben diesen Zwecken. Da die Verwendung von HCFC vom 1. Juni 1995 an vollständig verboten ist, folgt hieraus, daß ihr Inverkehrbringen als Brandbekämpfungsmittel von diesem Zeitpunkt an ebenfalls verboten ist.

31 Für diese Auslegung sprechen sowohl Artikel 3 als auch die Artikel 6 bis 13 der Verordnung, die mit der Produktion und der Einfuhr der geregelten Stoffe Handlungen betreffen, die ebenfalls deren Verwendung vorausgehen. Daß in diesen Vorschriften die Produktion oder die Einfuhr von HCFC als Brandbekämpfungsmittel nicht erwähnt ist, deutet nämlich darauf hin, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber, nachdem er das grundsätzliche Verbot der Verwendung dieser Stoffe zu solchen Zwecken angeordnet hatte, der Ansicht war, daß eine Regelung der Produktion, der Einfuhr und damit auch des Inverkehrbringens dieser Stoffe gegenstandslos sei.

32 Daher verbietet Artikel 5 der Verordnung die Verwendung und infolgedessen das Inverkehrbringen von HCFC als Brandbekämpfungsmittel vollständig.

Zur Rechtmässigkeit des Verbotes der Verwendung von HCFC im Hinblick auf Artikel 130r EG-Vertrag

33 Die Klägerin ist der Ansicht, daß das Verbot der Verwendung von HCFC als Brandbekämpfungsmittel im Hinblick auf Artikel 130r EG-Vertrag rechtswidrig sei, weil der Rat die Grenzen seines Ermessens dadurch überschritten habe, daß er nicht das Ziel, die Grundsätze und die Kriterien dieser Vorschrift beachtet habe.

34 Der Rat vertritt dagegen die Auffassung, Artikel 130r EG-Vertrag verleihe ihm ein freies Ermessen; der Gerichtshof könne das Ergebnis der Betätigung dieses Ermessens nicht überprüfen. Ausserdem verleihe ihm Artikel 130r bezueglich der Wahl der Maßnahmen zur Verwirklichung der Umweltschutzpolitik ein weites Ermessen. Diese Maßnahmen seien nur rechtswidrig, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel offensichtlich ungeeignet seien.

35 Artikel 130r EG-Vertrag bestimmt:

"(1) Die Umweltpolitik der Gemeinschaft trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei:

- Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;

- Schutz der menschlichen Gesundheit;

- umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;

- Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme.

(2) Die Umweltpolitik der Gemeinschaft zielt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.

...

(3) Bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik berücksichtigt die Gemeinschaft

- die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten;

- die Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft;

- die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens bzw. eines Nichttätigwerdens;

- die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gemeinschaft insgesamt sowie die ausgewogene Entwicklung ihrer Regionen.

(4)..."

36 Diese Vorschrift sieht somit eine Reihe von Zielen, Grundsätzen und Kriterien vor, die der Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen der Durchführung der Umweltpolitik zu beachten hat.

37 Da bestimmte in Artikel 130r genannte Ziele und Grundsätze gegeneinander abgewogen werden müssen und die Anwendung der Kriterien komplex ist, muß sich die gerichtliche Nachprüfung zwangsläufig auf die Frage beschränken, ob der Rat beim Erlaß der Verordnung die Anwendungsvoraussetzungen des Artikels 130r EG-Vertrag offensichtlich falsch beurteilt hat.

38 Daher ist zu prüfen, ob die Verordnung in Anbetracht ihres Zweckes unter Verstoß gegen Artikel 130r EG-Vertrag erlassen wurde.

39 Die Klägerin trägt dafür drei Argumente vor.

40 Erstens berücksichtige die Verordnung, indem sie die Verwendung anderer Stoffe - wie der Halone - erlaube, nicht zwei andere, für den Umweltschutz grundlegende Parameter, nämlich das Treibhauspotential (Global Warming Potential; im folgenden: GWP) und die "Atmosphärische Verweildauer" (Atmospheric Lifetime; im folgenden: ALT) der HCFC; diese Faktoren müssten zusammen mit dem Ozonabbaupotential (Ozone Depletion Potential; im folgenden: ODP) berücksichtigt werden. Bei Berücksichtigung all dieser Faktoren erwiesen sich die HCFC als weit weniger schädlich als die Halone. Daher habe die Verordnung, indem sie nur den ODP-Index berücksichtigt habe und sich auf die Anordnung von Maßnahmen gegen den Abbau der Ozonschicht beschränkt habe, nicht, wie Artikel 130r EG-Vertrag dies vorsehe, den Schutz der Umwelt insgesamt, sondern nur eines Teiles davon gesichert.

41 Selbst wenn das Fehlen eines Verbotes der Verwendung anderer Stoffe rechtswidrig sein sollte, kann es für sich allein nicht die Gültigkeit des Verbotes der Verwendung von HCFC beeinträchtigen.

42 Bezueglich der Rüge, der GWP- und der ALT-Index der HCFC sei nicht berücksichtigt worden, ist von Belang, daß Artikel 130r Absatz 1 EG-Vertrag unter anderen Zielen der Umweltpolitik der Gemeinschaft die Erhaltung und den Schutz der Umwelt sowie die Verbesserung ihrer Qualität vorsieht.

43 Wie der Gerichtshof im Urteil vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache C-379/92 (Peralta, Slg. 1994, I-3453, Randnr. 57) entschieden hat, legt Artikel 130r EG-Vertrag nur die allgemeinen Ziele der Gemeinschaft im Umweltbereich fest. Gemäß Artikel 130s EG-Vertrag ist der Rat damit betraut, über das Tätigwerden zu beschließen. Überdies bestimmt Artikel 130t EG-Vertrag, daß die Schutzmaßnahmen, die aufgrund des Artikels 130s gemeinsam getroffen werden, die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran hindern, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, die mit dem EG-Vertrag vereinbar sind.

44 Aus diesen Vorschriften ergibt sich nicht, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber nach Artikel 130r Absatz 1 EG-Vertrag, wenn er Maßnahmen zur Erhaltung, zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt erlässt, die ein spezielles Umweltproblem behandeln sollen, stets gleichzeitig Maßnahmen erlassen müsste, die auf die Umwelt insgesamt abzielen.

45 Daraus folgt, daß Artikel 130r Absatz 1 EG-Vertrag den Erlaß von Maßnahmen erlaubt, die nur bestimmte Aspekte der Umwelt betreffen, sofern diese Maßnahmen zur Erhaltung und zum Schutz der Umwelt sowie zur Verbesserung ihrer Qualität beitragen.

46 Die Verordnung bezweckt nach ihrem Titel eine Regelung der Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Daß diese Verordnung nur diesen Aspekt der Erhaltung, des Schutzes und der Verbesserung der Umwelt erfasst, kann daher nicht als unvereinbar mit der Zielsetzung des Artikels 130r Absatz 1 EG-Vertrag angesehen werden.

47 Zweitens hat die Verordnung, indem sie die Verwendung von Halonen erlaube, die verglichen mit den HCFC einen viel höheren ODP-Index hätten und daher für das Ozon weitaus gefährlicher seien, nach Ansicht der Klägerin kein hohes Umweltschutzniveau gesichert, wie Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag dies verlange.

48 Die Verordnung sichert jedoch ein hohes Schutzniveau. Aus der vierten und der fünften Begründungserwägung ergibt sich nämlich, daß sie aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse und zur Erfuellung der Verpflichtungen der Gemeinschaft aus dem Wiener Übereinkommen und der zweiten Änderung des Montrealer Protokolls Maßnahmen bezweckt, um u. a. auf die Verwendung von HCFC einzuwirken. In der sechsten Begründungserwägung der Verordnung heisst es ausserdem, daß es insbesondere aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse in bestimmten Fällen angebracht ist, strengere Kontrollmaßnahmen einzuführen als sie in der zweiten Änderung des Protokolls vorgesehen sind. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat dadurch, daß er in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung die Verwendung von HCFC verboten und damit eine Maßnahme getroffen hat, die über die Maßnahmen hinausgeht, die ihm aufgrund seiner internationalen Verpflichtungen obliegen, nicht gegen den in Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag verankerten Grundsatz eines hohen Schutzniveaus verstossen.

49 Wenn schließlich die Umweltpolitik der Gemeinschaft nach Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag auf ein hohes Schutzniveau abzielen muß, so doch nicht unbedingt auf das in technischer Hinsicht höchstmögliche. Denn wie in Randnummer 43 dieses Urteils bereits ausgeführt wurde, gestattet Artikel 130t EG-Vertrag den Mitgliedstaaten, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen.

50 Drittens ist die Klägerin der Ansicht, die Verordnung habe, da sie die Verwendung anderer Brandbekämpfungsmittel - darunter Fluorkohlenwasserstoffe und Perfluorkohlenstoffe - nicht verbiete, nicht die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten berücksichtigt, wie Artikel 130r Absatz 3 EG-Vertrag dies verlange, weil diese Stoffe, deren GWP- und deren ALT-Index sehr hoch seien, umweltschädlicher seien als HCFC, deren ODP-, GWP- und ALT-Index als annehmbar angesehen würden.

51 Nach Artikel 130r Absatz 3 EG-Vertrag hat die Gemeinschaft bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik u. a. die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten zu berücksichtigen. Die Verordnung erfuellt jedoch dieses Erfordernis.

52 Neben der Berücksichtigung der in der vierten und der fünften Begründungserwägung erwähnten wissenschaftlichen Erkenntnisse weist die siebte Begründungserwägung der Verordnung darauf hin, daß "es [sich] empfiehlt..., die zugelassenen Verwendungszwecke von ozonabbauenden Stoffen... regelmässig zu überprüfen", und in der achten Begründungserwägung heisst es: "Die Entwicklung des Marktes für ozonabbauende Stoffe - insbesondere zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots für wichtige Verwendungszwecke - sowie der Stand der Entwicklung geeigneter Substitutionserzeugnisse müssen ständig verfolgt werden; ferner muß die Einfuhr ozonabbauender Stoffe, seien sie unbenutzt, zurückgewonnen oder aufgearbeitet, die zum zollrechtlich freien Verkehr in der Europäischen Gemeinschaft abgefertigt werden, auf ein Mindestmaß beschränkt werden."

53 Gerade im Hinblick auf die Berücksichtigung der verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten kann die Kommission nach Artikel 5 Absatz 6 der Verordnung, der die Verwendung von HCFC betrifft, in der Liste der verbotenen Verwendungen unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts Einfügungen, Streichungen oder Änderungen vornehmen.

54 Hinzu kommt, daß es, wie sich aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt, beim Erlaß der Verordnung aus wissenschaftlicher Sicht für die Verwendung von HCFC Ersatzstoffe gab, die für die Ozonschicht weniger schädlich sind, wie Wasser, Pulver und Inertgase.

55 Daher hat der Gemeinschaftsgesetzgeber beim Erlaß des Verbotes der Verwendung und infolgedessen des Inverkehrbringens von HCFC als Brandbekämpfungsmittel keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Damit ist die Rüge der Rechtswidrigkeit der Verordnung im Hinblick auf Artikel 130r EG-Vertrag zurückzuweisen.

56 Die Klägerin ist ausserdem der Ansicht, daß das Verbot der Verwendung und infolgedessen des Inverkehrbringens von HCFC als Brandbekämpfungsmittel im Hinblick auf den Schutz der Umwelt unverhältnismässig sei.

57 Nach ständiger Rechtsprechung entspricht eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet sind und sie das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen (vgl. u. a. Urteil vom 13. Mai 1997 in der Rechtssache C-233/94, Deutschland/Parlament und Rat, Slg. 1997, I-2405, Randnr. 54).

58 Das Mittel, das die Verordnung in Artikel 5 Absatz 1 einsetzt, d. h. das Verbot der Verwendung und infolgedessen des Inverkehrbringens von HCFC als Brandbekämpfungsmittel, war geeignet, den Zweck der Verordnung, nämlich den Schutz der Ozonschicht, zu erreichen. Da jedoch andere, für die Ozonschicht ebenfalls schädliche, wenn nicht noch schädlichere Stoffe - wie die Halone - als Brandbekämpfungsmittel erlaubt sind, ist zu prüfen, ob dieses Verbot nicht die Grenzen überschreitet, die sich aus der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ergeben.

59 Wie aus den Akten des Ausgangsverfahrens hervorgeht, weisen die Halone eine insbesondere zur Bekämpfung von Bränden in engen Räumen nicht zu ersetzende Löschkapazität bei extrem geringen toxischen Wirkungen auf, während für die Erzielung des gleichen Ergebnisses eine grössere Menge HCFC mit grösseren toxischen Auswirkungen erforderlich wäre.

60 Da es für HCFC, wie in Randnummer 54 dieses Urteils ausgeführt wurde, wirksame Substitutionserzeugnisse wie Wasser, Pulver und Inertgase und für bestimmte wichtige Verwendungen, wie in Randnummer 59 ausgeführt, nicht zu ersetzende Substitutionserzeugnisse wie die Halone gibt, verstösst das Verbot der Verwendung von HCFC nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

61 Es ergibt sich somit, daß die Prüfung des Artikels 5 Absatz 1 der Verordnung im Hinblick auf Artikel 130r EG-Vertrag nichts ergeben hat, was seine Gültigkeit in Frage stellen könnte.

Zur zweiten Frage

62 Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts betrifft die Gültigkeit des in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung aufgestellten Verbotes der Verwendung und des Inverkehrbringens von HCFC als Brandbekämpfungsmittel im Hinblick auf Artikel 30 EG-Vertrag.

63 Nach ständiger Rechtsprechung gilt das Verbot von mengenmässigen Beschränkungen sowie von Maßnahmen gleicher Wirkung nicht nur für nationale Maßnahmen, sondern auch für Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane (vgl. insbesondere Urteil vom 17. Mai 1984 in der Rechtssache 15/83, Denkavit Nederland, Slg. 1984, 2171, Randnr. 15, und vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-51/93, Meyhui, Slg. 1994, I-3879, Randnr. 11).

64 Der Umweltschutz ist vom Gerichtshof bereits als eines der wesentlichen Ziele der Gemeinschaft bezeichnet worden (vgl. Urteil vom 7. Februar 1985 in der Rechtssache 240/83, Association de défense des brûleurs d'huiles usagées, Slg. 1985, 531, Randnr. 13). Im Urteil vom 20. September 1988 in der Rechtssache 302/86 (Kommission/Dänemark, Slg. 1988, 4607, Randnr. 9) hat der Gerichtshof festgestellt, daß der Umweltschutz ein zwingendes Erfordernis darstellt, das die Anwendung des Artikels 30 EG-Vertrag einschränken kann.

65 Die Klägerin vertritt jedoch die Auffassung, daß auch im Hinblick auf Artikel 30 EG-Vertrag der Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht gewahrt sei.

66 Aus dem Zweck der Verordnung und den Randnummern 59 bis 61 dieses Urteils ergibt sich, daß ein zum Schutz der Ozonschicht angeordnetes Verbot der Verwendung und des Inverkehrbringens von HCFC nicht ausser Verhältnis zum verfolgten Ziel steht.

67 Daher ist zu antworten, daß die Prüfung der vorgelegten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Artikels 5 der Verordnung in Frage stellen könnte.

Zur dritten und zur vierten Frage

68 Die dritte und die vierte Frage des vorlegenden Gerichts gehen dahin, ob Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung durch das Verbot der Verwendung und des Inverkehrbringens von HCFC bewirkt, daß entgegen Artikel 85 EG-Vertrag Absprachen zwischen den Herstellern und Verkäufern anderer, nach der Verordnung erlaubter Stoffe oder entgegen Artikel 86 EG-Vertrag der Mißbrauch einer beherrschenden Stellung dieser Hersteller und Verkäufer gefördert werden, und ob diese Vorschrift der Verordnung als Vorschrift, die den Schutz der Ozonschicht gewährleistet, Ausnahmen von den Artikeln 85 und 86 EG-Vertrag rechtfertigen kann.

69 Nach ständiger Rechtsprechung muß das nationale Gericht die Sach- und Rechtslage schildern, in der sich die von ihm aufgeworfenen Fragen stellen, oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutern, auf denen diese Fragen beruhen; sonst ist eine sachdienliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts nicht möglich (vgl. insbesondere Urteil vom 26. Januar 1993 in den Rechtssachen C-320/90 bis C-322/90, Telemarsicabruzzo u. a., Slg. 1993, I-393, Randnr. 6, und Beschluß vom 19. März 1993 in der Rechtssache C-157/92, Banchero, Slg. 1993, I-1085, Randnr. 4).

70 Nach dem Urteil Telemarsicabruzzo u. a. und dem Beschluß Banchero (Randnrn. 7 und 5) gilt dies ganz besonders in bestimmten Bereichen, wie dem des Wettbewerbs, die durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet sind.

71 Der Vorlagebeschluß entspricht diesen Anforderungen nicht.

72 Er übernimmt nämlich das klägerische Vorbringen unverändert, das, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof selbst eingeräumt hat, nicht erklärt, wie dieses Verbot Absprachen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen begünstigen soll. Das Vorbringen enthält zudem weder die zur Abgrenzung des relevanten Marktes erforderlichen Angaben, noch erläutert es die Auswirkung des Verbotes des Inverkehrbringens von HCFC auf das Funktionieren dieses Marktes. Ausserdem hat das vorlegende Gericht die Artikel 85 und 86 EG-Vertrag nur angeführt, ohne die genauen Gründe anzugeben, deretwegen es im Hinblick auf den Sachverhalt, mit dem es befasst ist, die Gültigkeit des Verbotes des Artikels 5 Absatz 1 der Verordnung bezweifelt.

73 Daher sind die Angaben im Vorlagebeschluß zur Sach- und Rechtslage nicht hinreichend genau, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, das Gemeinschaftsrecht in sachdienlicher Weise auszulegen.

74 Daher ist gemäß den Artikeln 92 und 103 § 1 der Verfahrensordnung festzustellen, daß die dritte und die vierte Vorlagefrage offensichtlich unzulässig sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

75 Die Auslagen der italienischen, der spanischen, der französischen und der österreichischen Regierung sowie des Rates und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Giudice di Pace Genua mit Beschluß vom 8. August 1995 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

76 Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 3093/94 des Rates vom 15. Dezember 1994 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, verbietet die Verwendung und infolgedessen das Inverkehrbringen von teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen als Brandbekämpfungsmittel vollständig.

77 Die Prüfung der vorgelegten Fragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 5 der Verordnung Nr. 3093/94 in Frage stellen könnte.

Ende der Entscheidung

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