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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.02.1993
Aktenzeichen: C-285/91
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 vom 11. November 1980, Verordnung (EWG) Nr. 3035/80


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 vom 11. November 1980 Art. 2 Abs. 4
Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 Art. 3 Abs. 1 Buchst. c
Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 Art. 3 Abs. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Artikel 2 Absatz 4 und 3 Absätze 1 Buchstabe c und 3 in Verbindung mit Anhang C Fußnote 7 der Verordnung Nr. 3035/80 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Feststellung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden, in der durch die Verordnung Nr. 2223/86 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, daß dann, wenn eine in diesem Anhang C aufgeführte Ware bei der Herstellung einer unter Anhang B der Verordnung Nr. 3035/80 fallenden ausgeführten Ware mitverwendet worden ist, die bei der Berechnung der Erstattung zu berücksichtigende Menge der Grunderzeugnisse die in diesem Anhang C für die erstgenannte Ware festgesetzte Menge ist. Dabei ist es unerheblich, ob die ausgeführten Waren unmittelbar aus Grunderzeugnissen gewonnen worden sind, für die Ausfuhrerstattungen gewährt werden, oder ob zu ihrer Herstellung ein Verfahren erforderlich war, bei dem ein Zwischenprodukt gewonnen worden ist, für das keine Ausfuhrerstattungen gewährt werden. Für das in Anhang B aufgeführte Vitamin C, das aus unter Anhang C fallendem Sorbit gewonnen worden ist, wird Ausfuhrerstattung daher auch dann nach den für Zucker festgelegten Sätzen gewährt, wenn der Sorbit aus Glucose gewonnen worden ist, die aus Weißzucker hergestellt worden ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 18. FEBRUAR 1993. - FIRMA E. MERCK GEGEN HAUPTZOLLAMT HAMBURG-JONAS. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: FINANZGERICHT HAMBURG - DEUTSCHLAND. - ZUCKER - AUSFUHRERSTATTUNG. - RECHTSSACHE C-285/91.

Entscheidungsgründe:

1 Das Finanzgericht Hamburg hat mit Beschluß vom 14. August 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 7. November 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 2 Absatz 4 und 3 Absätze 1, 2 und 3 sowie der Fußnote 7 des Anhangs C der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 des Rates vom 11. November 1980 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Feststellung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden (ABl. L 323, S. 27), in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2223/86 des Rates vom 14. Juli 1986 (ABl. L 194, S. 1) geänderten Fassung (im folgenden: Verordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage wird in einem Rechtsstreit zwischen der Firma E. Merck (im folgenden: Firma Merck) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im folgenden: Hauptzollamt) gestellt.

3 Aus den Akten geht hervor, daß die Firma Merck seit 1984 aus Glucose hergestelltes Vitamin C in Drittländer ausführt; die Glucose wird aus invertierter Saccharose (Weißzucker) aus Zuckerrüben gewonnen. Im weiteren Produktionsprozeß wird die Glucose in Sorbit umgewandelt, der zur Gewinnung der ausgeführten Ware verwendet wird.

4 Das Hauptzollamt lehnte 106 bei ihm eingereichte Erstattungsanträge für Ausfuhren von Vitamin C ab, die die Firma Merck vom 12. August 1987 bis zum 24. Januar 1989 durchgeführt hatte. Es ist der Auffassung, aus der Fußnote 7 zum Anhang C der Verordnung ergebe sich, daß keine Ausfuhrerstattung gewährt werde, wenn der Sorbit wie im vorliegenden Fall nicht unmittelbar aus Saccharose, sondern aus Glucose gewonnen sei; bei dieser handele es sich um ein Stärkeerzeugnis, das unter die gemeinsame Marktorganisation für Getreide falle und für das keine Erstattung gewährt werde. Ausfuhrerstattungen für Glucose seien erst später durch die Verordnung (EWG) Nr. 166/89 der Kommission vom 24. Januar 1989 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2727/75 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (ABl. L 20, S. 16) vorgesehen worden.

5 Das mit dem Rechtsstreit befasste Finanzgericht Hamburg hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Artikel 2 Absatz 4, 3 Absätze 1, 2 und 3 in Verbindung mit Anhang C Anmerkung 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 dahin auszulegen, daß für aus Sorbit hergestelltes Vitamin C Ausfuhrerstattung auch dann nach Maßgabe für Zucker festgesetzter Erstattungssätze gewährt werden kann, wenn der Sorbit aus Glucose gewonnen worden ist, die aus Weißzucker hergestellt worden ist?

6 Das vorlegende Gericht fragt sich, welche Bestimmungen auf die Berechnung der Erstattung anzuwenden seien. Es erwägt, ob diese Berechnung, da die Ausfuhrware, d. h. das Vitamin C, unter Anhang B der Verordnung falle, nach den in Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Verordnung vorgesehenen Modalitäten vorgenommen werden müsse. Da Sorbit ° wie er bei der Herstellung des Vitamins C verwendet werde ° ebenfalls eine Ware im Sinne der Verordnung sei, aber unter deren Anhang C falle, sei jedoch nicht auszuschließen, daß die Berechnung der Erstattung aufgrund der Regelung in Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung nach den in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung vorgesehenen Modalitäten vorzunehmen sei.

7 Das vorlegende Gericht führt aus, im letztgenannten Fall sei die Fußnote 7 des Anhangs C der Verordnung auszulegen. Es frage sich, ob Saccharose im Sinne dieser Fußnote zur Herstellung von Sorbit "verwendet" sei, wenn dieser aus Zuckerglucose gewonnen werde, die ihrerseits aus der Verarbeitung von Saccharose hervorgegangen sei. Zwar könnte eine Bejahung dieser Frage der Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers entsprechen, aber gegen diese Auslegung könnte man einwenden, daß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung bei dem Begriff der "Verwendung" nicht auf das Ursprungsprodukt abstelle, sondern auf das in einem späteren Arbeitsgang hergestellte weiterverarbeitete Grunderzeugnis, bei dem es sich dann um die Glucose handele.

8 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des rechtlichen Rahmens des Ausgangsrechtsstreits, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

9 Die Verordnung legt laut ihrem Artikel 1 Absatz 1 die allgemeinen Regeln fest für die Festsetzung und die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von "Grunderzeugnissen", die in Anhang A aufgeführt sind (darunter Weißzucker), von Erzeugnissen aus ihrer Verarbeitung und von Erzeugnissen, die einer dieser beiden Gruppen nach Absatz 2 gleichgestellt sind, sofern sie in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden, die in bestimmten Verordnungen und in den Anhängen B und C der Verordnung aufgeführt sind.

10 Artikel 3 der Verordnung legt für diese Waren die bei der Berechnung der Erstattungen zu berücksichtigenden Mengen der Grunderzeugnisse fest. Bei den im Anhang B aufgeführten Waren bestimmt sich die Höhe der Erstattung nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung grundsätzlich nach den tatsächlich verwendeten Mengen der Grunderzeugnisse. Für die in Anhang C der Verordnung aufgeführten Waren sieht Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung vor, daß die verwendeten Mengen der Grunderzeugnisse pauschal festgesetzt werden. Vitamin C ist im Anhang B der Verordnung genannt. Sorbit gehört dagegen zu den im Anhang C der Verordnung aufgeführten Waren. Er ist Gegenstand der bereits erwähnten Fußnote 7, in der die Voraussetzungen festgelegt sind, unter denen die Erstattung nach Maßgabe der aus Stärkeerzeugnissen und aus Saccharose hergestellten Mengen Sorbit ermittelt und auf der Grundlage festgelegter Mengen Mais und Weißzucker berechnet wird.

11 Artikel 2 der Verordnung bezieht sich auf den Erstattungssatz, der auf die nach Artikel 3 festgelegten Mengen der Grunderzeugnisse anzuwenden ist, die für die Herstellung der ausgeführten Waren verwendet worden sind. Nach Artikel 2 Absatz 4 ist dann, wenn eine Ware zur Herstellung einer ausgeführten Ware mitverwendet worden ist, der Erstattungssatz zugrunde zu legen, "der bei der erstgenannten Ware in unbearbeitetem Zustand anwendbar ist".

12 Die Menge der Grunderzeugnisse, die für die Berechnung der Erstattung bei der Ausfuhr von Vitamin C zugrunde zu legen ist, ist nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung zu bestimmen, in dem es heisst:

"Bei Verwendung

° eines nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Erzeugnisses, das durch Verarbeitung eines unter Buchstabe a oder b genannten Erzeugnisses gewonnen ist,

° eines Erzeugnisses, das durch Mischen oder auch durch Verarbeiten mehrerer unter Buchstabe a oder b genannter Erzeugnisse oder auch der im vorstehenden Absatz genannten Erzeugnisse gewonnen ist,

ist diese Menge, die nach Maßgabe der tatsächlich zur Herstellung der ausgeführten Ware verwendeten Menge dieses Erzeugnisses zu bestimmen ist, für jedes der betreffenden Grunderzeugnisse, vorbehaltlich des Absatzes 3, gleich der Menge, die von den zuständigen Behörden nach Artikel 8 Absatz 1 anerkannt wird."

13 Artikel 3 Absatz 3 bestimmt:

"Bei den Waren des Anhangs C ist die bei der Berechnung des Erstattungsbetrags zu berücksichtigende Menge der Grunderzeugnisse gleich der Menge, die in dem genannten Anhang für jede dieser Waren festgesetzt ist."

14 Diese Bestimmungen sind dahin auszulegen, daß dann, wenn eine im Anhang C der Verordnung aufgezählte Ware, wozu auch Sorbit gehört, bei der Herstellung einer unter Anhang B der Verordnung fallenden ausgeführten Ware, im Ausgangsverfahren: von Vitamin C, mitverwendet worden ist, als Menge der Grunderzeugnisse die im Anhang C für die erstgenannte Ware festgelegte Menge zugrunde zu legen ist.

15 Nur daraus, daß bei der Bestimmung des anwendbaren Erstattungssatzes die Regel des Artikels 2 Absatz 4 der Verordnung, nach der dann, wenn eine Ware zur Herstellung der ausgeführten Ware mitverwendet worden ist, die erste Ware zu berücksichtigen ist, auf die Bestimmung der zugrunde zu legenden Menge der Grunderzeugnisse anzuwenden ist, lässt sich nämlich die Verweisung auf Artikel 3 Absatz 1 in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung erklären.

16 Die Fußnote 7 zu Anhang C der Verordnung lautet:

"Die Erstattung wird nach Maßgabe der verwendeten, aus Stärkeerzeugnissen hergestellten Mengen D-Sorbit (Sorbit) und der verwendeten, aus Saccharose hergestellten Mengen D-Sorbit (Sorbit) ermittelt und auf der Grundlage folgender Mengen Mais und Weißzucker berechnet:

° 1,52 kg Mais für ein 1 kg D-Sorbit (Sorbit) in wäßriger Lösung, aus Stärkeerzeugnissen hergestellt,

° 0,74 kg Weißzucker für ein 1 kg D-Sorbit (Sorbit) wäßriger Lösung, aus Saccharose hergestellt;

° 2,45 kg Mais für 1 kg D-Sorbit (Sorbit), nicht in wäßriger Lösung, aus Saccharose hergestellt;

° 1,06 kg Weißzucker für 1 kg D-Sorbit, nicht in wäßriger Lösung, aus Saccharose hergestellt."

17 In der Fußnote wird nicht danach unterschieden, ob der Sorbit unmittelbar oder mittelbar aus Saccharose gewonnen wird.

18 Diese Auslegung entspricht dem Ziel der Richtlinie, die die Ausfuhr von bestimmten Grunderzeugnissen erleichtern soll, deren Preis in der Gemeinschaft höher ist als auf dem Weltmarkt. Insofern ist es nämlich unerheblich, ob die ausgeführten Waren unmittelbar aus diesen Grunderzeugnissen gewonnen worden sind oder ob bei ihrer Herstellung eine Zwischenstufe erforderlich war.

19 Diese Auslegung wird auch nicht durch Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung in Frage gestellt.

20 Diese Bestimmung lautet:

"Für die Anwendung des Absatzes 1 gelten als tatsächlich verwendet die Erzeugnisse, die als solche zum Herstellen der ausgeführten Ware verwendet worden sind. Wenn während eines Arbeitsgangs des Herstellungsverfahrens dieser Ware ein Grunderzeugnis zu einem weiterverarbeiteten Grunderzeugnis verarbeitet wird, welches in einem späteren Arbeitsgang verwendet wird, gilt lediglich das letztgenannte Grunderzeugnis als tatsächlich verwendet."

21 Wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, bezieht sich das Wort "verwendet" in der Fußnote 7 auf den Sorbit und nicht auf das Grunderzeugnis, d. h. die Saccharose; auch geht aus dem Wortlaut des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung auf jeden Fall hervor, daß diese Bestimmung den vom vorlegenden Gericht nicht angesprochenen Fall der Verarbeitung eines Grunderzeugnisses zu einem anderen Grunderzeugnis betrifft und zu einer Methode zur Berechnung der tatsächlich verwendeten Grunderzeugnisse gehört, die auf Sorbit nicht anwendbar ist, für den die Verordnung ein pauschaliertes Verfahren vorsieht.

22 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, daß die Artikel 2 Absatz 4 und 3 Absätze 1 Buchstabe c und 3 in Verbindung mit Anhang C Fußnote 7 der Verordnung Nr. 3035/80 in der durch die Verordnung Nr. 2223/86 geänderten Fassung dahin auszulegen sind, daß für aus Sorbit hergestelltes Vitamin C Ausfuhrerstattung auch dann nach den für Zucker festgelegten Sätzen gewährt wird, wenn der Sorbit aus Glucose gewonnen worden ist, die aus Weißzucker hergestellt worden ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

23 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom Finanzgericht Hamburg mit Beschluß vom 14. August 1991 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Die Artikel 2 Absatz 4 und 3 Absätze 1 Buchstabe c und 3 in Verbindung mit Anhang C Fußnote 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 des Rates vom 11. November 1980 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Feststellung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2223/86 des Rates vom 14. Juli 1986 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, daß für aus Sorbit hergestelltes Vitamin C Ausfuhrerstattung auch dann nach den für Zucker festgelegten Sätzen gewährt wird, wenn der Sorbit aus Glucose gewonnen worden ist, die aus Weißzucker hergestellt worden ist.

Ende der Entscheidung

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