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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.07.2002
Aktenzeichen: C-294/00
Rechtsgebiete: EGV, EG-Vertrag, Richtlinie 92/51/EWG


Vorschriften:

EGV Art. 52 a.F.
EGV Art. 43
EG-Vertrag Art. 59 a.F.
Richtlinie 92/51/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts hindert keine seiner Bestimmungen einen Mitgliedstaat, die Ausübung einer Tätigkeit wie der des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts den Inhabern eines Arztdiploms vorzubehalten.

Die Ausübung dieser Tätigkeit ist nicht durch eine auf Gemeinschaftsebene erlassene Harmonisierungsmaßnahme reglementiert. Die Mitgliedstaaten bleiben in Ermangelung einer Harmonisierung einer beruflichen Tätigkeit grundsätzlich befugt, die Ausübung dieser Tätigkeit zu regeln, müssen jedoch ihre Befugnisse in diesem Bereich unter Beachtung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten ausüben.

Zwar stellt eine Regelung eines Mitgliedstaats, die jede Ausübung des in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Berufes des Heilpraktikers in seinem Hoheitsgebiet verbietet, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs dar, doch stehen die Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) dem nicht entgegen, wenn dieses Verbot unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Mitgliedstaat der Niederlassung der Personen gilt, an die es sich richtet, der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zu den Gründen zählt, die gemäß Artikel 56 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 46 Absatz 1 EG) Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können, die Entscheidung eines Mitgliedstaats, das Recht, ärztliche Diagnosen zu erstellen und zur Heilung von Krankheiten oder der Behebung körperlicher oder seelischer Störungen bestimmte Behandlungen zu verschreiben, einer bestimmten Kategorie von Fachleuten vorzubehalten, die über besondere Qualifikationen verfügen, wie den Inhabern eines Arztdiploms, als geeignetes Mittel angesehen werden kann, um den Zweck des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu erreichen, und diese nationale Regelung nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um das Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu erreichen.

( vgl. Randnrn. 26, 37, 40-43, 50-51, Tenor 1 )

2. Die Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) stehen dem nicht entgegen,

dass ein Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen verbietet, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, auch die Organisation von Ausbildungen für diese Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet durch hierfür nicht zugelassene Einrichtungen verbietet, sofern dieses Verbot so angewandt wird, dass es nur solche Modalitäten der Organisation dieser Ausbildungen betrifft, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber entstehen zu lassen, ob der Beruf des Heilpraktikers im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die Ausbildung stattfindet, rechtmäßig ausgeübt werden kann,

dass ein Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers durch Personen, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, und die Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers verbietet, auch die Werbung für solche in seinem Hoheitsgebiet erteilte Ausbildungen verbietet, wenn sich diese Werbung auf Modalitäten der Ausbildung bezieht, die als solche in diesem Mitgliedstaat im Einklang mit dem Vertrag verboten sind.

Artikel 59 EG-Vertrag verwehrt es jedoch einem Mitgliedstaat, der in seinem Gebiet die Ausübung des Berufes des Heilpraktikers und die Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers verbietet, auch die Werbung für solche Ausbildungen, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt werden, zu verbieten, wenn in dieser Werbung angegeben ist, an welchem Ort die Ausbildung stattfinden soll, und darauf hingewiesen wird, dass der Beruf des Heilpraktikers im erstgenannten Mitgliedstaat nicht ausgeübt werden darf.

( vgl. Randnr. 70, Tenor 2 )


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 11. Juli 2002. - Deutsche Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren GmbH gegen Kurt Gräbner. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Oberster Gerichtshof - Österreich. - Niederlassungsfreiheit - Freier Dienstleistungsverkehr - Anwendungsbereich der Richtlinie 92/51/EWG - Nationale Rechtsvorschriften, die die Ausübung der ärzlichen Tätigkeiten einschließlich der in Deutschland dem Heilpraktiker gestatteten Tätigkeit den Inhabern eines Arztdiploms vorbehalten - Nationale Rechtsvorschriften, die die Ausbildung zu den ärztlichen Tätigkeiten bestimmten Einrichtungen vorbehalten und die Werbung für derartige Ausbildungen verbieten. - Rechtssache C-294/00.

Parteien:

In der Rechtssache C-294/00

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Obersten Gerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Deutsche Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren GmbH

gegen

Kurt Gräbner

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) sowie der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter D. A. O. Edward und A. La Pergola (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

der Deutsche Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt R. Ratschiller,

des Herrn Gräbner, vertreten durch Rechtsanwalt G. Huber,

der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von C. Lewis, Barrister,

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und C. Schmidt als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Deutsche Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren GmbH, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission in der Sitzung vom 11. Oktober 2001,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Dezember 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 13. Juli 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Juli 2000, gemäß Artikel 234 EG-Vertrag zwei Fragen namentlich nach der Auslegung der Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) sowie der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit der Deutsche Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren GmbH (im Folgenden: Klägerin) gegen Herrn Gräbner (im Folgenden: Beklagter) um die Zahlung eines Betrages von 90 390 ATS durch den Beklagten an die Klägerin in Erfuellung eines zwischen beiden Parteien geschlossenen Ausbildungsvertrags.

Rechtlicher Rahmen

Die Richtlinie 92/51

3 Die Richtlinie 92/51 führt gemäß ihrer vierten und fünften Begründungserwägung eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), ein. Sie soll die Ausübung aller beruflichen Tätigkeiten erleichtern, für die in einem Aufnahmestaat ein bestimmtes Ausbildungsniveau verlangt wird; dazu soll sie auf den gleichen Grundsätzen beruhen wie die erste allgemeine Regelung und soll Vorschriften enthalten, die denen der ersten allgemeinen Regelung entsprechen.

4 Artikel 1 Buchstaben e und f der Richtlinie 92/51 bestimmt:

Im Sinne dieser Richtlinie gelten

...

e) als ,reglementierter Beruf die reglementierte berufliche Tätigkeit oder die reglementierten beruflichen Tätigkeiten, die zusammen in einem Mitgliedstaat den betreffenden Beruf ausmachen;

f) als ,reglementierte berufliche Tätigkeit eine berufliche Tätigkeit, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten ihrer Ausübung in einem Mitgliedstaat direkt oder indirekt durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz eines Ausbildungs- oder Befähigungsnachweises gebunden ist.

..."

5 Artikel 2 der Richtlinie 92/51, einziger Artikel des Kapitels II (Anwendungsbereich"), bestimmt:

Diese Richtlinie gilt für alle Angehörigen eines Mitgliedstaats, die als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem Aufnahmestaat ausüben wollen.

Diese Richtlinie gilt weder für Berufe, die Gegenstand einer Einzelrichtlinie sind, mit der in den Mitgliedstaaten eine gegenseitige Anerkennung der Diplome eingeführt wird, noch für Tätigkeiten, die Gegenstand einer in Anhang A aufgeführten Richtlinie sind.

..."

Das österreichische Recht

6 Gemäß § 1 Absatz 1 des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes (BGBl. 378/1996) in der zum für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung ist die Ausbildung zu den insbesondere durch das Ärztegesetz 1998 (BGBl. 169/1998) geregelten Tätigkeiten ausschließlich den nach den Bundesgesetzen dafür vorgesehenen Einrichtungen vorbehalten. Das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen ist nach dieser Bestimmung verboten.

7 Nach § 1 Absatz 2 des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes gilt die Werbung für die nach § 1 Absatz 1 dieses Gesetzes verbotenen Ausbildungen als strafbarer Versuch der Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung.

8 Das österreichische Ausbildungsvorbehaltsgesetz sieht in § 2 Geldstrafen von bis zu 500 000 ATS vor. Die Nichtigkeit der unter Verstoß gegen dieses Gesetz geschlossenen Ausbildungsverträge ist in diesem Gesetz nicht ausdrücklich als Sanktion vorgesehen.

9 Nach den Erläuternden Bemerkungen (150 BlgNR 20. GP, 24) bezweckte der Gesetzgeber mit der hier in Frage stehenden Norm, den Aktivitäten jener (insbesondere aus Deutschland stammenden) Institute entgegenzutreten, die sich in Österreich etablieren und dort Heilpraktikerausbildungen intensiv bewerben und anbieten. Nach diesen Erläuternden Bemerkungen besteht aus Gründen des Verbraucherschutzes dringender Handlungsbedarf.

10 Nach § 2 Absatz 2 des Ärztegesetzes umfasst die Ausübung des ärztlichen Berufes jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere die Untersuchung und die Behandlung körperlicher und psychischer Krankheiten oder Störungen.

11 Aus § 3 Absätze 1 und 4 des Ärztegesetzes ergibt sich, dass die Ausübung dieses Berufes anderen Personen als den Inhabern eines Arztdiploms verboten ist.

Das deutsche Recht

12 Der Beruf des Heilpraktikers ist durch das Heilpraktikergesetz vom 17. Februar 1939 (RGBl. I S. 251) in der Fassung des Gesetzes vom 2. März 1974 (im Folgenden: HPrG) geregelt.

13 Nach § 1 Absatz 1 HPrG bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will.

14 Gemäß § 1 Absatz 2 HPrG ist die Ausübung der Heilkunde jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen.

15 Nach den relevanten Bestimmungen der Durchführungsverordnung zum HPrG (Durchführungsverordnung vom 18. Februar 1939, RGBl. I S. 259) wird die Erlaubnis zur Ausübung des Berufes des Heilpraktikers auf Antrag erteilt, sofern keiner der aufgeführten Verbotstatbestände eingreift. Insbesondere wird die Erlaubnis nicht erteilt, wenn der Antragsteller das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn er nicht mindestens eine abgeschlossene Volksschulbildung nachweisen kann oder wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.

Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen

16 Die Klägerin ist ein in München niedergelassenes Unternehmen, das Ausbildungslehrgänge für den Beruf des Heilpraktikers anbietet. Sie hält auch in Österreich Lehrgänge ab. Die Akquirierung für die von ihr angebotenen Lehrgänge erfolgt insbesondere durch Zeitungsinserate.

17 Im Januar 1996 setzte sich der Beklagte, ein österreichischer Staatsangehöriger, der in Österreich wohnte, mit der Klägerin in Verbindung und erhielt Informationsunterlagen und einen Zulassungsantrag. Dieses Formular umfasste Zulassungsanträge für zwei Stufen der Heilpraktikerausbildung. Es enthielt Angaben sowohl zum Inhalt der Ausbildung als auch zu einer zusätzlich angebotenen Videoausbildung. Die Studienordnung war in diesem Formular abgedruckt, das ferner einen Hinweis darauf enthielt, dass der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht ausgeübt werden dürfe und dass die Prüfung für den Zugang zu diesem Beruf in Deutschland abzulegen sei.

18 Der Beklagte schloss am 20. Februar 1996 einen Vertrag über die beiden Stufen der Heilpraktikerausbildung zum Preis von insgesamt 90 390 ATS. Die Ausbildung, für die der Beklagte sich anmeldete, umfasste die Beteiligung an Kursen, die in Deutschland oder in Österreich abzuhalten waren, und den Versand von Videokassetten für praktische Übungen.

19 Der Beklagte hatte später keinen Kontakt mehr zu der Klägerin. Er machte sein Recht zum Rücktritt binnen einer Woche nicht geltend und kündigte niemals schriftlich die von ihm geschlossenen Verträge.

20 Vor den österreichischen Gerichten verlangt die Klägerin die Zahlung von 90 390 ATS auf der Grundlage des mit dem Beklagten geschlossenen Vertrages über die Ausbildung zum Beruf des Heilpraktikers. Der Beklagte machte insbesondere geltend, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen das österreichische Ausbildungsvorbehaltsgesetz nichtig sei. Die Klägerin erwiderte darauf, dass die Ausbildung zum Heilpraktiker nach dem Gemeinschaftsrecht in Österreich zulässig sein müsse und dass es auf jeden Fall möglich sein müsse, dort für eine Ausbildung zu einem Beruf zu werben, dessen Ausübung dort nicht zulässig sei.

21 Im ersten Rechtszug verurteilte das Bezirksgericht Linz-Land den Beklagten mit Urteil vom 29. Januar 1999 zur Zahlung von 90 390 ATS. Im Berufungsverfahren bestätigte das Landesgericht Linz dieses Urteil mit Urteil vom 26. Mai 1999, ließ jedoch die Revision zu.

22 Der Beklagte legte Revision zum Obersten Gerichtshof ein. Dieser ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von einer Auslegung des Gemeinschaftsrechts abhänge, und hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Kann weiterhin, insbesondere nach Erlassung der zweiten allgemeinen Anerkennungsrichtlinie 92/51/EWG ein Mitgliedstaat eine arztähnliche Tätigkeit wie die eines Heilpraktikers nach dem deutschen Heilpraktikergesetz (RGBl. 1939 I S. 251, in der geltenden Fassung) den Inhabern eines Ärztediploms vorbehalten, und steht dem nunmehr insbesondere Artikel 43 EG über die Niederlassungsfreiheit und Artikel 50 EG über den freien Dienstleistungsverkehr entgegen?

2. Stehen die genannten europarechtlichen Normen nationalen Bestimmungen entgegen, die die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, den hierfür vorgesehenen Einrichtungen vorbehalten und die das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen sowie das Werben hierfür verbieten, auch wenn sich diese Ausbildung nur auf Teilgebiete der ärztlichen Tätigkeit bezieht?

23 Der Oberste Gerichtshof führt in seinem Vorlagebeschluss aus, dass nach seiner Rechtsprechung ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, nicht nur dann nichtig sei, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich normiert sei, sondern auch dann, wenn der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäfts notwendig verlange. Seiner Ansicht nach hat der Normzweck des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes die Nichtigkeit des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrages zur Folge. Der Oberste Gerichtshof hat jedoch Zweifel, ob das einschlägige österreichische Recht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

24 Der Gerichtshof habe im Urteil vom 3. Oktober 1990 in der Rechtssache C-61/89 (Bouchoucha, Slg. 1990, I-3551) für Recht erkannt, dass Artikel 52 EG-Vertrag, solange es in Bezug auf die Tätigkeiten, deren Ausübung ausschließlich den Ärzten vorbehalten sei, an einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene fehle, einen Mitgliedstaat nicht daran hindere, eine arztähnliche Tätigkeit wie etwa die Osteopathie den Inhabern eines Arztdiploms vorbehalte. Gleichwohl stelle sich für den Obersten Gerichtshof die Frage, ob durch die Richtlinie 92/51, die erst nach der Verkündung des Urteils Bouchoucha erlassen worden sei, oder durch eine andere gemeinschaftsrechtliche Bestimmung eine Änderung dieser Rechtslage eingetreten sei.

Zur ersten Frage

25 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts einen Mitgliedstaat daran hindert, die Ausübung einer Tätigkeit wie der des Heilpraktikers nach deutschem Recht den Inhabern eines Arztdiploms vorzubehalten.

26 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Mitgliedstaaten zwar in Ermangelung einer Harmonisierung einer beruflichen Tätigkeit grundsätzlich befugt bleiben, die Ausübung dieser Tätigkeit zu regeln, dass sie jedoch ihre Befugnisse in diesem Bereich unter Beachtung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten ausüben müssen (insbesondere Urteile vom 3. Oktober 2000 in der Rechtssache C-58/98, Corsten, Slg. 2000, I-7919, Randnr. 31, und vom 1. Februar 2001 in der Rechtssache C-108/96, Mac Quen u. a., Slg. 2001, I-837, Randnr. 24).

27 Zur Beantwortung der ersten Frage ist daher erstens zu bestimmen, ob bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch eine auf Gemeinschaftsebene erlassene Harmonisierungsmaßnahme geregelt wird; ist dies nicht der Fall, so ist zweitens zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren einschlägigen Artikel 52 und 59 des Vertrages einen Mitgliedstaat daran hindern, die Ausübung einer derartigen Tätigkeit den Inhabern eines Arztdiploms vorzubehalten.

Zum Vorliegen einer Harmonisierung der Tätigkeit des Heilpraktikers

28 Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Tätigkeit des Heilpraktikers nicht Gegenstand einer speziellen gemeinschaftlichen Regelung ist.

29 Diese Tätigkeit wird insbesondere nicht durch die Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. L 165, S. 1) geregelt. Denn diese Richtlinie betrifft die gegenseitige Anerkennung der in ihr aufgeführten Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise für Ärzte, von denen keines bzw. keiner die Ausbildung zum Heilpraktiker betrifft.

30 Zweitens ist zu prüfen, ob, wie die Klägerin geltend macht, die Tätigkeit des Heilpraktikers vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/51 erfasst wird.

31 Gemäß Artikel 1 Buchstabe e in Verbindung mit Buchstabe f und Artikel 2 der Richtlinie 92/51 gilt diese nur für reglementierte Berufe, und als solcher gilt eine berufliche Tätigkeit, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten ihrer Ausübung in einem Mitgliedstaat direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz eines Ausbildungs- oder Befähigungsnachweises gebunden ist.

32 Der Gerichtshof hat bereits im Zusammenhang mit in Artikel 1 Buchstaben c und d der Richtlinie 89/48 enthaltenen ähnlichen Definitionen der Begriffe reglementierter Beruf" und reglementierte berufliche Tätigkeit" entschieden, dass die Aufnahme oder Ausübung eines Berufes dann als direkt rechtlich geregelt angesehen werden muss, wenn die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats eine Regelung enthalten, durch die die betreffende berufliche Tätigkeit ausdrücklich Personen vorbehalten wird, die bestimmte Voraussetzungen erfuellen, während die Aufnahme dieser Tätigkeit denjenigen versagt wird, die diese Voraussetzungen nicht erfuellen (Urteile vom 1. Februar 1996 in der Rechtssache C-164/94, Aranitis, Slg. 1996, I-135, Randnr. 19, und vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-234/97, Fernández de Bobadilla, Slg. 1999, I-4773, Randnr. 17). Ein Beruf gilt als indirekt reglementiert, wenn die Aufnahme dieses Berufes oder seine Ausübung einer indirekten rechtlichen Kontrolle unterliegt (Urteil Aranitis, Randnr. 27).

33 Nach allem ist ein Beruf dann im Sinne der Richtlinien 89/48 und 92/51 in einem Mitgliedstaat reglementiert, wenn er dort zugelassen ist und wenn seine Aufnahme oder seine Ausübung Personen vorbehalten ist, die die rechtlichen Voraussetzungen erfuellen, die unmittelbar oder mittelbar die Regelung dieses Berufes bestimmen.

34 Nach § 3 Absätze 1 und 4 des österreichischen Ärztegesetzes ist die Ausübung dieses Berufes in Österreich anderen Personen als den Inhabern eines Arztdiploms verboten. Die Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne der in Deutschland geltenden Definition des § 1 Absatz 2 HPrG umfasst Tätigkeiten, die in Österreich unter den Begriff der Ausübung des Arztberufes in der Definition des § 2 Absatz 2 des österreichischen Ärztegesetzes fallen. Daher ist die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch andere Personen als die Inhaber eines Arztdiploms in Österreich verboten.

35 Da in Österreich ein Recht auf Aufnahme oder Ausübung dieser Tätigkeiten nur für Personen besteht, die Inhaber eines Arztdiploms sind, gibt es auch keine Regelung, die unmittelbar oder mittelbar die Voraussetzungen für den Erwerb dieses Rechts festlegt.

36 Somit kann die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, nicht als in Österreich reglementierter Beruf im Sinne der Richtlinie 92/51 gelten, so dass diese Richtlinie im Ausgangsverfahren auf keinen Fall Anwendung finden kann.

37 Daher ist festzustellen, dass bei einem Sachverhalt wie demjenigen des Ausgangsverfahrens die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, nicht durch eine auf Gemeinschaftsebene erlassene Harmonisierungsmaßnahme reglementiert ist.

Zu den Artikeln 52 und 59 des Vertrages

38 Die Artikel 52 und 59 des Vertrages gebieten die Aufhebung der Beschränkungen der freien Niederlassung und des freien Dienstleistungsverkehrs. Als derartige Beschränkungen sind alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheiten unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen (vgl. für die Niederlassungsfreiheit Urteil vom 30. März 1993 in der Rechtssache C-168/91, Konstantinidis, Slg. 1993, I-1191, Randnr. 15, und für den freien Dienstleistungsverkehr Urteil vom 2. Februar 2001 in der Rechtssache T-205/99, Analir u. a., Slg. 2001, I-1271, Randnr. 21).

39 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sind jedoch nationale Maßnahmen, die die vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten beschränken, nur unter vier Voraussetzungen zulässig: Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (Urteile vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 37, vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-424/97, Haim, Slg. 2000, I-5123, Randnr. 57, und Mac Quen u. a., Randnr. 26).

40 Es steht fest, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats wie das österreichische Ärztegesetz, das jede Ausübung des in Deutschland anerkannten Berufes des Heilpraktikers in Österreich verbietet, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt. Daher ist zu prüfen, ob eine derartige Regelung in Ansehung der vier von der Rechtsprechung des Gerichtshofes entwickelten Voraussetzungen gerechtfertigt werden kann.

41 Hierzu ist erstens festzustellen, dass das sich auf diese Weise aus dem österreichischen Ärztegesetz ergebende Verbot unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Mitgliedstaat der Niederlassung der Personen gilt, an die es sich richtet.

42 Zweitens ist zu der Frage, ob ein zwingender Grund des Allgemeininteresses besteht, der dieses Verbot rechtfertigen kann, darauf hinzuweisen, dass der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zu den Gründen zählt, die gemäß Artikel 56 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 46 Absatz 1 EG) Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können. Die Bestimmungen dieses Absatzes finden nach Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) auf den freien Dienstleistungsverkehr Anwendung.

43 Drittens kann die Entscheidung eines Mitgliedstaats, das Recht, ärztliche Diagnosen zu erstellen und zur Heilung von Krankheiten oder der Behebung körperlicher oder seelischer Störungen bestimmte Behandlungen zu verschreiben, einer bestimmten Kategorie von Fachleuten vorzubehalten, die über besondere Qualifikationen verfügen, wie den Inhabern eines Arztdiploms, als geeignetes Mittel angesehen werden, um den Zweck des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu erreichen.

44 Viertens ist zu prüfen, ob das auf diese Weise verhängte Verbot für Personen, die nicht über ein Arztdiplom verfügen, eine Tätigkeit ärztlicher Natur auszuüben, im Hinblick auf den mit ihm verfolgten Zweck notwendig und verhältnismäßig ist.

45 Die Klägerin macht geltend, der Beruf des Heilpraktikers sei in Deutschland anerkannt, ohne dass der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dort beeinträchtigt werde, und der Zweck, die Qualität der Krankenbehandlung zu gewährleisten, könne in Österreich durch eine weniger beschränkende Maßnahme als das Verbot dieses Berufes erreicht werden, indem die Ausübung vom Nachweis einer bestimmten Dauer der Praxis oder einer Prüfung abhängig gemacht werde, die mit der im deutschen Recht vorgesehenen vergleichbar sei.

46 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat weniger strenge Vorschriften erlässt als ein anderer, nicht bedeutet, dass dessen Vorschriften unverhältnismäßig und folglich mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind (Urteile vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-3/95, Reisebüro Broede, Slg. 1996, I-6511, Randnr. 42; Mac Quen u. a., Randnr. 33, und vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C-309/99, Wouters u. a., Slg. 2002, I-1577, Randnr. 108).

47 Der Umstand allein, dass ein Mitgliedstaat andere Schutzregelungen als ein anderer Mitgliedstaat erlassen hat, ist nämlich für die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen ohne Belang (Urteile vom 21. Oktober 1999 in der Rechtssache C-67/98, Zenatti, Slg. 1999, I-7289, Randnr. 34, und Mac Quen u. a., Randnr. 34).

48 Ferner kann in Ermangelung einer Festlegung auf Gemeinschaftsebene, welche Handlungen den Inhabern eines Arztdiploms vorbehalten sind, jeder Mitgliedstaat entsprechend seiner Auffassung vom Schutz der Gesundheit der Bevölkerung entscheiden, ob er Praktikern, die nicht über ein derartiges Diplom verfügen, die Ausübung von Tätigkeiten ärztlicher Natur gestattet, und dabei gegebenenfalls die Voraussetzungen im Hinblick auf Erfahrung oder Qualifikation festlegen, denen diese genügen müssen.

49 Allerdings kann sich die Einschätzung der Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung, die sich durch die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen, die nicht über ein Arztdiplom verfügen, ergeben könnten, durch den österreichischen Gesetzgeber im Laufe der Jahre ändern, insbesondere nach Maßgabe der in Bezug auf die Kenntnis der im Rahmen dieser Tätigkeit angewandten Methoden und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit erzielten Fortschritte (vgl. in diesem Sinn Urteil Mac Quen u. a., Randnr. 36).

50 Daher geht eine nationale Regelung, die, wie das österreichische Ärztegesetz, die Ausübung des Berufes des Heilpraktikers verbietet, nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um das Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu erreichen.

51 Somit stehen die Artikel 52 und 59 des Vertrages einer derartigen nationalen Regelung nicht entgegen.

52 Nach allem ist auf die erste Frage zu antworten, dass beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts keine seiner Bestimmungen einen Mitgliedstaat hindert, die Ausübung einer Tätigkeit wie der des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts den Inhabern eines Arztdiploms vorzubehalten.

Zur zweiten Frage

53 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Artikel 52 und 59 des Vertrages es einem Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen verbietet, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, verwehren, auch die Organisation von Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers durch dafür nicht zugelassene Einrichtungen und die Werbung für derartige Ausbildungen zu verbieten.

Zum Verbot der Organisation von Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers

54 Es steht fest, dass die Regelung eines Mitgliedstaats wie das österreichische Ausbildungsvorbehaltsgesetz, das den dafür vorgesehenen Einrichtungen die Organisation bestimmter Arten von Ausbildungen vorbehält, für die Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, die derartige Ausbildungen erteilen möchten, eine Beeinträchtigung der Ausübung der Freizügigkeit und des freien Dienstleistungsverkehrs bewirkt.

55 Gemäß der in Randnummer 39 angeführten Rechtsprechung ist zu prüfen, ob eine nationale Maßnahme, die auf diese Weise die Ausübung der durch die Artikel 52 und 59 des Vertrages garantierten Grundfreiheiten beschränkt, in Ansehung der vier von der Rechtsprechung des Gerichtshofes entwickelten Voraussetzungen gerechtfertigt werden kann.

56 Hierzu ist erstens festzustellen, dass das durch das österreichische Ausbildungsvorbehaltsgesetz aufgestellte Verbot für dafür nicht zugelassene Einrichtungen, Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers zu organisieren, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Mitgliedstaat der Niederlassung der Personen gilt, an die es gerichtet ist.

57 Zweitens ist zu der Frage, ob ein zwingender Grund des Allgemeininteresses besteht, der dieses Verbot rechtfertigen kann, zunächst zu prüfen, ob das Verbot mit dem Zweck des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt werden kann.

58 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Verbot nur dann als unmittelbar durch diesen Zweck gerechtfertigt angesehen werden könnte, wenn dargetan wäre, dass derartige Ausbildungen durch ihren Inhalt die Gesundheit der Bevölkerung gefährden, was nicht der Fall ist.

59 Das erwähnte Verbot beruht vielmehr, wie aus den Erläuternden Bemerkungen zum österreichischen Ausbildungsvorbehaltsgesetz hervorgeht, darauf, dass der Beruf des Heilpraktikers in Österreich als solcher nicht anerkannt ist, weil er in der Ausübung von Tätigkeiten besteht, die zur Ausübung des Arztberufs gehören, die den Personen vorbehalten ist, die Inhaber eines Arztdiploms sind.

60 Daher ist zu prüfen, ob, wie Herr Gräbner, die österreichische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission geltend machen, ein Mitgliedstaat die Organisation von Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers durch dafür nicht zugelassene Einrichtungen mit der Begründung verbieten kann, dass die Ausübung des Heilpraktikerberufs selbst in diesem Mitgliedstaat verboten ist.

61 Hierzu ist mit dem Generalanwalt (Nr. 87 der Schlussanträge) festzustellen, dass, wenn es das Gemeinschaftsrecht einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, die Ausübung des Heilpraktikerberufs zu verbieten, es diesem Mitgliedstaat auch die Möglichkeit zubilligen muss, dieses Verbot in kohärenter und glaubwürdiger Weise durchzusetzen. Daher kann die Notwendigkeit, die Wirksamkeit einer mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehenden nationalen Maßnahme wie des Verbotes der Ausübung des Heilpraktikerberufs, die durch den Zweck des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt ist, zu wahren, als zwingender Grund des Allgemeininteresses betrachtet werden.

62 Drittens kann das Verbot der Ausbildung für die Tätigkeit des Heilpraktikers vorbehaltlich der Ausbildungen, die von für die Erteilung der Ausbildungen im ärztlichen Bereich ermächtigten Einrichtungen organisiert werden können, als geeignetes Mittel betrachtet werden, um die Wirksamkeit der nationalen Maßnahme zu gewährleisten, die die Ausübung des Heilpraktikerberufs verbietet.

63 Daher ist viertens zu prüfen, ob das Verbot für hierfür nicht zugelassene Einrichtungen, Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers zu organisieren, in Anbetracht des damit verfolgten Zweckes erforderlich und verhältnismäßig ist.

64 Hierzu ist festzustellen, dass nicht alle praktischen Modalitäten, nach denen die Ausbildung für die Tätigkeit des Heilpraktikers in einem Mitgliedstaat erteilt werden kann, notwendigerweise die Wirksamkeit der nationalen Maßnahme beeinträchtigen, die das Verbot dieses Berufes in diesem Mitgliedstaat vorsieht.

65 Die Wirksamkeit dieser Verbotsmaßnahme kann vielmehr nur durch solche Modalitäten der Ausbildung beeinträchtigt werden, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber entstehen zu lassen, ob die von dieser Ausbildung betroffene Tätigkeit im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem diese Ausbildung stattfindet, rechtmäßig als Beruf ausgeübt werden darf.

66 Es ist Sache des nationalen Gerichts, im Ausgangsverfahren anhand dieses Kriteriums zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung des Umstands, dass die in diesem Verfahren in Rede stehende Ausbildung im Wesentlichen in Deutschland stattfinden soll und dass Herr Gräbner davon unterrichtet wurde, dass der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht ausgeübt werden darf, die Erfuellung des Vertrages über die Ausbildung für die Tätigkeit des Heilpraktikers die Wirksamkeit der nationalen Maßnahme beeinträchtigen kann, die die Ausübung dieses Berufes verbietet, und, wenn ja, nach seinem nationalen Recht zu entscheiden, ob dieser Vertrag deshalb als nichtig zu betrachten ist.

Zum Verbot der Werbung für Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers

67 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die österreichische Regierung in Beantwortung einer Frage des Gerichtshofes angegeben hat, dass die Werbung in Österreich für eine Ausbildung zum Heilpraktiker, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wird, von dem Verbot der Werbung für diese Art Ausbildung nach dem österreichischen Ausbildungsvorbehaltsgesetz nicht betroffen sei, da sich dieses Gesetz nach seinem Regelungszweck nur auf solche Einrichtungen beziehe, die in Österreich eine Ausbildung erteilen wollten.

68 Für den Fall, dass sich das vorlegende Gericht dieser Auslegung der Tragweite des österreichischen Ausbildungsvorbehaltsgesetzes nicht anschließt, ist ohne weiteres festzustellen, dass das Verbot der Werbung in einem Mitgliedstaat für eine Ausbildung zum Heilpraktiker, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wird, eine Maßnahme darstellt, die die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs durch die Staatsangehörigen des letztgenannten Mitgliedstaats behindert und die nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Denn eine derartige Werbung ist, wenn sie angibt, an welchem Ort diese Ausbildung stattfinden soll, und darauf hinweist, dass der Beruf des Heilpraktikers im erstgenannten Mitgliedstaat nicht ausgeübt werden darf, nicht geeignet, die Wirksamkeit der nationalen Maßnahme zu beeinträchtigen, die in diesem Staat die Ausübung des Heilpraktikerberufs verbietet.

69 Was das von einem Mitgliedstaat aufgestellte Verbot der Werbung für eine Ausbildung für die Tätigkeit des Heilpraktikers, die zumindest teilweise im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats erteilt werden kann, angeht, so ist dieses Verbot eine Beeinträchtigung, die gerechtfertigt ist, wenn es sich auf Modalitäten der Ausbildung bezieht, die als solche in diesem Mitgliedstaat im Einklang mit dem Vertrag verboten sind.

70 Nach allem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Artikel 52 und 59 des Vertrages dem nicht entgegenstehen,

dass ein Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen verbietet, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, auch die Organisation von Ausbildungen für diese Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet durch hierfür nicht zugelassene Einrichtungen verbietet, sofern dieses Verbot so angewandt wird, dass es nur solche Modalitäten der Organisation dieser Ausbildungen betrifft, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber entstehen zu lassen, ob der Beruf des Heilpraktikers im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die Ausbildung stattfindet, rechtmäßig ausgeübt werden kann,

dass ein Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers durch Personen, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, und die Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers verbietet, auch die Werbung für solche in seinem Hoheitsgebiet erteilte Ausbildungen verbietet, wenn sich diese Werbung auf Modalitäten der Ausbildung bezieht, die als solche in diesem Mitgliedstaat im Einklang mit dem Vertrag verboten sind.

Artikel 59 des Vertrages verwehrt es jedoch einem Mitgliedstaat, der in seinem Gebiet die Ausübung des Berufes des Heilpraktikers und die Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers verbietet, auch die Werbung für solche Ausbildungen, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt werden, zu verbieten, wenn in dieser Werbung angegeben ist, an welchem Ort die Ausbildung stattfinden soll, und darauf hingewiesen wird, dass der Beruf des Heilpraktikers im erstgenannten Mitgliedstaat nicht ausgeübt werden darf.

Kostenentscheidung:

Kosten

71 Die Auslagen der österreichischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm vom österreichischen Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 13. Juli 2000 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts hindert keine seiner Bestimmungen einen Mitgliedstaat, die Ausübung einer Tätigkeit wie der des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts den Inhabern eines Arztdiploms vorzubehalten.

2. Die Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) stehen dem nicht entgegen,

dass ein Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers im Sinne des deutschen Rechts durch Personen verbietet, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, auch die Organisation von Ausbildungen für diese Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet durch hierfür nicht zugelassene Einrichtungen verbietet, sofern dieses Verbot so angewandt wird, dass es nur solche Modalitäten der Organisation dieser Ausbildungen betrifft, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit Unklarheit darüber entstehen zu lassen, ob der Beruf des Heilpraktikers im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die Ausbildung stattfindet, rechtmäßig ausgeübt werden kann,

dass ein Mitgliedstaat, der in seinem Hoheitsgebiet die Ausübung der Tätigkeit des Heilpraktikers durch Personen, die nicht Inhaber eines Arztdiploms sind, und die Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers verbietet, auch die Werbung für solche in seinem Hoheitsgebiet erteilte Ausbildungen verbietet, wenn sich diese Werbung auf Modalitäten der Ausbildung bezieht, die als solche in diesem Mitgliedstaat im Einklang mit dem Vertrag verboten sind.

Artikel 59 des Vertrages verwehrt es jedoch einem Mitgliedstaat, der in seinem Gebiet die Ausübung des Berufes des Heilpraktikers und die Ausbildungen für die Tätigkeit des Heilpraktikers verbietet, auch die Werbung für solche Ausbildungen, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt werden, zu verbieten, wenn in dieser Werbung angegeben ist, an welchem Ort die Ausbildung stattfinden soll, und darauf hingewiesen wird, dass der Beruf des Heilpraktikers im erstgenannten Mitgliedstaat nicht ausgeübt werden darf.

Ende der Entscheidung

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