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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.05.1994
Aktenzeichen: C-309/89
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, VO Nr. 3309/85, VO Nr. 2045/89


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 7 Abs. 1
EWG-Vertrag Art. 40 Abs. 3
VO Nr. 3309/85 Art. 6 Abs. 5a
VO Nr. 2045/89 Art. 1 Nr. 2c
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Zwar hat eine Verordnungsbestimmung, die die Verwendung des Begriffs "crémant" unter besonderen Bedingungen in zwei Mitgliedstaaten hergestellten Qualitätsschaumweinen bestimmter Anbaugebiete vorbehält, im Hinblick auf die Kriterien des Artikels 173 Absatz 2 des Vertrages nach ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite normativen Charakter, da sie für die beteiligten Wirtschaftsteilnehmer im allgemeinen gilt; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß sie einige von ihnen individuell betreffen kann. Daher befindet sich ein in einem dritten Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen, das Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete herstellt und vertreibt und das lange vor Erlaß der Bestimmung in diesem Mitgliedstaat ein eben diesen Begriff enthaltendes Markenzeichen eintragen ließ und sowohl vor als auch nach dieser Eintragung verwendete, in einer Situation, die es im Hinblick auf die genannte Vorschrift aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer heraushebt, da diese Vorschrift das Unternehmen an der Nutzung seines Markenzeichens hindert.

2. Der in Artikel 40 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrages niedergelegte Grundsatz der Nichtdiskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Gemeinschaft, der auch das in Artikel 7 Absatz 1 des Vertrages enthaltene Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit umfasst, verlangt, daß vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, daß eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist. Daraus folgt, daß eine Differenzierung der Bedingungen für die Erzeugung oder den Verbrauch eines Erzeugnisses, das unter eine gemeinsame Marktorganisation fällt, nur aufgrund objektiver Kriterien zulässig ist, die eine angemessene Verteilung der Vor- und Nachteile auf die Betroffenen gewährleisten, ohne nach dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu unterscheiden.

Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 2045/89, der in Artikel 6 der Verordnung Nr. 3309/85 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure einen Absatz 5a Buchstabe b einfügt, der die Verwendung des Begriffs "crémant" in zwei Mitgliedstaaten hergestellten Weinen vorbehält und somit die Verwendung dieses Begriffs zur Bezeichnung von Schaumweinen verhindert, die unter denselben Bedingungen in einem dritten Mitgliedstaat hergestellt und unter einem in diesem Mitgliedstaat eingetragenen und eben diesen Begriff enthaltenden Markenzeichen verkauft werden, behandelt vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich. Der Umstand, daß dieser Begriff den in zwei Mitgliedstaaten hergestellten Weinen vorbehalten wird, kann jedoch nicht wirksam auf der Grundlage einer herkömmlichen Verwendung gerechtfertigt werden, weil dabei eine Verwendung dieses Begriffs für Weine derselben Art in dem dritten Staat ausser acht gelassen wird, die selbst herkömmlich ist; ebensowenig ist eine wirksame Rechtfertigung aufgrund einer Herkunftsangabe möglich, die angeblich mit dem betreffenden Begriff verbunden ist, weil dieser Begriff im wesentlichen auf der Grundlage der Herstellungsart des Erzeugnisses und nicht auf der Grundlage seiner Herkunft zugewiesen wird. Daraus ergibt sich, daß diese unterschiedliche Behandlung objektiv nicht gerechtfertigt ist und daß diese Vorschrift folglich für nichtig zu erklären ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 18. MAI 1994. - CODORNIU SA GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN UNION. - NICHTIGKEITSKLAGE - VERORDNUNG - NATUERLICHE ODER JURISTISCHE PERSON - VORAUSSETZUNGEN FUER DIE ZULAESSIGKEIT DER KLAGE - BEZEICHNUNG VON SCHAUMWEINEN - VORAUSSETZUNGEN FUER DIE VERWENDUNG DES BEGRIFFS "CREMANT". - RECHTSSACHE C-309/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Codorniu SA hat mit Klageschrift, die am 9. Oktober 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag die Nichtigerklärung des Artikels 1 Nr. 2 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 2045/89 des Rates vom 19. Juni 1989 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3309/85 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure (ABl. L 202, S. 12) beantragt, soweit er in Artikel 6 dieser Verordnung (EWG) Nr. 3309/85 des Rates vom 18. November 1985 (ABl. L 320, S. 9) einen Absatz 5a Buchstabe b einfügt.

2 Der Rat erließ die Verordnung Nr. 3309/85 auf der Grundlage des Artikels 54 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 des Rates vom 5. Februar 1979 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 54, S. 1), der den Erlaß von Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Erzeugnisse des Weinsektors vorsieht.

3 Die Verordnung Nr. 3309/85 trifft eine Unterscheidung zwischen vorgeschriebenen Angaben, die für die Identifizierung eines Schaumweins erforderlich sind, und wahlweise zu verwendenden Angaben, die mehr zur Kennzeichnung der besonderen Eigenschaften des Erzeugnisses oder zu seiner deutlichen Unterscheidung von anderen Erzeugnissen der gleichen Kategorie, die sich auf dem Markt befinden, dienen. Obwohl die Wahl der Angaben grundsätzlich den Beteiligten überlassen wurde, wurden besondere Regeln für die Verwendung bestimmter nicht zwingend vorgeschriebener Güteangaben, die das Erzeugnis aufwerten können, festgesetzt, um einen lauteren Wettbewerb auf dem Markt für Schaumwein aufrechtzuerhalten.

4 Nach Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 3309/85 in der durch Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2045/89 geänderten Fassung darf die Angabe "Flaschengärung nach dem traditionellen Verfahren", "traditionelles Verfahren", "klassische Flaschengärung" oder "traditionelles klassisches Verfahren" sowie der Begriffe, die sich aus einer Übersetzung dieser Worte ergeben, nur verwendet werden, wenn damit insbesondere Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete (im folgenden: Qualitätsschaumwein b. A.) bezeichnet wird, der die in Absatz 4 Unterabsatz 2 festgelegten Voraussetzungen erfuellt. Nach diesem Unterabsatz 2 kann ein Wein nur dann mit einem der oben genannten Begriffe bezeichnet werden, wenn er durch eine zweite alkoholische Gärung in der Flasche zu Schaumwein gemacht worden ist, vom Zeitpunkt der Bereitung der Cuvée an mindestens neun Monate lang ununterbrochen in demselben Betrieb auf seinem Trub gelagert hat und durch Degorgieren von seinem Trub getrennt worden ist.

5 Die Verordnung Nr. 2045/89 ergänzt die Verordnung Nr. 3309/85 vor allem hinsichtlich der Qualitätsschaumweine b. A., die Gegenstand der Verordnung (EWG) Nr. 823/87 des Rates vom 16. März 1987 zur Festlegung besonderer Vorschriften für Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (ABl. L 84, S. 59) sind.

6 In der ersten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2045/89 heisst es, daß es sich empfehle, den Herstellern von Qualitätsschaumwein, der in Flaschengärung nach dem traditionellen Verfahren gewonnen werde, mehr Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Etikettenangaben zu lassen, um den Absatz bestimmter dieser Weine zu erleichtern.

7 Nach der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2045/89 empfiehlt es sich, den Begriff "crémant" bestimmten in Frankreich und Luxemburg hergestellten Qualitätsschaumweinen b. A. vorzubehalten, um diese herkömmliche Angabe, die in diesen beiden Mitgliedstaaten zur Bezeichnung von Erzeugnissen genau festgelegter Herkunft verwendet werde, zu schützen.

8 Demgemäß fügte Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 2045/89 (im folgenden: streitige Vorschrift) in Artikel 6 der Verordnung Nr. 3309/85 folgenden neuen Absatz 5a ein:

"Für Qualitätsschaumweine b. A., die die in Absatz 4 Unterabsatz 2 genannten Bedingungen erfuellen, sind vorbehalten

...

b) der Begriff 'crémant' den in Frankreich oder Luxemburg hergestellten Qualitätsschaumweinen b. A.,

- denen der Mitgliedstaat, in dem die Herstellung stattgefunden hat, diesen Begriff in Verbindung mit dem Namen des bestimmten Anbaugebiets zugewiesen hat und

- die unter Einhaltung der von dem vorgenannten Mitgliedstaat für ihre Herstellung festgelegten besonderen Regeln gewonnen worden sind.

Während fünf Weinwirtschaftsjahren kann jedoch der Begriff 'crémant' in französischer Sprache oder in Übersetzung für die Bezeichnung eines Schaumweins verwendet werden, der am 1. September 1989 herkömmlicherweise so bezeichnet wurde."

9 Die Verordnung Nr. 2045/89 ist nach ihrem Artikel 2 am 1. September 1989 in Kraft getreten.

10 Die Codorniu SA ist eine spanische Gesellschaft, die Qualitätsschaumweine b. A. herstellt und in den Verkehr bringt. Sie ist Inhaberin des spanischen Markenzeichens "Gran Cremant de Codorniu", das sie seit 1924 zur Bezeichnung eines ihrer Qualitätsschaumweine b. A. verwendet hat. Die Codorniu SA ist der bedeutendste Gemeinschaftserzeuger von Qualitätsschaumweinen b. A., in deren Bezeichnung der Begriff "crémant" enthalten ist. Andere in Spanien niedergelassene Erzeuger verwenden ebenfalls den Begriff "Gran Cremant" zur Bezeichnung ihrer Qualitätsschaumweine b. A.

11 Da die Codorniu SA die streitige Vorschrift als rechtswidrig ansieht, hat sie die vorliegende Klage eingereicht.

12 Der Rat hat gegenüber der Klage gemäß Artikel 91 § 1 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Mit Beschluß vom 5. Dezember 1990 hat der Gerichtshof die Entscheidung über die Einrede gemäß Artikel 91 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung dem Endurteil vorbehalten.

13 Mit Beschluß vom 31. Januar 1990 hat der Gerichtshof die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel 93 §§ 1 und 2 der Verfahrensordnung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen.

Zulässigkeit

14 Der Rat trägt zur Begründung seiner Einrede der Unzulässigkeit vor, daß er die streitige Vorschrift nicht im Hinblick auf die Verhältnisse bei einer Reihe von Erzeugern, sondern im Hinblick auf eine weinpolitische Entscheidung für ein bestimmtes Erzeugnis erlassen habe. Diese Vorschrift behalte die Verwendung des Begriffs "crémant" Qualitätsschaumweinen b. A. vor, die unter besonderen Bedingungen in bestimmten Mitgliedstaaten hergestellt würden. Sie stelle somit eine Maßnahme dar, die auf einen objektiv bestimmten Sachverhalt anwendbar sei und Rechtswirkungen für allgemein und abstrakt umrissene Personengruppen habe.

15 Nach Auffassung des Rates ist die Codorniu SA durch die streitige Vorschrift nur in ihrer Eigenschaft als Erzeuger von Qualitätsschaumwein b. A., der den Begriff "crémant" verwende, betroffen, ebenso wie jeder andere Erzeuger, der sich in der gleichen Lage befinde. Selbst wenn sich beim Erlaß dieser Vorschrift die Schaumweinerzeuger, die den Begriff "crémant" verwendeten, der Zahl nach oder namentlich theoretisch hätten bestimmen lassen, behielte dieser Rechtsakt Verordnungscharakter, da er nach seiner Zweckbestimmung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation anwendbar sei, die er bestimme.

16 Dagegen macht die Codorniu SA geltend, daß die streitige Vorschrift in Wirklichkeit eine Entscheidung darstelle, die als Verordnung ergangen sei. Sie habe keine allgemeine Geltung, sondern betreffe einen ganz bestimmten Kreis von Erzeugern, der nicht geändert werden könne. Diese Erzeuger seien diejenigen, die am 1. September 1989 ihre Schaumweine herkömmlicherweise mit dem Begriff "crémant" bezeichnet hätten. Für diese Gruppe habe die streitige Vorschrift keine allgemeine Geltung. Ausserdem werde die Codorniu SA durch diese Vorschrift unmittelbar an der Verwendung des Begriffs "Gran Cremant" gehindert, wodurch sie 38 % ihres Umsatzes verlieren werde. Durch diesen Schaden werde sie im Vergleich zu allen anderen Wirtschaftsteilnehmern im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages individualisiert. Die Codorniu SA trägt vor, daß der Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage, die von einer natürlichen oder juristischen Person unter derartigen Umständen gegen eine Verordnung erhoben worden sei, bereits für zulässig erklärt habe (Urteil vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501).

17 Es ist daran zu erinnern, daß Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages die Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung einer Verordnung durch eine natürliche oder juristische Person davon abhängig macht, daß die Vorschriften der Verordnung, auf die sich die Klage bezieht, in Wirklichkeit eine diese Person unmittelbar und individuell betreffende Entscheidung darstellen.

18 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, verliert ein Rechtsakt seine allgemeine Geltung und damit seinen Normcharakter nicht dadurch, daß sich die Rechtssubjekte, auf die er in einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, daß diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt im Zusammenhang mit seiner Zielsetzung umschrieben ist (vgl. zuletzt Urteil vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache C-298/89, Gibraltar/Rat, Slg. 1993, I-3605, Randnr. 17).

19 Zwar hat die streitige Vorschrift im Hinblick auf die Kriterien des Artikels 173 Absatz 2 des Vertrages nach ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite normativen Charakter, da sie für die beteiligten Wirtschaftsteilnehmer im allgemeinen gilt; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß sie einige von ihnen individuell betreffen kann.

20 Eine natürliche oder juristische Person kann nur dann geltend machen, individuell betroffen zu sein, wenn die streitige Vorschrift sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt (Urteil vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213).

21 Es ist aber festzustellen, daß die Codorniu SA das Markenzeichen "Gran Cremant de Codorniu" 1924 in Spanien eintragen ließ und daß sie diese Marke sowohl vor als auch nach der Eintragung herkömmlicherweise verwendet hat. Die streitige Vorschrift hindert die Codorniu SA dadurch an der Nutzung ihres Markenzeichens, daß sie das Recht zur Verwendung des Begriffs "crémant" den französischen und luxemburgischen Erzeugern vorbehält.

22 Daraus folgt, daß die Codorniu SA das Vorliegen einer Situation nachgewiesen hat, die sie im Hinblick auf die streitige Vorschrift aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer heraushebt.

23 Infolgedessen ist die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

Begründetheit

24 Die Codorniu SA stützt ihre Klage auf mehrere Nichtigkeitsgründe, nämlich auf eine Verletzung des Vertrages, insbesondere der Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 40 Absatz 3 Unterabsatz 2 einerseits und der Artikel 3 Buchstabe f und 42 Absatz 1 andererseits, sowie auf eine Verletzung der Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Gleichheit, auf einen Ermessensmißbrauch und auf die Verletzung wesentlicher Formvorschriften.

25 Zum ersten Klagegrund macht die Codorniu SA geltend, daß jede unterschiedliche Behandlung gleichartiger Erzeugnisse auf objektiven Kriterien beruhen müsse. Die Qualitätsschaumweine b. A., die die Voraussetzungen des Artikels 6 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3309/85 erfuellten, seien aber gleichartige Erzeugnisse. Daraus folge, daß ein ausschließliches Recht zur Verwendung des Begriffs "crémant", bei dem es sich lediglich um eine fakultative Angabe über die Art der Herstellung eines Qualitätsschaumweins b. A. handele, nicht auf der Grundlage objektiver Kriterien Frankreich und Luxemburg vorbehalten werden könne. Die streitige Vorschrift stelle daher eine Diskriminierung dar, die gegen die Artikel 7 Absatz 1 und 40 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrages verstosse.

26 In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß der in Artikel 40 Absatz 3 Unterabsatz 2 niedergelegte Grundsatz der Nichtdiskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Gemeinschaft, der auch das in Artikel 7 Absatz 1 des Vertrages enthaltene Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit umfasst, verlangt, daß vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, daß eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist. Daraus folgt, daß eine Differenzierung der Erzeugungs- oder Verbrauchsbedingungen nur aufgrund objektiver Kriterien zulässig ist, die eine angemessene Verteilung der Vor- und Nachteile auf die Betroffenen gewährleisten, ohne nach dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu unterscheiden (vgl. insbesondere Urteil vom 13. Dezember 1984 in der Rechtssache 106/83, Sermide, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28).

27 Die streitige Vorschrift sieht vor, daß der Begriff "crémant" in Verbindung mit dem Namen eines bestimmten Anbaugebiets allein den in Frankreich und Luxemburg hergestellten Qualitätsschaumweinen b. A. zugewiesen wird, die die in Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 3309/85 festgesetzten Bedingungen erfuellen und unter Einhaltung der von diesen beiden Mitgliedstaaten für ihre Herstellung festgelegten besonderen Regeln gewonnen worden sind.

28 Somit bezieht sich der Begriff "crémant" nicht in erster Linie auf die Herkunft, sondern auf die Art der Herstellung der Qualitätsschaumweine b. A., insbesondere auf die in Artikel 6 Absatz 4 der Verordnung Nr. 3309/85 festgelegte Herstellungsart. Da die unter dem spanischen Markenzeichen "Gran Cremant de Codorniu" verkauften Qualitätsschaumweine b. A. die in der streitigen Vorschrift festgesetzten Bedingungen erfuellen, zeigt sich, daß diese Vorschrift vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt.

29 Daher ist zu prüfen, ob diese Behandlung objektiv gerechtfertigt gewesen ist.

30 Die Einschränkung der Verwendung des Begriffs "crémant" wird in diesem Zusammenhang mit dem Bestreben begründet, eine Angabe zu schützen, die in Frankreich und Luxemburg zur Bezeichnung von Erzeugnissen genau festgelegter Herkunft herkömmlicherweise verwendet wird.

31 Es steht fest, daß die ersten nationalen Maßnahmen, die in Frankreich und Luxemburg die Verwendung des Begriffs "crémant" als "herkömmliche Angabe" vorsahen, 1975 erlassen worden sind. Die Codorniu SA hat aber als herkömmlicher Verwender ihr Markenzeichen, das die Wörter "Gran Cremant" enthält, mindestens seit 1924 zur Bezeichnung eines Qualitätsschaumweins b. A. genutzt.

32 Unter diesen Umständen kann die Tatsache, daß der Begriff "crémant" den in Frankreich oder Luxemburg erzeugten Qualitätsschaumweinen b. A. vorbehalten wird, nicht wirksam auf der Grundlage einer herkömmlichen Verwendung gerechtfertigt werden, weil dabei eine Verwendung dieser Marke durch die Codorniu SA ausser acht gelassen wird, die selbst herkömmlich ist.

33 Die Kommission macht jedoch geltend, aus dem Wortlaut der streitigen Vorschrift, wonach dem Begriff "crémant" die Angabe des Anbaugebiets folgen müsse, ergebe sich, daß der Begriff "crémant" nicht so sehr auf die Art der Herstellung eines Qualitätsschaumweins b. A., sondern vielmehr auf seine Herkunft verweise.

34 Dazu ist festzustellen, daß der Begriff "crémant" nach der streitigen Vorschrift im wesentlichen auf der Grundlage der Herstellungsart des Erzeugnisses zugewiesen wird, während die Angabe des Anbaugebiets nur zur Klarstellung der Herkunft des Qualitätsschaumweins b. A. dient. Die Herkunft hat daher nichts mit der Zuweisung des Begriffs "crémant" zu tun, der keine geographische Anknüpfung aufweist.

35 Die unterschiedliche Behandlung ist also objektiv nicht gerechtfertigt gewesen. Folglich ist die streitige Vorschrift für nichtig zu erklären.

36 Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist es nicht erforderlich, die übrigen Klagegründe der Codorniu SA zu prüfen.

Kostenentscheidung:

Kosten

37 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat der Europäischen Union mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung trägt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften als Streithelferin ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 2045/89 des Rates vom 19. Juni 1989 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3309/85 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure wird für nichtig erklärt, soweit er in Artikel 6 dieser Verordnung (EWG) Nr. 3309/85 des Rates vom 18. November 1985 einen Absatz 5a Buchstabe b einfügt.

2) Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten des Verfahrens.

3) Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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