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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.11.2005
Aktenzeichen: C-316/04
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln
Vorschriften:
EG Art. 234 | |
EG Art. 10 Abs. 2 | |
EG Art. 249 Abs. 3 | |
Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten Art. 16 Abs. 1 | |
Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln Art. 8 Abs. 2 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Parteien:
In der Rechtssache C-316/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidung vom 22. Juli 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Juli 2004, in dem Verfahren
Stichting Zuid-Hollandse Milieufederatie
gegen
College voor de toelating van bestrijdingsmiddelen,
Streithelfer:
3M Nederland BV u. a.,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J. Makarczyk, R. Schintgen, G. Arestis und J. Klucka (Berichterstatter),
Generalanwalt: F. G. Jacobs,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Stichting Zuid-Hollandse Milieufederatie, vertreten durch J. Rutteman als Bevollmächtigten,
- der 3M Nederland BV u. a., vertreten durch D. Waelbroeck, avocat,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster, J. G. M. van Bakel und C. M. Wissels als Bevollmächtigte,
- der dänischen Regierung, vertreten durch A. Rahbøl Jacobsen als Bevollmächtigten, im Beistand von P. Biering, advokat,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Doherty und M. van Beek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Juli 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Übergangsregelungen der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) und der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (ABl. L 123, S. 1).
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stichting Zuid-Hollandse Milieufederatie (im Folgenden: Stichting) und dem College voor de toelating van bestrijdingsmiddelen (im Folgenden: College) über das Verfahren und die Bedingungen, die im niederländischen Recht für die Erteilung von Zulassungen für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln vorgesehen sind.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Die Richtlinie 91/414
3. Nach Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 91/414 sind Pflanzenschutzmittel "Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie an den Anwender geliefert werden", und die in erster Linie dazu bestimmt sind, Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse gegen Schadorganismen zu schützen. Nach Artikel 2 Nummer 4 dieser Richtlinie werden Wirkstoffe definiert als "Stoffe oder Mikroorganismen einschließlich Viren mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung" gegen Schadorganismen oder auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.
4. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 91/414 darf ein Pflanzenschutzmittel in einem Mitgliedstaat nur in den Verkehr gebracht und angewendet werden, wenn die zuständigen Behörden dieses Staates es nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen haben.
5. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 dieser Richtlinie tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen wird, "wenn seine Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt und die dort festgelegten Bedingungen" sowie die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b bis f genannten Bedingungen erfüllt sind.
6. Artikel 4 Absatz 5 der Richtlinie 91/414 lautet:
"Die Zulassungen können jederzeit überprüft werden, wenn etwas darauf hindeutet, dass ein in Absatz 1 erwähntes Kriterium nicht mehr erfüllt ist. In diesen Fällen können die Mitgliedstaaten denjenigen, der die Zulassung beantragt hat oder dem gemäß Artikel 9 eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs zugestanden wurde, auffordern, die für die Überprüfung erforderlichen zusätzlichen Informationen vorzulegen. Erforderlichenfalls können die Zulassungen für den zur Überprüfung und den für die Vorlage der zusätzlichen Informationen nötigen Zeitraum weitergelten."
7. Artikel 8 der Richtlinie betrifft Übergangs- und Ausnahmeregelungen. In Artikel 8 Absatz 1 sind die Anforderungen angegeben, die erfüllt sein müssen, damit eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln erteilt werden kann, die einen nicht in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Wirkstoff enthalten und sich zwei Jahre nach der Bekanntgabe der Richtlinie noch nicht im Handel befanden.
8. Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 sieht vor:
"Abweichend von Artikel 4 kann ein Mitgliedstaat unbeschadet des Absatzes 3 und der Richtlinie 79/117/EWG während eines Zeitraums von zwölf Jahren vom Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie an zulassen, dass in seinem Gebiet Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht werden, die nicht in Anhang I aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind.
..."
9. Artikel 8 Absatz 3 bestimmt:
"Bei der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln, die einen Wirkstoff gemäß Absatz 2 enthalten, wenden die Mitgliedstaaten vor der Prüfung die Anforderungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i bis v und Buchstaben c, d, e und f im Einklang mit den einzelstaatlichen Bestimmungen über die vorzulegenden Angaben an."
10. Gemäß Artikel 13 Absatz 6 der Richtlinie 91/414 "können die Mitgliedstaaten auf Wirkstoffe, die sich zwei Jahre nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Verkehr befinden, unter Einhaltung der Bestimmungen des Vertrages weiterhin die bisherigen innerstaatlichen Anforderungen für die Vorlage von Angaben anwenden, solange diese Stoffe nicht in Anhang I aufgenommen worden sind".
11. Nach ihrem Artikel 23 war diese Richtlinie "innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe" umzusetzen.
Die Richtlinie 98/8
12. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 98/8 werden Biozid-Produkte definiert als " Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie zum Verwender gelangen, und die dazu bestimmt sind, auf chemischem oder biologischem Wege Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen".
13. Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie bestimmt:
"Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass in ihrem Gebiet ein Biozid-Produkt erst in Verkehr gebracht und verwendet werden darf, wenn es nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen ist."
14. Artikel 5 Absatz 1 dieser Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten ein Biozid-Produkt nur dann zulassen, wenn "der Wirkstoff oder die Wirkstoffe, die darin enthalten sind, in Anhang I oder IA aufgeführt und die dort festgelegten Anforderungen erfüllt sind" und wenn eine Reihe anderer Voraussetzungen vorliegt.
15. Nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8, der Übergangsregelungen betrifft, "kann ein Mitgliedstaat ... während eines Zeitraums von zehn Jahren ... weiterhin seine derzeit für das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten geltende Regelung oder Praxis anwenden. Insbesondere kann er nach seinen einzelstaatlichen Vorschriften in seinem Gebiet das Inverkehrbringen eines Biozid-Produkts zulassen, das Wirkstoffe enthält, die ... in Anhang I oder IA nicht aufgeführt sind". Diese Wirkstoffe müssen jedoch innerhalb einer Frist von höchstens 24 Monaten ab Inkrafttreten dieser Richtlinie als Wirkstoffe eines Biozid-Produkts zu anderen Zwecken als denjenigen der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung oder der verfahrensorientierten Forschung und Entwicklung im Verkehr sein.
16. Artikel 16 Absatz 5 sieht vor:
"Während des in Absatz 2 genannten Übergangszeitraums gelten die Bestimmungen der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften".
17. Artikel 34 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen spätestens 24 Monate nach Inkrafttreten der Richtlinie in Kraft setzen, um dieser Richtlinie nachzukommen. Nach Artikel 35 tritt diese Richtlinie "am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung", d. h. am 14. Mai 1998, in Kraft.
Nationales Recht
18. Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes über Schädlingsbekämpfungsmittel (Bestrijdingsmiddelenwet) von 1962 (Stb. 1962, Nr. 288) in seiner für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Bmw) bestimmt:
"Es ist untersagt, ein Schädlingsbekämpfungsmittel zu liefern, zu besitzen oder in Vorrat zu halten, in die Niederlande einzuführen oder dort zu benutzen, wenn es nicht aufgrund dieses Gesetzes zugelassen oder, sofern es sich um ein Biozid-Produkt mit geringem Risiko handelt, registriert ist."
19. Durch Artikel 3 Absatz 1 Bmw soll in erster Linie Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 94/414 umgesetzt werden. Im Einzelnen legt Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a Nummern 1 bis 10 Bmw die Voraussetzungen fest, die im Wesentlichen den Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i bis v dieser Richtlinie entsprechen, und Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b bis d Bmw legt Voraussetzungen fest, die den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben c bis e der Richtlinie vorgesehenen entsprechen.
20. Durch Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a Bmw soll Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 91/414 umgesetzt werden.
21. Artikel 4 Absatz 1 Bmw sieht vor, dass Entscheidungen über die Zulassung oder Registrierung von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf Antrag vom College getroffen werden.
22. Artikel 25d Bmw lautet wie folgt:
"1. Ein Schädlingsbekämpfungsmittel, dessen Wirkstoff oder Wirkstoffe durch das College bezeichnet worden sind, ist abweichend von den Artikeln 3 und 3a sowie den Artikeln 4 Absatz 1 und 5 Absatz 1 oder den aufgrund dieser Artikel erlassenen Bestimmungen von dem in Absatz 3 festgelegten Zeitpunkt an von Rechts wegen zugelassen oder registriert.
2. Bei der Bezeichnung eines Wirkstoffs im Sinne von Absatz 1 werden die Wirkungen des betreffenden Wirkstoffs im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a Nummern 3 bis 10 berücksichtigt.
3. Die Zulassung oder Registrierung ... gilt abweichend von Artikel 5 Absatz 1 bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine mit Bezug auf den betreffenden Wirkstoff erlassene Gemeinschaftsmaßnahme im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a spätestens umgesetzt sein muss, mit der Maßgabe, dass sie auf jeden Fall am 26. Juli 2003 abläuft oder aber am 15. Mai 2010, wenn zu dem erstgenannten Zeitpunkt keine Gemeinschaftsmaßnahme erlassen ist, die festlegt, ob der betreffende Wirkstoff als Grundlage eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts verwendet werden darf.
..."
Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen
23. Am 12. Juni 2002 legte die Stichting eine Beschwerde gegen den am selben Tag erlassenen Beschluss ein, mit dem das College eine Liste der Wirkstoffe gemäß Artikel 25d Bmw aufgestellt und von Amts wegen die in dieser Bestimmung bezeichneten Zulassungen erteilt hat.
24. Mit Beschluss vom 12. Mai 2004 erklärte das College die von der Stichting erhobenen Rügen für nicht begründet.
25. Am 28. Mai 2004 erhob die Stichting eine Klage gegen diesen Beschluss beim College van Beroep voor het bedrijfsleven; da dieses im Wesentlichen mit einem die Vereinbarkeit des Artikels 25d Bmw mit den Übergangsregelungen der Richtlinien 91/414 und 98/8 betreffenden Problem befasst war, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1.a) Eignet sich Artikel 8 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie für eine Anwendung durch das nationale Gericht, nachdem die Frist des Artikels 23 dieser Richtlinie abgelaufen ist?
1.b) Eignet sich Artikel 16 der Biozid-Richtlinie für eine Anwendung durch das nationale Gericht, nachdem die Frist des Artikels 34 dieser Richtlinie abgelaufen ist?
2. Ist Artikel 16 der Biozid-Richtlinie so auszulegen, dass er dieselbe Bedeutung hat wie Artikel 8 Absatz 2 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie?
3. Ist Artikel 16 Absatz 1 der Biozid-Richtlinie im Sinne einer Stillhalteverpflichtung auszulegen?
Wenn diese Frage verneint wird:
Ordnet Artikel 16 Absatz 1 der Biozid-Richtlinie Beschränkungen für Änderungen der nationalen Vorschriften über das Inverkehrbringen von Bioziden an und, falls ja, welche Beschränkungen?
4. Falls Frage 2 verneint wird:
a) Ist Artikel 8 Absatz 2 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat, wenn er es zulässt, dass Pflanzenschutzmittel, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind, in seinem Gebiet in den Verkehr gebracht werden, dabei Artikel 4 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie zu beachten hat?
b) Ist Artikel 8 Absatz 2 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie ferner so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat, wenn er es zulässt, dass Pflanzenschutzmittel, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind, in seinem Gebiet in den Verkehr gebracht werden, dabei Artikel 8 Absatz 3 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie zu beachten hat?
5. Ist Artikel 8 Absatz 3 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie so auszulegen, dass unter der Überprüfung auch eine Prüfung zu verstehen ist, bei der die Auswirkungen eines bestimmten Wirkstoffs auf die Gesundheit von Mensch und Tier und auf die Umwelt berücksichtigt werden und auf deren Grundlage der Wirkstoff bezeichnet wird, wobei diese Bezeichnung zur Folge hat, dass Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff enthalten, von Rechts wegen zugelassen oder registriert sind?
6. Ist Artikel 8 Absatz 3 der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie so auszulegen, dass er nur Vorschriften über die Vorlage von Angaben vor einer Überprüfung enthält, oder ist er so zu verstehen, dass die darin genannten Anforderungen auch Bedeutung dafür haben, in welcher Weise eine Überprüfung zu organisieren und durchzuführen ist?
Zu den Vorabentscheidungsfragen
Zur Zulässigkeit
26. In ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen äußert die französische Regierung vorab Zweifel an der Zulässigkeit einiger Vorlagefragen.
27. Sie trägt zunächst vor, das vorlegende Gericht nehme im ersten Teil seiner ersten Frage auf den gesamten Artikel 8 der Richtlinie 91/414 Bezug, ohne näher anzugeben, um welchen der Absätze dieses Artikels, die sich deutlich unterscheidende Sachverhalte erfassten, es gehe. Sodann betreffe Artikel 23 dieser Richtlinie nur die Anwendung des Artikels 10 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich, der sich auf die Verfahren der gegenseitigen Anerkennung im Zusammenhang mit bestimmten Anforderungen des Artikels 4 der Richtlinie 91/414 beziehe. Demzufolge sei der die Auslegung des Artikels 8 dieser Richtlinie betreffende Teil der ersten Frage unzulässig, weil die Antwort für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich sei.
28. Was den zweiten Teil der ersten Frage, aber auch die zweite und die dritte Frage angeht, die sich auf die Auslegung der Richtlinie 98/8 beziehen, vertritt die französische Regierung schließlich die Auffassung, dass sie deshalb unzulässig seien, weil das Ausgangsverfahren Pflanzenschutzmittel und nicht Biozid-Produkte betreffe.
29. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der durch Artikel 234 EG geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, ist, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (vgl. u. a. Urteil vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C-415/93, Bosman, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 59, und vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C-35/99, Arduino, Slg. 2002, I-1529, Randnr. 24).
30. Der Gerichtshof hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass es ihm in Ausnahmefällen obliegt, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem innerstaatlichen Gericht angerufen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 1981 in der Rechtssache 244/80, Foglia, Slg. 1981, 3045, Randnr. 21). Er kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile Bosman, Randnr. 61, und Arduino, Randnr. 25).
31. In der vorliegenden Rechtssache ergibt sich nicht offensichtlich, dass die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen unter einen dieser Tatbestände fallen.
32. Zum einen hat das College van Beroep voor het bedrijfsleven im ersten Teil seiner ersten Frage zwar nicht angegeben, welche Absätze des Artikels 8 der Richtlinie 91/414 es ansprechen wollte, es hat jedoch dem Gerichtshof gegenüber alle Angaben gemacht, die dieser für eine sachdienliche Antwort benötigt. Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich unmissverständlich hervor, dass das College van Beroep voor het bedrijfsleven die Absätze 2 und 3 dieses Artikels 8 insoweit gemeint hat, als sie sich auf Pflanzenschutzmittel beziehen, die nicht in Anhang I der Richtlinie aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe bereits im Handel sind, sowie Artikel 23 Absatz 1 dieser Richtlinie insoweit, als er die Frist für die Umsetzung auf zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie festsetzt.
33. Zum anderen lässt sich nicht die Auffassung vertreten, dass die Auslegung der Richtlinie 98/8 in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits stehe oder dass das vorgelegte Problem hypothetischer Natur sei, da sowohl aus der Vorlageentscheidung als auch aus den Erklärungen der niederländischen Regierung hervorgeht, dass durch Artikel 25d Bmw nicht nur Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414, sondern auch Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 umgesetzt werden soll.
34. Alle Vorlagefragen sind daher zulässig.
Zur materiellen Rechtslage
Zur dritten Frage
35. Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts, die zuerst zu prüfen ist, geht dahin, ob Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 dahin auszulegen ist, dass er eine Stillhalteverpflichtung beinhaltet, oder ob dieser Artikel andere Beschränkungen des Rechts der Mitgliedstaaten enthält, ihre bestehenden Zulassungssysteme während des Übergangszeitraums zu ändern.
36. Die Stichting vertritt die Auffassung, das Fehlen der Wendung "weiterhin seine derzeit ... geltende Regelung oder Praxis anwenden" wie sie sich in Artikel 16 der Richtlinie 98/8 finde, in der Richtlinie 91/414 bedeute, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der letztgenannten Richtlinie geltende Regelung über Zulassungen für das Inverkehrbringen aufrecht erhalten werden müsse. Änderungen seien nur soweit erlaubt, als sie zu einer Regelung führten, die mehr in Einklang mit der Richtlinie 98/8 stehe.
37. Zunächst ist festzustellen, dass das eventuelle Bestehen einer "Stillhalteverpflichtung" sich nicht aus dem Wortlaut des Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 ableiten lässt; dieser Artikel enthält keine dahin gehende ausdrückliche Formulierung.
38. Eine solche "Stillhalteverpflichtung" ergibt sich auch nicht aus der achtzehnten Begründungserwägung der Richtlinie 98/8, wonach zum einen den "Mitgliedstaaten ... die Möglichkeit gegeben werden [muss], Biozid-Produkte, die den genannten Voraussetzungen nicht entsprechen, für einen begrenzten Zeitraum zuzulassen, insbesondere im Fall unvorhergesehener Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt, die mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden können", und zum anderen das "Gemeinschaftsverfahren ... die Mitgliedstaaten nicht daran hindern [sollte], für einen begrenzten Zeitraum Biozid-Produkte in ihrem Gebiet zuzulassen, die einen noch nicht in die Gemeinschaftsliste aufgenommenen Wirkstoff enthalten, sofern sichergestellt ist, dass der Antragsteller den Gemeinschaftsauflagen entsprechende Unterlagen vorlegt und der betreffende Mitgliedstaat der Meinung ist, dass der Wirkstoff und das Biozid-Produkt den von der Gemeinschaft festgelegten Anforderungen entsprechen".
39. Wie die 3M Nederland BV u. a. (im Folgenden: 3M Nederland u. a.), die niederländische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu Recht geltend machen, sieht Artikel 16 Absatz 5 der Richtlinie 98/8 darüber hinaus vor, dass die Bestimmungen der Richtlinie 83/189 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften während des Übergangszeitraums weiter gelten. Außerdem ist festzustellen, dass Artikel 34 Absatz 3 der Richtlinie 98/8 die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Texte der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen, der Kommission zu übermitteln. Da Absatz 1 des letztgenannten Artikels eine spezifische Mitteilung für die innerstaatlichen Maßnahmen vorsieht, die zur Umsetzung der Richtlinie 98/8 erlassen werden, und in Anbetracht der Zielsetzung der Artikel 16 Absatz 5 und 34 Absatz 3 dieser Richtlinie, ist festzustellen, dass durch diese Richtlinie auch andere Änderungen der nationalen Regelungen während des Übergangszeitraums in Betracht gezogen worden sind als diejenigen, mit denen die Richtlinie umgesetzt werden soll.
40. Demzufolge ist die Wendung "weiterhin seine derzeit für das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten geltende Regelung oder Praxis anwenden" in Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 nicht dahin auszulegen, dass sie eine "Stillhalteverpflichtung" beinhaltet.
41. Das Recht der Mitgliedstaaten, ihre Regelungen für die Zulassung von Biozid-Produkten zu ändern, kann aber nicht als unbeschränkt angesehen werden.
42. Vielmehr sind die Mitgliedstaaten zwar nicht verpflichtet, die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie vor Ablauf der dafür vorgesehenen Frist zu erlassen, doch ergibt sich aus Artikel 10 Absatz 2 EG in Verbindung mit Artikel 249 Absatz 3 EG und aus der Richtlinie selbst, dass sie während dieser Frist den Erlass von Vorschriften unterlassen müssen, die geeignet sind, die Erreichung des in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich in Frage zu stellen (Urteil vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache C-129/96, Inter-Environnement Wallonie, Slg. 1997, I-7411, Randnr. 45). Das Gleiche gilt für einen Übergangszeitraum, wie ihn im vorliegenden Fall in Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 vorsieht, während dessen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Regelungen weiter anwenden dürfen, obwohl diese nicht in Einklang mit dieser Richtlinie stehen.
43. Infolgedessen ist es Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob dies bei den nationalen Bestimmungen, deren Rechtmäßigkeit es zu prüfen hat, der Fall ist.
44. Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 dahin auszulegen ist, dass er keine "Stillhalteverpflichtung" beinhaltet. Die Artikel 10 Absatz 2 EG und 249 Absatz 3 EG sowie die Richtlinie 98/8 gebieten jedoch, dass die Mitgliedstaaten während des in Artikel 16 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Übergangszeitraums den Erlass von Vorschriften unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich in Frage zu stellen.
Zur vierten Frage
45. Die in zwei Teile gegliederte vierte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 dahin auszulegen ist, dass ein Mitgliedstaat, wenn er zulässt, dass Pflanzenschutzmittel, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind, in seinem Gebiet in den Verkehr gebracht werden, dabei Artikel 4 oder Artikel 8 Absatz 3 dieser Richtlinie zu beachten hat.
46. Vorab ist festzustellen, dass, wie 3M Nederland u. a., die niederländische Regierung und die Kommission zu Recht geltend machen, Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 abweichend von Artikel 4 dieser Richtlinie gilt und dass in ihm, anders als in Artikel 8 Absatz 1, die Anforderungen nicht angegeben sind, die für die Erteilung einer Zulassung für das Inverkehrbringen erfüllt sein müssen. Nach Artikel 8 Absatz 2 wird jedoch eine solche Zulassung unbeschadet des Artikels 8 Absatz 3 erteilt.
47. Nach diesem Absatz 3 "wenden die Mitgliedstaaten" bei "der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln, die einen Wirkstoff ... enthalten", der nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgeführt ist, und die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind, vor dieser Überprüfung "die Anforderungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b) Ziffern i) bis v) und Buchstaben c), d), e) und f)" an.
48. Eine solche Überprüfung setzt voraus, wie auch 3M Nederland u. a. und die niederländische Regierung vortragen, dass für das Pflanzenschutzmittel bereits eine Zulassung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist und dass diese noch gültig ist. Dies lässt sich insbesondere aus Artikel 4 Absatz 5 der Richtlinie 91/414 ableiten, wonach die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln, deren Wirkstoffe in Anhang I dieser Richtlinie aufgezählt sind, jederzeit überprüft werden können, wenn etwas darauf hindeutet, dass eines der Kriterien für ihre Erteilung nicht mehr erfüllt ist.
49. Wie in Randnummer 39 des Urteils vom 3. Mai 2001 in der Rechtssache C-306/98 (Monsanto, Slg. 2001, I-3279) entschieden worden ist, ziehen zudem die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung, ob Pflanzenschutzmittel zu überprüfen sind, als Maßstab die Anforderungen des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i bis v und Buchstaben c, d, e und f der Richtlinie 91/414 heran.
50. Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 ist demnach dahin auszulegen, dass das in dieser Vorschrift vorgesehene Überprüfungsverfahren ein funktionell mit dieser Überprüfung verknüpftes Vorstadium umfasst, während dessen die Mitgliedstaaten ebenfalls verpflichtet sind, die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i bis v und Buchstaben c, d, e und f dieser Richtlinie vorgesehenen Anforderungen zu beachten. Dieses Stadium unterscheidet sich jedoch von dem in Artikel 8 Absatz 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Zulassungsverfahren.
51. Daher ergibt sich nicht, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i bis v und Buchstaben c, d, e und f der Richtlinie 91/414 zu beachten, wenn sie beschließen, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln zuzulassen, die in Anhang I dieser Richtlinie nicht aufgeführte Wirkstoffe enthalten und die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie bereits im Handel waren. Daher gilt für die Erteilung dieser Zulassung für das Inverkehrbringen grundsätzlich das auf nationaler Ebene festgelegte Verfahren.
52. Die dänische und die französische Regierung machen jedoch im Wesentlichen geltend, die Verpflichtung, bei einem Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel aufgrund von Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 die in Artikel 8 Absatz 3 genannten Bestimmungen des Artikels 4 dieser Richtlinie zu beachten, ergebe sich aus den Wendungen "unbeschadet des Absatzes 3" in Verbindung mit "[b]ei der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln, die einen Wirkstoff gemäß Absatz 2 enthalten" in den Absätzen 2 bzw. 3 dieses Artikels 8.
53. Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen.
54. Wie der Generalanwalt in den Nummern 70 bis 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wird durch die Verweisung in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 auf Absatz 3 dieses Artikels lediglich festgestellt, dass die Pflanzenschutzmittel, die aufgrund dieses Absatzes 2 gemäß den Anforderungen des innerstaatlichen Rechts zugelassen sind, dem Verfahren und den spezifischen Bedingungen der Überprüfung nicht entzogen sind, die in Absatz 3 dieses Artikels 8 festgelegt sind. Parallel dazu bedeutet die Wendung "[b]ei der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln, die einen Wirkstoff gemäß Absatz 2 enthalten", dass das in Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 vorgesehene Überprüfungsverfahren für Pflanzenschutzmittel gilt, die in Anhang I dieser Richtlinie nicht aufgeführte Wirkstoffe enthalten und die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie bereits im Handel sind. Dieses Verfahren erfasst also die gemäß Absatz 2 dieses Artikels 8 zugelassenen Mittel.
55. Diese Auslegung steht in Einklang mit der Systematik und der Zielsetzung der durch die Richtlinie 91/414 eingeführten Übergangsregelung, die selbst für Pflanzenschutzmittel, die in ihrem Anhang I nicht aufgeführt sind und die demzufolge auf der Grundlage des Artikels 8 Absatz 2 dieser Richtlinie zugelassen waren, ein Überprüfungsverfahren vorsieht, das unter einigen Gesichtspunkten dem in Artikel 4 Absatz 5 dieser Richtlinie vorgesehenen gewöhnlichen Überprüfungsverfahren entspricht.
56. Außerdem bestimmt Artikel 13 Absatz 6 der Richtlinie 91/414, was die Anforderungen für die Vorlage von Angaben angeht, die für denjenigen gelten, der eine Zulassung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels beantragt, dass die Mitgliedstaaten unter Einhaltung der Bedingungen des EG-Vertrags weiterhin die bisherigen innerstaatlichen Anforderungen für die Vorlage von Angaben anwenden können, so lange diese Stoffe nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführt sind.
57. Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 dahin auszulegen ist, dass ein Mitgliedstaat, wenn er zulässt, dass Pflanzenschutzmittel, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführte Wirkstoffe enthalten und die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel waren, in seinem Gebiet in den Verkehr gebracht werden, dabei Artikel 4 oder Artikel 8 Absatz 3 dieser Richtlinie nicht zu beachten braucht.
Zur zweiten Frage
58. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts, die anschließend zu prüfen ist, geht im Wesentlichen dahin, ob die in Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 und in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 vorgesehenen Übergangsregelungen trotz unterschiedlicher Formulierungen dieselbe Bedeutung haben.
59. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, dass nach der zwanzigsten Begründungserwägung der Richtlinie 98/8 eine enge Abstimmung mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, insbesondere mit der Richtlinie 91/414, zu gewährleisten ist.
60. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 und Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 es den Mitgliedstaaten ermöglichen sollen, während des in diesen beiden Richtlinien festgelegten Übergangszeitraums die bestehenden nationalen Verfahren für die Zulassung des Inverkehrbringens der Produkte anzuwenden, die von diesen Richtlinien erfasst werden und die auf Gemeinschaftsebene noch nicht bewertete Wirkstoffe enthalten.
61. Demzufolge deutet nichts darauf hin, dass die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers dahin ging, diesen Vorschriften eine unterschiedliche Bedeutung zu geben.
62. Diese Auslegung wird durch die Randnummern 43 und 44 des Urteils Monsanto bestätigt, in denen der Gerichtshof entschieden hat, dass die durch Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 eingeführte Übergangsregelung mit der in Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 getroffenen Regelung übereinstimmt.
63. Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 die gleiche Bedeutung wie Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 hat.
Zur fünften Frage
64. Die fünfte Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob unter einer Überprüfung im Sinne von Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 auch eine Bewertung im Sinne von Artikel 25d Absatz 2 Bmw zu verstehen ist, auf deren Grundlage ein Wirkstoff bezeichnet werden kann, wobei diese Bezeichnung zur Folge hat, dass ihn enthaltende Pflanzenschutzmittel von Rechts wegen zugelassen oder registriert sind.
65. Die Stichting vertritt die Auffassung, die Bezeichnung der Wirkstoffe im Sinne von Artikel 25d Bmw sei als eine Zulassung im Sinne der Artikel 3, 4 und 8 der Richtlinie 91/414 anzusehen. Die französische Regierung ist der Ansicht, vom Begriff der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln, die einen Wirkstoff gemäß Artikel 8 Absatz 2 dieser Richtlinie enthielten, müsse nicht nur die Überprüfung von Mitteln erfasst werden, für die bereits eine Zulassung für das Inverkehrbringen vorliege, sondern auch die Prüfung von neuen Mitteln, für die noch keine Zulassung vorliege und die einen Wirkstoff enthielten, der bereits in Mitteln verwendet werde, für die eine Zulassung aufgrund der letztgenannten Vorschrift erteilt worden sei. Die Kommission macht geltend, ebenso wie bei dem in Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 vorgesehenen Verfahren der Überprüfung von Mitteln sei Auslöser der Bewertung der Wirkstoffe im Sinne von Artikel 25d Bmw eine Initiative der nationalen Behörden. Demzufolge gelangen die Stichting, die französische Regierung und die Kommission zu dem Ergebnis, dass diese Bewertung eine Überprüfung sei und bei ihr die Anforderungen des Artikels 8 Absatz 3 zu beachten seien.
66. 3M Nederland u. a. sowie die niederländische Regierung sind dagegen der Auffassung, dass Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 und Artikel 25d Bmw nach Gegenstand und Anwendungsbereich verschieden seien. Der erste dieser Artikel gelte nämlich nur bei der Überprüfung von Mitteln, für die noch eine gültige Zulassung bestehe, was durch Randnummer 34 des Urteils Monsanto bestätigt werde, während der zweite nur für Schädlingsbekämpfungsmittel gelte, deren Zulassungen ausliefen. Darüber hinaus könnten in Anbetracht der Unterschiede bei der Definition der Begriffe "Überprüfung" und "Prüfung" weder die automatischen Verlängerungen der Zulassungen noch die Bewertung der Wirkstoffe, bei der gemäß Artikel 25d Bmw die Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf die Umwelt berücksichtigt würden, als Überprüfungen im Sinne von Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 angesehen werden.
67. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Überprüfung im Sinne der Richtlinie 91/414 - wie bereits in Randnummer 48 des vorliegenden Urteils entschieden worden ist - voraussetzt, dass für das betreffende Pflanzenschutzmittel bereits eine Zulassung erteilt worden ist und dass diese im Zeitpunkt der Überprüfung noch wirksam ist.
68. Außerdem ergibt sich aus Artikel 4 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414, dass Gegenstand dieser Überprüfung keine neue Bewertung eines einzelnen Wirkstoffs ist, sondern eine solche des Pflanzenschutzmittels als Endprodukt und dass eine derartige Überprüfung auf Initiative der nationalen Behörden und nicht der betroffenen Einzelnen vorgenommen wird.
69. Auf die fünfte Frage ist daher zu antworten, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu beurteilen, ob die in Artikel 25d Absatz 2 Bmw vorgesehene Bewertung allen Merkmalen der Überprüfung im Sinne von Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 und insbesondere denjenigen entspricht, die in den Randnummern 67 und 68 des vorliegenden Urteils angegeben sind.
Zur sechsten Frage
70. Die sechste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 nur Vorschriften für die Vorlage von Angaben vor einer Überprüfung enthält oder ob er dahin auszulegen ist, dass die in ihm aufgestellten Anforderungen auch Bedeutung dafür haben, in welcher Weise eine Überprüfung zu organisieren und durchzuführen ist.
71. Bereits in Randnummer 47 des vorliegenden Urteils ist darauf hingewiesen worden, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 bei der Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln, die einen nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführten Wirkstoff enthalten und die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind, vor dieser Überprüfung die Anforderungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i bis v und Buchstaben c, d, e und f anwenden. Außerdem geht aus Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 hervor, dass die Mitgliedstaaten diese Anforderungen im Einklang mit den einzelstaatlichen Bestimmungen über die vorzulegenden Angaben anwenden.
72. Die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b bis e der Richtlinie 91/414 vorgesehenen Anforderungen betreffen die Sicherheit und die Wirksamkeit der Pflanzenschutzmittel. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe f dieser Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Rückstandshöchstwerte festzulegen und sie der Kommission zur Genehmigung mitzuteilen. Nach Maßgabe dieser Kriterien beschließen die Mitgliedstaaten, eine Überprüfung von Pflanzenschutzmitteln vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil Monsanto, Randnr. 39).
73. Darüber hinaus ist festzustellen, dass - wie der Generalanwalt in Nummer 88 seiner Schlussanträge ausgeführt hat - Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 keine Regelung der Frage enthält, wie die Überprüfung zu organisieren und durchzuführen ist.
74. Somit ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 dahin auszulegen ist, dass er nur Bestimmungen über die Vorlage von Angaben vor einer Überprüfung enthält.
Zur ersten Frage
75. Die erste Frage des vorlegenden Gerichts, die in zwei Teile gegliedert ist, geht im Wesentlichen dahin, ob Artikel 8 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 91/414 und Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 nach Ablauf der Fristen für die Umsetzung dieser Richtlinien im innerstaatlichen Recht unmittelbare Wirkung entfalten.
76. In Anbetracht der auf die anderen Fragen gegebenen Antworten ist diese erste Frage nicht zu beantworten.
77. Nach ständiger Rechtsprechung obliegen die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 10 EG, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in diesen Staaten, und zwar im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten (vgl. u. a. Urteile vom 10. April 1984 in der Rechtssache 14/83, Von Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891, Randnr. 26, und vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135, Randnr. 8).
78. Deshalb muss ein nationales Gericht, wenn es das innerstaatliche Recht und insbesondere die Bestimmungen einer Regelung wie der im vorliegenden Fall betroffenen anwendet, die spezifisch zur Umsetzung der Anforderungen einer Richtlinie erlassen worden ist, seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie ausrichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und damit Artikel 249 Absatz 3 EG nachzukommen (siehe in diesem Sinne u. a. Urteile Von Colson und Kamann, Randnr. 26, und Marleasing, Randnr. 8).
Kostenentscheidung:
Kosten
79. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten ist dahin auszulegen, dass er keine "Stillhalteverpflichtung" beinhaltet. Die Artikel 10 Absatz 2 EG und 249 Absatz 3 EG sowie die Richtlinie 98/8 gebieten jedoch, dass die Mitgliedstaaten während des in Artikel 16 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Übergangszeitraums den Erlass von Vorschriften unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich in Frage zu stellen.
2. Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat, wenn er zulässt, dass Pflanzenschutzmittel, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführte Wirkstoffe enthalten und die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel waren, in seinem Gebiet in den Verkehr gebracht werden, dabei Artikel 4 oder Artikel 8 Absatz 3 dieser Richtlinie nicht zu beachten braucht.
3. Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 hat die gleiche Bedeutung wie Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414.
4. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob die in Artikel 25d Absatz 2 des Gesetzes über Schädlingsbekämpfungsmittel (Bestrijdingsmiddelenwet) von 1962 vorgesehene Bewertung allen Merkmalen der Überprüfung im Sinne von Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 entspricht.
5. Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 91/414 ist dahin auszulegen, dass er nur Bestimmungen über die Vorlage von Angaben vor einer Überprüfung enthält.
6. Die erste Frage ist nicht zu beantworten.
Ende der Entscheidung
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