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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 02.03.1994
Aktenzeichen: C-316/91
Rechtsgebiete: EWGV, Finanzregelung 91/491/EWG


Vorschriften:

EWGV Art. 173
EWGV Art. 209
Finanzregelung 91/491/EWG Art. 32
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Nichtigkeitsklage muß gegen alle von den Organen erlassenen Bestimmungen, die Rechtswirkungen erzeugen sollen, gegeben sein, unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder ihrer Form und unabhängig von der Frage, ob die Handlung von dem Organ aufgrund von Bestimmungen des Vertrages vorgenommen worden ist.

2. Das Parlament ist befugt, beim Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage gegen eine Handlung des Rates oder der Kommission zu erheben, sofern diese Klage lediglich auf den Schutz seiner Befugnisse gerichtet ist und nur auf Klagegründe gestützt wird, mit denen die Verletzung dieser Befugnisse geltend gemacht wird. Diese Voraussetzung ist erfuellt, wenn das Parlament den Gegenstand seiner zu schützenden Befugnis und die behauptete Verletzung dieser Befugnis schlüssig darlegt.

Das Recht, gemäß einer Bestimmung des Vertrages angehört zu werden, stellt eine derartige Befugnis dar. Die Vornahme einer Handlung auf einer Rechtsgrundlage, die keine obligatorische Anhörung vorsieht, kann diese Befugnis selbst dann verletzen, wenn eine fakultative Anhörung stattgefunden hat. Denn die ordnungsgemässe Anhörung des Parlaments in den im Vertrag vorgesehenen Fällen ist eines der Mittel, die ihm eine wirksame Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren der Gemeinschaft ermöglichen.

3. Da die Zuständigkeit der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe keine ausschließliche ist, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, selbst Verpflichtungen gegenüber den Drittländern, kollektiv oder individuell und sogar zusammen mit der Gemeinschaft, einzugehen.

Das von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den AKP-Staaten andererseits geschlossene Vierte AKP-EWG-Abkommen von Lomé hat eine "AKP-EWG"-Zusammenarbeit im wesentlichen bilateraler Natur eingeführt. Vorbehaltlich der im Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen sind die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten als Partner der AKP-Staaten gemeinsam gegenüber diesen Staaten für die Erfuellung aller eingegangenen Verpflichtungen einschließlich derjenigen, die sich auf die Finanzhilfe beziehen, verantwortlich.

4. Die Durchführung der in Artikel 231 des Vierten AKP-EWG-Abkommens von Lomé und in Artikel 1 des Finanzprotokolls im Anhang zu diesem Abkommen vorgesehenen Finanzhilfe fällt in eine Zuständigkeit, in die sich die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten teilen, und es ist ihre Sache, die Quelle und die Modalitäten der Finanzierung zu wählen. Diese Wahl ist durch das Interne Abkommen 91/401 über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des Vierten AKP-EWG-Abkommens getroffen worden, dessen Durchführungsbestimmungen in der Finanzregelung festgelegt worden sind, die der Rat gemäß Artikel 32 des Internen Abkommens erlassen hat.

Artikel 1 des Internen Abkommens bestimmt, daß die Mitgliedstaaten einen siebten Europäischen Entwicklungsfonds einrichten, und setzt den Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten zu diesem Fonds fest. Somit werden die notwendigen Ausgaben für die Finanzhilfe der Gemeinschaft unmittelbar von den Mitgliedstaaten übernommen. Deshalb stellen diese Ausgaben keine Ausgaben der Gemeinschaft dar, die in den Gemeinschaftshaushaltsplan eingestellt werden müssten und auf die Artikel 209 EWG-Vertrag anzuwenden wäre.

Daher brauchte die Finanzregelung nicht auf der Grundlage von Artikel 209 erlassen zu werden, und ihr Erlaß setzte somit keine obligatorische Anhörung des Parlaments voraus.

Infolgedessen kann dem Rat nicht vorgeworfen werden, er habe die Befugnisse des Parlaments dadurch verletzt, daß er nur eine fakultative Anhörung vorgenommen hat.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 2. MAERZ 1994. - EUROPAEISCHES PARLAMENT GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - NICHTIGKEITSKLAGE - PARLAMENT - ZULAESSIGKEITSVORAUSSETZUNGEN - HANDLUNG DES RATES - ABKOMMEN VON LOME - FINANZREGELUNG - RECHTSGRUNDLAGE. - RECHTSSACHE C-316/91.

Entscheidungsgründe:

1 Das Europäische Parlament hat mit Klageschrift, die am 6. Dezember 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Finanzregelung 91/491/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 für die Zusammenarbeit bei der Entwicklungsfinanzierung im Rahmen des Vierten AKP-EWG-Abkommens (ABl. L 266, S. 1).

2 Das Vierte AKP-EWG-Abkommen wurde am 15. Dezember 1989 in Lomé unterzeichnet (ABl. 1991, L 229, S. 3). Die finanzielle Zusammenarbeit ist im Dritten Teil Titel III Kapitel 2 geregelt. Artikel 231 verweist für den Betrag des Gesamtbeitrags auf das Finanzprotokoll im Anhang zum Abkommen. Dieser Betrag wurde auf 12 000 Millionen ECU festgesetzt. Die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten schlossen am 16. Juli 1990 ein Internes Abkommen 91/401/EWG über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des Vierten AKP-EWG-Abkommens (ABl. 1991, L 229, S. 288). Nach diesem Internen Abkommen errichteten die Mitgliedstaaten einen 7. Europäischen Entwicklungsfonds (1990, im folgenden: EEF).

3 Gemäß Artikel 32 des Internen Abkommens werden die Durchführungsbestimmungen zu diesem Abkommen in einer Finanzregelung festgelegt, die der Rat mit der in Artikel 21 Absatz 4 vorgesehenen qualifizierten Mehrheit anhand eines Entwurfs der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Investitionsbank zu den sie betreffenden Bestimmungen sowie nach Anhörung des Rechnungshofs erlässt. Diese Finanzregelung, deren Nichtigerklärung das Europäische Parlament begehrt, wurde vom Rat am 29. Juli 1991 erlassen.

4 Das Parlament beantragt mit seiner Klage die Feststellung, daß die im Vierten AKP-EWG-Abkommen als Entwicklungshilfe vorgesehenen Ausgaben solche der Gemeinschaft seien und deshalb in die gemäß Artikel 209 EWG-Vertrag erlassene Haushaltsordnung einzubeziehen seien.

5 Mit besonderem Schriftsatz hat der Rat beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen, weil es sich zum einen nicht um eine Handlung des Rates im Sinne von Artikel 173 EWG-Vertrag handele und zum anderen das Parlament im vorliegenden Fall nicht klagebefugt sei. Der Gerichtshof hat die Entscheidung über diese Einrede mit Beschluß vom 30. September 1992 dem Endurteil vorbehalten.

Zulässigkeit

6 Der Rat und die spanische Regierung bestreiten die Zulässigkeit der Klage aus zwei Gründen.

7 Erstens macht der Rat geltend, daß die Finanzregelung keine gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag anfechtbare Handlung sei. Zwar gehe es bei der Handlung um eine solche des Rates, doch sei sie nicht auf den Vertrag gestützt worden, sondern auf eine dem Rat durch eine Bestimmung einer internationalen Übereinkunft, an der alle Mitgliedstaaten teilgenommen hätten, erteilte Ermächtigung.

8 Es ist zu bemerken, daß die Nichtigkeitsklage nach ständiger Rechtsprechung gegen alle von den Organen erlassenen Bestimmungen, die Rechtswirkungen erzeugen sollen, unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder ihrer Form gegeben sein muß (vgl. Urteil vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263, Randnr. 42).

9 Daher ist eine Klage des Parlaments gegen eine Handlung eines Organs, die Rechtswirkungen erzeugen soll, unabhängig von der Frage zulässig, ob die Handlung von dem Organ aufgrund von Bestimmungen des Vertrages vorgenommen worden ist.

10 Zweitens vertritt der Rat die Ansicht, daß sich das Parlament nicht auf eine Verletzung seiner Befugnisse berufen könne, weil sehr wohl eine Anhörung stattgefunden habe, wenn auch auf fakultativer Basis.

11 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil vom 22. Mai 1990 in der Rechtssache C-70/88, Parlament/Rat, Slg. 1990, I-2041, Randnr. 21) die Verträge ein System der Zuständigkeitsverteilung zwischen den verschiedenen Organen der Gemeinschaft geschaffen haben, das jedem Organ seinen eigenen Auftrag innerhalb des institutionellen Gefüges der Gemeinschaft und bei der Erfuellung der der Gemeinschaft übertragenen Aufgaben zuweist.

12 Es obliegt dem Gerichtshof, dieses institutionelle Gleichgewicht zu erhalten, indem er die volle Anwendung der Vertragsbestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung sichert. Der Gerichtshof hat daher in seinem Urteil Parlament/Rat (a. a. O., Randnr. 27) die Nichtigkeitsklage des Parlaments gegen eine Handlung des Rates oder der Kommission für zulässig erklärt, sofern diese Klage lediglich auf den Schutz seiner Befugnisse gerichtet ist und nur auf Klagegründe gestützt wird, mit denen die Verletzung dieser Befugnisse geltend gemacht wird.

13 Diese Voraussetzung ist erfuellt, wenn das Parlament den Gegenstand seiner zu schützenden Befugnis und die behauptete Verletzung dieser Befugnis schlüssig darlegt.

14 Im vorliegenden Fall macht das Parlament geltend, daß seine Befugnis in einer Verpflichtung bestanden habe, beim Erlaß der Finanzregelung, deren Rechtsgrundlage Artikel 209 EWG-Vertrag hätte sein müssen, der die Anhörung des Parlaments vorschreibe, angehört zu werden. Durch den Erlaß dieser Regelung auf der Grundlage von Artikel 32 des Internen Abkommens, der eine solche Anhörung nicht vorschreibe, habe der Rat diese Befugnis verletzt.

15 Dem Vorbringen des Rates, daß er die Befugnisse des Parlaments nicht verletzt habe, weil er es tatsächlich angehört habe, kann nicht gefolgt werden.

16 Das Recht, gemäß einer Bestimmung des Vertrages angehört zu werden, stellt eine Befugnis des Parlaments dar. Die Vornahme einer Handlung auf einer Rechtsgrundlage, die eine solche Anhörung nicht vorsieht, kann diese Befugnis selbst dann verletzen, wenn eine fakultative Anhörung stattgefunden hat.

17 Denn die ordnungsgemässe Anhörung des Parlaments in den im Vertrag vorgesehenen Fällen ist eines der Mittel, die ihm eine wirksame Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren der Gemeinschaft ermöglichen (vgl. "Isoglucose"-Urteile vom 29. Oktober 1980 in der Rechtssache 138/79, Roquette Frères/Rat, Slg. 1980, 3333, Randnr. 33, und in der Rechtssache 139/79, Maizena/Rat, Slg. 1980, 3393, Randnr. 34).

18 Im übrigen wäre bei einer Anhörung des Parlaments nach Artikel 209 EWG-Vertrag eine Sonderbestimmung anwendbar. Nach Artikel 127 der Haushaltsordnung des Rates vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 356, S. 1, und ABl. 1991, C 80, S. 1 - Veröffentlichung der konsolidierten Fassung) wird jedwede Haushaltsordnung zur Änderung dieser Haushaltsordnung vom Rat erst nach Anwendung des Konzertierungsverfahrens, sofern das Europäische Parlament dieses beantragt, genehmigt.

19 Daher ist festzustellen, daß die Klage des Parlaments zulässig ist.

Begründetheit

20 Der Dritte Teil Titel III des Abkommens regelt die Zusammenarbeit bei der Entwicklungsfinanzierung. Für die Ziele dieses Titels wird gemäß Artikel 231 des Abkommens in dem Finanzprotokoll im Anhang zu diesem Abkommen ein Betrag als "Gesamtbeitrag der Gemeinschaft" festgesetzt.

21 Das Parlament macht geltend, aus dem Wortlaut von Artikel 231 des Abkommens, der in Artikel 1 des Finanzprotokolls wiederholt werde, gehe hervor, daß die Gemeinschaft als solche gegenüber den AKP-Staaten im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Entwicklungsfinanzierung eine andere völkerrechtliche Verpflichtung übernommen habe als die Mitgliedstaaten.

22 Die zu gewährenden finanziellen Mittel stellten somit Ausgaben der Gemeinschaft dar, die in den Gemeinschaftshaushaltsplan einzustellen seien und für die die entsprechenden Durchführungsbestimmungen des Vertrages, insbesondere Artikel 209, gälten.

23 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

24 Es ist zwischen der Frage, wer sich gegenüber den AKP-Staaten verpflichtet hat, und der Frage zu unterscheiden, ob die Gemeinschaft oder ihre Mitgliedstaaten die eingegangene Verpflichtung zu erfuellen haben. Für die Antwort auf die erste Frage sind eine Auslegung des Abkommens und die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten auf dem betreffenden Gebiet nach dem Gemeinschaftsrecht maßgebend, während die Antwort auf die zweite Frage nur von dieser Zuständigkeitsverteilung abhängt.

25 Zunächst ist die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe zu untersuchen.

26 Die Zuständigkeit der Gemeinschaft auf diesem Gebiet ist keine ausschließliche. Die Mitgliedstaaten sind deshalb berechtigt, selbst Verpflichtungen gegenüber den Drittländern, kollektiv oder individuell und sogar zusammen mit der Gemeinschaft, einzugehen.

27 Wie die spanische Regierung ausführt, wird diese Feststellung durch den neuen Titel XVII des EG-Vertrags, eingeführt durch den Vertrag über die Europäische Union, bestätigt, dessen Artikel 130x die Koordinierung der Politik der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit, die Abstimmung ihrer Hilfsprogramme und die Möglichkeit gemeinsamer Maßnahmen vorsieht.

28 Sodann ist das Abkommen auszulegen, um die verpflichteten Parteien zu ermitteln.

29 Das Abkommen ist nach seiner Präambel und seinem Artikel 1 von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den AKP-Staaten andererseits geschlossen worden. Es hat eine "AKP-EWG"-Zusammenarbeit im wesentlichen bilateraler Natur eingeführt. Unter diesen Umständen sind, vorbehaltlich der im Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen, die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten als Partner der AKP-Staaten gemeinsam gegenüber diesen Staaten für die Erfuellung aller eingegangenen Verpflichtungen einschließlich derjenigen, die sich auf die Finanzhilfe beziehen, verantwortlich.

30 Zwar gebraucht Artikel 231 des Abkommens ebenso wie Artikel 1 des Finanzprotokolls den Begriff "Gesamtbeitrag der Gemeinschaft" bzw. "Gesamtbetrag der Finanzhilfe der Gemeinschaft"; jedoch wird in mehreren anderen Bestimmungen der Begriff "Gemeinschaft" verwendet, um die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam zu bezeichnen.

31 So sieht Artikel 338 des Abkommens, ohne nach dem Gegenstand der Beratungen zu unterscheiden, vor, daß sich der Ministerrat des Zusammenschlusses im gegenseitigen Einvernehmen der Gemeinschaft einerseits und der AKP-Staaten andererseits äussert. Ferner bestimmt Artikel 367 des Abkommens ohne nähere Angabe, daß das Abkommen von der Gemeinschaft gekündigt werden kann.

32 Schließlich gilt nach Artikel 223 des Abkommens auf dem Gebiet der Zusammenarbeit bei der Entwicklungsfinanzierung, soweit das Abkommen nichts anderes bestimmt, jede Entscheidung, die der Zustimmung einer der Vertragsparteien bedarf, als angenommen, wenn diese nicht innerhalb von 60 Tagen nach der Notifizierung durch die andere Vertragspartei ihre Zustimmung erteilt hat.

33 Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß gemäß der im wesentlichen bilateralen Natur der Zusammenarbeit die Verpflichtung, die "Finanzhilfe der Gemeinschaft" zu gewähren, der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten gemeinsam obliegt.

34 Zur Frage, ob es Sache der Gemeinschaft oder ihrer Mitgliedstaaten ist, diese Verpflichtung zu erfuellen, ist darauf hinzuweisen, daß, wie bereits in Randnummer 26 festgestellt worden ist, die Zuständigkeit der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe keine ausschließliche ist, so daß die Mitgliedstaaten berechtigt sind, ihre Zuständigkeiten in dieser Hinsicht gemeinsam auszuüben, um die den AKP-Staaten zu gewährende Finanzhilfe zu übernehmen.

35 Somit fällt die Durchführung der in Artikel 231 des Abkommens und in Artikel 1 des Finanzprotokolls vorgesehenen Finanzhilfe in eine Zuständigkeit, in die sich die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten teilen, und es ist ihre Sache, die Quelle und die Modalitäten der Finanzierung zu wählen.

36 Diese Wahl ist durch das Interne Abkommen 91/401 über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des Vierten AKP-EWG-Abkommens getroffen worden, dessen Durchführungsbestimmungen in der Finanzregelung festgelegt worden sind, die der Rat gemäß Artikel 32 des Internen Abkommens erlassen hat.

37 Artikel 1 des Internen Abkommens bestimmt, daß die Mitgliedstaaten den EEF einrichten, und setzt den Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten zu diesem Fonds fest. Artikel 10 betraut die Kommission mit der Verwaltung des EEF, während nach Artikel 33 Absatz 2 der Rechnungshof seine Befugnisse auch in bezug auf die Geschäfte des EEF ausübt und nach Artikel 33 Absatz 3 die Entlastung bei der Finanzverwaltung des EEF der Kommission vom Parlament auf Empfehlung des Rates erteilt wird.

38 Somit werden die notwendigen Ausgaben für die Finanzhilfe der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 231 des Abkommens und des Artikels 1 des Finanzprotokolls unmittelbar von den Mitgliedstaaten übernommen und von einem Fonds verteilt, den sie im gemeinsamen Einvernehmen errichtet haben und zu dessen Verwaltung sich die Gemeinschaftsorgane nach diesem Abkommen zusammengeschlossen haben.

39 Deshalb stellen diese Ausgaben keine Ausgaben der Gemeinschaft dar, die in den Gemeinschaftshaushaltsplan eingestellt werden müssten und auf die Artikel 209 EWG-Vertrag anzuwenden wäre.

40 Das Parlament hat ausserdem geltend gemacht, daß sich der Gemeinschaftscharakter der Ausgaben aus allen Aspekten des für ihre Verwaltung und Verwendung vorgesehenen Verfahrens ergebe. So werde aus der Entstehungsgeschichte, der äusseren Form, dem Entscheidungsverfahren sowie dem Inhalt der Finanzregelung deutlich, daß diese einen sehr engen Zusammenhang mit den Gemeinschaftshandlungen aufweise.

41 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Keine Bestimmung des Vertrages hindert die Mitgliedstaaten daran, ausserhalb seines Rahmens Verfahrenselemente anzuwenden, die sich an den Vorschriften für die Gemeinschaftsausgaben orientieren, und die Gemeinschaftsorgane an einem solchen Verfahren zu beteiligen (vgl. Urteil vom 30. Juni 1993 in den Rechtssachen C-181/91 und C-248/91, Parlament/Rat und Kommission, Slg. 1993, I-3685).

42 Nach allem brauchte die Finanzregelung nicht auf der Grundlage von Artikel 209 EWG-Vertrag erlassen zu werden. Somit ist keine Befugnis des Parlaments verletzt worden. Die Klage ist daher als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

43 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Das Königreich Spanien, Streithelfer, trägt nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Das Europäische Parlament trägt die Kosten des Verfahrens. Das Königreich Spanien, Streithelfer, trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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