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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 04.05.2004
Aktenzeichen: C-335/04
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft


Vorschriften:

EG Art. 226
Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft Art. 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)

4. Mai 2005(*)

"Vertragsverletzung - Richtlinie 2000/43/EG - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist"

Parteien:

In der Rechtssache C-335/04

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 30. Juli 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und H. Kreppel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter P. Kuris und J. Klucka (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen, oder jedenfalls diese Bestimmungen nicht der Kommission mitgeteilt hat.

2 Nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie bis zum 19. Juli 2003 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen.

3 Da die Kommission nicht von den zur Umsetzung der Richtlinie in österreichisches Recht erlassenen Bestimmungen in Kenntnis gesetzt wurde, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren des Artikels 226 EG ein. Nachdem sie die Republik Österreich zur Äußerung gemahnt hatte, gab die Kommission am 5. Februar 2004 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Notifizierung nachzukommen.

4 In Beantwortung dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme teilten die österreichischen Behörden der Kommission mit Schreiben vom 26. März 2004 mit, dass Umsetzungsgesetze voraussichtlich noch vor dem Sommer verabschiedet und noch im zweiten Quartal 2004 in Kraft treten würden.

5 Da die Kommission keine weitere Nachricht von den österreichischen Behörden erhielt, die den Schluss darauf zugelassen hätte, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie getroffen worden wären, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Zur Klage

6 Die österreichische Regierung stellt zwar die der Republik Österreich zur Last gelegte Vertragsverletzung nicht in Abrede, macht jedoch im Wesentlichen geltend, dass die Zuständigkeiten in dem von der Richtlinie geregelten Bereich zwischen den Ländern und dem Bund verteilt seien, wobei Letzterer nach innerstaatlichem Recht nicht befugt sei, die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen an Stelle der Länder zu treffen.

7 Was den Bund angehe, so sei die Richtlinie zum einen durch das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung und die Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Arbeitsleben (BGBl. I, 66/2004), der Kommission notifiziert am 28. Juli bzw. am 1. September 2004, und zum anderen durch die Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung (BGBl. I, 65/2004), der Kommission ebenfalls am 1. September 2004 notifiziert, umgesetzt worden.

8 Die österreichische Regierung gibt des Weiteren in der Klagebeantwortung detailliert den Stand der Umsetzung der Richtlinie in den einzelnen Ländern wieder. Sie legt dar, angesichts des bemerkenswerten Fortschritts dieses Umsetzungsprozesses sei die Klage teilweise abzuweisen, gegebenenfalls nach formaler Notifizierung der innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen an die Kommission.

9 Hierzu ist daran zu erinnern, dass sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung einschließlich solcher, die sich aus seinem bundesstaatlichen Aufbau ergeben, berufen kann, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteile vom 11. Oktober 2001 in der Rechtssache C-111/00, Kommission/Österreich, Slg. 2001, I-7555, Randnr. 12, und vom 17. Januar 2002 in der Rechtssache C-423/00, Kommission/Belgien, Slg. 2002, I-593, Randnr. 16). Auch wenn nämlich jeder Mitgliedstaat die internen Gesetzgebungsbefugnisse so verteilen kann, wie er es für richtig hält, bleibt er doch nach Artikel 226 EG der Gemeinschaft gegenüber für die Beachtung der sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Verpflichtungen allein verantwortlich (Urteil vom 16. Januar 2003 in der Rechtssache C-388/01, Kommission/Italien, Slg. 2003, I-721, Randnr. 27).

10 Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich außerdem, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war, und dass der Gerichtshof spätere Veränderungen nicht berücksichtigen kann, auch wenn damit eine korrekte Umsetzung der Richtlinie, die Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens ist, bewirkt worden ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Kommission/Österreich, Randnrn. 13 und 14, und Urteil vom 2. Oktober 2003 in der Rechtssache C-322/00, Kommission/Niederlande, Slg. 2003, I-11267, Randnrn. 50 und 51).

11 Im vorliegenden Fall steht indessen fest, dass die Republik Österreich ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie nicht erfüllt hat, da zum einen bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Zweimonatsfrist in bestimmten Ländern noch nicht alle zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen getroffen waren und zum anderen, was den Bund angeht, die bereits getroffenen Maßnahmen der Kommission erst am 28. Juli und am 1. September 2004 und damit nach Ablauf dieser Zweimonatsfrist notifiziert worden sind.

12 Unter diesen Umständen ist die Klage der Kommission begründet.

13 Aufgrund dessen ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

14 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, der Republik Österreich die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Republik Österreich die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft verstoßen, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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