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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.02.1996
Aktenzeichen: C-342/93
Rechtsgebiete: EWGV, Richtlinie 75/117/EWG, Richtlinie 76/207/EWG


Vorschriften:

EWGV Art. 119
Richtlinie 75/117/EWG Art. 1
Richtlinie 76/207/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Begriff "Entgelt" im Sinne des Artikels 119 des Vertrages und der Richtlinie 75/117 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen umfasst alle Vergünstigungen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar und unmittelbar zahlt. Zu diesen Vergünstigungen gehören insbesondere die vom Arbeitgeber aufgrund von Rechtsvorschriften und aufgrund des Vorliegens von Arbeitsverträgen gezahlten Vergünstigungen, die den Arbeitnehmern ein Einkommen sichern sollen, selbst wenn sie in besonderen gesetzlich vorgesehenen Fällen keine in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehene Tätigkeit ausüben.

Die Leistung, die der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin aufgrund der gesetzlichen Vorschriften oder der Tarifverträge während ihres Mutterschaftsurlaubs zahlt, fällt somit unter den Begriff "Entgelt".

2. Der in Artikel 119 des Vertrages niedergelegte und in der Richtlinie 75/117 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen näher ausgestaltete Grundsatz des gleichen Entgelts verlangt weder, daß Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs weiter das volle Arbeitsentgelt erhalten, noch ergeben sich aus ihnen bestimmte Kriterien für die Bestimmung der Höhe der den Arbeitnehmerinnen während dieses Zeitraums zu zahlenden Leistungen, sofern diese Leistungen nicht so niedrig festgesetzt werden, daß dadurch der Zweck des Mutterschaftsurlaubs, der Schutz der Arbeitnehmerinnen vor und nach der Niederkunft, gefährdet wird. Bei der Beurteilung der Höhe dieser Leistung hat das nationale Gericht nicht nur die Dauer des Mutterschaftsurlaubs, sondern auch andere Formen des sozialen Schutzes zu berücksichtigen, die in den nationalen Rechtsvorschriften für den Fall gerechtfertigter Abwesenheit des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz vorgesehen sind.

Soweit jedoch bei der Berechnung dieser Leistungen auf einen Lohn abgestellt wird, den die Arbeitnehmerin vor Beginn des Mutterschaftsurlaubs erhalten hat, sind in diese Leistungen Lohnerhöhungen, die zwischen dem Beginn des Zeitraums, für den die Referenzlöhne gezahlt worden sind, und dem Ende des Mutterschaftsurlaubs erfolgt sind, ab ihrem Inkrafttreten einzubeziehen. Würde die Arbeitnehmerin nämlich von einer solchen Lohnerhöhung während ihres Mutterschaftsurlaubs ausgeschlossen, so würde sie allein in ihrer Arbeitnehmereigenschaft diskriminiert, da sie, wenn sie nicht schwanger gewesen wäre, den erhöhten Lohn erhalten hätte.


Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1996. - Joan Gillespie und andere gegen Northern Health and Social Services Boards, Department of Health and Social Services, Eastern Health and Social Services Board und Southern Health and Social Services Board. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Court of Appeal (Northern Ireland) - Vereinigtes Königreich. - Gleichbehandlung von Männern und Frauen - Entgelt während des Mutterschaftsurlaubs. - Rechtssache C-342/93.

Entscheidungsgründe:

1 Der Court of Appeal in Northern Ireland hat mit Beschluß vom 25. Juni 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Juli 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung des Artikels 119 dieses Vertrages, der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ABl. L 45, S. 19) und der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen den siebzehn Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und ihren Arbeitgebern, verschiedenen nordirischen Gesundheitsdiensten (Health Services), über die Höhe der ihnen während ihres Mutterschaftsurlaubs gezahlten Leistungen.

3 Im Laufe des Jahres 1988 befanden sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens in Mutterschaftsurlaub. Während dieses Zeitraums erhielten sie gemäß einem Tarifvertrag, genauer: nach Section 6 Nr. 9 des von den Joint Councils for the Health and Personal Social Services (Northern Ireland) erlassenen General Council Handbook, folgende Leistungen: vier Wochen lang ihren vollen Wochenlohn, zwei Wochen lang neun Zehntel ihres vollen Wochenlohns und schließlich zwölf Wochen lang die Hälfte ihres vollen Wochenlohns.

4 Diese Bedingungen waren günstiger als die in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen. Die Social Security (Northern Ireland) Order 1986 und die Statutory Maternity Pay (General) Regulations (Northern Ireland) 1987 sehen nämlich für einen Zeitraum von sechs Wochen die Zahlung von neun Zehnteln des vollen Wochenlohns und dann für weitere zwölf Wochen eine Pauschalleistung von 47,95 UKL wöchentlich vor.

5 Im November 1988 führten Tarifverhandlungen im Gesundheitswesen zu rückwirkenden Lohnerhöhungen ab 1. April 1988. Aufgrund der im General Council Handbook vorgesehenen Methode für die Berechnung des Entgelts während des Mutterschaftsurlaubs konnten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens jedoch nicht in den Genuß dieser Erhöhungen kommen.

6 Wie sich aus dem Urteil des Industrial Tribunal, auf das der Vorlagebeschluß Bezug nimmt, ergibt, wird nämlich die während des Mutterschaftsurlaubs zu zahlende Geldleistung aufgrund des durchschnittlichen Wochenlohns festgelegt, der gemäß Artikel 21 der Statutory Maternity Pay (General) Regulations (Northern Ireland) 1987 aufgrund der letzten beiden Monatslöhne (nachstehend: Referenzlöhne) berechnet wird, den die Betroffenen während der beiden der Referenzwoche vorangehenden Monate erhielten. Als Referenzwoche wird die fünfzehnte Woche vor Beginn der Woche der voraussichtlichen Niederkunft bestimmt. Für den Fall einer nachträglichen Lohnerhöhung war keine Erhöhung der Referenzlöhne vorgesehen.

7 Im Jahr 1989 erhoben die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens Klage beim Industrial Tribunal (Northern Ireland) und machten geltend, sie seien aufgrund des Geschlechts diskriminiert worden, da ihr Lohn während ihres Mutterschaftsurlaubs gekürzt worden sei und sie aufgrund der Methoden für die Berechnung der ihnen während dieses Zeitraums zu zahlenden Geldleistung nicht in den Genuß der rückwirkenden Lohnerhöhung gekommen seien.

8 Nachdem ihre Klage vom Industrial Tribunal abgewiesen worden war, legten die Klägerinnen Rechtsmittel beim Court of Appeal in Northern Ireland ein.

9 Der Court of Appeal hält für die Entscheidung des Rechtsstreits die Auslegung des Artikels 119 des Vertrages sowie der Richtlinien 75/117 und 76/207 für erforderlich und hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Verlangen die folgenden Regelungen oder eine von ihnen, nämlich i) Artikel 119 EWG-Vertrag, ii) die Richtlinie über gleiches Entgelt (75/117/EWG) oder iii) die Gleichbehandlungsrichtlinie (76/207/EWG), daß eine Frau während der Zeit, in der sie sich in dem im nationalen Recht oder in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehenen Mutterschaftsurlaub befindet, das volle Arbeitsentgelt erhält, auf das sie Anspruch gehabt hätte, wenn sie während dieser Zeit normal für ihren Arbeitgeber gearbeitet hätte?

2. Bei Verneinung der ersten Frage: Verlangen die genannten Regelungen, daß das Arbeitsentgelt einer Frau während der Zeit, in der sie sich im Mutterschaftsurlaub befindet, anhand bestimmter Kriterien festgelegt wird?

3. Bei Bejahung der zweiten Frage: Welches sind diese Kriterien?

4. Bei Verneinung der ersten und der zweiten Frage: Verhält es sich so, daß keine der genannten Regelungen irgendeine Geltung oder Auswirkung hinsichtlich der Höhe des Arbeitsentgelts hat, auf das eine Frau im Mutterschaftsurlaub Anspruch hat?

10 Diese vier Fragen des nationalen Gerichts, die zusammen behandelt werden sollten, gehen im wesentlichen dahin, ob der in Artikel 119 des Vertrages niedergelegte und in der Richtlinie 75/117 näher ausgestaltete Grundsatz des gleichen Entgelts oder der in der Richtlinie 76/207 vorgesehene Schutzanspruch der schwangeren Frau verlangt, daß Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs weiter das volle Arbeitsentgelt erhalten und ihnen gegebenenfalls eine vor oder während des Mutterschaftsurlaubs erfolgte Lohnerhöhung zugute kommt. Für den Fall, daß keine solche Verpflichtung besteht, fragt das vorlegende Gericht, ob das Gemeinschaftsrecht dennoch bestimmte Kriterien ° und gegebenenfalls, welche ° für die Bestimmung der Höhe der den Arbeitnehmerinnen während dieses Zeitraums zu zahlenden Leistung aufstellt.

Artikel 119 des Vertrages und die Richtlinie 75/117

11 Gemäß Artikel 1 der Richtlinie 75/117 bedeutet der in Artikel 119 des Vertrages genannte und in der Richtlinie näher ausgestaltete Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, die Beseitigung jeder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in bezug auf sämtliche Entgeltsbestandteile und -bedingungen.

12 Nach der in Artikel 119 Absatz 2 enthaltenen Definition sind unter dem Begriff des Entgelts im Sinne der genannten Bestimmungen alle Vergünstigungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar und unmittelbar zahlt. Für die Anwendung von Artikel 119 kommt es auf die Rechtsnatur dieser Vergünstigungen nicht an, sofern sie im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gewährt werden (vgl. Urteil vom 9. Februar 1982 in der Rechtssache 12/81, Garland, Slg. 1982, 359, Randnr. 10).

13 Zu den als Entgelt qualifizierten Vergünstigungen gehören insbesondere die vom Arbeitgeber aufgrund von Rechtsvorschriften und aufgrund des Vorliegens von Arbeitsverträgen gezahlten Vergünstigungen, die den Arbeitnehmern ein Einkommen sichern sollen, selbst wenn sie in besonderen gesetzlich vorgesehenen Fällen keine in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehene Tätigkeit ausüben (Urteil vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-360/90, Bötel, Slg. 1992, I-3589, Randnrn. 14 und 15; siehe auch die Urteile vom 27. Juni 1990 in der Rechtssache C-33/89, Kowalska, Slg. 1990, I-2591, Randnr. 11, und vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88, Barber, Slg. 1990, I-1889, Randnr. 12).

14 Da die Leistung, die der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin aufgrund der gesetzlichen Vorschriften oder der Tarifverträge während ihres Mutterschaftsurlaubs zahlt, auf dem Arbeitsverhältnis beruht, stellt sie ein Entgelt im Sinne des Artikels 119 des Vertrages und der Richtlinie 75/117 dar.

15 Artikel 119 des Vertrages und Artikel 1 der Richtlinie 75/117 stehen also einer Regelung entgegen, die es erlaubt, Männern und Frauen ein unterschiedliches Entgelt zu zahlen, obwohl sie gleiche Arbeit oder eine gleichwertige Arbeit verrichten.

16 Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Diskriminierung vor, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Sachverhalte angewandt werden oder wenn dieselbe Vorschrift auf ungleiche Sachverhalte angewandt wird (siehe insbesondere Urteil vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93, Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnr. 30).

17 Im vorliegenden Fall befinden sich die Frauen während eines in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Mutterschaftsurlaubs in einer besonderen Situation, die verlangt, daß ihnen ein besonderer Schutz gewährt wird, die jedoch nicht mit der Situation eines Mannes oder mit der einer Frau, die tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz arbeitet, gleichgesetzt werden kann.

18 Zu der Frage, ob das Gemeinschaftsrecht verlangt, daß Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs weiter das volle Arbeitsentgelt erhalten oder daß bei der Bestimmung der Höhe der während des Mutterschaftsurlaubs zu zahlenden Leistung bestimmte Kriterien angewandt werden, ist zunächst daran zu erinnern, daß die Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348, S. 1) verschiedene Maßnahmen zum Schutz namentlich der Sicherheit und der Gesundheit von Arbeitnehmerinnen insbesondere vor und nach der Niederkunft vorsieht. Hierzu gehören im Rahmen der mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte u. a. ein Mutterschaftsurlaub von mindestens vierzehn Wochen ohne Unterbrechung, der einen obligatorischen Mutterschaftsurlaub von mindestens zwei Wochen einschließt, und die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder der Anspruch auf eine angemessene Sozialleistung für die Arbeitnehmerinnen, auf die die Richtlinie anwendbar ist.

19 Da diese Richtlinie aus Gründen ihrer zeitlichen Geltung auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar ist, war es Sache des nationalen Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der Dauer des Mutterschaftsurlaubs und des eventuellen Vorliegens anderer sozialer Vergünstigungen, die Höhe der während des Mutterschaftsurlaubs zu zahlenden Leistung festzulegen.

20 Angesichts dieser Befugnis ist festzustellen, daß in dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt weder Artikel 119 EWG-Vertrag noch Artikel 1 der Richtlinie 75/117 verlangten, daß Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs weiter das volle Arbeitsentgelt erhalten. Diese Vorschriften stellten auch keine besonderen Kriterien für die Bestimmung der Höhe der den Arbeitnehmerinnen während dieser Zeit zu zahlenden Leistungen auf. Jedoch durften diese Leistungen nicht so niedrig sein, daß dadurch der Zweck des Mutterschaftsurlaubs, der Schutz der Arbeitnehmerinnen vor und nach der Niederkunft, gefährdet worden wäre. Bei der Beurteilung der Höhe der streitigen Leistung unter diesem Gesichtspunkt hat das nationale Gericht nicht nur die Dauer des Mutterschaftsurlaubs, sondern auch andere Formen des sozialen Schutzes zu berücksichtigen, die in den nationalen Rechtsvorschriften für den Fall gerechtfertigter Abwesenheit des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz vorgesehen sind. Nichts deutet darauf hin, daß die gewährte Leistung im Ausgangsrechtsstreit etwa so niedrig gewesen wäre, daß dadurch der Zweck des Mutterschaftsurlaubs gefährdet worden wäre.

21 Die Frage, ob eine Arbeitnehmerin während ihres Mutterschaftsurlaubs in den Genuß einer vor oder während dieses Zeitraums erfolgten Lohnerhöhung gelangen muß, ist zu bejahen.

22 Da die während des Mutterschaftsurlaubs gezahlte Leistung ein Wochenlohn ist, der aufgrund des durchschnittlichen Lohns berechnet wird, den die Arbeitnehmerin in einem bestimmten Zeitpunkt, als sie tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz arbeitete, erhielt und der ihr Woche für Woche wie jedem anderen Arbeitnehmer ausgezahlt wurde, verlangt das Diskriminierungsverbot, daß Arbeitnehmerinnen, die während des Mutterschaftsurlaubs weiter durch den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis an ihren Arbeitgeber gebunden sind, ebenso wie jeder andere Arbeitnehmer gegebenenfalls sogar rückwirkend in den Genuß einer Lohnerhöhung gelangen, die zwischen dem Beginn des Zeitraums, für den der Referenzlohn gezahlt worden ist, und dem Ende des Mutterschaftsurlaubs erfolgt ist. Würde die Arbeitnehmerin nämlich von einer solchen Lohnerhöhung während ihres Mutterschaftsurlaubs ausgeschlossen, so würde sie allein in ihrer Arbeitnehmereigenschaft diskriminiert, da sie, wenn sie nicht schwanger gewesen wäre, den erhöhten Lohn erhalten hätte.

Die Richtlinie 76/207

23 Das vorlegende Gericht fragt ferner, ob die Richtlinie 76/207 im vorliegenden Fall anwendbar ist.

24 Hierzu ist daran zu erinnern, daß die während des Mutterschaftsurlaubs gezahlte Leistung ein Entgelt darstellt und somit unter Artikel 119 des Vertrages und unter die Richtlinie 75/117 fällt. Sie kann daher nicht ausserdem unter die Richtlinie 76/207 fallen. Wie sich nämlich insbesondere aus der zweiten Begründungserwägung dieser Richtlinie ergibt, betrifft diese nicht das Entgelt im Sinne der vorgenannten Bestimmungen.

25 Nach alledem ist auf die vier Vorlagefragen des Court of Appeal in Northern Ireland zu antworten, daß der in Artikel 119 des Vertrages niedergelegte und in der Richtlinie 75/117 näher ausgestaltete Grundsatz des gleichen Entgelts weder verlangt, daß Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs weiter das volle Arbeitsentgelt erhalten, noch daß sich aus ihm bestimmte Kriterien für die Bestimmung der Höhe der den Arbeitnehmerinnen während dieses Zeitraums zu zahlenden Leistungen ergeben, sofern diese Leistungen nicht so niedrig festgesetzt werden, daß dadurch der Zweck des Mutterschaftsurlaubs gefährdet wird. Soweit jedoch bei der Berechnung dieser Leistungen auf einen Lohn abgestellt wird, den die Arbeitnehmerin vor Beginn des Mutterschaftsurlaubs erhalten hat, sind in diese Leistungen Lohnerhöhungen, die zwischen dem Beginn des Zeitraums, für den die Referenzlöhne gezahlt worden sind, und dem Ende des Mutterschaftsurlaubs erfolgt sind, ab ihrem Inkrafttreten einzubeziehen.

Kostenentscheidung:

Kosten

26 Die Auslagen des Vereinigten Königreichs, der irischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Court of Appeal in Northern Ireland mit Beschluß vom 25. Juni 1993 vorgelegten vier Fragen für Recht erkannt:

Der in Artikel 119 EWG-Vertrag niedergelegte und in der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleiches Entgelts für Männer und Frauen näher ausgestaltete Grundsatz des gleichen Entgelts verlangt weder, daß Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs weiter das volle Arbeitsentgelt erhalten, noch ergeben sich aus ihm bestimmte Kriterien für die Bestimmung der Höhe der den Arbeitnehmerinnen während dieses Zeitraums zu zahlenden Leistungen, sofern diese Leistungen nicht so niedrig festgesetzt werden, daß dadurch der Zweck des Mutterschaftsurlaubs gefährdet wird. Soweit jedoch bei der Berechnung dieser Leistungen auf einen Lohn abgestellt wird, den die Arbeitnehmerin vor Beginn des Mutterschaftsurlaubs erhalten hat, sind in diese Leistungen Lohnerhöhungen, die zwischen dem Beginn des Zeitraums, für den die Referenzlöhne gezahlt worden sind, und dem Ende des Mutterschaftsurlaubs erfolgt sind, ab ihrem Inkrafttreten einzubeziehen.

Ende der Entscheidung

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