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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.06.1994
Aktenzeichen: C-35/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Verordnung Nr. 950/68 vom 28.07.1968


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
Verordnung Nr. 950/68 vom 28.07.1968 Anhang Teil I Titel I A 2 a S.2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Zwar stellt der Zolltarif in bestimmten Fällen auf die Art und Weise der Herstellung einer Ware ab, jedoch greift er im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit vorzugsweise auf Tarifierungskriterien zurück, die auf den im Wortlaut der Tarifpositionen und der Vorschriften zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegten objektiven Beschaffenheitsmerkmalen beruhen, deren Vorliegen bei der Zollabfertigung nachgeprüft werden kann. Auf die Art und Weise der Herstellung einer Ware kommt es folglich nur dann an, wenn die betreffende Tarifposition dies ausdrücklich vorschreibt.

Die Allgemeine Tarifierungsvorschrift 2a Satz 2 zum Schema des Gemeinsamen Zolltarifs im Anhang Teil I Titel I A der Verordnung Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Verordnung Nr. 1/72, die, ohne auf die Art und Weise der Herstellung einzugehen, regelt, daß die zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellte Ware für die Zwecke der Tarifierung als vollständige Ware anzusehen ist, ist dahin auszulegen, daß eine Ware, deren sämtliche Bestandteile ° das sind diejenigen Teile, die erkennbar zur Erstellung der fertigen Ware bestimmt sind ° gleichzeitig zur Zollabfertigung gestellt werden, als eine zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellte Ware anzusehen ist, ohne daß es auf die Technik des Zusammensetzens oder die Kompliziertheit der Montagemethode ankommt.

Gegenüber dieser Auslegung ist eine Berufung auf Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens nicht möglich, da sie rechtlich nicht verbindlich sind und nicht angewendet werden dürfen, sofern ihr Inhalt mit den Bestimmungen des Gemeinsamen Zolltarifs nicht im Einklang steht und durch ihre Berücksichtigung die Bedeutung dieses Tarifs verändert würde.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 16. JUNI 1994. - DEVELOP DR. EISBEIN GMBH & CO. GEGEN HAUPTZOLLAMT STUTTGART-WEST. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: FINANZGERICHT BADEN-WUERTTEMBERG - DEUTSCHLAND. - GEMEINSAMER ZOLLTARIF - BEGRIFF DER ZERLEGT ODER NICHT ZUSAMMENGESETZT GESTELLTEN WARE - FOTOKOPIERAPPARATE, DIE ALS BAUSAETZE MIT RUND 200 EINZELTEILEN IN CONTAINERN GELIEFERT WERDEN. - RECHTSSACHE C-35/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluß vom 12. Januar 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Februar 1993, gemäß 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung der Allgemeinen Tarifierungsvorschrift 2a Satz 2 zum Schema des Gemeinsamen Zolltarifs im Anhang Teil I Titel I A der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 172, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1/72 des Rates vom 20. Dezember 1971 (ABl. 1972, L 1, S. 1; im folgenden: ATV 2a Satz 2) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Develop Dr. Eisbein GmbH & Co. (im folgenden: Klägerin) und dem Hauptzollamt Stuttgart-West (im folgenden: Beklagter) über die Tarifierung von vollständigen Fotokopierapparaten mit optischem System unter der Typenbezeichnung EP 50 oder D 200 und EP 410 Z oder D 500, die von der Klägerin in der Zeit vom 1. November 1985 bis zum 30. April 1987 aus Japan eingeführt wurden. Die als Bausätze gelieferten Fotokopierapparate umfassten jeweils rund 200 Einzelteile.

3 Die Zollstelle wies diese Teile von Fotokopierapparaten zunächst entsprechend der Anmeldung der Klägerin der Tarifstelle 90.10 A (Fotokopierapparate mit optischem System) des Gemeinsamen Zolltarifs (im folgenden: GZT) ° NIMEXE-Kennziffer 90.10-28 (Teile und Zubehör) zu und fertigte sie als Teile von Fotokopierapparaten zum freien Verkehr ab.

4 Nach einer Aussenprüfung in den Geschäftsräumen der Klägerin gelangte die Zollstelle zu der Auffassung, daß die eingeführten Waren nach der ATV 2a Satz 2 als nicht zusammengesetzt gestellte Fotokopierapparate der Tarifstelle 90.10 A des GZT ° NIMEXE-Kennziffer 90.10-22 (Apparate) zuzuweisen seien und für sie nach den Verordnungen (EWG) Nr. 2640/86 der Kommission vom 21. August 1986 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Photokopierapparaten mit Ursprung in Japan (ABl. L 239, S. 5) und (EWG) Nr. 535/87 des Rates vom 23. Februar 1987 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Normalpapierkopierern mit Ursprung in Japan (ABl. L 54, S. 12) Antidumpingzoll zu erheben sei.

5 Der Beklagte erhob demgemäß mit Steueränderungsbescheid vom 8. Juni 1989 von der Klägerin Antidumpingzoll in Höhe von 3 112 836,97 DM nach.

6 Nach erfolglosem Einspruch gegen diesen Bescheid des Beklagten erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg. Sie macht geltend, die als Bausätze eingeführten Teile könnten nicht gemäß der ATV 2a Satz 2 wie fertige Fotokopierapparate behandelt werden. Nach den Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens zur ATV 2a Satz 2, Abschnitt VI (in der Fassung von 1972, nunmehr Abschnitt VII der Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren von 1986; im folgenden: Erläuterungen) seien nicht zusammengesetzte Waren Waren, "deren verschiedene Teile dazu bestimmt sind, entweder durch einfache Hilfsmittel (Schrauben, Bolzen usw.) oder z. B. durch Vernieten oder Schweissen zusammengesetzt zu werden, sofern es sich dabei tatsächlich nur um einfaches Zusammensetzen handelt". Die Montage der Fotokopierapparate könne jedoch nicht als einfaches Zusammensetzen im Sinne der Erläuterungen angesehen werden, also als eine Tätigkeit, durch die ein weitgehend abgeschlossener Fertigungsprozeß mit simplen Handgriffen beendet werden könne. Sie setze hierfür hochqualifiziertes spezialisiertes Personal in modernen Fabrikationsanlagen ein, das dabei hochentwickelte Gerätschaften und ganz spezielles Know-how verwende; Mechaniker, Elektroniker und Ingenieure befassten sich mit dem Justieren und Messen, das nach jedem Montageschritt erfolgen müsse.

7 Diese Auffassung werde auch durch das Urteil des Gerichtshofes vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache C-26/88 (Brother International, Slg. 1989, 4253, Randnr. 17) bestätigt, in dem der Gerichtshof einfache Zusammensetzungsarbeiten als Vorgänge definiert habe, die weder Arbeitskräfte mit besonderer Qualifikation für die betreffenden Arbeiten noch hochentwickelte Gerätschaften, noch besonders für die Montage ausgerüstete Fabriken erforderten.

8 Der Beklagte ist dagegen der Auffassung, die Montage der als Bausätze gestellten Fotokopierapparate gehe nicht über ein einfaches Zusammensetzen im Sinne von Abschnitt VI der Erläuterungen hinaus. Da in den Erläuterungen das Schweissen angeführt werde, schlössen sie die Anwendung anspruchsvoller Techniken durch qualifiziertes und spezialisiertes Personal nicht aus. Im übrigen werde derartiges Personal nur beim ° nicht zur Montage gehörenden ° Justieren und Messen der Apparate tätig. Die Grenzen einfachen Zusammensetzens würden nur überschritten, wenn formverändernde Fertigungshandlungen vorgenommen würden. Schließlich könne das Urteil Brother (a. a. O.), im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden, da es sich auf die Auslegung von Ursprungsregelungen beziehe, die eine völlig andere Zielsetzung als der GZT hätten.

9 Das vorlegende Gericht hat nach Besichtigung der Montage des Nachfolgegerätes EP 3170 der hier betroffenen Fotokopierapparate in der Montagehalle der Klägerin und nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Montage dieses Kopiergeräts das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Ist Satz 2 der ATV 2a dahin auszulegen, daß eine zerlegt oder dem gleichstehend eine nicht zusammengesetzt gestellte Ware dann vorliegt, wenn die Technik des Zusammensetzens ihrer gemeinsam gestellten Einzelteile keine komplizierte Montagemethode erfordert oder

b) kommt es allein darauf an, ob die zu montierenden Einzelteile vor ihrem Zusammenfügen be- oder verarbeitet werden, oder

c) zwingt bereits die Vielzahl der Einzelteile zu dem Schluß, daß die Einzelteile keine nicht zusammengesetzt gestellte Ware bilden?

2. Bei Verneinung der Fragen zu 1:

Ist Satz 2 der ATV 2a dahin auszulegen, daß eine nicht zusammengesetzt gestellte Ware gegeben ist, wenn die Montage ihrer gemeinsam gestellten Einzelteile weder Arbeitskräfte mit besonderer Qualifikation für die betreffenden Arbeiten noch hochentwickelte Gerätschaften, noch besonders für die Montage ausgerüstete Fabriken im Sinne der Randnummer 17 des Urteils des Gerichtshofes vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache C-26/88 (Brother International, Slg. 1989, 4253, 4279) erfordert?

3. Bei Bejahung der Frage 1 a):

Können die in Frage 2 genannten Kriterien ergänzend herangezogen werden?

Zur ersten Frage

10 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, bei Vorliegen welcher Kriterien angenommen werden kann, daß eine Ware im Sinne der ATV 2a Satz 2 zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellt wird. Es fragt zunächst, ob dies der Fall ist, wenn die Technik des Zusammensetzens der fraglichen Einzelteile gemäß Abschnitt VI der Erläuterungen keine komplizierte Montagemethode erfordert, und ferner, ob die Annahme einer nicht zusammengesetzt gestellten Ware durch die Be- oder Verarbeitung der Einzelteile vor ihrem Zusammensetzen und durch die Vielzahl dieser Einzelteile ausgeschlossen wird.

11 Das vorlegende Gericht führt aus, aus Abschnitt VI der Erläuterungen ergebe sich, daß das Zusammensetzen als einfach angesehen werde, wenn dazu einfache Mittel angewandt würden. Die Auffassung, daß die ATV 2a Satz 2 die Anwendung komplizierter Montagemethoden nicht ausschließe, sei gleichwohl nicht offensichtlich unzutreffend; sie beruhe auf der Erwägung, daß Montagearbeiten ein einfaches Zusammensetzen darstellen, sofern keine ergänzende Bearbeitung der Einzelteile erforderlich sei. Derartige Bearbeitungen könnten jedoch sehr einfacher Natur sein und dürften folglich nichts an der Qualifizierung des Zusammensetzens gemäß Abschnitt VI der Erläuterungen ändern. Schließlich wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die Vielzahl der Einzelteile einen Einfluß auf die Beurteilung des Zusammensetzens hat.

12 Die Kommission hält den Wortlaut der ATV 2a Satz 2 für eindeutig; diese Vorschrift sei anwendbar, wenn alle Einzelteile einer Ware der Zollstelle gleichzeitig gestellt würden. Abschnitt VI der Erläuterungen solle deutlich machen, daß diese Vorschrift anwendbar sei, wenn die einzelnen Teile vor der Montage vernachlässigbaren, beim Einsatz einfacher Montagetechniken entstehenden Substanzveränderungen unterzogen werden müssten. Dagegen sei die ATV 2a Satz 2 unanwendbar, wenn diese Teile vor der Montage grösseren Bearbeitungen unterzogen werden müssten, da das Fehlen solcher Bearbeitungen die Ware als unfertig erscheinen lasse und ihr deshalb die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale fehlten. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift führten jedoch Substanzveränderungen, die für die Erzielung der fertigen oder als fertig angesehenen Waren allein aufgrund der Montagetechnik erforderlich seien, nicht zum Ausschluß von der ATV 2a. Die Kommission trägt weiter vor, der Begriff der zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellten Ware enthalte keine Aussage über die Anzahl der zu montierenden Teile; dies sei folglich kein geeignetes Beurteilungskriterium.

13 Nach Auffassung der Klägerin richtet sich die Auslegung der ATV 2a Satz 2 zunächst nach ihrem Wortlaut. In bezug auf den Begriff der zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellten Ware und den Begriff des Zusammenfügens, wie er im Urteil des Gerichtshofes vom 30. September 1982 in der Rechtssache 295/81 (IFF, Slg. 1982, 3239, 3248) definiert ist, führt sie jedoch aus, für die Frage, ob Einzelteile als fertige oder vollständige Waren tarifiert werden dürften, sei eher der Vorgang maßgeblich, durch den die Ware erstellt werde. Unter diesen Umständen sei im wesentlichen auf die Erläuterungen zur ATV 2a abzustellen.

14 Bei der ATV 2a Satz 2 handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, da sie den Sonderfall regele, daß Einzelteile unter besonderen Voraussetzungen als vollständige Waren tarifiert würden. Sie sei folglich eng auszulegen. Nur eine Auslegung, die auf den Schwierigkeitsgrad der Montagetechnik abstelle, sei mit dem Gebot, diese Vorschrift eng auszulegen, vereinbar.

15 Schließlich trägt die Klägerin vor, der Gerichtshof habe in dem Urteil Brother (a. a. O.) seine Definition des Begriffs der einfachen Zusammensetzungsarbeiten nicht auf den Bereich des Warenursprungs, um den es in diesem Urteil gegangen sei, beschränkt. Folglich gelte diese Definition auch für die Tarifierung einer Ware.

16 Die ATV 2a lautet: "Jede Anführung einer Ware in einer Tarifnummer gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale einer vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen als solche geltende Ware, wenn sie zerlegt gestellt wird."

17 Aus dem Wortlaut von Satz 2 dieser Vorschrift ergibt sich, daß die zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellte Ware für die Zwecke der Tarifierung als vollständige Ware anzusehen ist. Dabei wird in keiner Weise auf die Montagetechnik abgestellt, die zur Erstellung der fertigen Ware anzuwenden wäre.

18 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, stellt der Zolltarif in bestimmten Fällen zwar auf die Art und Weise der Herstellung einer Ware ab; im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit greift er jedoch vorzugsweise auf Tarifierungskriterien zurück, die auf den im Wortlaut der Tarifpositionen des GZT und der Vorschriften zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegten objektiven Beschaffenheitsmerkmalen beruhen, deren Vorliegen bei der Zollabfertigung nachgeprüft werden kann. Daraus folgt, daß es auf die ° von der Klägerin angesprochene ° Art und Weise der Herstellung einer Ware nur dann ankommt, wenn die betreffende Tarifposition dies ausdrücklich vorschreibt (Urteile vom 25. Mai 1989 in der Rechtssache 40/88, Weber, Slg. 1989, 1395, und vom 31. März 1992 in der Rechtssache C-338/90, Hamlin, Slg. 1992, I-2333).

19 Die ATV 2a Satz 2 ist folglich dahin auszulegen, daß eine Ware, deren sämtliche Bestandteile ° das sind diejenigen Teile, die erkennbar zur Erstellung der fertigen Ware bestimmt sind ° gleichzeitig zur Zollabfertigung gestellt werden, als eine zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellte Ware anzusehen ist und daß es hierfür auf die Technik des Zusammensetzens oder die Kompliziertheit der Montagemethode nicht ankommt.

20 Abschnitt VI der Erläuterungen kann diese Auslegung nicht unzutreffend machen.

21 Wie der Gerichtshof nämlich bereits wiederholt entschieden hat, sind die Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens zwar ein wichtiges Hilfsmittel, um eine einheitliche Anwendung des GZT durch die Zollbehörden der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, und können deshalb als wertvolles Erkenntnismittel für die Auslegung des GZT angesehen werden. Sie sind jedoch rechtlich nicht verbindlich, so daß gegebenenfalls zu prüfen ist, ob ihr Inhalt mit den Bestimmungen des GZT im Einklang steht und deren Bedeutung nicht verändert (Urteile vom 15. Februar 1977 in den verbundenen Rechtssachen 69/76 und 70/76, Dittmeyer, Slg. 1977, 231, und vom 11. Juli 1980 in der Rechtssache 798/79, Chem-Tec, Slg. 1980, 2639).

22 Die Bedeutung der ATV 2a Satz 2, wie sie sich aus ihrem Wortlaut ergibt, würde jedoch wesentlich verändert, wenn bei ihrer Anwendung auf die Technik des Zusammensetzens oder die Kompliziertheit der Montagemethode abzustellen wäre. Folglich könnte Abschnitt VI der Erläuterungen, wenn er so, wie es die Klägerin befürwortet, auszulegen wäre, nicht berücksichtigt werden.

23 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, daß eine Ware, deren sämtliche Bestandteile ° das sind diejenigen Teile, die erkennbar zur Erstellung der fertigen Ware bestimmt sind ° gleichzeitig zur Zollabfertigung gestellt werden, als eine zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellte Ware anzusehen ist und daß es hierfür auf die Technik des Zusammensetzens oder die Kompliziertheit der Montagemethode nicht ankommt.

Zur zweiten und dritten Frage

24 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage erübrigt sich die Beantwortung der weiteren Vorlagefragen.

Kostenentscheidung:

Kosten

25 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Finanzgericht Baden-Württemberg mit Beschluß vom 12. Januar 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die ATV 2a Satz 2 zum Schema des Gemeinsamen Zolltarifs im Anhang Teil I Titel I A der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1/72 des Rates vom 20. Dezember 1971 ist dahin auszulegen, daß eine Ware, deren sämtliche Bestandteile ° das sind diejenigen Teile, die erkennbar zur Erstellung der fertigen Ware bestimmt sind ° gleichzeitig zur Zollabfertigung gestellt werden, als eine zerlegt oder nicht zusammengesetzt gestellte Ware anzusehen ist und daß es hierfür auf die Technik des Zusammensetzens oder die Kompliziertheit der Montagemethode nicht ankommt.

Ende der Entscheidung

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