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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.07.1991
Aktenzeichen: C-351/88
Rechtsgebiete: EWG-Vetrag
Vorschriften:
EWG-Vetrag Art. 30 | |
EWG-Vetrag Art. 92 |
1. Artikel 3O EWG-Vertrag steht einer nationalen Regelung entgegen, die den in bestimmten Teilen des Staatsgebiets ansässigen Betrieben einen prozentualen Anteil an öffentlichen Lieferaufträgen vorbehält.
2. Die Qualifikation einer nationalen Regelung als Beihilfe im Sinne des Artikels 92 EWG-Vertrag würde nicht bewirken, daß diese Regelung vom Verbot des Artikels 30 EWG-Vertrag ausgenommen wäre.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 11. JULI 1991. - LABORATORI BRUNEAU SRL GEGEN UNITA SANITARIA LOCALE RM/24 DI MONTEROTONDO. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNALE AMMINISTRATIVO REGIONALE DEL LAZIO - ITALIEN. - OEFFENTLICHE LIEFERAUFTRAEGE - VORBEHALT VON 30 % DIESER AUFTRAEGE ZUGUNSTEN DER IM MEZZOGIORNO ANSAESSIGEN BETRIEBE. - RECHTSSACHE C-351/88.
Entscheidungsgründe:
1 Das Tribunale amministrativo regionale del Lazio (Italien) hat mit Beschluß vom 30. Mai 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Dezember 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 30 und 92 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, um die Vereinbarkeit einer italienischen Regelung, die den im Gebiet des Mezzogiorno ansässigen Unternehmen einen prozentualen Anteil an öffentlichen Lieferaufträgen vorbehält, mit diesen Vorschriften beurteilen zu können.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma Laboratori Bruneau und der Unità Sanitaria Locale RM/24 Monterotondo (Rom) (örtliche Einrichtung des Gesundheitswesens, im folgenden: USL) infolge ihres Ausschlusses vom Vergabeverfahren für einen Lieferauftrag für Nahtmaterial.
3 Gemäß Artikel 17 Absätze 16 und 17 des Gesetzes Nr. 64 vom 1. März 1986 (Disciplina organica dell' intervento straordinario nel Mezzogiorno) hat der italienische Staat die Verpflichtung, einen Anteil von mindestens 30 % des Materialbedarfs bei im Mezzogiorno ansässigen Industrie-, Landwirtschafts- und Handwerksunternehmen zu decken, in denen die betreffenden Erzeugnisse gefertigt werden, auf alle öffentlichen Einrichtungen und Verwaltungen sowie auf die Einrichtungen und Gesellschaften mit staatlicher Beteiligung einschließlich der im gesamten Staatsgebiet befindlichen USL erweitert.
4 Gemäß diesen nationalen Rechtsvorschriften hat die USL die Bedingungen der beschränkten Auftragsvergabe für die Lieferung von Nahtmaterial festgelegt. Die Firma Laboratori Bruneau hat diese Entscheidung vor dem Tribunale amministrativo regionale del Lazio mit der Begründung angefochten, sie sei von der Teilnahme am Vergabeverfahren für die vorbehaltenen Aufträge ausgeschlossen worden, weil sie keinen Betrieb im Mezzogiorno habe.
5 Im Rahmen der Prüfung dieser Klage hat das nationale Gericht beschlossen, dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Sind erstens die Artikel 30 und 92 EWG-Vertrag dahin auszulegen, daß eine nationale Regelung, die in einigen Regionen des Staatsgebiets ansässigen Unternehmen einen Anteil an den öffentlichen Lieferaufträgen vorbehält, zu den "Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmässige Beschränkungen" oder den "Beihilfen" zu rechnen, und stehen zweitens diese Artikel der genannten Regelung entgegen?
6 Wegen weiterer Einzelheiten der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen.
7 Im Urteil vom 20. März 1990 in der Rechtssache C-21/88 (Du Pont de Nemours, Slg. 1990, I-889) hat der Gerichtshof Fragen gleichen Inhalts, die ihm vom Tribunale amministrativo regionale della Toscana zur Vorabentscheidung vorgelegt worden waren, zum einen dahin beantwortet, daß Artikel 3O EWG-Vertrag einer nationalen Regelung entgegensteht, die den in bestimmten Teilen des Staatsgebiets ansässigen Betrieben einen prozentualen Anteil an öffentlichen Lieferaufträgen vorbehält, und zum anderen dahin, daß die Qualifikation einer nationalen Regelung als Beihilfe im Sinne des Artikels 92 EWG-Vertrag nicht bewirken würde, daß diese Regelung vom Verbot des Artikels 30 EWG-Vertrag ausgenommen wäre.
8 Da sich aus den in der vorliegenden Rechtssache beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen kein tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt ergibt, der zu einer anderen Antwort führen könnte, ist die im Urteil vom 20. März 1990 in der Rechtssache C-21/88, a. a. O., gegebene Antwort zu wiederholen.
Kostenentscheidung:
Kosten
9 Die Auslagen der italienischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
auf die ihm vom Tribunale amministrativo regionale del Lazio mit Beschluß vom 30. Mai 1988 vorgelegte Frage für Recht erkannt:
1) Artikel 3O EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß er einer nationalen Regelung entgegensteht, die den in bestimmten Teilen des Staatsgebiets ansässigen Betrieben einen prozentualen Anteil an öffentlichen Lieferaufträgen vorbehält.
2) Die Qualifikation einer nationalen Regelung als Beihilfe im Sinne des Artikels 92 EWG-Vertrag würde nicht bewirken, daß diese Regelung vom Verbot des Artikels 3O EWG-Vertrag ausgenommen wäre.
Ende der Entscheidung
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