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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 19.01.1995
Aktenzeichen: C-351/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Verordnung Nr. 2237/85 der Kommission vom 30.07.1985 mit Durchführungsbestimmungen zur Mindesteinfuhrpreisregelung für getrocknete Weintrauben, Verordnung Nr. 426/86 des Rates vom 24.02.1986 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse, Verordnung Nr. 2742/82 der Kommission vom 13.10.1982 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von getrockneten Trauben, Verordnung Nr. 1626/85 der Kommission vom 14.06.1985 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von bestimmten Sauerkirschen


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 177
Verordnung Nr. 2237/85 der Kommission vom 30.07.1985 mit Durchführungsbestimmungen zur Mindesteinfuhrpreisregelung für getrocknete Weintrauben Art. 2 Abs. 3
Verordnung Nr. 426/86 des Rates vom 24.02.1986 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse Art. 9
Verordnung Nr. 2742/82 der Kommission vom 13.10.1982 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von getrockneten Trauben Art. 4 Abs. 3
Verordnung Nr. 1626/85 der Kommission vom 14.06.1985 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von bestimmten Sauerkirschen Art. 3 Abs. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2742/82 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von getrockneten Trauben stellt weiterhin die Rechtsgrundlage für die Berechnung einer Ausgleichsabgabe dar, die erstmals nach Erlaß des Urteils des Gerichtshofes vom 11. Februar 1988 in der Rechtssache 77/86 erhoben wurde, soweit die Berechnung der Abgabe nicht zu einem Betrag führt, der den Unterschied zwischen dem Mindesteinfuhrpreis und dem tatsächlichen Einfuhrpreis übersteigt. Diese Bestimmung wurde durch das genannte Urteil nämlich nur insoweit für ungültig erklärt, als der darin vorgesehene feste Satz der Ausgleichsabgabe den Unterschied zwischen diesen beiden Preisen überstieg.

2. Angesichts der grundlegenden Bedeutung, die dem tatsächlichen Einfuhrpreis für das Funktionieren des Schutzmechanismus zukommt, der auf einem Mindesteinfuhrpreis und einer für die Einfuhr von getrockneten Trauben und von Sauerkirschen in die Gemeinschaft geltenden Ausgleichsabgabe beruht, sind die Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82, 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2237/85 und 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85, von denen sich die ersten beiden auf die Bestimmung des tatsächlichen Einfuhrpreises von getrockneten Trauben und der letzte auf die Bestimmung dieses Preises für Sauerkirschen beziehen, dahin auszulegen, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

In Anbetracht der Verschiedenheit und Vielschichtigkeit der Situationen, mit denen es die nationalen Behörden zu tun haben, hat die Kommission, indem sie durch diese drei Bestimmungen den Mitgliedstaaten die genannte Befugnis eingeräumt hat, den Rahmen der Ermächtigung, die sie aufgrund der Verordnungen Nr. 516/77 und 426/86 des Rates innehat, nicht überschritten. Diese Befugnis ist nämlich

in bezug auf die genannte Bestimmung der Verordnung Nr. 2742/82 eine erforderliche Maßnahme im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77,

in bezug auf die genannte Bestimmung der Verordnung Nr. 2237/85 eine Durchführungsbestimmung im Sinne des Artikels 9 Absatz 6 der Verordnung Nr. 426/86, die die Verordnung Nr. 516/77 ersetzt hat,

und in bezug auf die genannte Bestimmung der Verordnung Nr. 1626/85 eine erforderliche Maßnahme im Sinne des Artikels 18 Absatz 2 der Verordnung Nr. 426/86.

3. Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von bestimmten Sauerkirschen ist dahin auszulegen, daß unter dem Ausführer in dem Land..., aus dem die Erzeugnisse stammen , ausschließlich der Ausführer zu verstehen ist, dessen Unternehmen im Ursprungsland der Ware ansässig ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 19. JANUAR 1995. - FITMAY LTD, H. A. VAN DER LINDE UND TRACOTEX HOLLAND BV GEGEN MINISTER VAN LANDBOUW, NATUURBEHEER EN VISSERIJ. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: COLLEGE VAN BEROEP VOOR HET BEDRIJFSLEVEN - NIEDERLANDE. - GEMEINSAME MARKTORGANISATION FUER VERARBEITUNGSERZEUGNISSE AUS OBST UND GEMUESE - EINFUHR VON GETROCKNETEN TRAUBEN UND VON SAUERKIRSCHEN IN DIE GEMEINSCHAFT - AUSGLEICHSABGABE BEI NICHTEINHALTUNG DES MINDESTEINFUHRPREISES - FESTSTELLUNG DES TATSAECHLICHEN EINFUHRPREISES - UMFANG DER DEN BEHOERDEN DER MITGLIEDSTAATEN ZUERKANNTEN BEFUGNISSE. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN C-351/93, C-352/93 UND C-353/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das College van Beroep voor het Bedrijfsleven (Niederlande) hat mit Beschluß vom 23. April 1993 (Rechtssache C-351/93), beim Gerichtshof eingegangen am 12. Juli 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung und Gültigkeit von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2237/85 der Kommission vom 30. Juli 1985 mit Durchführungsbestimmungen zur Mindesteinfuhrpreisregelung für getrocknete Weintrauben (ABl. L 209, S. 24) und über die Auslegung von Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 426/86 des Rates vom 24. Februar 1986 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. L 49, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Dasselbe Gericht hat mit Beschluß vom 23. April 1993 (Rechtssache C-352/93), beim Gerichtshof eingegangen am 12. Juli 1993, berichtigt mit Beschluß vom 27. Oktober 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 994/88 der Kommission vom 15. April 1988 über die Anwendung einer Ausgleichsabgabe gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von getrockneten Trauben (ABl. L 99, S. 12), nach der Auslegung und der Gültigkeit von Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 der Kommission vom 13. Oktober 1982 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von getrockneten Trauben (ABl. L 290, S. 28) und nach der Auslegung von Artikel 14 der Verordnung (EWG) Nr. 516/77 des Rates vom 14. März 1977 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. L 73, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

3 Das College van Beroep voor het Bedrijfsleven hat ferner mit Beschluß vom 23. April 1993 (Rechtssache C-353/93), beim Gerichtshof eingegangen am 12. Juli 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit von Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1626/85 der Kommission vom 14. Juni 1985 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von bestimmten Sauerkirschen (ABl. L 156, S. 13) und nach der Auslegung von Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung Nr. 426/86 zur Vorabentscheidung vorgelegt.

4 Die Fragen in den Rechtssachen C-351/93 und C-352/93 stellen sich im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten insbesondere zwischen dem Zollabfertigungsunternehmen H. A. van der Linde und dem Minister van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij (Minister für Landwirtschaft, Naturbewirtschaftung und Fischerei) über die Zahlung einer Ausgleichsabgabe, die von der Firma Van der Linde mit der Begründung verlangt wird, sie habe bei der Einfuhr verschiedener aus der Türkei stammender Lieferungen getrocknete Trauben den Mindesteinfuhrpreis nicht eingehalten.

5 Die Fragen in der Rechtssache C-353/93 stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Tracotex Holland BV (nachstehend: Tracotex), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Rotterdam, und dem Minister van Landbouw, Natuurbeheer en Visserij über die Zahlung einer Ausgleichsabgabe, die von der Firma Tracotex mit der Begründung verlangt wird, sie habe bei der Einfuhr verschiedener aus dem früheren Jugoslawien stammender Lieferungen Sauerkirschen den Mindesteinfuhrpreis nicht eingehalten.

6 Mit Beschluß vom 6. September 1993 hat der Präsident des Gerichtshofes die drei Rechtssachen gemäß Artikel 43 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem schriftlichem und mündlichem Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

7 Da sich einige der gestellten Fragen auf gemeinschaftsrechtliche Vorschriften beziehen, die nacheinander in Kraft traten, sind die drei Rechtssachen in der zeitlichen Reihenfolge der betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu untersuchen. Die Rechtssache C-352/93 wird daher vor den Rechtssachen C-351/93 und C-353/93 geprüft.

Zur Rechtssache C-352/93

Gemeinschaftsrechtliche Regelung

8 Aus den Akten ergibt sich, daß die Einfuhr, die Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist, im Juni 1984 durchgeführt wurde. Damals galten folgende Vorschriften:

9 Artikel 14 Absatz 1 der genannten Verordnung Nr. 516/77 sieht die Möglichkeit vor, im Handel mit dritten Ländern geeignete Schutzmaßnahmen anzuwenden, wenn der Markt in der Gemeinschaft für eines oder mehrere der Erzeugnisse, die Gegenstand der Verordnung sind, aufgrund von Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht ist, die die Ziele des Artikels 39 des Vertrages gefährden. Nach Absatz 1 Unterabsatz 2 dieses Artikels hat der Rat auf Vorschlag der Kommission die Durchführungsbestimmungen zu diesem Absatz festzulegen.

10 Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77 ermächtigt die Kommission, die erforderlichen Maßnahmen zu beschließen, wenn die in Absatz 1 erwähnte Lage eintritt.

11 Gestützt auf Artikel 14 Absatz 1 wurde die Verordnung (EWG) Nr. 521/77 des Rates vom 14. März 1977 zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen für die Schutzmaßnahmen für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. L 73, S. 28) erlassen. Deren Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c sieht vor, daß bei allen Erzeugnissen folgende Maßnahmen getroffen werden können:

"° ein System von Mindestpreisen, bei deren Unterschreitung die Einfuhren davon abhängig gemacht werden können, daß sie zu einem Preis getätigt werden, der mindestens dem für das betreffende Erzeugnis festgesetzten Mindestpreis gleich ist;

° die gänzliche oder teilweise Aussetzung der Ausfuhren".

12 Aufgrund von Störungen auf dem Markt für getrocknete Trauben im Wirtschaftsjahr 1981/82 erließ die Kommission, gestützt auf Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77, die Verordnung Nr. 2742/82. In deren Artikel 2 werden der Mindestpreis bei der Einfuhr getrockneter Trauben (Absatz 1) und die Ausgleichsabgabe zu einem festen Satz, die bei Nichteinhaltung des Mindestpreises erhoben wird, (Absatz 2) festgesetzt.

13 Nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2742/82 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 936/84 der Kommission vom 5. April 1984 (ABl. L 96, S. 13) bilden folgende Faktoren den Einfuhrpreis: a) der fob-Preis im Ursprungsland und b) die Transport- und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft.

14 Artikel 4 Absatz 3, ebenfalls in der Fassung der Verordnung Nr. 936/84, bestimmt:

"Ist die den Zollbehörden vorgelegte Rechnung nicht von dem Ausführer in dem Land ausgestellt worden, aus dem die Erzeugnisse stammen, oder sind die Behörden nicht überzeugt, daß im angegebenen Preis der fob-Preis im Ursprungsland berücksichtigt worden ist, so unternehmen die zuständigen Stellen des Mitgliedstaats die erforderlichen Schritte zur Feststellung des Preises, insbesondere durch Bezugnahme auf den Wiederverkaufspreis des Einführers."

15 Die Tatsache, daß für die Ausgleichsabgabe ein fester Satz gilt, führte zu Rechtsstreitigkeiten, in denen die Gültigkeit der Verordnung Nr. 2742/82 angegriffen wurde. Der Gerichtshof erkannte in seinem Urteil vom 11. Februar 1988 in der Rechtssache 77/86 (National Dried Fruit Trade Association, Slg. 1988, 757) für Recht, daß die Verordnung Nr. 2742/82 insoweit ungültig ist, als mit ihr die Ausgleichsabgabe zu einem festen Satz eingeführt worden ist.

16 Auf dieses Urteil hin erließ die Kommission die Verordnung Nr. 994/88. Nach deren Artikel 1 haben die Handelsbeteiligten, die die durch die Verordnung Nr. 2742/82 festgesetzte Ausgleichsabgabe entrichtet haben, Anspruch auf Erstattung des Unterschieds zwischen

"a) dem gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 und gegebenenfalls späteren Änderungen dieser Verordnung erhobenen Betrag der Ausgleichsabgabe

und

b) dem Betrag, der sich aus dem Unterschied zwischen dem in Artikel 2 Absatz 1 der genannten Verordnung festgesetzten anwendbaren Mindestpreis und dem Einfuhrpreis bei der Abfertigung für den freien Warenverkehr ergibt".

Ausgangsrechtsstreit und Vorabentscheidungsfragen

17 Die Firma Van der Linde führte im Namen der Firma Fitmay Limited aus der Türkei stammende Lieferungen getrocknete Trauben in die Niederlande ein. Die Einfuhrzollanmeldung erfolgte am 25. Juni 1984 und wurde von den Zollbehörden entgegengenommen. Nach einer Überprüfung, die wegen erforderlicher Ermittlungen aufgeschoben werden musste, forderte der Inspecteur der Invörrechten en Accijnzen (Inspecteur für Einfuhrzölle und Verbrauchsteuern; nachstehend: Inspecteur) jedoch mit Bescheid vom 17. Februar 1989 die Firma Van der Linde zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe auf.

18 Dieser Bescheid stützte sich auf die Ergebnisse von Ermittlungen, die der FIOD (Fiscale Inlichtingen- und Opsporingsdienst, Steuer- und Zollfahndungsdienst) in den Jahren 1984 und 1985 wegen des Verdachts auf Abgabenhinterziehung bei der Einfuhr getrockneter Trauben aus der Türkei durchgeführt hatte. Aus den Akten ergibt sich, daß nach Ansicht des Beklagten des Ausgangsverfahrens (nachstehend: Beklagter) einer der Gründe, die diese Ermittlungen erforderlich machten, darin bestand, daß bei der Einfuhr türkischer getrockneter Trauben in die Niederlande fast nie eine Ausgleichsabgabe erhoben worden sei, während die Marktpreise für diese getrockneten Trauben (weit) niedriger als der Mindesteinfuhrpreis gewesen seien. Die Ermittlungen ergaben, daß verschiedene Konstruktionen angewendet wurden, um die Ausgleichsabgabe zu umgehen. Insbesondere wurden verschiedene ausländische Firmen in die Kette der Rechnungsstellungen eingeschaltet, um künstlich einen hohen, den Mindesteinfuhrpreis übersteigenden Einfuhrpreis zu erreichen. Die Firma Fitmay Limited war eine dieser zwischengeschalteten ausländischen Firmen.

19 Im einzelnen ergaben die durchgeführten Nachprüfungen nach den Ausführungen des Beklagten, daß Alpaslan Besikcioglu, ein türkischer Ausführer von getrockneten Trauben, die Ware an die Firma Fitmay Limited mit Sitz in London zu einem höheren Preis als dem Mindesteinfuhrpreis verkaufte. Diese Rechnung sei der Einfuhrzollanmeldung beigelegt worden, die die Firma Fitmay Limited als Einführerin vorgenommen habe. Nach der Einfuhr seien die getrockneten Trauben an die Firma Izmir Fig Packers weiterverkauft worden, eine türkische Firma, deren Anteile zu 99 % im Besitz von Alpaslan Besikcioglu seien. Der Preis für den Weiterverkauf an die Firma Izmir Fig Packers sei etwas höher gewesen als der Einkaufspreis der Firma Fitmay Limited. Die getrockneten Trauben seien dann von der Firma Izmir Fig Packers an die Firma Stolp International, einen der Hauptimporteure getrockneter Trauben in den Niederlanden, zu einem Preis verkauft worden, der weit niedriger als der Mindesteinfuhrpreis gewesen sei. Auch der Wiederverkaufspreis der Firma Stolp an ihre Abnehmer sei niedriger als der Mindesteinfuhrpreis gewesen. Die Firma Izmir Fig Packers habe also bei ihren Weiterverkäufen Verluste erlitten. Diese Verluste seien insbesondere durch Zahlungen von Alpaslan Besikcioglu auf das Bankkonto der Firma Izmir Fig Packers ausgeglichen worden.

20 Die Firmen Fitmay Limited und Van der Linde erhoben gegen den Bescheid des Inspecteur Klage beim College van Beroep voor het Bedrijfsleven. Mit dieser Klage machten sie u. a. geltend, daß die genannte Verordnung Nr. 994/88 von der Kommission keine gültige Rechtsgrundlage für die Berechnung der Ausgleichsabgabe sein könne. Ferner bestritten sie die Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82, weil er die Behörden der Mitgliedstaaten mit der Aufgabe betraue, den Einfuhrpreis selbst festzustellen, wenn sie nicht davon überzeugt seien, daß der angegebene mit dem tatsächlichen Preis übereinstimme.

21 Unter diesen Umständen hat das College van Beroep voor het Bedrijfsleven das Verfahren ausgesetzt, bis der Gerichtshof über folgende Fragen vorab entschieden hat:

1) Ist die Verordnung (EWG) Nr. 994/88 dahin auszulegen, daß sie anstelle der durch das Urteil des Gerichtshofes vom 11. Februar 1988 in der Rechtssache 77/86 für ungültig erklärten Bestimmung der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 als rechtswirksame Grundlage für die Berechnung einer erstmals erhobenen Ausgleichsabgabe heranzuziehen ist?

2) Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Ist die genannte Verordnung dahin auszulegen, daß die Ausgleichsabgabe nach dem Unterschied zwischen dem Mindesteinfuhrpreis und dem festgestellten Einfuhrpreis zu berechnen ist, oder ist von dem für ungültig erklärten pauschalen Abgabensatz auszugehen, um diesen sodann erforderlichenfalls gemäß der genannten Verordnung zu korrigieren?

3) Ist Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 der Kommission dahin auszulegen, daß, wenn die zuständigen Behörden nicht überzeugt sind, daß im angegebenen Preis der fob-Preis im Ursprungsland berücksichtigt worden ist,

a) nur Tatsachen ermittelt werden dürfen, um festzustellen, welcher Einfuhrpreis tatsächlich vereinbart und zwischen Ausführer und Einführer unmittelbar oder mittelbar gezahlt worden ist,

oder daß

b) es den zuständigen Behörden freisteht, selbst für das betroffene Geschäft einen Einfuhrpreis im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 zu rekonstruieren und dabei

° andere Geschäfte als die zwischen dem Ausführer und dem Einführer, die nach ihrer Auffassung nur oder auch den Zweck haben, zu erreichen, daß bei der Einfuhr keine Ausgleichsabgabe gezahlt werden muß, oder die zumindest unterblieben wären, wenn dadurch nicht die Erhebung der Ausgleichsabgabe ganz oder teilweise unmöglich gemacht worden wäre,

und

° die Preisentwicklung für das Erzeugnis, wie sie nach dessen Einfuhr auf späteren Handelsstufen eingetreten ist,

zu berücksichtigen?

4) Ist Artikel 4 Absatz 3 in dem in Frage 3 Buchstabe b genannten Fall ungültig, weil der Kommission durch die Ratsverordnung nicht die Befugnis verliehen worden ist, den zuständigen nationalen Behörden in der Frage, ob der Einfuhrpreis im Einzelfall niedriger als der Mindesteinfuhrpreis ist, ein so weites Ermessen einzuräumen?

Zur ersten Frage

22 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Rechtsgrundlage für die Berechnung einer Ausgleichsabgabe, die erstmals nach Erlaß des erwähnten Urteils vom 11. Februar 1988 (National Dried Fruit Trade Association, a. a. O.) erhoben wurde, durch das Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2742/82 teilweise für ungültig erklärt wurde, im Hinblick darauf maßgeblich ist, daß die genannte Verordnung Nr. 994/88 nur den Betrag festsetzt, der an die Handelsbeteiligten, die gemäß dem teilweise für ungültig erklärten Artikel die Ausgleichsabgabe zu einem festen Satz entrichtet hatten, zu erstatten ist.

23 Die Firma Van der Linde ist der Auffassung, daß zum einen die Verordnung Nr. 2742/82, mit der die Ausgleichsabgabe eingeführt worden sei, vom Gerichtshof für ungültig erklärt worden sei und daß zum andern die Erhebung einer Ausgleichsabgabe für 1984 eingeführte Waren nicht auf eine Verordnung aus dem Jahr 1988 gestützt werden könne. Überdies könne eine Verordnung über die Erstattung von Beträgen, die die Mitgliedstaaten zu Unrecht erhoben hätten, nicht als Rechtsgrundlage für eine primäre Zahlungsverpflichtung dienen.

24 Die niederländische Regierung und die Kommission weisen darauf hin, daß der Gerichtshof in dem genannten Urteil vom 11. Februar 1988 die Verordnung Nr. 2742/82 nicht insgesamt, sondern nur insoweit für ungültig erklärt habe, als mit ihr eine Ausgleichsabgabe zu einem festen Satz eingeführt worden sei. Daraus ergebe sich, daß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2742/82 als Rechtsgrundlage fortbestehe, jedoch im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofes anzuwenden sei. In Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 994/88 sei zutreffend beschrieben, auf welche Weise die Ausgleichsabgabe nach Erlaß des Urteils des Gerichtshofes zu berechnen sei. Folglich werde die Rechtsgrundlage einer erstmals nach Erlaß des Urteils des Gerichtshofes erhobenen Ausgleichsabgabe durch Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2742/82 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 994/88 gebildet.

25 Der Gerichtshof hat in dem Urteil vom 11. Februar 1988 festgestellt, daß das Ziel der Ausgleichsabgabe darin besteht, für die Einhaltung des Mindestpreises zu sorgen, um die Gemeinschaftspräferenz im Handel mit getrockneten Trauben zu gewährleisten, und nicht darin, den Einführer, der ein Geschäft zu einem Preis unter dem Mindestpreis getätigt hat, wirtschaftlich zu bestrafen. Im Anschluß daran hat er entschieden, daß die Einführung einer Ausgleichsabgabe zu einem festen Satz, die auch dann erhoben wird, wenn der Unterschied zwischen dem Einfuhrpreis und dem Mindestpreis nur gering ist, eine wirtschaftliche Bestrafung darstellt (Randnr. 32 des Urteils). Aufgrund dieser Feststellungen hat er für Recht erkannt, daß die Verordnung Nr. 2742/82 insoweit ungültig ist, als mit ihr die Ausgleichsabgabe zu einem festen Satz eingeführt worden ist.

26 Daraus ergibt sich, daß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2742/82 nicht insgesamt, sondern nur insoweit für ungültig erklärt wurde, als der darin vorgesehene feste Satz der Ausgleichsabgabe den Unterschied zwischen dem Mindestpreis und dem Einfuhrpreis überstieg. Artikel 2 Absatz 2 stellte daher nach Erlaß dieses Urteils weiter die Rechtsgrundlage für eine Ausgleichsabgabe dar, deren Höhe dem Unterschied zwischen diesen beiden Preisen entspricht.

27 Die Verordnung Nr. 994/88 beruht gerade auf dieser Feststellung und sieht deshalb zugunsten der Handelsbeteiligten, die die Abgabe zu einem festen Satz entrichtet haben, die Erstattung des Teils des entrichteten Betrages vor, der den Unterschied zwischen dem anwendbaren Mindestpreis und dem Einfuhrpreis übersteigt. Diese Verordnung hat also die Rechtsstellung der Handelsbeteiligten, die im Zeitpunkt des Erlasses des vorgenannten Urteils des Gerichtshofes noch nicht der Pflicht zur Zahlung der Ausgleichsabgabe unterlagen, nicht berührt.

28 Folglich ist auf die erste Frage zu antworten, daß das Gemeinschaftsrecht dahin auszulegen ist, daß maßgebliche Rechtsgrundlage für die Berechnung einer Ausgleichsabgabe, die erstmals nach Erlaß des erwähnten Urteils vom 11. Februar 1988 (National Dried Fruit Trade Association, a. a. O.) erhoben wurde, Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2742/82 ist, soweit er nicht durch das genannte Urteil für ungültig erklärt worden ist.

Zur zweiten Frage

29 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.

Zur dritten Frage

30 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 dahin auszulegen ist, daß die zuständigen Behörden zur Feststellung des tatsächlich gezahlten Einfuhrpreises nicht nur die tatsächlichen Umstände berücksichtigen dürfen, die den zwischen Ausführer und Einführer tatsächlich vereinbarten und gezahlten Preis betreffen, sondern auch andere Umstände, wie z. B. andere Geschäfte, die zur Umgehung der Zahlung der Ausgleichsabgabe getätigt wurden, und die Preisentwicklung für das Erzeugnis auf den Handelsstufen nach der Einfuhr.

31 Die Firma Van der Linde weist darauf hin, daß sich die nationalen Behörden zur Feststellung des Einfuhrpreises nicht auf nach der Einfuhr liegende Umstände stützen könnten. Die gegenteilige Ansicht widerspreche den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Nichtdiskriminierung und führe zu einer Umwandlung des gemeinschaftlichen Mechanismus der Mindesteinfuhrpreise in ein System der Mindestmarktpreise für die eingeführten Erzeugnisse.

32 Die niederländische und die griechische Regierung sowie die Kommission vertreten unter Hinweis auf den Wortlaut von Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 und auf den Zweck der Gemeinschaftsregelung die Auffassung, daß die nationalen Behörden alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Rekonstruktion des zwischen Ausführer und Einführer tatsächlich vereinbarten Preises treffen könnten, wenn sie nicht davon überzeugt seien, daß der angegebene mit dem tatsächlichen Preis übereinstimme.

33 Durch die Schutzmaßnahmen soll verhindert werden, daß die eingeführten getrockneten Trauben zu anomal niedrigen Preisen vermarktet werden, und daß dies durch die Einführung eines bei der Einfuhr in die Gemeinschaft einzuhaltenden Mindestpreises und die Erhebung einer Ausgleichsabgabe auf die Erzeugnisse erreicht werden kann, bei denen dieser Preis nicht eingehalten wird (dritte und vierte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2742/82).

34 Da die Verordnung somit bezweckt, daß die fraglichen Erzeugnisse in die Gemeinschaft zu einem Preis eingeführt werden, der mindestens dem Mindestpreis entspricht, kommt dem tatsächlichen Einfuhrpreis für das ordnungsgemässe Funktionieren des eingeführten Systems grundlegende Bedeutung zu.

35 Nach der ausdrücklichen Regelung des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 in der Fassung der Verordnung Nr. 936/84, "unternehmen die zuständigen Stellen des Mitgliedstaats die erforderlichen Schritte zur Feststellung des Preises, insbesondere durch Bezugnahme auf den Wiederverkaufspreis des Einführers", wenn die Behörden nicht überzeugt sind, daß in dem auf der vorgelegten Rechnung angegebenen Preis der fob-Preis im Ursprungsland berücksichtigt worden ist.

36 Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß die zuständigen Stellen befugt sind, den tatsächlich gezahlten Preis unter Berücksichtigung aller sachdienlichen Umstände zu bestimmen, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Preis übereinstimmt.

37 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die dritte Frage zu antworten, daß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 dahin auszulegen ist, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

Zur vierten Frage

38 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 im Hinblick auf dessen oben entwickelte Auslegung ungültig ist, weil die Verordnung Nr. 516/77 der Kommission nicht die Befugnis verleiht, den nationalen Behörden ein so weites Ermessen bei der Bestimmung des Einfuhrpreises einzuräumen.

39 Die Firma Van der Linde trägt vor, diese Bestimmung sei ungültig, da die Grundverordnung Nr. 516/77 die Kommission nicht ermächtige, den nationalen Behörden ein Ermessen einzuräumen.

40 Die niederländische und die griechische Regierung sowie die Kommission halten die fragliche Bestimmung dagegen für gültig. Sie stützen sich insbesondere auf die Notwendigkeit, angesichts der Vielzahl der von den Handelsbeteiligten zur Umgehung der Ausgleichsabgabe angewandten Vorgehensweisen die Wirksamkeit der Gemeinschaftsregelung über den Mindestpreis zu wahren. Die Kommission begründet ihr Vorbringen ausserdem mit der Verteilung der Zuständigkeiten in diesem Bereich zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten.

41 Insoweit ist festzustellen, daß die Verordnung Nr. 2742/82 der Kommission, wie aus ihrem zweiten Bezugsvermerk hervorgeht, auf Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77 gestützt ist. Nach dieser Bestimmung beschließt die Kommission, wenn der Markt in der Gemeinschaft für eines oder mehrere der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse aufgrund von Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht wird, die die Ziele des Artikels 39 des Vertrages gefährden, "auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus die erforderlichen Maßnahmen; diese werden den Mitgliedstaaten mitgeteilt und sind unverzueglich anzuwenden."

42 Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, daß im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 2742/82 auf dem Gemeinschaftsmarkt für getrocknete Trauben die in Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77 des Rates erwähnte Lage gegeben war. Ferner ist unstreitig, daß die nationalen Behörden befugt sind, nachzuprüfen, ob in dem in der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angegebenen Preis der tatsächliche Preis berücksichtigt ist. Es stellt sich also nur die Frage, ob die von der Kommission den nationalen Behörden eingeräumte Befugnis, bei Zweifeln den tatsächlich gezahlten Einfuhrpreis zu bestimmen und dazu alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, eine erforderliche Maßnahme im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77 ist.

43 Angesichts der Bedeutung der Notwendigkeit der Bestimmung des tatsächlichen Einfuhrpreises für das ordnungsgemässe Funktionieren des Schutzmechanismus sowie der Verschiedenheit und Vielschichtigkeit der Situationen, mit denen es die nationalen Behörden zu tun haben, stellt die von der Kommission den nationalen Behörden eingeräumte Befugnis, gegebenenfalls den Einfuhrpreis zu bestimmen, im Hinblick auf das Erfordernis, die ordnungsgemässe Anwendung der zur Abwehr der Störung des Marktes für getrocknete Trauben getroffenen Maßnahmen sicherzustellen, eine erforderliche Maßnahme im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77 dar.

44 Folglich ist zu antworten, daß die Prüfung der gestellten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 beeinträchtigen könnte.

Zur Rechtssache C-351/93

Gemeinschaftsrechtliche Regelung

45 Aus den Akten ergibt sich, daß die Einfuhr, die Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist, im Jahr 1989 durchgeführt wurde. Damals galten folgende Vorschriften:

46 Die Verordnung Nr. 426/86 ersetzte vom 1. März 1986 an die Grundverordnung Nr. 516/77 des Rates.

47 Mit Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 426/86 wurde für bestimmte Erzeugnisse, darunter getrocknete Trauben, ein Mindesteinfuhrpreis eingeführt. Dieser Preis ist nicht mehr als Schutzmaßnahme, sondern auf Dauer vorgeschrieben. Artikel 9 Absatz 3 sieht für den Fall, daß der Mindestpreis nicht eingehalten wird, die Erhebung einer Ausgleichsabgabe vor.

48 Gemäß Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die Grundregeln für die Anwendung dieses Artikels.

49 Die Verordnung (EWG) Nr. 2089/85 des Rates vom 23. Juli 1985 mit allgemeinen Regeln für die Mindestpreisregelung bei der Einfuhr von getrockneten Trauben (ABl. L 197, S. 10), die in Anwendung der früheren Grundverordnung des Rates, der Verordnung Nr. 516/77, erlassen worden war, wurde durch Artikel 25 Absatz 2 der Verordnung Nr. 426/86 aufrechterhalten, wonach "Verweisungen und Bezugnahmen auf die Verordnung (EWG) Nr. 516/77... als Verweisungen auf die vorliegende Verordnung [gelten]".

50 Gemäß Artikel 1 der Verordnung Nr. 2089/85 wird der Mindesteinfuhrpreis für getrocknete Weintrauben vor Beginn des Wirtschaftsjahres festgesetzt. Artikel 2 Absatz 1 bestimmt, daß die Ausgleichsabgaben im Verhältnis zu einer Skala der Einfuhrpreise festgesetzt werden.

51 Die Verordnung Nr. 2237/85 der Kommission wurde auf der Grundlage der früheren Grundverordnung Nr. 516/77 des Rates erlassen. Sie wurde durch den erwähnten Artikel 25 Absatz 2 der neuen Grundverordnung Nr. 426/86 aufrechterhalten. Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2237/85 in der berichtigten Fassung (ABl. 1985, L 239, S. 30) ergibt sich der Einfuhrpreis aus folgenden Komponenten: a) fob-Preis im Ursprungsland und b) Transport- und Versicherungskosten bis zum Ort des Eingangs in das Zollgebiet der Gemeinschaft. Der "fob-Preis" wird in Artikel 1 Absatz 3 definiert.

52 Gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2237/85 ist der Einfuhrpreis in der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr unter Vorlage der für die Preisüberprüfung erforderlichen Unterlagen anzugeben.

53 Artikel 2 Absatz 3 bestimmt:

"Die zuständigen Behörden treffen,

a) sofern die der Zollbehörde vorgelegte Rechnung nicht vom Exporteur im Ursprungsland des Erzeugnisses ausgestellt wurde,

b) sofern die Zollbehörde nicht davon überzeugt ist, daß der im Antrag angegebene Preis den fob-Preis im Ursprungsland wiedergibt, oder

c) sofern die Zahlung nicht innerhalb der in Artikel 2 Absatz 4 vorgeschriebenen Frist erfolgt ist,

die erforderlichen Maßnahmen, um diesen Preis zu ermitteln, und legen dabei insbesondere den Wiederverkaufspreis des Importeurs zugrunde."(1)

Ausgangsrechtsstreit und Vorabentscheidungsfragen

54 Die Firma Van der Linde führte im Namen der Firma Fitmay Limited aus der Türkei stammende Lieferungen getrocknete Trauben in die Niederlande ein. Die Einfuhrzollanmeldung erfolgte am 15. Februar 1989.

55 Nach einer Überprüfung forderte der Inspecteur die Firma Van der Linde mit Bescheid vom 21. Februar 1989 zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe auf. Dieser Bescheid stützte sich auf die Ergebnisse der vom FIOD durchgeführten Ermittlungen (s. o. Randnrn. 18 und 20).

56 Die Firmen Fitmay Limited und Van der Linde erhoben gegen den Bescheid des Inspecteur Klage beim College van Beroep voor het Bedrijfsleven. Während des Verfahrens beanstandeten sie insbesondere die Gültigkeit des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2237/85, weil er die Behörden der Mitgliedstaaten mit der Aufgabe betraue, den Einfuhrpreis selbst zu ermitteln, wenn sie nicht davon überzeugt seien, daß der in der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angegebene Preis den tatsächlichen Einfuhrpreis wiedergebe.

57 Unter diesen Umständen hat das College van Beroep voor het Bedrijfsleven das Verfahren ausgesetzt, bis der Gerichtshof über folgende Fragen vorab entschieden hat:

1) Ist Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 2237/85 der Kommission u. a. aufgrund von Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 426/86 des Rates dahin auszulegen, daß, wenn die zuständigen Behörden nicht davon überzeugt sind, daß der in der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angegebene Preis den tatsächlichen Einfuhrpreis wiedergibt,

a) nur Tatsachen ermittelt werden dürfen, um festzustellen, welcher Einfuhrpreis tatsächlich vereinbart und zwischen Ausführer und Einführer unmittelbar oder mittelbar gezahlt worden ist,

oder daß

b) es den zuständigen Behörden freisteht, selbst für das betroffene Geschäft einen Einfuhrpreis im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2237/85 zu rekonstruieren und dabei

° andere Geschäfte als die zwischen dem Ausführer und dem Einführer, die nach ihrer Auffassung nur oder auch den Zweck haben, zu erreichen, daß bei der Einfuhr keine Ausgleichsabgabe gezahlt werden muß, oder die zumindest unterblieben wären, wenn dadurch nicht die Erhebung der Ausgleichsabgabe ganz oder teilweise unmöglich gemacht worden wäre,

und

° die Preisentwicklung für das Erzeugnis, wie sie nach dessen Einfuhr in späteren Handelsstufen eingetreten ist,

zu berücksichtigen?

2) Ist Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b in dem in Frage 1 Buchstabe b genannten Fall ungültig, weil der Kommission durch die Ratsverordnung nicht die Befugnis verliehen worden ist, den zuständigen nationalen Behörden in der Frage, ob der Einfuhrpreis im Einzelfall niedriger als der Mindesteinfuhrpreis ist, ein so weites Ermessen einzuräumen?

Zur ersten Frage

58 Abgesehen von den angeführten Bestimmungen entspricht die Formulierung dieser Frage der der dritten Frage in der Rechtssache C-352/93. Insbesondere stimmen die angeführten Vorschriften der Verordnung Nr. 2237/85, wenn sie auch von denjenigen verschieden sind, auf die sich die dritte Frage in der Rechtssache C-352/93 bezieht, mit letzteren im wesentlichen überein. Jedenfalls sind die wenigen Formulierungsunterschiede mit Rücksicht auf die Sachverhalte der Ausgangsverfahren nicht geeignet, die oben gegebene Auslegung zu beeinflussen. Aus diesem Grund hat jeder der Beteiligten gemeinsame Erklärungen zu der dritten Frage in der Rechtssache C-352/93 und der vorliegenden Frage abgegeben.

59 Es ist lediglich auf folgenden Unterschied hinzuweisen: Wie sich aus ihrem zweiten Bezugsvermerk ergibt, wurde die Verordnung Nr. 2237/85, deren Artikel 2 Absatz 3 Gegenstand der Auslegungsfrage ist, gestützt auf Artikel 4a Absatz 7 der Grundverordnung Nr. 516/77 erlassen, der durch Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 988/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 516/77 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse und der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 103, S. 11) eingefügt wurde. Bei Inkrafttreten der neuen Grundverordnung Nr. 426/86 wurde die Bezugnahme auf Artikel 4a der Verordnung Nr. 516/77 im zweiten Bezugsvermerk der Verordnung Nr. 2237/85 ersetzt durch die Bezugnahme auf Artikel 9 der Verordnung Nr. 426/86, der denselben Inhalt hat wie Artikel 4a der Verordnung Nr. 516/77 (siehe Artikel 25 Absatz 2 der Verordnung Nr. 426/86 und die Übereinstimmungstabelle in Anhang V der Verordnung). Die Frage bezieht sich daher auf Artikel 9 der Verordnung Nr. 426/86.

60 Unter diesen Umständen ist Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2237/85 aus den oben in den Randnummern 34 bis 36 genannten Gründen, die entsprechend gelten, dahin auszulegen, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

Zur zweiten Frage

61 Abgesehen von den angeführten Bestimmungen gleicht die Formulierung dieser Frage derjenigen der vierten Frage in der Rechtssache C-352/93. Jeder der Beteiligten hat gemeinsame Erklärungen zu der vierten Frage in der Rechtssache C-352/93 und der vorliegenden Frage abgegeben.

62 Artikel 9 Absatz 6 der Verordnung Nr. 426/86 bestimmt: "Der Mindesteinfuhrpreis, der Betrag der Ausgleichsabgabe und die übrigen Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem Verfahren des Artikels 22 festgesetzt." Es handelt sich um das sogenannte "Verwaltungsausschuß-Verfahren", wonach die Kommission sofort anwendbare Maßnahmen erlässt, die jedoch, wenn sie nicht der Stellungnahme des Ausschusses entsprechen, dem Rat alsbald mitgeteilt werden; dieser kann binnen einer Frist von einem Monat anders entscheiden.

63 Es stellt sich die Frage, ob Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2237/85 der Kommission in der ihm in Randnummer 60 gegebenen Auslegung eine Durchführungsbestimmung im Sinne des Artikel 9 Absatz 6 der Verordnung Nr. 426/86 ist.

64 Angesichts der Bedeutung der Notwendigkeit der Bestimmung des tatsächlichen Einfuhrpreises für das ordnungsgemässe Funktionieren des durch Artikel 9 der Verordnung Nr. 426/86 eingeführten Mindestpreissystems sowie der Verschiedenheit und Vielschichtigkeit der Situationen, mit denen es die nationalen Behörden zu tun haben, stellt die von der Kommission den nationalen Behörden eingeräumte Befugnis, gegebenenfalls den Einfuhrpreis zu bestimmen, im Hinblick auf das Erfordernis, die ordnungsgemässe Anwendung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 426/86 über den Mindestpreis sicherzustellen, eine Durchführungsbestimmung im Sinne des Artikels 9 Absatz 6 dieser Verordnung dar.

65 Folglich ist zu antworten, daß die Prüfung der gestellten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2237/85 beeinträchtigen könnte.

Zur Rechtssache C-353/93

Gemeinschaftsrechtliche Regelung

66 Diese Rechtssache betrifft die Einfuhr von aus dem ehemaligen Jugoslawien stammenden Sauerkirschen in der Zeit von Dezember 1986 bis August 1988. Damals galten folgende Vorschriften:

67 Artikel 9 der Verordnung Nr. 426/86, der für bestimmte Erzeugnisse einen Mindesteinfuhrpreis vorsieht, ist auf Sauerkirschen nicht anwendbar. Die Pflicht zur Einhaltung eines Mindesteinfuhrpreises wurde für Sauerkirschen jedoch durch die nachstehenden Vorschriften als Schutzmaßnahme eingeführt.

68 Artikel 18 Absatz 1 und Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 426/86 sehen folgendes vor:

"(1) Wird der Markt in der Gemeinschaft für eines oder mehrere der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse aufgrund von Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht, die die Ziele des Artikels 39 des Vertrages gefährden, so können im Handel mit Drittländern geeignete Maßnahmen angewandt werden, bis die tatsächliche oder drohende Störung behoben ist.

Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit die Durchführungsbestimmungen zu diesem Absatz fest und bestimmt, in welchen Fällen und innerhalb welcher Grenzen die Mitgliedstaaten Schutzmaßnahmen treffen können.

(2) Tritt die in Absatz 1 erwähnte Lage ein, so beschließt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus die erforderlichen Maßnahmen; diese werden den Mitgliedstaaten mitgeteilt und sind unverzueglich anzuwenden."

69 In Artikel 25 der Verordnung Nr. 426/86 wurde die Verordnung Nr. 516/77 aufgehoben und bestimmt, daß die Verweisungen und Bezugnahmen auf die Verordnung Nr. 516/77 als Verweisungen auf die Verordnung Nr. 426/86 gelten.

70 Gemäß dieser Bestimmung entspricht der im zweiten Bezugsvermerk der Verordnung Nr. 1626/85 genannte Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 516/77 dem Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung Nr. 426/86.

71 Artikel 1 der Verordnung Nr. 1626/85 setzt den Mindesteinfuhrpreis für Sauerkirschen fest (Absatz 1) und sieht bei Nichteinhaltung des Mindestpreises die Erhebung einer Ausgleichsabgabe vor (Absatz 2).

72 Artikel 3 Absätze 1 und 3 der Verordnung Nr. 1626/85 lauten:

"(1) Folgende Faktoren bestimmen den Einfuhrpreis:

a) fob-Preis im Ursprungsland,

b) Transport- und Versicherungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft.

(2)...

(3) Ist die den Zollbehörden vorgelegte Rechnung nicht von dem Ausführer in dem Land ausgestellt worden, aus dem die Erzeugnisse stammen, oder sind die Behörden nicht überzeugt, daß im angegebenen Preis der fob-Preis im Ursprungsland berücksichtigt worden ist, so unternehmen die zuständigen Stellen des Mitgliedstaats die erforderlichen Schritte zur Feststellung des Preises, insbesondere durch Bezugnahme auf den Wiederverkaufspreis des Einführers."

Ausgangsrechtsstreit und Vorabentscheidungsfragen

73 Die Firma Tracotex meldete als Zollabfertigungsunternehmen mehrere Lieferungen Sauerkirschen, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Sie handelte für Rechnung des Einfuhrunternehmens De Leeuw' s Handelsonderneming BV mit Sitz in Barendrecht (Niederlande).

74 Die Einfuhrzollanmeldungen erfolgten in der Zeit vom 17. Dezember 1986 bis zum 8. August 1988. Einem Teil dieser Anmeldungen lag eine Rechnung bei, die von einem nicht im ehemaligen Jugoslawien ansässigen Verkäufer stammte. Den anderen Anmeldungen lag eine Rechnung eines im ehemaligen Jugoslawien ansässigen Verkäufers bei, der jedoch auf dieser Rechnung zur Zahlung auf das Konto eines dritten Unternehmens, das in Deutschland oder jedenfalls nicht im ehemaligen Jugoslawien ansässig war, aufforderte.

75 Im Lauf des Jahres 1989 nahm der FIOD bei dem Einfuhrunternehmen Ermittlungen auf. Mit Bescheid vom 23. November 1989 forderte der Inspecteur die Firma Tracotex zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe auf.

76 Die Firma Tracotex erhob gegen den Bescheid des Inspecteur Klage beim College van Beroep voor het Bedrijfsleven. Während des Verfahrens bestritt sie u. a. die Gültigkeit des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 der Kommission, weil er die Behörden der Mitgliedstaaten mit der Aufgabe betraue, den Einfuhrpreis selbst festzustellen, wenn sie nicht davon überzeugt seien, daß der angegebene mit dem tatsächlichen Preis übereinstimme.

77 Unter diesen Umständen hat das College van Beroep voor het Bedrijfsleven das Verfahren ausgesetzt, bis der Gerichtshof über folgende Fragen vorab entschieden hat:

1) Ist Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1626/85 der Kommission u. a. aufgrund von Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 426/86 des Rates dahin auszulegen, daß, wenn die zuständigen Behörden nicht davon überzeugt sind, daß im angegebenen Preis der fob-Preis im Ursprungsland berücksichtigt worden ist,

a) nur Tatsachen ermittelt werden dürfen, um festzustellen, welcher Einfuhrpreis tatsächlich vereinbart und zwischen Ausführer und Einführer unmittelbar oder mittelbar gezahlt worden ist,

oder daß

b) es den zuständigen Behörden freisteht, selbst für das betroffene Geschäft einen Einfuhrpreis im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1626/85 zu rekonstruieren und dabei

° andere Geschäfte als die zwischen dem Ausführer und dem Einführer, darunter insbesondere Geschäfte auf Handelsstufen, die zwischen dem Ausführer und dem Einführer liegen,

und

° den Wiederverkaufspreis des Einführers in der Weise, daß von diesem Preis eine Reihe von nicht auf geschäftliche Informationen des Einführers und/oder des Zwischenhändlers gestützten Pauschalen für Kosten (feste Beträge pro 100 kg brutto) und für Gewinn (8 % im Fall von Zwischenhandel) abgezogen werden,

zu berücksichtigen?

2) Ist Artikel 3 Absatz 3 in dem in Frage 1 Buchstabe b genannten Fall ungültig, weil der Kommission durch die Ratsverordnung nicht die Befugnis verliehen worden ist, den zuständigen nationalen Behörden in der Frage, ob der Einfuhrpreis im Einzelfall niedriger als der Mindesteinfuhrpreis ist, ein so weites Ermessen einzuräumen?

3) Ist Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1626/85 der Kommission dahin auszulegen, daß unter dem "Ausführer in dem Land..., aus dem die Erzeugnisse stammen", nur der Ausführer zu verstehen ist, dessen Unternehmen im Ursprungsland ansässig ist?

Zur ersten Frage

78 Abgesehen von den angeführten Bestimmungen entspricht die Formulierung dieser Frage der der dritten Frage in der Rechtssache C-352/93. Die angeführten Vorschriften der Grundverordnung Nr. 426/86 und der Verordnung Nr. 1626/85 haben den gleichen Inhalt wie Artikel 14 Absatz 2 der Grundverordnung Nr. 516/77 und Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 in der Fassung der Verordnung Nr. 936/84. Die Kommission sowie die niederländische und die griechische Regierung haben jeweils gemeinsame Erklärungen zu der dritten Frage in der Rechtssache C-352/93 und der vorliegenden Frage abgegeben.

79 Die Firma Tracotex hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß sich die vorliegende Rechtssache von den beiden anderen unterscheide. Insbesondere sei sie weder mit dem Zwischenhändler, von dem sie die Sauerkirschen gekauft habe, noch mit ihren Wiederverkäufern verbunden. Überdies stehe fest, daß ihr Auftraggeber, die Firma De Leeuw' s Handelsonderneming, die Sauerkirschen zu einem höheren Preis als dem Mindestpreis gekauft und weiterverkauft habe.

80 In ihrem Fall sei die Rekonstruktion des Einfuhrpreises nicht deshalb erfolgt, weil der tatsächlich gezahlte Preis nicht habe festgestellt werden können, sondern bloß deswegen, weil dieser Preis von einem Zwischenhändler festgesetzt worden sei. Diese Vorgehensweise widerspreche jedoch der vom Gerichtshof im Urteil vom 2. August 1993 in der Rechtssache C-81/92 (Dinter, Slg. 1993, I-4601) entwickelten Auslegung.

81 Jedenfalls müsse die Rekonstruktion des Einfuhrpreises in angemessener und nicht willkürlicher Weise erfolgen. Den Zollbehörden in dieser Hinsicht ein völlig freies Ermessen einzuräumen, laufe der Rechtssicherheit zuwider und führe zu einer Verlagerung der Handelsströme.

82 Zunächst ist festzustellen, daß der Gerichtshof im Urteil Dinter (a. a. O.) festgestellt hat (Randnrn. 17 und 18), daß die Methode zur Feststellung des Einfuhrpreises, die in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 vorgesehen ist, wenn die den Zollbehörden vorgelegte Rechnung nicht von dem Ausführer im Ursprungsland des Erzeugnisses ausgestellt worden ist, nur gilt, wenn keine anderen Anhaltspunkte vorliegen oder wenn die Zollbehörden Zweifel an dem in der Rechnung angegebenen Preis haben. Der Gerichtshof hat in diesem Urteil für Recht erkannt, daß auch dann keine Ausgleichsabgabe erhoben werden kann, wenn der Einführer die Waren von einem Zwischenhändler gekauft hat, der nicht im Ursprungsland der Waren ansässig ist, und feststeht, daß sowohl der vom Einführer an den Zwischenhändler gezahlte Preis als auch der spätere Wiederverkaufspreis des Einführers den Mindestpreis übersteigen, weil in diesem Fall das mit den Schutzmaßnahmen verfolgte Ziel erreicht ist.

83 Bestehen dagegen Zweifel daran, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Preis übereinstimmt, so gilt im Hinblick auf den gleichen Inhalt von Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 und Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 das, was zur Begründung der Auslegung der letztgenannten Bestimmung ausgeführt worden ist (siehe insbesondere oben Randnrn. 34 und 36), auch für die erstgenannte Bestimmung.

84 Daher ist auf diese Frage zu antworten, daß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 dahin auszulegen ist, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

Zur zweiten Frage

85 Abgesehen von den angeführten Bestimmungen gleicht diese Frage der vierten Frage in der Rechtssache C-352/93. Die angeführten Bestimmungen der Grundverordnung Nr. 426/86 und der Verordnung Nr. 1626/85 haben auch den gleichen Inhalt wie die entsprechenden Bestimmungen, auf die sich diese vierte Frage bezieht. Die Kommission und die niederländische und die griechische Regierung haben jeweils gemeinsame Erklärungen zu der vierten Frage in der Rechtssache C-352/93 und der vorliegenden Frage abgegeben.

86 Die Firma Tracotex hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß die Verordnung Nr. 426/86 es der Kommission nicht gestatte, den nationalen Behörden in bezug auf die Feststellung des Einfuhrpreises ein so weites Ermessen einzuräumen.

87 In Anbetracht der oben in den Randnummern 41 bis 43 genannten Gründe, die entsprechend gelten, ist zu antworten, daß die Prüfung der gestellten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 beeinträchtigen könnte.

Zur dritten Frage

88 Die niederländische Regierung und die Kommission sind der Auffassung, daß Ausführer im Sinne des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 nur derjenige sein könne, der im Ursprungsland der Ware ansässig sei.

89 Die Firma Tracotex schlägt vor, diese Frage zu verneinen. Im Hinblick auf den Zweck der Verordnung Nr. 1626/85 und das Urteil Dinter sei der Ort der Niederlassung des Zwischenhändlers für die Anwendung des Artikels 3 Absatz 3 kein maßgebliches Kriterium, wenn feststehe, daß der Einführer die Ware zu einem höheren Preis als dem Mindestpreis gekauft und weiterverkauft habe.

90 Dieser Einwand beruht auf der Auffassung, es sei für die Erhebung einer Ausgleichsabgabe ausreichend, daß der Ausführer im Ursprungsland nicht ansässig sei. Diese Auffassung trifft jedoch nicht zu. Wie sich aus dem Urteil Dinter ergibt, kann die Ausgleichsabgabe nicht erhoben werden, wenn feststeht, daß sowohl der vom Einführer an den Zwischenhändler gezahlte Preis als auch der spätere Wiederverkaufspreis des Einführers den Mindestpreis übersteigen (siehe oben Randnr. 82).

91 Im übrigen genügt es, festzustellen, daß mit der Wendung "Ausführer in dem Land..., aus dem die Erzeugnisse stammen", angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 nur der Ausführer gemeint sein kann, dessen Unternehmen im Ursprungsland der Ware ansässig ist.

92 Folglich ist auf diese Frage zu antworten, daß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 dahin auszulegen ist, daß unter dem "Ausführer in dem Land..., aus dem die Erzeugnisse stammen", ausschließlich der Ausführer zu verstehen ist, dessen Unternehmen im Ursprungsland der Ware ansässig ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

93 Die Auslagen der niederländischen und der griechischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom College van Beroep voor het Bedrijfsleven mit drei Beschlüssen vom 23. April 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

In der Rechtssache C-352/93

1) Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, daß maßgebliche Rechtsgrundlage für die Berechnung einer Ausgleichsabgabe, die erstmals nach Erlaß des Urteils vom 11. Februar 1988 in der Rechtssache 77/86 (National Dried Fruit Trade Association, Slg. 1988, 757) erhoben wurde, Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2742/82 der Kommission vom 13. Oktober 1982 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von getrockneten Trauben ist, soweit er nicht durch das genannte Urteil für ungültig erklärt worden ist.

2) Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 ist dahin auszulegen, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

3) Die Prüfung der gestellten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/82 beeinträchtigen könnte.

In der Rechtssache C-351/93

1) Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2237/85 der Kommission vom 30. Juli 1985 mit Durchführungsbestimmungen zur Mindesteinfuhrpreisregelung für getrocknete Weintrauben ist dahin auszulegen, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

2) Die Prüfung der gestellten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2237/85 beeinträchtigen könnte.

In der Rechtssache C-353/93

1) Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1626/85 der Kommission vom 14. Juni 1985 über Schutzmaßnahmen bei der Einfuhr von bestimmten Sauerkirschen ist dahin auszulegen, daß die zuständigen Stellen alle Maßnahmen treffen können, die zur Bestimmung des Einfuhrpreises erforderlich sind, wenn sie Zweifel daran haben, ob der angegebene mit dem tatsächlichen Einfuhrpreis übereinstimmt.

2) Die Prüfung der gestellten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 beeinträchtigen könnte.

3) Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1626/85 ist dahin auszulegen, daß unter dem "Ausführer in dem Land..., aus dem die Erzeugnisse stammen", ausschließlich der Ausführer zu verstehen ist, dessen Unternehmen im Ursprungsland der Ware ansässig ist.

Ende der Entscheidung

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