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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.07.1991
Aktenzeichen: C-353/89
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 56
EWG-Vertrag Art. 59
EWG-Vertrag Art. 169
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Aufhebung der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft gemäß Artikel 59 Absatz 1 EWG-Vertrag verlangt in erster Linie die Beseitigung jeglicher Diskriminierung des Erbringers von Dienstleistungen aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder des Umstands, daß er in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ansässig ist, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll.

Innerstaatliche Vorschriften, die nicht unterschiedslos auf alle Dienstleistungen ohne Rücksicht auf deren Ursprung anwendbar sind, lassen sich mit dem Gemeinschaftsrecht nur dann vereinbaren, wenn sie unter eine ausdrücklich abweichende Bestimmung, wie zum Beispiel Artikel 56 EWG-Vertrag, fallen; dieser darf nicht herangezogen werden, um wirtschaftliche Ziele zu verfolgen.

Solange die für Dienstleistungen geltenden Vorschriften nicht harmonisiert sind und noch nicht einmal eine Gleichwertigkeitsregelung erlassen worden ist, können Behinderungen des freien Dienstleistungsverkehrs zweitens daher rühren, daß innerstaatliche Vorschriften, die alle im Inland ansässigen Personen erfassen, auf im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässige Erbringer von Dienstleistungen angewandt werden, die bereits den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats genügen müssen. Derartige Hemmnisse fallen unter Artikel 59, sofern die Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf ausländische Erbringer von Dienstleistungen nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist oder den Erfordernissen, die diesen Rechtsvorschriften zugrunde liegen, bereits durch die Vorschriften Genüge getan ist, die für diese Erbringer von Dienstleistungen in dem Mitgliedstaat gelten, in dem sie ansässig sind.

Schließlich muß die Anwendung von innerstaatlichen Vorschriften auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Erbringer von Dienstleistungen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgehen; das gleiche Ergebnis darf also nicht durch weniger einschneidende Regelungen erreichbar sein.

2. Eine Kulturpolitik, die die Meinungsfreiheit der verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen, religiösen und geistigen Strömungen in einem Mitgliedstaat schützen soll, kann einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigt.

3. Ein Mitgliedstaat verstösst gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag, wenn er die Anstalten, die Sendezeit für landesweite Rundfunksendungen erhalten haben, dazu verpflichtet, die gesamten ihnen für den Hörfunkbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge und einen durch Verordnung festgesetzten Prozentsatz der ihnen für den Fernsehbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge bei einem bestimmten nationalen Unternehmen auszugeben.

Selbst wenn eine derartige Verpflichtung im Zusammenhang mit einer Kulturpolitik steht, die die Meinungsfreiheit der verschiedenen sozialen, kulturellen, religiösen und geistigen Strömungen der Gesellschaft dadurch schützen soll, daß sie den Fortbestand eines Unternehmens sicherstellt, das diesen technische Mittel zur Verfügung stellt, geht sie nämlich über das mit ihr verfolgte Ziel hinaus, da die Meinungsvielfalt im Rundfunksektor eines Mitgliedstaats in keiner Weise dadurch beeinträchtigt werden kann, daß den in diesem Sektor tätigen inländischen Anstalten die Möglichkeit gegeben wird, sich an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Erbringer von Dienstleistungen zu wenden.

4. Voraussetzungen, die sich auf die Struktur von im Rundfunksektor tätigen ausländischen Anstalten beziehen, sind nicht als objektiv dafür erforderlich zu sehen, das allgemeine Interesse an der Erhaltung eines pluralistischen nationalen Rundfunkwesens zu wahren.

5. Beschränkungen der Sendung von Werbemitteilungen können im Allgemeininteresse vorgeschrieben werden, nämlich um die Verbraucher gegen ein Übermaß an kommerzieller Werbung zu schützen oder um im Rahmen der Kulturpolitik eine bestimmte Programmqualität zu erhalten. Wenn solche Beschränkungen sich jedoch nur auf speziell für das inländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen beziehen, sind sie nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt, denn sie sollen den eventuellen Wettbewerb ausländischer Sendeanstalten mit einer inländischen Anstalt beschränken, die das Monopol für die Sendung dieser Werbemitteilungen innehat.

6. Ein Mitgliedstaat verstösst gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag, wenn er den in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Betreibern von Kabelrundfunkeinrichtungen die Übertragung von Hörfunk- oder Fenrsehprogrammen, die speziell für das inländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen enthalten und von einer im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats niedergelassenen Sendeanstalt gesendet werden, verbietet, wenn bestimmte Voraussetzungen, die sich auf die Struktur dieser Anstalten oder auf die in ihren Programmen enthaltenen und für das inländische Publikum bestimmten Werbemitteilungen beziehen, nicht erfuellt sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 25. JULI 1991. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH DER NIEDERLANDE. - VERTRAGSVERLETZUNGEN - FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR - VERPFLICHTUNG, SICH ZUR DURCHFUEHRUNG VON RUNDFUNK- UND FERNSEHPROGRAMMEN AN EIN INLAENDISCHES UNTERNEHMEN ZU WENDEN - VORAUSSETZUNGEN FUER DIE UEBERTRAGUNG VON WERBEMITTEILUNGEN, DIE IN VON ANDEREN MITGLIEDSTAATEN AUS GESENDETEN RUNDFUNK- ODER FERNSEHPROGRAMMEN ENTHALTEN SIND. - RECHTSSACHE C-353/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 17. November 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es die landesweit tätigen Sendeanstalten verpflichtet hat, ihre Aufträge ganz oder zum Teil an ein niederländisches Unternehmen zu vergeben, und daß es die Übertragung von Programmen aus anderen Mitgliedstaaten, die speziell für das niederländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen enthalten, in den Niederlanden beschränkt hat.

2 Die Kommission beanstandet zwei voneinander unabhängige Maßnahmen: Die erste bezieht sich auf die den in den Niederlanden niedergelassenen landesweit tätigen Sendeanstalten auferlegte Verpflichtung, ihre Programme ganz oder zum Teil von einem niederländischen Unternehmen herstellen zu lassen; die zweite betrifft die Voraussetzungen, unter denen Programme aus anderen Mitgliedstaaten, die speziell für das niederländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen enthalten, per Kabel übertragen werden dürfen. Diese beiden Maßnahmen sind im niederländischen Gesetz vom 21. April 1987 zur Regelung der Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen, der Hörfunk- und Fernsehgebühren und der Beihilfen für Presseorgane (Staatsblad Nr. 249 vom 4. Juni 1987; im folgenden: Mediawet) enthalten.

3 Durch die Mediawet soll ein pluralistisches und nichtkommerzielles Hörfunk- und Fernsehwesen geschaffen werden. Nach den Artikeln 31 und 34 des Gesetzes wird die für die Ausstrahlung von Programmen im landesweiten Hörfunk oder Fernsehen verfügbare Sendezeit von dem mit der Aufsicht über die Durchführung der Mediawet betrauten Organ, dem Commissariaat voor de Media, grösstenteils sogenannten Sendevereinen (omröpverenigingen) zugeteilt. Bei diesen handelt es sich um rechtsfähige Zusammenschlüsse von Radiohörern oder Fernsehzuschauern, die die bedeutendsten geistigen Strömungen der niederländischen Gesellschaft repräsentieren.

4 Den Sendeanstalten steht es grundsätzlich völlig frei, selbst Sendungen herzustellen. Sie sind jedoch - bei Fernsehsendungen in geringerem Maß als bei Hörfunksendungen - verpflichtet, sich der technischen Mittel (Aufnahmestudios, Werkstätten für Bühnenbilder, Techniker usw.) einer Aktiengesellschaft niederländischen Rechts, des Nederlandse Omröpproduktie Bedrijf (im folgenden: Bedrijf), zu bedienen.

5 Diese Verpflichtung ergibt sich aus Artikel 61 der Mediawet, der folgendes bestimmt:

"Um die Erhaltung der Produktionsmittel sicherzustellen, sind die Anstalten, die Sendezeit für landesweite Sendungen erhalten haben, verpflichtet, jedes Jahr die gesamten ihnen gemäß den Artikeln 101 und 102 für den Hörfunkbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge und einen durch Verordnung festgesetzten Prozentsatz der ihnen für den Fernsehbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge beim Bedrijf auszugeben."

6 Die in dieser Vorschrift genannten Artikel 101 und 102 beziehen sich hauptsächlich auf die von den Radiohörern oder Fernsehzuschauern zu zahlenden Gebühren, die das Commissariaat voor de Media den Sendeanstalten zur Verfügung stellt.

7 Artikel 154 der Mediawet bestimmt ausserdem, daß der in Artikel 61 genannte Prozentsatz für den Fernsehbetrieb 75 % beträgt.

8 Die zweite der von der Kommission beanstandeten Maßnahmen ist in Artikel 66 der Mediawet niedergelegt. Dieser Artikel regelt die Übertragung von vom Ausland aus gesendeten Hörfunk- oder Fernsehprogrammen per Kabel in den Niederlanden. Er bestimmt:

"1) Der Betreiber einer Kabelrundfunkeinrichtung kann

a) die Programme senden, die von einer ausländischen Sendeanstalt mit Hilfe eines Rundfunksenders ausgestrahlt werden und am Ort der Kabelrundfunkeinrichtung mit einer dort gebräuchlichen Einzelantenne meistens in ausreichender Qualität unmittelbar empfangen werden können;

b) andere als die unter Buchstabe a genannten Programme senden, die in Übereinstimmung mit den dort geltenden Rechtsvorschriften von einer ausländischen Sendeanstalt oder einer Gruppe solcher Anstalten als Rundfunkprogramme gesendet werden. Enthalten diese Programme Werbemitteilungen, so ist deren Sendung nur zulässig, wenn sie von einer besonderen juristischen Person erstellt werden, eindeutig als Werbemitteilungen erkennbar sind, sich deutlich von den anderen Teilen des Programms unterscheiden und nicht an Sonntagen gesendet werden und wenn ferner die für die Sendung von Werbemitteilungen verwendete Sendezeit höchstens 5 % der gesamten Sendezeit beträgt, die Sendeanstalt den Erfordernissen des Artikels 55 Absatz 1 entspricht und die Erträge in vollem Umfang für die Durchführung des Programms verwendet werden. Ist den vorstehend genannten Erfordernissen jedoch nicht Genüge getan, so ist die Sendung eines solchen Programms auch zulässig, wenn die darin enthaltenen Werbemitteilungen nicht speziell für das niederländische Publikum bestimmt sind;

...

2) Für die Anwendung von Absatz 1 Buchstabe b wird eine Werbemitteilung auf jeden Fall als speziell für das niederländische Publikum bestimmt angesehen, wenn sie in oder unmittelbar nach einem Programmteil oder zusammenhängenden Ganzen von Programmteilen gesendet wird, in dem niederländische Untertitel oder ein Teil in niederländischer Sprache vorkommen.

3) Der zuständige Minister kann eine Befreiung von dem in Absatz 1 Buchstabe b niedergelegten Verbot in bezug auf Rundfunkprogramme erteilen, die in Belgien gesendet werden und für das niederländischsprachige Publikum in Belgien bestimmt sind."

9 Nach dem in dieser Vorschrift genannten Artikel 55 Absatz 1 dürfen "Anstalten, die Sendezeit erhalten haben", grundsätzlich "nicht Dritten zur Gewinnerzielung dienen".

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zum Anwendungsbereich des Artikels 59 EWG-Vertrag

11 Die Kommission ist der Auffassung, daß die beiden Maßnahmen des Königreichs der Niederlande gegen den in Artikel 59 EWG-Vertrag niedergelegten Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs verstießen. Die niederländische Regierung macht dagegen geltend, diese Maßnahmen seien in vollem Umfang gerechtfertigt.

12 Da also der Anwendungsbereich dieses Artikels im Streit ist, sind dessen Umfang und Grenzen zu bestimmen.

13 Nach Artikel 59 Absatz 1 sind die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, während der Übergangszeit schrittweise aufzuheben.

14 In diesem Zusammenhang ist es ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe zuletzt Urteile vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-154/89, Kommission/Frankreich, Slg. 1991, I-659, Randnr. 12, in der Rechtssache C-180/89, Kommission/Italien, Slg. 1991, I-709, Randnr. 15, und in der Rechtssache C-198/89, Kommission/Griechenland, Slg. 1991, I-727, Randnr. 16), daß Artikel 59 EWG-Vertrag in erster Linie die Beseitigung jeglicher Diskriminierung des Erbringers von Dienstleistungen aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder des Umstands verlangt, daß er in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ansässig ist, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll.

15 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 26. April 1988 in der Rechtssache 352/85 (Bond van Adverteerders, Slg. 1988, 2085, Randnrn. 32 und 33) festgestellt hat, lassen sich innerstaatliche Vorschriften, die nicht unterschiedslos auf alle Dienstleistungen ohne Rücksicht auf deren Ursprung anwendbar sind, mit dem Gemeinschaftsrecht nur dann vereinbaren, wenn sie unter eine ausdrücklich abweichende Bestimmung, wie zum Beispiel Artikel 56 EWG-Vertrag, fallen. Aus diesem Urteil (Randnr. 34) geht ausserdem hervor, daß wirtschaftliche Ziele keine Gründe der öffentlichen Ordnung im Sinne dieses Artikels sein können.

16 Solange die für Dienstleistungen geltenden Vorschriften nicht harmonisiert sind und noch nicht einmal eine Gleichwertigkeitsregelung erlassen worden ist, können Behinderungen der vom EWG-Vertrag in diesem Bereich garantierten Freiheit zweitens daher rühren, daß innerstaatliche Vorschriften, die alle im Inland ansässigen Personen erfassen, auf im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässige Erbringer von Dienstleistungen angewandt werden, die bereits den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats genügen müssen.

17 Nach ständiger Rechtsprechung (siehe zuletzt die bereits angeführten Urteile vom 26. Februar 1991, Kommission/Frankreich, Randnr. 15, Kommission/Italien, Randnr. 18, und Kommission/Griechenland, Randnr. 18) fallen derartige Hemmnisse unter Artikel 59, sofern die Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf ausländische Erbringer von Dienstleistungen nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist oder den Erfordernissen, die diesen Rechtsvorschriften zugrunde liegen, bereits durch die Vorschriften Genüge getan ist, die für diese Erbringer von Dienstleistungen in dem Mitgliedstaat gelten, in dem sie ansässig sind.

18 In diesem Zusammenhang gehören zu den vom Gerichtshof bereits anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses die zum Schutz der Empfänger von Dienstleistungen bestimmten Berufsregeln (Urteil vom 18. Januar 1979 in den Rechtssachen 110/78 und 111/78, Van Wesemäl, Slg. 1979, 35, Randnr. 28), der Schutz des geistigen Eigentums (Urteil vom 18. März 1980 in der Rechtssache 62/79, Coditel, Slg. 1980, 881), der Schutz der Arbeitnehmer (Urteil vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 179/80, Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 19; Urteil vom 3. Februar 1982 in den Rechtssachen 62/81 und 63/81, Seco, Slg. 1982, 223, Randnr. 14; Urteil vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-113/89, Rush Portugüsa, Slg. 1990, I-1417, Randnr. 18), der Schutz der Verbraucher (Urteile vom 4. Dezember 1986 in den Rechtssachen 220/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 3663, Randnr. 20, 252/83, Kommission/Dänemark, Slg. 1986, 3713, Randnr. 20, 205/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 30, 206/84, Kommission/Irland, Slg. 1986, 3817, Randnr. 20; Urteile vom 26. Februar 1991, Kommission/Italien, a. a. O., Randnr. 20 und Kommission/Griechenland, a. a. O., Randnr. 21), die Erhaltung des nationalen historischen und künstlerischen Erbes (Urteil vom 26. Februar 1991, Kommission/Italien, a. a. O., Randnr. 20), die Aufwertung der archäologischen, historischen und künstlerischen Reichtümer und die bestmögliche Verbreitung von Kenntnissen über das künstlerische und kulturelle Erbe eines Landes (Urteile vom 26. Februar 1991, Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 17, und Kommission/Griechenland, a. a. O., Randnr. 21).

19 Schließlich muß die Anwendung von innerstaatlichen Vorschriften auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Erbringer von Dienstleistungen nach ständiger Rechtsprechung geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgehen; das gleiche Ergebnis darf mit anderen Worten nicht durch weniger einschneidende Regelungen erreichbar sein (siehe zuletzt die Urteile vom 26. Februar 1991, Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnrn. 14 und 15, Kommission/Italien, a. a. O., Randnrn. 17 und 18, und Kommission/Griechenland, a. a. O., Randnrn. 18 und 19).

20 Anhand der genannten Grundsätze sind erstens die den inländischen Sendeanstalten durch Artikel 61 der Mediawet auferlegte Verpflichtung, sich bei der Herstellung ihrer Hörfunk- und Fernsehprogramme der technischen Mittel des Bedrijf zu bedienen, und zweitens die Voraussetzungen zu prüfen, die Artikel 66 Mediawet für die Übertragung von Werbemitteilungen in von anderen Mitgliedstaaten aus gesendeten Hörfunk- und Fernsehprogrammen in den Niederlanden aufstellt.

Zu der Verpflichtung, sich bei der Herstellung von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen ganz oder zum Teil der technischen Mittel des Bedrijf zu bedienen

21 Die Kommission beanstandet Artikel 61 der Mediawet mit der Begründung, daß er die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen daran hindere, in den Niederlanden niedergelassenen landesweit tätigen Sendeanstalten ihre Dienstleistungen zur Herstellung von Hörfunkprogrammen zu erbringen, und ihre Möglichkeiten, diesen Anstalten zur Herstellung von Fernsehprogrammen ihre Dienstleistungen anzubieten, auf 25 % reduziere.

22 Es ist sogleich festzustellen, daß die durch Artikel 61 der Mediawet getroffene Regelung tatsächlich zu einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 59 EWG-Vertrag führt.

23 Die allen in einem Mitgliedstaat niedergelassenen landesweit tätigen Sendeanstalten auferlegte Verpflichtung, sich ganz oder zum Teil der von einem inländischen Unternehmen angebotenen technischen Mittel zu bedienen, hindert diese Anstalten nämlich daran, die Dienstleistungen von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen in Anspruch zu nehmen, oder beschränkt jedenfalls ihre entsprechenden Möglichkeiten. Sie hat daher eine Schutzwirkung zugunsten eines im Inland niedergelassenen Dienstleistungsunternehmens und benachteiligt in gleichem Maß in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene gleichartige Unternehmen.

24 Die niederländische Regierung macht geltend, diese Vorzugsregelung entfalte ihre beschränkenden Wirkungen in gleichem Maß gegenüber anderen in den Niederlanden niedergelassenen Dienstleistungsunternehmen als dem Bedrijf und gegenüber in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen.

25 Dieser Umstand ist keinesfalls geeignet, die Vorzugsregelung, die zugunsten des Bedrijf besteht, vom Anwendungsbereich des Artikels 59 EWG-Vertrag auszuschließen. Ausserdem ist es nicht erforderlich, daß alle Unternehmen eines Mitgliedstaats gegenüber ausländischen Unternehmen bevorzugt sind. Es genügt, daß die geschaffene Vorzugsregelung einem inländischen Erbringer von Dienstleistungen zugute kommt.

26 Die niederländische Regierung macht ausserdem geltend, es sei notwendig, einen harmonischen Übergang von dem früheren Rundfunksystem, in dem die zur Durchführung von Programmen erforderlichen technischen Mittel zum öffentlichen Sektor gehört hätten, zu einem System des freien Wettbewerbs sicherzustellen. Es sei nämlich geboten, erstens die kulturellen Errungenschaften der Vergangenheit zu bewahren und zweitens einen Konkurs des Bedrijf und dadurch verursachte Massenentlassungen zu verhindern. In der mündlichen Verhandlung hat die niederländische Regierung jedoch mitgeteilt, daß die streitige Verpflichtung für Fernsehprogramme mit Wirkung vom 1. Januar 1991 abgeschafft worden sei und für Hörfunkprogramme vom 1. Januar 1992 an wegfallen werde.

27 Zu dem Argument, es sei notwendig, ein System des freien Wettbewerbs schrittweise einzuführen, ist zu bemerken, daß die im EWG-Vertrag vorgesehene Übergangszeit am 31. Dezember 1969 abgelaufen ist und daß die zwingenden Bestimmungen des Artikels 59 EWG-Vertrag mit Ablauf dieses Zeitraums unmittelbar und unbedingt anwendbar geworden sind (siehe Urteil vom 18. Janaur 1979, Van Wesemäl, a. a. O., Randnr. 26). Einem nationalen Gesetzgeber kann es daher nicht gestattet sein, neue Fristen einzuführen.

28 Die kürzlich erfolgten Änderungen der beanstandeten Vorzugsregelung können an der vorstehenden Beurteilung nichts ändern. Zum einen besteht die durch die Mediawet auferlegte Verpflichtung für die Herstellung von Hörfunkprogrammen weiter. Zum anderen ist es ständige Rechtsprechung (siehe zuletzt Urteile vom 30. Mai 1991 in den Rechtssachen C-361/88 und C-59/89, Kommission/Deutschland, Slg. 1991, I-2567, Randnr. 31, und Slg. 1991, I-2607, Randnr. 35), daß der Streitgegenstand bei einer Klage nach Artikel 169 EWG-Vertrag durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission bestimmt wird und daß für die Klage auch dann, wenn der darin gerügte Mangel nach Ablauf der gemäß Artikel 169 Absatz 2 gesetzten Frist behoben wird, noch ein Rechtsschutzinteresse insoweit gegeben ist, als die Grundlage für eine Haftung geschaffen wird, die einen Mitgliedstaat wegen seiner Pflichtverletzung möglicherweise gegenüber anderen Mitgliedstaaten, der Gemeinschaft oder einzelnen trifft.

29 Die niederländische Regierung macht ferner geltend, Ausnahmen von Artikel 59 seien zulässig, wenn sie durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt seien. Die streitigen Beschränkungen seien durch zwingende Erfordernisse ihrer Kulturpolitik im Rundfunksektor gerechtfertigt. Diese Politik solle die Meinungsfreiheit der verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen, religiösen und geistigen Strömungen in den Niederlanden schützen, wie sie sich in der Presse, im Hörfunk oder im Fernsehen müsse entfalten können. Der Bedrijf ermögliche dadurch, daß er den verschiedenen landesweit tätigen Sendeanstalten technische Mittel zur Verfügung stelle, den Fortbestand eines pluralistischen und nichtkommerziellen niederländischen Rundfunksystems. Der Bedrijf erfuelle auch kulturelle Aufgaben, wie zum Beispiel dadurch, daß er eine Phonothek und ein Filmarchiv sowie Rundfunkorchester und -chöre unterhalte. Kulturpolitische Gründe wie diese seien aber als Erwägungen des Allgemeininteresses anzusehen, die beschränkende Maßnahmen rechtfertigen könnten, selbst wenn diese wirtschaftlicher Art seien.

30 Zwar kann eine so verstandene Kulturpolitik einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der eine Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs rechtfertigt. Die Aufrechterhaltung eines pluralistischen Rundfunkwesens, die diese niederländische Politik gewährleisten soll, steht nämlich in einem Zusammenhang mit der durch Artikel 10 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Meinungsfreiheit, die zu den von der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten gehört (Urteil vom 14. Mai 1974 in der Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, 491, Randnr. 13).

31 Das Königreich der Niederlande geht jedoch dadurch, daß es die landesweit tätigen Sendeanstalten, die die gesellschaftlichen, kulturellen, religiösen und geistigen Strömungen der niederländischen Gesellschaft repräsentieren, dazu verpflichtet, ihre Sendungen ganz oder zum Teil von einem inländischen Unternehmen herstellen zu lassen, über das von ihm verfolgte Ziel des Schutzes der Meinungsfreiheit hinaus. Die Meinungsvielfalt im Rundfunksektor eines Mitgliedstaats kann nämlich in keiner Weise dadurch beeinträchtigt werden, daß den einzelnen landesweit tätigen Sendeanstalten die Möglichkeit gegeben wird, sich an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Erbringer von Dienstleistungen zu wenden. Wenn diese Sendeanstalten wirklich daran ein Interesse haben, sich an den Bedrijf zu wenden, ist es, wie die Kommission zu Recht bemerkt hat, nicht erforderlich, sie dazu zu verpflichten.

32 Ausserdem werden die vom Bedrijf erfuellten kulturellen Aufgaben, wie die niederländische Regierung selbst einräumt, in vollem Umfang vom Staat finanziert. Sie haben daher mit der den Sendeanstalten auferlegten Verpflichtung, ihre finanziellen Mittel ganz oder zum Teil beim Bedrijf auszugeben, nichts zu tun und können diese Verpflichtung daher nicht rechtfertigen.

33 Die niederländische Regierung hat sich sodann auf Artikel 90 EWG-Vertrag berufen. Aus dieser Vorschrift leitet sie ab, daß die Mitgliedstaaten bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten in ihrem Hoheitsgebiet dem freien Wettbewerb entziehen können. Im Rahmen des niederländischen Rundfunksystems sei ein solches Monopol durch die bereits dargestellten Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt, nämlich durch die Erhaltung der Meinungsvielfalt in den Medien, das Interesse der inländischen Sendeanstalten daran, Zugang zu hochwertigen technischen Mitteln zu haben, und die Erfuellung von nicht gewinnbringenden kulturellen Aufgaben durch den Bedrijf.

34 Hierzu genügt die Feststellung, daß Artikel 90 EWG-Vertrag, wie sich aus dem Urteil vom 19. März 1991 in der Rechtssache C-202/88 (Frankreich/Kommission, Slg. 1991, I-1223, Randnr. 22) ergibt, zwar das Vorhandensein von Unternehmen voraussetzt, die über bestimmte besondere oder ausschließliche Rechte verfügen, daß daraus jedoch noch nicht folgt, daß alle besonderen oder ausschließlichen Rechte notwendigerweise mit dem EWG-Vertrag vereinbar sind. Ob letzteres der Fall ist, ist anhand der verschiedenen Vorschriften zu prüfen, auf die Artikel 90 Absatz 1 verweist.

35 Die Beantwortung der Frage, ob ein Mitgliedstaat bestimmte Dienstleistungen dem freien Wettbewerb entziehen kann, hängt folglich davon ab, ob die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die dadurch geschaffen würden, durch die oben angeführten Gründe des Allgemeininteresses (Randnrn. 17 und 18) gerechtfertigt sein können.

36 Wie oben (Randnrn. 31 und 32) ausgeführt worden ist, rechtfertigt aber im vorliegenden Fall kein Grund des Allgemeininteresses die bevorzugte Stellung, die die niederländischen Behörden dem Bedrijf eingeräumt haben.

37 Es ist daher festzustellen, daß das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es die Anstalten, die Sendezeit für landesweite Rundfunksendungen erhalten haben, dazu verpflichtet hat, die gesamten ihnen für den Hörfunkbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge und einen durch Verordnung festgesetzten Prozentsatz der ihnen für den Fernsehbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge beim Bedrijf auszugeben.

Zu den Voraussetzungen, unter denen Werbemitteilungen in von anderen Mitgliedstaaten aus gesendeten Hörfunk- oder Fernsehprogrammen in den Niederlanden übertragen werden dürfen

38 Es ist sogleich festzustellen, daß die Voraussetzungen, unter denen nach Artikel 66 Absatz 1 Buchstabe b Satz 2 der Mediawet Werbemitteilungen in vom Ausland aus gesendeten Hörfunk- oder Fernsehprogrammen in den Niederlanden übertragen werden dürfen, eine doppelte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs beinhalten. Zum einen hindern sie die in einem Mitgliedstaat ansässigen Betreiber von Kabelrundfunkeinrichtungen daran, Hörfunk- oder Fernsehprogramme zu übertragen, die von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Sendeanstalten angeboten werden und diesen Voraussetzungen nicht entsprechen. Zum andern beschränken sie die Möglichkeiten dieser Sendeanstalten, insbesondere für im Empfangsmitgliedstaat niedergelassene Unternehmen speziell für das Publikum dieses Staates bestimmte Werbemitteilungen in ihr Programm aufzunehmen.

39 Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, gehören die Voraussetzungen, die Artikel 66 der Mediawet aufstellt, zu zwei verschiedenen Gruppen. Es gibt zunächst Voraussetzungen, die sich auf die Struktur der Sendeanstalten beziehen: Diese müssen die Durchführung der Werbung einer von den Programmanbietern unabhängigen juristischen Person übertragen; sie müssen ihre Werbeeinnahmen in vollem Umfang zur Durchführung des Programms verwenden; sie dürfen Dritten nicht zur Gewinnerzielung dienen. Es gibt sodann Voraussetzungen, die sich auf die Werbung selbst beziehen: Sie muß eindeutig als solche erkennbar und von den anderen Programmteilen getrennt sein; sie darf nicht mehr als 5 % der Sendezeit in Anspruch nehmen; sie darf nicht sonntags ausgestrahlt werden. Diese Voraussetzungen sind daher getrennt zu prüfen.

A - Zu den Voraussetzungen, die die Struktur der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Sendeanstalten betreffen

40 Zu den Voraussetzungen, die sich auf die Struktur der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Sendeanstalten beziehen, führt die niederländische Regierung aus, sie stimmten mit denen überein, die die niederländischen Sendeanstalten zu erfuellen hätten. So entspreche das Erfordernis, daß die Werbemitteilungen von einer von den Programmherstellern getrennten juristischen Person durchgeführt werden müssten, dem nach der Mediawet für inländische Anstalten bestehenden Verbot, kommerzielle Werbung zu senden; die Ausstrahlung dieser Werbung sei der Stiftung für Hörfunk- und Fernsehwerbung (Stichting Etherreclame; im folgenden: STER) vorbehalten. Die den Sendeanstalten der anderen Mitgliedstaaten auferlegte Verpflichtung, Dritten nicht zur Gewinnerzielung zu dienen, solle den nichtkommerziellen Charakter des Rundfunks garantieren, den die Mediawet für die landesweit tätigen Sendeanstalten aufrechterhalten wolle. Schließlich bezwecke das Erfordernis, daß die Werbeeinnahmen zur Durchführung der Programme eingesetzt werden müssten, den Sendern der anderen Mitgliedstaaten Möglichkeiten zu bieten, die denen des niederländischen Systems, in dem der grösste Teil der Werbeeinnahmen der STER die Betriebskosten von Hörfunk und Fernsehen decke, mindestens gleichkämen.

41 Die niederländische Regierung begründet diese Beschränkungen damit, daß sie verhindern sollten, daß die Werbung treibenden Unternehmen, die Werbeaufträge erteilten, einen zu grossen Einfluß auf die Programmgestaltung bekämen, was ihre Kulturpolitik im Rundfunksektor gefährden könnte.

42 Es ist jedoch festzustellen, daß es keinen notwendigen Zusammenhang zwischen einer solchen Kulturpolitik und den die Struktur der ausländischen Sendeanstalten betreffenden Voraussetzungen gibt. Um ein pluralistisches Rundfunkwesen zu sichern, ist es nämlich keineswegs unerläßlich, daß das innerstaatliche Recht den in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Sendeanstalten vorschreibt, sich dem niederländischen Modell anzupassen, wenn sie Programme ausstrahlen wollen, die für das niederländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen enthalten. Wenn die niederländische Regierung diese Vielfalt erhalten will, kann sie sich durchaus darauf beschränken, die Regelung für ihre eigenen Anstalten entsprechend auszugestalten.

43 Voraussetzungen, die sich auf die Struktur von ausländischen Sendeanstalten beziehen, sind daher nicht als objektiv dafür erforderlich anzusehen, das allgemeine Interesse an der Erhaltung eines pluralistischen nationalen Rundfunkwesens zu wahren.

B - Zu den die Werbemitteilungen betreffenden Voraussetzungen

44 Nach Meinung der niederländischen Regierung hat entgegen der von der Kommission vertretenen Auffassung weder das Verbot, an bestimmten Tagen Werbemitteilungen zu übertragen, noch die Beschränkung von deren Dauer, noch die Verpflichtung, sie als solche kenntlich zu machen und sie von anderen Programmteilen zu trennen, diskriminierenden Charakter. Die von der STER erbrachten Dienstleistungen seien den gleichen Beschränkungen unterworfen. Die niederländische Regierung verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 39 der Mediawet. Daraus gehe hervor, daß das Commissariaat voor de Media der STER im inländischen Netz verfügbare Sendezeit zuteile und daß diese Zuteilung in der Weise erfolgen müsse, daß die Programme der nationalen Sendeanstalten nicht unterbrochen würden. Ausserdem werde nach dem gleichen Artikel keine Sendezeit an Sonntagen zugeteilt.

45 In diesem Zusammenhang ist zunächst hervorzuheben, daß Beschränkungen der Sendung von Werbemitteilungen, wie zum Beispiel das Verbot der Werbung für bestimmte Erzeugnisse oder an bestimmten Tagen, die Beschränkung der Dauer oder der Häufigkeit dieser Mitteilungen oder Beschränkungen, die verhindern sollen, daß die Radiohörer oder die Fernsehzuschauer die kommerzielle Werbung mit anderen Programmteilen verwechseln, durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein können. Derartige Beschränkungen können vorgeschrieben werden, um die Verbraucher gegen ein Übermaß an kommerzieller Werbung zu schützen oder um im Rahmen der Kulturpolitik eine bestimmte Programmqualität zu erhalten.

46 Sodann ist festzustellen, daß die streitigen Beschränkungen sich nur auf den Markt der speziell für das niederländische Publikum bestimmten Werbemitteilungen beziehen. Dieser Markt war der einzige, der vom Werbeverbot in der Kabelregeling erfasst wurde, das den Anlaß zu den Vorabentscheidungsfragen im Rahmen der Rechtssache Bond van Adverteerders bildete (siehe das Urteil vom 26. April 1988, a. a. O.). Selbst wenn die Werbemitteilungen sich auf Erzeugnisse beziehen, die in den Niederlanden verbraucht werden können, gelten diese Beschränkungen nur dann, wenn diese Mitteilungen in Verbindung mit Programmen in niederländischer Sprache oder mit Programmen mit niederländischen Untertiteln gesendet werden. Diese Beschränkungen können bei Programmen in niederländischer Sprache, die in Belgien für das niederländischsprachige belgische Publikum ausgestrahlt werden, aufgehoben werden.

47 Anders als die Kabelregeling behalten die hier genannten Bestimmungen der Mediawet der STER nicht mehr die Gesamtheit der Einnahmen aus den Werbemitteilungen vor, die speziell für das niederländische Publikum bestimmt sind. Sie beschränken jedoch dadurch, daß sie die Übertragung dieser Mitteilungen reglementieren, den eventuellen Wettbewerb ausländischer Sendeanstalten mit der STER auf diesem Markt. Sie haben damit - sei es auch in geringerem Maß als die Kabelregeling - zur Folge, daß die Einnahmen der STER geschützt werden, und sind daher auf das gleiche Ziel gerichtet wie die frühere Regelung. Wie im Urteil vom 26. April 1988 (Bond van Adverteerders, a. a. O., Randnr. 34) entschieden worden ist, kann dieses Ziel aber keine Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen.

48 Es ist daher festzustellen, daß das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen hat, daß es den in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Betreibern von Kabelrundfunkeinrichtungen verboten hat, Hörfunk- oder Fernsehprogramme, die speziell für das niederländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen enthalten und von im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats niedergelassenen Sendeanstalten gesendet werden, zu übertragen, wenn bestimmte Voraussetzungen, die sich auf die Struktur dieser Anstalten oder auf die in ihren Programmen enthaltenen und für das niederländische Publikum bestimmten Werbemitteilungen beziehen, nicht erfuellt sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

49 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Beklagte mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen, daß es die Anstalten, die Sendezeit für landesweite Rundfunksendungen erhalten haben, dazu verpflichtet hat, die gesamten ihnen für den Hörfunkbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge und einen durch Verordnung festgesetzten Prozentsatz der ihnen für den Fernsehbetrieb zur Verfügung gestellten Beträge beim Bedrijf auszugeben, und daß es den in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Betreibern von Kabelrundfunkeinrichtungen verboten hat, Hörfunk- oder Fernsehprogramme, die speziell für das niederländische Publikum bestimmte Werbemitteilungen enthalten und von im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats niedergelassenen Sendeanstalten gesendet werden, zu übertragen, wenn bestimmte Voraussetzungen, die sich auf die Struktur dieser Anstalten oder auf die in ihren Programmen enthaltenen und für das niederländische Publikum bestimmten Werbemitteilungen beziehen, nicht erfuellt sind.

2) Das Königreich der Niederlande trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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