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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.11.1997
Aktenzeichen: C-356/95
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 1765/92


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 1765/92
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1765/92 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen sind die Mitgliedstaaten im Rahmen der Erstellung des in dieser Bestimmung genannten Regionalisierungsplans nicht verpflichtet, bei der Ausweisung der Erzeugungsregionen die hierfür maßgeblichen Kriterien in den Bestimmungen zur Durchführung dieser Verordnung anzugeben.

Ein Mitgliedstaat, der nach Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 3 der Verordnung Nr. 1765/92 nicht sein gesamtes Staatsgebiet, sondern nur Teile desselben jeweils zur Grundflächenregion bestimmt hat, ist berechtigt, das Gebiet der jeweiligen Grundflächenregion nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 dieser Verordnung insgesamt als Erzeugungsregion auszuweisen; die spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren erfordern keine weitergehende Aufgliederung der Grundflächenregionen in einzelne Erzeugungsregionen.


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 27. November 1997. - Matthias Witt gegen Amt für Land- und Wasserwirtschaft. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht - Deutschland. - Gemeinsame Agrarpolitik - Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 - Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen - Ausweisung von Erzeugungsregionen - Pflicht zur Angabe der Kriterien - Berücksichtigung der Bodenfruchtbarkeit. - Rechtssache C-356/95.

Entscheidungsgründe:

1 Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 27. Oktober 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 21. November 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 181, S. 12; im folgenden: Verordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen M. Witt (Kläger) und dem Amt für Land- und Wasserwirtschaft (Beklagter) über die Höhe der dem Kläger als Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen geschuldeten Ausgleichszahlungen.

Das Gemeinschaftsrecht

3 Nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung können die Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen der Gemeinschaft unter den Bedingungen von Titel I der Verordnung eine Ausgleichszahlung beantragen.

4 Artikel 2 Absatz 2 lautet:

"Die Ausgleichszahlung wird flächenbezogen nach Hektaren gewährt und ist regional gestaffelt.

Die Ausgleichszahlung wird für die Fläche gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturplanzen bebaut ist oder die nach Artikel 7 dieser Verordnung stillgelegt wurde und die eine regionale Grundfläche nicht übersteigt. Die regionale Grundfläche wird als die durchschnittliche Hektarfläche einer Region ermittelt, die 1989, 1990 und 1991 mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaut wurde, und gegebenenfalls diejenige, die im Rahmen einer öffentlichen Beihilferegelung stillgelegt wurde. Als eine Region in diesem Sinne gilt nach Wahl des betreffenden Mitgliedstaats ein Mitgliedstaat oder eine Region innerhalb eines Mitgliedstaats.

Eine Fläche, für die keine Beihilfe nach dieser Verordnung beantragt wird, die aber zur Begründung eines Beihilfeantrags nach der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 herangezogen wird, wird für den betreffenden Zeitraum von der regionalen Grundfläche in Abzug gebracht."

5 Nach Artikel 2 Absatz 3 kann ein Mitgliedstaat anstelle eines Systems der regionalen Grundfläche für sein gesamtes Gebiet ein System der individuellen Grundfläche anwenden.

6 Gemäß Artikel 2 Absatz 5 Unterabsatz 1 wird die Ausgleichszahlung gewährt nach Maßgabe einer "allgemeinen Regelung" für alle Erzeuger oder einer "vereinfachten Regelung" für Kleinerzeuger. Artikel 2 Absatz 5 Unterabsatz 2 sieht vor, daß Erzeuger, die die Ausgleichszahlung nach der allgemeinen Regelung beantragen, einen Teil ihrer Fläche stillegen müssen und dafür eine Ausgleichszahlung erhalten.

7 Artikel 2 Absatz 6 der Verordnung bestimmt:

"Übersteigt im Fall einer regionalen Grundfläche die Summe der individuellen Flächen, für die nach der Regelung betreffend die Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen einschließlich der Stillegung nach dieser Regelung und nach der Stillegungsregelung der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates vom 15. Juli 1991 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur [ABl. L 218, S. 1] ein Beihilfeantrag gestellt wird, die regionale Grundfläche, so gilt in der betreffenden Region folgendes:

- in demselben Wirtschaftsjahr wird die beihilfefähige Fläche je Landwirt für alle nach diesem Titel gewährten Beihilfen anteilsmässig verringert;

- in dem darauffolgenden Wirtschaftsjahr müssen die Erzeuger nach der allgemeinen Regelung eine besondere Stillegung ohne Ausgleich vornehmen. Der Prozentsatz der besonderen Stillegung entspricht dem Prozentsatz, um den die regionale Grundfläche überschritten wurde. Hierbei handelt es sich um eine ergänzende Maßnahme zu der Stillegungsregelung nach Artikel 7."

8 Nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 erstellt jeder Mitgliedstaat einen Regionalisierungsplan mit den Kriterien zur Ausweisung der einzelnen Erzeugungsregionen. Die Kriterien hierfür müssen angemessen und objektiv sein und die notwendige Flexibilität für die Ausweisung unterscheidbarer homogener Erzeugungsregionen einer bestimmten Mindestgrösse bieten; sie müssen spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren wie etwa der Bodenfruchtbarkeit Rechnung tragen, wobei gegebenenfalls eine angemessene Unterscheidung zwischen bewässerten und nicht bewässerten Flächen vorzunehmen ist. Diese Regionen dürfen sich nicht mit den Begrenzungen der regionalen Grundflächen nach Artikel 2 Absatz 2 überschneiden.

9 Gemäß Artikel 3 Absatz 2 teilt der Mitgliedstaat für jede Erzeugungsregion die im Fünfjahreszeitraum 1986/87 bis 1990/91 mit Getreide, Ölsaaten und Eiweisspflanzen bestellten Flächen und die entsprechenden Erträge mit. Für jede Region wird ein durchschnittlicher Getreideertrag und, wenn möglich, getrennt davon ein Ölsaatenertrag berechnet, wobei das Jahr mit dem höchsten und das Jahr mit dem niedrigsten Ertrag unberücksichtigt bleiben.

10 Nach Artikel 3 Absatz 3 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission bis spätestens 1. August 1992 ihre Regionalisierungspläne nebst allen zweckdienlichen Angaben zu übermitteln.

11 Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung bestimmt, daß die Kommission die von den Mitgliedstaaten übermittelten Regionalisierungspläne prüft und sicherstellt, daß sie auf geeigneten objektiven Kriterien basieren und mit den vorliegenden Erfahrungswerten übereinstimmen. Pläne, die mit den vorgenannten Kriterien und insbesondere mit dem Durchschnittsertrag des Mitgliedstaats nicht in Einklang stehen, werden von der Kommission beanstandet. Die beanstandeten Pläne sind von dem betreffenden Mitgliedstaat im Benehmen mit der Kommission zu ändern.

12 Nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung wird zur Berechnung der Getreideausgleichszahlung der Grundbetrag je Tonne mit dem durchschnittlichen Getreideertrag entsprechend dem Regionalisierungsplan für die betreffende Region multipliziert. Die Grundbeträge je Tonne für die Wirtschaftsjahre 1993/94 bis 1995/96 werden in Artikel 4 Absatz 2 festgesetzt.

13 Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung legt fest, wie die Ausgleichszahlungen je Hektar für Ölsaaten zu berechnen sind.

14 Artikel 7 Absatz 1 bestimmt schließlich, daß jeder Erzeuger, der nach der allgemeinen Regelung Ausgleichszahlungen beantragt, eine Stillegung wie folgt vornehmen muß:

"- im Fall der regionalen Grundfläche als Anteil seiner mit den betreffenden landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebauten Fläche, die gemäß dieser Verordnung stillgelegt wird und für die eine Ausgleichszahlung beantragt wird;

- im Fall einer individuellen Grundfläche als prozentuale Verringerung seiner betreffenden Grundfläche".

Nationales Recht

15 § 3 Absatz 1 der Verordnung über eine Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen vom 3. Dezember 1992 (Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungs-Verordnung, BGBl. I S. 1991; im folgenden: KVO) bestimmt die Länder der Bundesrepublik Deutschland jeweils zu Grundflächenregionen.

16 Nach § 3 Absatz 2 sind die Erzeugungsregionen für die Ernte im Wirtschaftsjahr 1993/94 in der Anlage zur KVO wiedergegeben. Nach dieser Anlage ist das Land Schleswig-Holstein eine Erzeugungsregion mit einem Getreidedurchschnittsertrag von 68,1 dt/ha. Grundflächenregion und Erzeugungsregion sind in Schleswig-Holstein identisch.

Ausgangsverfahren

17 Der Kläger ist ein in Schleswig-Holstein ansässiger Landwirt. Er beantragte beim Beklagten Ausgleichszahlungen für Getreide, Ölsaaten, Eiweisspflanzen und Flächenstillegung.

18 Mit Bescheid vom 18. November 1993 bewilligte der Beklagte dem Kläger für das Wirtschaftsjahr 1993/94 Ausgleichszahlungen in Höhe von 73 323,93 DM.

19 Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 1994 zurückgewiesen. Am 5. April 1994 erhob der Kläger Klage beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, mit der er geltend machte, ihm stehe unmittelbar aus der Verordnung ein Rechtsanspruch auf eine weitere Ausgleichszahlung in Höhe von 11 961 DM zu. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung müsse jeder Mitgliedstaat einen Regionalisierungsplan erstellen, bei dem die Kriterien zur Ausweisung der einzelnen Erzeugungsregionen den spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren, wie etwa der Bodenfruchtbarkeit, Rechnung zu tragen hätten. Diese Vorgaben seien durch die KVO nicht sachgerecht umgesetzt worden; infolgedessen lasse die Gesamtregionalisierung von Schleswig-Holstein die unterschiedliche Bodenfruchtbarkeit der Naturräume dieses Bundeslandes (Marsch, Geest, Ostholsteinisches Hügelland) unberücksichtigt. Die Regionalisierung mache aber nur Sinn, wenn sie auf Standorte mit unterschiedlichen Ertragsfaktoren reagiere. Sachgerecht wäre daher eine Einteilung in Erzeugungsregionen nach Naturräumen oder in benachteiligte und nicht benachteiligte Gebiete gewesen.

20 Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Er machte geltend, der deutsche Regionalisierungsplan sei von der Kommission nicht beanstandet worden. Ausserdem hätte sich an den in Schleswig-Holstein festgestellten unterschiedlich hohen Flächenerträgen auch bei einer weiteren Unterteilung, wie der Kläger sie vorgeschlagen habe, nichts geändert. Nur eine individuelle Ertragsermittlung wäre gerecht gewesen. Im übrigen stehe den Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Subventionsvergabe ein grosser Spielraum zur Verfügung; eingehende Untersuchungen hätten letztlich ergeben, daß Naturräume unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht untereinander abzugrenzen seien.

21 Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 6. Oktober 1994 im wesentlichen mit der Begründung ab, für die vom Kläger beantragte weitergehende Ausgleichszahlung in Höhe von 11 961 DM fehle es an einer Rechtsgrundlage. Gegen dieses Urteil legte der Kläger am 18. November 1994 Berufung zum Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht ein.

Die Vorlagefragen

22 Da das vorlegende Gericht der Auffassung ist, die Entscheidung des Ausgangsverfahrens hänge von der Auslegung des Artikels 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung ab, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist ein Mitgliedstaat nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen vom 30. Juni 1992 berechtigt, einzelne Erzeugungsregionen ohne Angabe der insoweit maßgeblichen "Kriterien" auszuweisen?

2. Wenn die Frage zu 1 bejaht wird: Ist ein Mitgliedstaat, der nach Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 3 der genannten Verordnung nicht sein gesamtes Staatsgebiet, sondern - wie die Bundesrepublik Deutschland - nur Teile desselben jeweils zur Grundflächenregion bestimmt hat, grundsätzlich berechtigt, das Gebiet der jeweiligen Grundflächenregion nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung insgesamt auch als Erzeugungsregion mit einem einheitlichen Getreidedurchschnittsertrag auszuweisen? In welchen Fällen erfordern die "spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren wie etwa die Bodenfruchtbarkeit" bei der dargestellten Ausgangslage eine weitergehende Aufgliederung der Grundflächenregionen in einzelne Erzeugungsregionen mit unterschiedlichen Getreidedurchschnittserträgen?

Zur ersten Frage

23 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung die Mitgliedstaaten bei der Ausweisung der Erzeugungsregionen verpflichtet sind, die hierfür maßgeblichen Kriterien in den Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung anzugeben.

24 Der Kläger vertritt dazu die Auffassung, zwar verfügten die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Verordnung über einen gewissen Ermessensspielraum; sie seien jedoch nicht berechtigt, die maßgeblichen Kriterien, wie z. B. die Bodenfruchtbarkeit, völlig unberücksichtigt zu lassen.

25 Nach Ansicht der deutschen Regierung enthält dagegen Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung keine Bestimmungen darüber, ob und gegebenenfalls wie die Mitgliedstaaten die Ausweisung der Erzeugungsregionen in ihren nationalen Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung inhaltlich zu begründen hätten.

26 Die Kommission meint, die Delegation der Entscheidungskompetenz zur Festlegung der Erzeugungsregionen an die Mitgliedstaaten führe unausweichlich dazu, den zuständigen Stellen dieser Staaten einen wesentlichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Jedenfalls habe die Bundesrepublik Deutschland im vorliegenden Fall ein objektives Kriterium angewandt, nämlich das Gebiet des Landes Schleswig-Holstein.

27 Zwar hat nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung jeder Mitgliedstaat einen Regionalisierungsplan mit den Kriterien zur Ausweisung der einzelnen Erzeugungsregionen zu erstellen, der als Berechnungsgrundlage für die Ausgleichszahlungen dient; aus Artikel 3 Absatz 3 folgt jedoch eindeutig, daß Adressat dieser Regionalisierungspläne die Kommission ist und daß sie durch die Regionalisierungspläne in die Lage versetzt werden soll, sicherzustellen, daß die Pläne auf geeigneten, objektiven Kriterien beruhen und mit den vorliegenden Erfahrungswerten übereinstimmen.

28 Der deutsche Regionalisierungsplan ist der Kommission nach deren Erklärungen nebst 37 Blatt Erläuterungen der Bundesländer am 4. August 1992 vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung übermittelt worden. Bei der Prüfung dieses Planes hat sich die Kommission vergewissert, daß er den Anforderungen des Artikels 3 Absatz 1 genügt und insbesondere auf geeigneten, objektiven Kriterien beruht.

29 Hingegen verpflichtet die Verordnung, wie der Generalanwalt in Nummer 44 seiner Schlussanträge festgestellt hat, die Mitgliedstaaten nicht, in den nationalen Durchführungsvorschriften die Kriterien anzugeben, die für die Erstellung des Regionalisierungsplans maßgeblich waren.

30 Somit ist auf die erste Frage zu antworten, daß die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung nicht verpflichtet sind, bei der Ausweisung der Erzeugungsregionen die hierfür maßgeblichen Kriterien in den Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung anzugeben.

Zur zweiten Frage

31 Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob ein Mitgliedstaat, der nach Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 3 der Verordnung nicht sein gesamtes Staatsgebiet, sondern nur Teile desselben jeweils zur Grundflächenregion bestimmt hat, berechtigt ist, das Gebiet der jeweiligen Grundflächenregion nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung insgesamt als Erzeugungsregion auszuweisen, oder ob in bestimmten Fällen die spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren eine weitergehende Aufgliederung der Grundflächenregionen in einzelne Erzeugungsregionen erfordern.

32 Was den ersten Teil der Frage angeht, so ergibt sich zunächst aus dem System der Verordnung sowie deren Zielen, daß den Mitgliedstaaten bei der Ausweisung der Erzeugungsregionen ein weiter Spielraum zusteht. Im Rahmen dieses Spielraums können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung insbesondere ihr Staatsgebiet oder einzelne Teile dieses Gebietes als Grundflächenregion zur Berechnung der Ausgleichszahlung ausweisen.

33 Des weiteren sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Absätze 3 und 4 verpflichtet, ihre Wahl nach geeigneten objektiven Kriterien, die mit den vorliegenden Erfahrungswerten übereinstimmen, zu treffen und sicherzustellen, daß ihre Pläne mit ihrem Durchschnittsertrag in Einklang stehen.

34 Schließlich dürfen sich die von den Mitgliedstaaten ausgewiesenen Erzeugungsregionen gemäß Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 nicht mit den Begrenzungen der regionalen Grundflächen nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung überschneiden.

35 Doch ist die Objektivität des im Ausgangsverfahren zur Ausweisung einer Erzeugungsregion angewandten Verwaltungskriteriums, das dazu führt, daß sich die Erzeugungsregion mit dem gesamten Gebiet der Grundflächenregion deckt, unbestreitbar. Ausserdem hat es zwangsläufig zur Folge, daß sich die Erzeugungsregion Schleswig-Holstein nicht mit den Begrenzungen der regionalen Grundflächen überschneiden kann.

36 Der zweite Teil der Frage geht dahin, ob die spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren eine weitergehende Aufgliederung der Grundflächenregionen in einzelne Erzeugungsregionen, z. B. nach der Bodenfruchtbarkeit, erfordern. Hierzu legt die deutsche Regierung dar, eine Untergliederung des Landes Schleswig-Holstein nach Naturräumen unter Berücksichtigung des genannten Kriteriums sei wegen fehlender rechtlich nachvollziehbarer Abgrenzungskriterien nicht möglich gewesen.

37 Der Kläger bestreitet dies unter Hinweis darauf, daß für die Referenzjahre zuverlässige statistische Angaben über die durchschnittlichen Hektarerträge bei landwirtschaftlichen Kulturplanzen in den einzelnen Naturgebieten vorlägen. In der Sitzung hat der Kläger Unterlagen überreicht, die dies seiner Ansicht nach belegen.

38 Auch nach Ansicht der Kommission setzt die Berechnung der "historischen Erträge" zuverlässiges statistisches Zahlenmaterial voraus; die im deutschen Regionalisierungsplan angegebenen Durchschnittserträge hätten jedoch den ihr vorliegenden Zahlen entsprochen.

39 Wie die Kommission in der Sitzung hervorgehoben hat, legen die in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung genannten Kriterien den allgemeinen rechtlichen Rahmen für die Ausweisung der Erzeugungsregionen fest. Die Mitgliedstaaten können im Rahmen des ihnen eröffneten weiten Spielraums andere Kriterien berücksichtigen, wie etwa die administrative Praktikabilität einer Lösung oder die Homogenität einer Region im Verhältnis zur Gesamtheit der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen.

40 Zur Verfügbarkeit zuverlässiger Daten hat der Generalanwalt in den Nummern 49 und 51 seiner Schlussanträge zu Recht ausgeführt, daß das Vorliegen von Statistiken, wie sie der Kläger in der Sitzung vorgelegt hat, nicht ohne weiteres zur Folge hat, daß der Mitgliedstaat gezwungen ist, das Bundesland in mehrere Erzeugungsregionen aufzugliedern, da das einzige klare, in Artikel 3 Absatz 1 vorgesehene Kriterium dasjenige ist, daß sich "[d]iese Regionen... nicht mit den Begrenzungen der regionalen Grundflächen nach Artikel 2 Absatz 2 überschneiden [dürfen]". Infolgedessen kommt es für die Beantwortung der zweiten Frage des nationalen Gerichts auf diese Statistiken nicht an.

41 Es ist somit festzustellen, daß ein Mitgliedstaat, der nach Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 3 der Verordnung nicht sein gesamtes Staatsgebiet, sondern nur Teile desselben jeweils zur Grundflächenregion bestimmt hat, berechtigt ist, das Gebiet der jeweiligen Grundflächenregion nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung insgesamt als Erzeugungsregion auszuweisen, und daß die spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren keine weitergehende Aufgliederung der Grundflächenregionen in einzelne Erzeugungsregionen erfordern.

Kostenentscheidung:

Kosten

42 Die Auslagen der deutschen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

auf die ihm vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluß vom 27. Oktober 1995 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, bei der Ausweisung der Erzeugungsregionen die hierfür maßgeblichen Kriterien in den Bestimmungen zur Durchführung dieser Verordnung anzugeben.

2. Ein Mitgliedstaat, der nach Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 3 der Verordnung Nr. 1765/92 nicht sein gesamtes Staatsgebiet, sondern nur Teile desselben jeweils zur Grundflächenregion bestimmt hat, ist berechtigt, das Gebiet der jeweiligen Grundflächenregion nach Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 dieser Verordnung insgesamt als Erzeugungsregion auszuweisen; die spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren erfordern keine weitergehende Aufgliederung der Grundflächenregionen in einzelne Erzeugungsregionen.

Ende der Entscheidung

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