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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.05.1993
Aktenzeichen: C-370/89
Rechtsgebiete: EWGV, Drittes AKP-EWG-Abkommen von Lomé vom 8. Dezember 1984


Vorschriften:

EWGV Art. 178
EWGV Art. 215 Abs. 2
Drittes AKP-EWG-Abkommen von Lomé vom 8. Dezember 1984 Art. 192
Drittes AKP-EWG-Abkommen von Lomé vom 8. Dezember 1984 Art. 225
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Das Verfahren der Vergabe öffentlicher Aufträge im Rahmen der durch das Dritte AKP°EWG-Abkommen eingeführten finanziellen und technischen Zusammenarbeit ist in der Weise organisiert, daß die Behörden der AKP-Staaten gemäß den Artikeln 192 Absatz 2 und 225 Absatz 3 des Abkommens für die Vorbereitung, die Aushandlung und die Vergabe der von der Gemeinschaft finanzierten öffentlichen Bauaufträge zuständig sind, während die Gemeinschaftseinrichtungen, die dazu ermächtigt sind, im Namen der Gemeinschaft die Finanzierungsbeschlüsse bezueglich dieser Aufträge im Sinne des Artikels 192 Absatz 4 des Abkommens zu treffen, nur eingreifen, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Gemeinschaftsfinanzierung vorliegen. Diese Eingriffe sollen und können nicht den Grundsatz berühren, daß die fraglichen Aufträge nationale Aufträge bleiben.

Demgemäß haben die Gemeinschaftseinrichtungen nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, im Rahmen der ihnen hinsichtlich der Gewährleistung einer ordnungsgemässen Verwaltung der Gemeinschaftsfonds übertragenen Aufgaben dafür Sorge zu tragen, daß die einschlägigen Verfahrensbestimmungen eingehalten werden und daß das wirtschaftlich günstigste Angebot ausgewählt wird, wobei insbesondere die von den Bietern gebotenen Qualifikationen und Garantien, die Art der Arbeiten und die Bedingungen für ihre Durchführung, die Preise der Leistungen, die Kosten der Nutzung und der technische Wert zu berücksichtigen sind. Schließlich sind die Gemeinschaftseinrichtungen nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, sich die Informationen zu beschaffen, die sie benötigen, um eine wirtschaftliche Verwaltung der Gemeinschaftsmittel zu gewährleisten.

Man kann deshalb der Europäischen Investitionsbank nicht ein rechtswidriges Verhalten anlasten, das die Haftung der Gemeinschaft auslöst, wenn sie sich weigert, ein Vorhaben zu finanzieren, dessen Durchführung dem niedrigsten Bieter übertragen wird, und wenn diese Weigerung auf dem Umstand beruht, daß dieses Angebot in Anbetracht der Vorbehalte, die ein unabhängiger Berater zum Ausdruck gebracht hat, nicht das wirtschaftlich günstigste darstellt.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 25. MAI 1993. - SOCIETE GENERALE D'ENTREPRISES ELECTRO-MECANIQUES UND ROLAND ETROY GEGEN EUROPAEISCHE INVESTITIONSBANK. - OEFFENTLICHE BAUAUFTRAEGE IN EINEM AKP-STAAT - MITFINANZIERUNG DURCH DIE EIB - AUSSERVERTRAGLICHE HAFTUNG GEGENUEBER EINEM NICHT BERUECKSICHTIGTEN BEWERBER. - RECHTSSACHE C-370/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Société générale d' entreprises electro-mécaniques, Aktiengesellschaft französischen Rechts mit Sitz in Champs-sur-Marne, Frankreich (im folgenden: klagende Gesellschaft), und Roland Etroy, deren Président directeur général, haben mit Klageschrift, die am 12. Dezember 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage auf Schadensersatz mit dem Antrag erhoben, die Europäische Investitionsbank als Bevollmächtigte der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu verurteilen, den Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist, daß die Beklagte es verhindert hat, daß die klagende Gesellschaft den Zuschlag für öffentliche Bauleistungen im Gebiet der Republik Mali erhält.

2 Die Republik Mali beschloß, eine Hochspannungsleitung zwischen Bamako und Segou zu errichten, und übertrug die Durchführung des Vorhabens der Electricité du Mali (im folgenden: EDM), einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft malischen Rechts, die von einem Ausschuß unterstützt wurde, der die eingereichten Angebote zu prüfen hatte (im folgenden: Ausschuß).

3 Das internationale Beratungsunternehmen Hydro-Quebec International (im folgenden:HQI) erhielt von der EDM den Auftrag, sie bei der Bewertung der Angebote und insbesondere bei der Auswahl des Auftragnehmers zu unterstützen.

4 Auf der Grundlage der Bestimmungen über die finanzielle und technische Zusammenarbeit, die in dem am 8. Dezember 1984 in Lomé unterzeichneten Dritten AKP°EWG-Abkommen (ABl. 1986, L 86, S. 3; im folgenden: Abkommen) enthalten sind, ersuchte die Republik Mali die Bank, die Errichtung der Leitung, die dem Los 1A des Vorhabens entsprach, in der Form eines bedingten Darlehens zur Bildung von haftendem Kapital, wie es in Artikel 199 des Abkommens vorgesehen ist, zu finanzieren.

5 Das haftende Kapital, das aus den Mitteln des sechsten Europäischen Entwicklungsfonds finanziert wird, der durch Artikel 1 Absatz 1 des Internen Abkommens über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft vom 19. Februar 1985 (ABl. 1986, L 86, S. 210; im folgenden: Internes Abkommen) errichtet wurde, wird gemäß Artikel 10 Absatz 2 des Internen Abkommens von der Bank für Rechnung der Gemeinschaft verwaltet.

6 Aufgrund eines Finanzierungsvertrags, der sich insbesondere auf Artikel 199 Absatz 3 des Abkommens und auf Artikel 10 Absatz 2 des Internen Abkommens bezog, gewährte die Bank der Republik Mali ein Darlehen in Höhe von 11 Millionen ECU. Die Auszahlung des Darlehens wurde davon abhängig gemacht, daß die Bank vom Endempfänger (EDM) eine Abschrift der Verträge und der Bauleistungs- und Lieferaufträge erhält, die von der EDM zu Bedingungen, die die Bank als ausreichend beurteilt, abgeschlossen worden sind.

7 Die Republik Mali gab über die EDM die Ausschreibung des streitigen Auftragsloses bekannt (ABl. 1987, S 207, S. 63).

8 Die klagende Gesellschaft reichte innerhalb der vorgeschriebenen Frist ein Angebot ein, das sich als deutlich niedriger erwies als die Angebote der anderen Bieter.

9 Zunächst empfahl die HQI, das Angebot der Klägerin nicht zu berücksichtigen, wobei sie darauf hinwies, daß dieser weitgehend die technische Erfahrung fehle; dies werde durch die Vorlage einer unrealistischen Planung und einer unrealistischen Kostenrechnung bestätigt, die erhebliche Zweifel an ihrer Fähigkeit bestehen ließen, das Vorhaben entsprechend dem Kostenanschlag durchzuführen. Die HQI empfahl deshalb, den Auftrag an den zweitniedrigsten Bieter zu vergeben, vorbehaltlich bestimmter Änderungen seines Angebots, über die vor der Erteilung des Auftrags verhandelt werden müsse.

10 Diese Auffassung wurde anfangs sowohl von der EDM wie auch von dem Ausschuß in seinem Bericht an die malische Regierung vom August 1988 geteilt. Der Ausschuß hob dort insbesondere hervor, daß die klagende Gesellschaft den niedrigsten Preis bei der kürzesten Ausführungsfrist unter Einsatz von sehr unzureichenden oder ungeeigneten Geräten und Arbeitskräften anbiete, ohne Ausführungsverfahren vorzuschlagen, und daß sie auch im Vergleich zu den anderen Bietern eine nur beschränkte Erfahrung habe. Infolgedessen empfahl auch der Ausschuß das Angebot des zweitniedrigsten Bieters.

11 Jedoch änderte der Ausschuß nach einer ergänzenden Prüfung der Angebote und infolge von Erläuterungen, die ihm bestimmte Bieter gegeben hatten, später seine Meinung und empfahl der malischen Regierung, den Auftrag der klagenden Gesellschaft zu erteilen. Im September 1988 erstellte der Ausschuß seinen Schlußbericht, der seine neue, für die Klägerin günstige Entscheidung bestätigte. Die malische Regierung, die das Ergebnis dieses Berichts billigte, übersandte ihn am 30. September 1988 der Bank.

12 Auf Verlangen der Bank übersandte die malische Regierung dieser am 5. November 1988 den Bericht der HQI zusammen mit sehr kritischen Anmerkungen, die ihre Weigerung, dem Bericht zuzustimmen, untermauern sollten.

13 Mit Telex an die malische Regierung vom 15. November 1988 nahm die Bank von deren Entscheidung zugunsten der klagenden Gesellschaft Kenntnis, stellte aber klar, daß das Fehlen einer in technischer, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht für die Bank hinreichenden Begründung für die Nichtberücksichtigung des Angebots, das von dem unabhängigen Beratungsunternehmen HQI auf der Grundlage von allgemein anerkannten Kriterien als das günstigste beurteilt worden sei, dazu führe, daß eine Finanzierung des Vorhabens durch die Bank nicht zur Verfügung stehe.

14 Nachdem die HQI auf Ersuchen der malischen Behörden das Angebot der klagenden Gesellschaft auf seine Ernsthaftigkeit geprüft hatte, bestätigte sie mit Telex an die malische Regierung vom 9. Februar 1989, über dessen Inhalt die HQI die Bank unterrichtete, daß die klagende Gesellschaft nicht in der Lage sei, die Arbeiten zu dem angebotenen Preis durchzuführen.

15 Jedoch erklärte sich das Beratungsunternehmen nach einer Zusammenkunft zwischen dem zuständigen malischen Minister und dem Vizepräsidenten der HQI bereit, seine Auffassung zu überdenken, und empfahl schließlich, das Angebot der klagenden Gesellschaft mit bestimmten Sicherheitsleistungen oder zusätzlichen Bürgschaften im Hinblick auf die Einhaltung der Ausführungsfristen und der Preise, die die HQI weiterhin für zu niedrig hielt, anzunehmen.

16 Nachdem die Bank die HQI um eine Erläuterung ihres Meinungswandels gebeten hatte, antwortete das Beratungsunternehmen mit Telex vom 27. April 1989, daß es infolge zusätzlicher Untersuchungen habe feststellen können, daß die klagende Gesellschaft den Umfang der Arbeiten durchaus erfasst habe und daß ihre technische Kapazität viel offenkundiger sei, als dies ihr Angebot habe erkennen lassen. Die HQI zeigte sich jedoch weiterhin wegen der Einhaltung der Ausführungsfristen und des angebotenen Preises besorgt. Aus diesem Grund habe sie dem Ausschuß vorgeschlagen, die Auswahl der klagenden Gesellschaft davon abhängig zu machen, daß hinsichtlich dieser beiden Aspekte eine bessere Sicherheitsleistung gestellt werde.

17 Die Auskünfte, die die HQI der Bank am 4. Juli 1989 bei einer Zusammenkunft in Luxemburg gab, stellten die Bank hinsichtlich der finanziellen und technischen Seite des Angebots der klagenden Gesellschaft nicht zufrieden. Die Bank bestätigte deshalb mit Telex an die malische Regierung vom 20. Juli 1989, daß das Angebot der klagenden Gesellschaft trotz der Klärung, die die HQI herbeigeführt habe, offenkundige Schwächen zeige, die die Durchführung des Vorhabens in Frage stellten, und daher bei der Ausführung des Auftrags nicht berücksichtigt werden könne. Die Bank forderte deshalb die malische Regierung auf, in Zusammenarbeit mit der HQI und der EDM einen Vertrag mit einem der anderen Bieter auszuhandeln und die Bank zwecks Stellungnahme vor dem Abschluß zu benachrichtigen.

18 Der Ausschuß nahm daher Verhandlungen mit dem zweitniedrigsten Bieter auf, um die Abweichungen seines Angebots von den Verdingungsunterlagen zu bereinigen.

19 Diese Verhandlungen führten am 6. September 1989 zur Unterzeichnung eines Vertrages, in dem u. a. festgelegt war, daß die Gesamtauftragssumme auf Verlangen der EDM um einen Betrag in Höhe von 10 % für unvorhergesehene und nachzuweisende Leistungen erhöht und die Vergütung des Unternehmens nach den ausgeführten Mengen und den im Preisverzeichnis vorgesehenen Einheitspreisen berechnet wird.

20 Mit Schreiben vom 23. August 1989 fragte die klagende Gesellschaft bei der Bank an, wie diese den Schaden zu ersetzen beabsichtige, der ihr durch das Verhalten der Bank entstanden sei.

21 Nachdem die Bank mit Schreiben vom 21. September 1989 geantwortet hatte, daß diese Frage allein in die Zuständigkeit der malischen Behörden falle, haben die Kläger die vorliegende Schadensersatzklage eingereicht.

22 Mit Beschluß vom 10. Mai 1990 hat der Gerichtshof die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Bank zugelassen.

23 Die Sechste Kammer, an die die Rechtssache anfänglich verwiesen worden war, hat in Anwendung von Artikel 95 § 3 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache dem Gerichtshof vorzulegen, damit dieser zunächst über seine Zuständigkeit für die Entscheidung über die vorliegende Klage befinde.

24 Mit Zwischenurteil vom 2. Dezember 1992 (C-280/89, I-6211) hat der Gerichtshof entschieden, daß die Bank im vorliegenden Fall im Namen und für Rechnung der Gemeinschaft gehandelt hat und daß die Handlungen und Unterlassungen, deren sie sich gegenüber den Klägern etwa schuldig gemacht hat, der Gemeinschaft zuzurechnen sind. Der Gerichtshof hat deshalb gemäß Artikel 178 des Vertrages seine Zuständigkeit für die vorliegende Schadensersatzklage bejaht, die Rechtssache zur Entscheidung über die Begründetheit an die Sechste Kammer zurückverwiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

25 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

26 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-55/90, Cato/Kommission, Slg. 1992, I-2533, Randnr. 18) ergibt sich aus Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages, daß zur Begründung der ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft und für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs eine Reihe von Voraussetzungen erfuellt sein müssen: Das dem Gemeinschaftsorgan vorgeworfene Verhalten muß rechtswidrig sein, es muß ein Schaden entstanden sein, und zwischen dem erwähnten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen.

Zur Rechtswidrigkeit des der Bank vorgeworfenen Verhaltens

27 Hinsichtlich der ersten Voraussetzung tragen die Kläger zunächst vor, daß die Bank die Befugnisse, die ihr im Rahmen der finanziellen und technischen Zusammenarbeit des Abkommens übertragen seien, mißbraucht habe, indem sie sich rechtswidrig in die Aushandlung und Vergabe des Auftrags durch die malischen Behörden eingemischt und diese gezwungen habe, das niedrigste und nach Auffassung der Fachleute wirtschaftlich günstigste Angebot zugunsten eines Angebots auszuschließen, das höher gewesen sei und offensichtlich den in der Ausschreibung festgelegten Bedingungen nicht entsprochen habe.

28 Die Bank macht, unterstützt von der Kommission, im wesentlichen geltend, daß sie wegen der fortbestehenden Zweifel der HQI an der Seriosität des Angebots der klagenden Gesellschaft die malischen Behörden lediglich davon unterrichtet habe, daß sie das Vorhaben nicht unter Bedingungen finanzieren könne, die ihrer Meinung nach nicht mit der Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots im Sinne von Artikel 236 Absatz 1 des Abkommens in Einklang zu bringen seien. Die Bank sei damit ihrer Verpflichtung nachgekommen, dafür zu sorgen, daß die Bedingungen für die Finanzierung des Vorhabens durch die Gemeinschaft eingehalten würden.

29 Nach ständiger Rechtsprechung sind die Behörden jedes AKP-Staats gemäß den Artikeln 192 Absatz 2 und 225 Absatz 3 des Abkommens für die Vorbereitung, die Aushandlung und die Vergabe der öffentlichen Bauaufträge, die von der Gemeinschaft im Rahmen der durch das Abkommen eingeführten finanziellen und technischen Zusammenarbeit finanziert werden, zuständig, während die Gemeinschaftseinrichtungen, die dazu ermächtigt sind, im Namen der Gemeinschaft die Finanzierungsbeschlüsse bezueglich dieser Aufträge im Sinne des Artikels 192 Absatz 4 des Abkommens zu treffen, nur eingreifen, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Gemeinschaftsfinanzierung vorliegen. Diese Eingriffe sollen und können nicht den Grundsatz berühren, daß die fraglichen Aufträge nationale Aufträge bleiben (vgl. insb. Urteil vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 267/82, Développement SA und Clemessy/Kommission, Slg. 1986, 1907, Randnr. 25).

30 Demgemäß haben die Gemeinschaftseinrichtungen nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, im Rahmen der ihnen hinsichtlich der Gewährleistung einer ordnungsgemässen Verwaltung der Gemeinschaftsfonds übertragenen Aufgaben dafür Sorge zu tragen, daß die einschlägigen Verfahrensbestimmungen eingehalten werden und daß das wirtschaftlich günstigste Angebot ausgewählt wird, wobei insbesondere die von den Bietern gebotenen Qualifikationen und Garantien, die Art der Arbeiten und die Bedingungen für ihre Durchführung, die Preise der Leistungen, die Kosten der Nutzung und der technische Wert zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil Développement SA und Clemessy/Kommission, a. a. O., Randnr. 27).

31 Schließlich sind die Gemeinschaftseinrichtungen nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, sich die Informationen zu beschaffen, die sie benötigen, um im Rahmen der ihnen im Interesse der Gemeinschaft übertragenen Verantwortung eine wirtschaftliche Verwaltung der Gemeinschaftsmittel zu gewährleisten (vgl. Urteil vom 10. Juli 1985 in der Rechtssache 118/83, CMC/Kommission, Slg. 1985, 2325, Randnr. 47).

32 Insoweit genügt die Feststellung, daß die Kläger in keiner Weise nachgewiesen haben, daß die Bank dadurch, daß sie eine Finanzierung des Vorhabens für den Fall abgelehnt hat, daß seine Durchführung der klagenden Gesellschaft übertragen werden sollte, rechtswidrig in die Kompetenzen der malischen Behörden eingegriffen oder die Befugnisse überschritten hat, die ihr im Interesse einer ordnungsgemässen Verwaltung der Gemeinschaftsfonds übertragen sind.

33 Aus dem Sachverhalt ergibt sich, daß die Bank im Gegenteil angesichts der Vorbehalte, die die HQI trotz ihres Meinungswandels weiterhin gegenüber diesem Angebot hatte, und unabhängig von der Haltung der malischen Behörden zu dieser Frage mit guten Gründen die Auffassung vertreten konnte, daß das Angebot der klagenden Gesellschaft nicht das wirtschaftlich günstigste sei (vgl. Urteil CMC/Kommission, a. a. O., Randnrn. 45 und 46).

34 Denn die HQI hat letztlich dem Ausschuß die Erteilung des Auftrags an die klagende Gesellschaft, den niedrigsten Bieter, nur unter der ausdrücklichen Bedingung empfohlen, daß diese hinsichtlich der Einhaltung der Ausführungsfristen und der angebotenen Preise, die die HQI weiterhin für zu niedrig hielt, eine bessere Sicherheitsleistung stellt.

35 Daraus folgt, daß die der Bank vorgeworfenen Eingriffe mit den Bestimmungen des Abkommens über die Zuständigkeitsverteilung völlig vereinbar waren und nur gewährleisten sollten, daß die Voraussetzungen für eine Gemeinschaftsfinanzierung erfuellt werden. Unter diesen Umständen kann das streitige Verhalten der Bank nicht als aus diesem Grund rechtswidrig bezeichnet werden.

36 Somit ist die erste Rüge der Kläger zurückzuweisen.

37 Die Kläger tragen auch vor, daß die Bank gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verstossen habe, indem sie der Aufnahme von Verhandlungen mit dem zweitniedrigsten Bieter zugestimmt habe, um dessen Angebot in wesentlichen Punkten zu ändern. Wenn die klagende Gesellschaft ebenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, ihr Angebot an die Ausschreibung anzupassen, hätte dies die von der HQI festgelegte Reihenfolge der Angebote mit Sicherheit verändern können.

38 Wie die Bank zu Recht ausführt, fällt die von der EDM verlangte und von der Bank akzeptierte Erhöhung der Gesamtauftragssumme um 10 % zur Deckung unvorhergesehener und nachzuweisender Leistungen unter die Klausel 2.22 der Verdingungsunterlagen, die es dem Eigentümer gestattet, die in den Verdingungsunterlagen angegebenen Liefer- und Leistungsmengen ohne Änderung der im Preisverzeichnis enthaltenen Einheitspreise und ohne Änderung sonstiger Vereinbarungen und Bedingungen um 25 % zu erhöhen oder zu vermindern.

39 Die zweite Rüge der Kläger ist folglich zurückzuweisen.

40 Schließlich machen die Kläger geltend, daß die Bank dadurch, daß sie die Handlungen ihres Personals ungenügend kontrolliert und auf die an sie gerichteten Schreiben der klagenden Gesellschaft hin nichts unternommen habe, gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verstossen und sich somit gegenüber den Klägern haftbar gemacht habe.

41 Diese Rüge ist lediglich eine anders formulierte Wiederholung der ersten beiden, bereits zurückgewiesenen Rügen und braucht daher nicht geprüft zu werden.

42 Unter diesen Umständen ist die Klage als unbegründet abzuweisen, ohne daß geprüft werden müsste, ob die anderen Voraussetzungen, von denen die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft abhängt, erfuellt sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

43 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten als Gesamtschuldner aufzuerlegen.

44 Gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung trägt die Kommission als Streithelferin ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

3) Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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