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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.07.1992
Aktenzeichen: C-370/90
Rechtsgebiete: EWGV, Richtlinie 73/148/EWG vom 21.05.1973, Richtlinie 68/360/EWG vom 15.10.1968
Vorschriften:
EWGV Art. 2 | |
EWGV Art. 3c | |
EWGV Art. 7 | |
EWGV Art. 48 | |
EWGV Art. 52 | |
Richtlinie 73/148/EWG vom 21.05.1973 | |
Richtlinie 68/360/EWG vom 15.10.1968 |
Die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen über die Freizuegigkeit soll den Gemeinschaftsbürgern die Ausübung jeder Art von Erwerbstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern und steht Maßnahmen entgegen, die diese dann benachteiligen könnten, wenn sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen. Zu diesen Zweck haben die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag fließende Recht, in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort aufzuhalten, um dort eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmungen auszuüben.
Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats könnte davon abgehalten werden, sein Herkunftsland zu verlassen, um im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit auszuüben, wenn er in dem Fall, daß er in den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, zurückkehrt, um eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit auszuüben, nicht in den Genuß von Erleichterungen bei der Einreise oder hinsichtlich des Aufenthalts kommen könnte, die denen zumindest gleichwertig sind, die ihm nach Gemeinschaftsrecht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zustehen. Er würde davon insbesondere abgehalten, wenn nicht auch seinem Ehegatten und seinen Kindern erlaubt wäre, in das Hoheitsgebiet dieses Staates unter Bedingungen einzureisen und sich dort aufzuhalten, die denjenigen zumindest gleichwertig sind, die ihnen das Gemeinschaftsrecht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats gewährt.
Daß sich die Einreise des Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in das Hoheitsgebiet dieses Staates und sein Aufenthalt dort nach den aus seiner Staatsangehörigkeit fließenden Rechten richtet, ohne daß er sich auf die Rechte aus den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag berufen müsste, schließt nicht aus, daß er sich bei seiner erneuten Niederlassung in diesem Mitgliedstaat auf diese Rechte beruft.
Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs verpflichten also einen Mitgliedstaat, dem Ehegatten eines Angehörigen dieses Staats ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit die Einreise in sein Hoheitsgebiet und den Aufenthalt dort zu gestatten, wenn sich der Angehörige dieses Staates mit diesem Ehegatten in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben hatte, um dort eine unselbständige Tätigkeit im Sinne von Artikel 48 EWG-Vertrag auszuüben, und zurückkehrt, um sich im Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, im Sinne von Artikel 52 EWG-Vertrag niederzulassen. Der Ehegatte muß zumindest in den Genuß der Rechte kommen, die das Gemeinschaftsrecht ihm gewähren würde, wenn sein Ehegatte in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort aufhalten würde.
URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 7. JULI 1992. - THE QUEEN GEGEN IMMIGRATION APPEAL TRIBUNAL UND SURINDER SINGH, EX PARTE SECRETARY OF STATE FOR HOME DEPARTMENT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HIGH COURT OF JUSTICE, QUEEN'S BENCH DIVISION - VEREINIGTES KOENIGREICH. - FREIZUEGIGKEIT - AUFENTHALTSRECHT DES EHEGATTEN EINES GEMEINSCHAFTSBUERGERS, DER IN SEIN HERKUNFTSLAND ZURUECKKEHRT, UM SICH DORT NIEDERZULASSEN. - RECHTSSACHE C-370/90.
Entscheidungsgründe:
1 Der High Court of Justice (Queen' s Bench Division) hat mit Beschluß vom 19. Oktober 1990, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 52 EWG-Vertrag und der Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs (ABl. L 172, S. 14) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem indischen Staatsangehörigen Surinder Singh (Kläger) und dem Secretary of State for the Home Department, der am 15. Dezember 1988 seine Ausweisung aus dem Vereinigten Königreich anordnete.
3 Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß der Kläger am 29. Oktober 1982 in Bradford (Vereinigtes Königreich) die britische Staatsangehörige, Rashpal Purewal, geheiratet hatte. Von 1983 bis 1985 waren die Eheleute in der Bundesrepublik Deutschland unselbständig erwerbstätig. Ende 1985 kehrten sie in das Vereinigte Königreich zurück, um dort ein Geschäft zu eröffnen.
4 1986 wurde dem Kläger als Ehemann einer britischen Staatsangehörigen eine befristete Aufenthaltserlaubnis für das Vereinigte Königreich erteilt. Im Juli 1987 erging in einem von seiner Ehefrau angestrengten Scheidungsverfahrens ein vorläufiges Scheidungsurteil (decree nisi). Wegen dieses Urteils verkürzten die britischen Behörden seine Aufenthaltserlaubnis und lehnten es ab, ihm als Ehegatten einer britischen Staatsangehörigen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
5 Der Kläger hielt sich bis zum 23. Mai 1988 - dem Tag, an dem er die Verwaltungsbeschwerde gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis zurücknahm - ordnungsgemäß im Vereinigten Königreich auf. Von diesem Tag an hielt er sich dort ohne Erlaubnis auf.
6 Die Ausweisungsverfügung vom 15. Dezember 1988 erging auf der Grundlage von Section 3(5)(a) des Immigration Act 1971 (Einwanderungsgesetz von 1971) über ausländische Staatsangehörige, die sich über die erlaubte Frist hinaus rechtswidrig im Vereinigten Königreich aufhalten.
7 Am 17. Februar 1989 erging das endgültige Urteil (decree absolute) über die Scheidung der Eheleute.
8 Die gegen den Bescheid vom 15. Dezember 1988 bei einem Adjudicator erhobene Beschwerde wurde am 3. März 1989 zurückgewiesen. Mit Entscheidung vom 17. August 1989 gab das Immigration Appeal Tribunal dem Rechtsmittel des Klägers gegen die Entscheidung des Adjudicator mit der Begründung statt, daß er "als Ehegatte einer britischen Staatsangehörigen, die selbst ein gemeinschaftliches Recht hatte, sich in diesem Land geschäftlich niederzulassen, ein gemeinschaftliches Recht besaß".
9 Der High Court of Justice (Queen' s Bench Division), bei dem der Secretary of State for the Home Department ein Rechtsmittel eingereicht hatte, hat dem Gerichtshof im Verfahren des "Judicial review" folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Verleihen Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148 des Rates vom 21. Mai 1973 in dem Fall, daß eine verheiratete Frau, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats ist und in einem anderen Mitgliedstaat Rechte aus dem EWG-Vertrag ausgeuebt hat, indem sie dort gearbeitet hat, anschließend in den Mitgliedstaat, dem sie angehört, zu dem Zweck einreist und dort verbleibt, mit ihrem Ehegatten ein Geschäft zu betreiben, ihrem Ehemann (der nicht Gemeinschaftsangehöriger ist) das Recht, mit seiner Ehefrau in diesen Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten?
10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des einschlägigen Gemeinschaftsrechts, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.
11 Die Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148 einen Mitgliedstaat verpflichten, dem Ehegatten eines Angehörigen dieses Staates ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit die Einreise in sein Hoheitsgebiet und den Aufenthalt dort zu gestatten, wenn sich der Angehörige dieses Staates mit diesem Ehegatten in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben hatte, um dort eine unselbständige Tätigkeit im Sinne von Artikel 48 EWG-Vertrag auszuüben, und zurückkehrt, um sich im Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, im Sinne von Artikel 52 EWG-Vertrag niederzulassen.
12 Nicht behauptet wird, die Ehe des Klägers sei nur zum Schein geschlossen worden. Auch wurde diese Ehe zwar mit dem 1989 verkündeten endgültigen Scheidungsurteil aufgelöst, doch ist dieser Umstand für die Vorabentscheidungsfrage nach der Grundlage des Aufenthaltsrechts des Betroffenen in der Zeit vor Verkündung dieses Urteils ohne Bedeutung.
13 Der Kläger und die Kommission tragen vor, der Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der zurückkehre, um sich in diesem Staat niederzulassen, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeuebt habe, befinde sich in der gleichen Lage wie ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats, der sich in diesem Land niederlassen wolle. Nach dem Diskriminierungsverbot des Artikels 7 EWG-Vertrag müsse er in gleicher Weise behandelt werden und könne sich daher insbesondere in bezug auf das Aufenthaltsrecht seines Ehegatten auf Artikel 52 EWG-Vertrag berufen, wenn dieser nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats sei.
14 Das Vereinigte Königreich trägt dagegen vor, der Gemeinschaftsbürger, der zurückkehre, um sich in seinem Herkunftsland niederzulassen, befinde sich nicht in einer Lage, die mit derjenigen der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten vergleichbar sei, denn seine Einreise in dieses Land und sein Aufenthalt dort bestimmten sich nach nationalem Recht und nicht nach Gemeinschaftsrecht. Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148 seien auf ihn daher nicht anwendbar. Ausserdem hätte die Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf einen Staatsangehörigen, der zurückkehre, um sich in seinem Herkunftsland niederzulassen, paradoxe Folgen, da das Gemeinschaftsrecht unter anderem seine Ausweisung aus dem Staatsgebiet erlaube; schließlich nehme die mit Scheinehen einhergehende Gefahr der Gesetzesumgehung zu, wenn dem Ehegatten ein Aufenthaltsrecht zuerkannt werde.
15 Der Gerichtshof hat im Urteil vom 7. Juli 1976 in der Rechtssache 118/75 (Watson und Belmann, Slg. 1976, 1185, Randnr. 16) festgestellt, daß die Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag sowie die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizuegigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2), die Richtlinie 68/360/EWG des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 13) und die Richtlinie 73/148 einen fundamentalen Grundsatz ausführten, der in Artikel 3 Buchstabe c des Vertrages verankert sei, worin es heisst, daß die Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten umfasst.
16 Der Gerichtshof hat ferner im Urteil vom 7. Juli 1988 in der Rechtssache 143/87 (Stanton, Slg. 1988, 3877, Randnr. 13) festgestellt, daß die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen über die Freizuegigkeit den Gemeinschaftsbürgern die Ausübung jeder Art von Erwerbstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern solle und Maßnahmen entgegenstehe, die diese dann benachteiligen könnten, wenn sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollten.
17 Zu diesem Zweck haben die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag fließende Recht, in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort aufzuhalten, um dort eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmungen auszuüben (vgl. insbesondere Urteile vom 8. April 1976 in der Rechtssache 48/75, Royer, Slg. 1976, 497, Randnr. 31, und vom 5. Februar 1991 in der Rechtssache C-363/89, Roux, Slg. 1991, I-273, Randnr. 9).
18 Die Verordnungen und Richtlinien des Rates über die Freizuegigkeit der Arbeitnehmer und Selbständigen innerhalb der Gemeinschaft, insbesondere Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68, die Artikel 1 und 4 der Richtlinie 68/360 sowie die Artikel 1 Buchstabe c und 4 der Richtlinie 73/148 sehen vor, daß die Mitgliedstaaten dem Ehegatten und den Kindern des Erwerbstätigen ein Aufenthaltsrecht gewähren, das demjenigen gleichwertig ist, das dem Erwerbstätigen selbst gewährt wird.
19 Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats könnte davon abgehalten werden, sein Herkunftsland zu verlassen, um im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit im Sinne des EWG-Vertrags auszuüben, wenn in dem Fall, daß er in den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, zurückkehrt, um eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit auszuüben, nicht in den Genuß von Erleichterungen bei der Einreise oder hinsichtlich des Aufenthalts kommen könnte, die denen zumindest gleichwertig sind, die ihm nach dem EWG-Vertrag oder dem abgeleiteten Recht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zustehen.
20 Er würde davon insbesondere abgehalten, wenn nicht auch seinem Ehegatten und seinen Kindern erlaubt wäre, in das Hoheitsgebiet dieses Staates unter Bedingungen einzureisen und sich dort aufzuhalten, die denjenigen zumindest gleichwertig sind, die ihnen das Gemeinschaftsrecht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats gewährt.
21 Daraus folgt, daß ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der sich in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben hat, um dort gemäß Artikel 48 EWG-Vertrag eine unselbständige Tätigkeit auszuüben, und zurückkehrt, um sich im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, niederzulassen und eine selbständige Tätigkeit auszuüben, nach Artikel 52 EWG-Vertrag das Recht hat, im Hoheitsgebiet dieses letztgenannten Staates mit seinem Ehegatten, der die Staatsangehörigkeit eines Drittlandes besitzt, unter den in der Verordnung Nr. 1612/68, der Richtlinie 68/360 oder der Richtlinie 73/148 vorgesehenen Bedingungen zusammen zu leben.
22 Zwar richten sich die Einreise des Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in das Hoheitsgebiet dieses Staates und sein Aufenthalt dort, wie das Vereinigte Königreich vorträgt, nach den aus seiner Staatsangehörigkeit fließenden Rechten und nicht nach den Rechten, die das Gemeinschaftsrecht ihm verleiht. Insbesondere darf ein Staat, wie auch in Artikel 3 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vorgesehen ist, seine Staatsangehörigen weder aus seinem Hoheitsgebiet ausweisen noch ihnen die Einreise verweigern.
23 Hier geht es jedoch nicht um ein nationales Recht, sondern um das Freizuegigkeits- und das Niederlassungsrecht, die dem Gemeinschaftsbürger in den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag gewährt werden. Diese Rechte können ihre volle Wirkung nicht entfalten, wenn der Gemeinschaftsbürger von ihrer Ausübung durch Hindernisse abgehalten werden kann, die in seinem Herkunftsland für die Einreise und den Aufenthalt seines Ehegatten bestehen. Aus diesem Grund muß der Ehegatte eines Gemeinschaftsbürgers, der von diesen Rechten Gebrauch gemacht hat, bei dessen Rückkehr in sein Herkunftsland zumindest die Einreise- und Aufenthaltsrechte haben, die das Gemeinschaftsrecht ihm gewähren würde, wenn sein Ehegatte in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort aufhalten würde. Nach den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag ist es den Mitgliedstaaten im übrigen auch nicht verwehrt, auf ausländische Ehegatten ihrer Staatsangehörigen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen anzuwenden, die günstiger sind, als das Gemeinschaftsrecht dies vorsieht.
24 Hinsichtlich der vom Vereinigten Königreich angeführten Gefahr der Gesetzesumgehung genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. insbesondere Urteile vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78, Knoors, Slg. 1979, 399, Randnr. 25, und vom 3. Oktober 1990 in der Rechtssache C-61/89, Bouchoucha, Slg. 1990, I-3551, Randnr. 14), wonach es nicht Folge der mit dem EWG-Vertrag geschaffenen Vergünstigungen sein kann, daß die Begünstigten sich den nationalen Rechtsvorschriften mißbräuchlich entziehen dürfen und daß es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um einen derartigen Mißbrauch zu verhindern.
25 Auf die Vorlagefrage ist daher zu antworten, daß Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148 einen Mitgliedstaat verpflichten, dem Ehegatten eines Angehörigen dieses Staates ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit die Einreise in sein Hoheitsgebiet und den Aufenthalt dort zu gestatten, wenn sich der Angehörige dieses Staates mit diesem Ehegatten in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben hatte, um dort eine unselbständige Tätigkeit im Sinne von Artikel 48 EWG-Vertrag auszuüben, und zurückkehrt, um sich im Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, im Sinne von Artikel 52 EWG-Vertrag niederzulassen. Der Ehegatte muß zumindest in den Genuß der Rechte kommen, die das Gemeinschaftsrecht ihm gewähren würde, wenn sein Ehegatte in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort aufhalten würde.
Kostenentscheidung:
Kosten
26 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom High Court of Justice (Queen' s Bench Division) vorgelegte Frage für Recht erkannt:
Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs verpflichten einen Mitgliedstaat, dem Ehegatten eines Angehörigen dieses Staates ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit die Einreise in sein Hoheitsgebiet und den Aufenthalt dort zu gestatten, wenn sich der Angehörige dieses Staates mit diesem Ehegatten in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben hatte, um dort eine unselbständige Tätigkeit im Sinne von Artikel 48 EWG-Vertrag auszuüben, und zurückkehrt, um sich im Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, im Sinne von Artikel 52 EWG-Vertrag niederzulassen. Der Ehegatte muß zumindest in den Genuß der Rechte kommen, die das Gemeinschaftsrecht ihm gewähren würde, wenn sein Ehegatte in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort aufhalten würde.
Ende der Entscheidung
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