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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 23.10.1997
Aktenzeichen: C-375/95
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 95
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Eine nationale Regelung, nach der für die Erhebung einer besonderen Verbrauchsteuer und einer einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe der steuerliche Wert importierter Gebrauchtwagen durch Verringerung des Preises entsprechender Neuwagen um 5 % pro Nutzungsjahr der betreffenden Fahrzeuge ermittelt wird, wobei die Verringerung grundsätzlich höchstens 20 % betragen darf, ist mit Artikel 95 des Vertrages unvereinbar. Da nämlich der jährliche Wertverlust von Kraftfahrzeugen im allgemeinen deutlich über 5 % liegt und nicht linear verläuft, sondern insbesondere in den ersten Jahren weit höher ist als später, wobei sich dieser Vorgang über das vierte Jahr des Inverkehrbringens der Fahrzeuge hinaus fortsetzt, entspricht der steuerliche Wert, der sich aus diesen Besteuerungsmodalitäten ergibt, nicht dem Wert, der sich aus dem tatsächlichen Verschleiß der Gebrauchtwagen ergibt; dies hat zur Folge, daß die besondere Verbrauchsteuer und die einmalige zusätzliche Sonderabgabe, mit der die importierten Gebrauchtwagen belegt werden, im allgemeinen höher sind als die Reststeuern, die noch im Wert bereits zugelassener und auf dem nationalen Markt gekaufter Gebrauchtwagen enthalten sind.

Eine nationale Regelung, die importierte Gebrauchtwagen mit umweltschonender Technik von der Inanspruchnahme der für derartige Fahrzeuge geltenden ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer ausschließt, verstösst ebenfalls gegen Artikel 95 des Vertrages.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 23. Oktober 1997. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Griechenland. - Vertragsverletzung - Besteuerung von Kraftfahrzeugen - Diskriminierung. - Rechtssache C-375/95.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 30. November 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß die Griechische Republik durch die Einführung und Beibehaltung folgender Bestimmungen über die Besteuerung importierter Gebrauchtwagen gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 95 EG-Vertrag verstossen hat:

- Artikel 1 des Gesetzes Nr. 363/1976 (geändert durch das Gesetz Nr. 1676/1986), der bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die besondere Verbrauchsteuer nur einen Abzug von 5 % vom Verkaufspreis entsprechender Neuwagen pro Nutzungsjahr zulässt, wobei dieser Prozentsatz 20 % des Wertes entsprechender Neuwagen nicht überschreiten darf,

- Artikel 3 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 363/1976 (zuletzt ersetzt durch die Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 7 des Gesetzes Nr. 2187/1994), der die Erhebung der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe regelt, ohne eine Ermässigung für Gebrauchtwagen vorzusehen, und

- Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1858/1989 (später geändert durch die Gesetze Nr. 1882/1990 [Artikel 37 Absatz 2 und 42 Absatz 1] und Nr. 2093/1992 [Artikel 10], in der Fassung von Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 2187/1994), der Steuervorteile (Ermässigung der besonderen Verbrauchsteuer) nur für Neuwagen mit umweltschonender Technik und nicht für importierte Gebrauchtwagen mit solcher Technik gewährt.

2 Das griechische Gesetz Nr. 363/1976, das durch das Gesetz Nr. 1676/1986 geändert wurde, schuf für die nach Griechenland eingeführten oder dort gefertigten Personenkraftwagen eine besondere Verbrauchsteuer und eine einmalige zusätzliche Sonderabgabe.

3 Die besondere Verbrauchsteuer fällt beim ersten Erwerbsvorgang oder bei der Einfuhr des Fahrzeugs an. Ihr Satz richtet sich nach dem Hubraum des Motors. Die Höhe der Steuer entspricht einem bestimmten Prozentsatz des Verkaufspreises des Fahrzeugs ohne Steuern. Bei importierten Gebrauchtwagen wird der steuerliche Wert durch Verringerung des Preises entsprechender Neuwagen um 5 % pro Nutzungsjahr der betreffenden Fahrzeuge ermittelt, wobei die Verringerung grundsätzlich höchstens 20 % beträgt (25 %, wenn das Fahrzeug beschädigt ist oder einen grösseren Verschleiß als bei normalem Gebrauch aufweist).

4 Die einmalige zusätzliche Sonderabgabe fällt bei der Erstzulassung eines Neu- oder Gebrauchtwagens in Griechenland an. Bis 1994 wurde die Höhe dieser Steuer in Drachmen angegeben und richtete sich allein nach dem Hubraum des Fahrzeugs. Importierte Gebrauchtwagen unterlagen der Steuer in gleicher Weise wie Neuwagen, ohne daß für sie eine Ermässigung vorgesehen war. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 2187/1994 entspricht die Höhe der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe einem bestimmten Prozentsatz des Verkaufspreises des Fahrzeugs ohne Steuern, wobei der Steuersatz vom Hubraum des Motors abhängt. Der steuerliche Wert importierter Gebrauchtwagen wird ebenso ermittelt wie bei der besonderen Verbrauchsteuer.

5 Das Gesetz Nr. 1858/1989 sah eine Ermässigung der Sätze der besonderen Verbrauchsteuer für Fahrzeuge mit "neuer" oder "umweltschonender Technik" vor, die bestimmte durch Erlaß festgelegte Kriterien erfuellen. Diese Sätze wurden durch die Gesetze Nrn. 1882/1990, 2093/1992 und 2187/1994 weiter ermässigt. Sie belaufen sich z. B. bei Fahrzeugen mit 1 000 cm3, 1 600 cm3 und 2 000 cm3 auf 20 %, 25 % und 45 %, während die normalen Sätze 80 %, 166 % und 304 % betragen. Für importierte Gebrauchtwagen, die zu den Fahrzeugen mit "neuer" oder "umweltschonender Technik" gehören, können die ermässigten Sätze nicht in Anspruch genommen werden.

6 Mit Mahnschreiben vom 31. Dezember 1991 teilte die Kommission der Griechischen Republik mit, daß sie das griechische System der Besteuerung von Privatwagen für unvereinbar mit Artikel 95 des Vertrages halte, weil es aus anderen Mitgliedstaaten importierte Gebrauchtwagen gegenüber in Griechenland gekauften Gebrauchtwagen benachteilige.

7 Die Kommission stellte erstens die Berechnungsmodalitäten für die Bemessungsgrundlage der besonderen Verbrauchsteuer auf importierte Gebrauchtwagen in Frage. Sie führte aus, bei diesem System sei die Besteuerungsgrundlage für diese Gruppe von Fahrzeugen stets höher als der aktuelle Nettowert des entsprechenden inländischen Fahrzeugs, das im Neuzustand mit der Steuer belastet worden sei. Folglich sei die besondere Verbrauchsteuer auf importierte Gebrauchtwagen deutlich höher als die Reststeuer, die im Wert in Griechenland gekaufter Gebrauchtwagen enthalten sei.

8 Zweitens stellte die Kommission fest, daß die nach Griechenland importierten Gebrauchtwagen mit der gesamten einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe belegt würden, als ob es sich um Neuwagen handele. Die überhöhte Besteuerung dieser Gruppe von Fahrzeugen gegenüber griechischen Gebrauchtwagen, die bei ihrer Erstzulassung mit der Abgabe belastet worden seien, werde hier dadurch verschärft, daß bei der Berechnung der Abgabe keine Wertminderung der importierten Fahrzeuge berücksichtigt werde.

9 Drittens machte die Kommission geltend, daß importierte Gebrauchtwagen mit umweltschonender Technik nicht in den Genuß der ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer kämen. Diese Fahrzeuge würden damit gegenüber entsprechenden griechischen Gebrauchtwagen benachteiligt, für die bei ihrem Kauf im Neuzustand die fraglichen ermässigten Sätze gegolten hätten und deren Wert weiterhin einen Rest der damaligen ermässigten Steuer einschließe.

10 Die Griechische Republik wandte sich mit Schreiben vom 6. März 1992 gegen die Rügen der Kommission. Sie wies zunächst darauf hin, daß in Griechenland hergestellte und importierte Fahrzeuge in gleicher Weise besteuert würden. Sie rechtfertigte die Beschränkung der Verringerung des steuerlichen Wertes importierter Gebrauchtwagen auf 5 % pro Jahr und höchstens 20 % (25 %, wenn das Fahrzeug beschädigt ist oder einen grösseren Verschleiß als bei normalem Gebrauch aufweist) mit dem Bestreben, dem Inverkehrbringen alter, umweltschädlicher und gefährlicher Fahrzeuge entgegenzuwirken. Sie fügte hinzu, dieses System trage dem tatsächlichen Wertverlust der Fahrzeuge Rechnung, wenn man berücksichtige, daß Kraftfahrzeuge in Griechenland eine höhere Lebensdauer hätten als andernorts und daß der bei der Berechnung der Steuer herangezogene Preis des entsprechenden Neuwagens der Preis im Baujahr des importierten Gebrauchtwagens und nicht im Jahr seiner Einfuhr sei.

11 Die Griechische Republik machte ferner geltend, daß die Anwendung der ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer auf importierte Gebrauchtwagen mit umweltschonender Technik die Schaffung eines Systems individueller Prüfung jedes Fahrzeugs voraussetzen würde, während bei Neuwagen eine Kontrolle durch Stichproben vorgenommen werden könne. Die Schaffung eines solchen Systems würde aber auf unüberwindliche praktische Schwierigkeiten stossen.

12 Am 7. September 1993 richtete die Kommission an die Griechische Republik eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie ihre Rügen in vollem Umfang wiederholte.

13 In ihrer Antwort vom 22. November 1993 hielt die Griechische Republik an ihrem Standpunkt fest. Sie trug ausserdem vor, daß die einmalige zusätzliche Sonderabgabe für alle inländischen und importierten Neu- und Gebrauchtwagen gleichermassen gelte. Mit dieser Abgabe würden die Kraftfahrzeuge nämlich bei ihrer Erstzulassung in Griechenland belegt, und sie sei vom Wert des Fahrzeugs unabhängig. Im Anschluß an diese Antwort der Griechischen Republik hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

Zur ersten Rüge

14 Mit ihrer ersten Rüge stellt die Kommission die Vereinbarkeit der Berechnungsmodalitäten für die Bemessungsgrundlage der besonderen Verbrauchsteuer auf importierte Gebrauchtwagen mit Artikel 95 des Vertrages insofern in Frage, als danach der steuerliche Wert dieser Fahrzeuge durch Verringerung des Preises entsprechender Neuwagen um 5 % pro Nutzungsjahr der betreffenden Fahrzeuge ermittelt wird, wobei die höchstzulässige Verringerung grundsätzlich 20 % beträgt.

15 Die griechische Regierung stellt in erster Linie die Erheblichkeit des von der Kommission vorgenommenen Vergleichs zwischen der Behandlung importierter und in Griechenland gekaufter Gebrauchtwagen mit der Begründung in Abrede, daß letztere bereits im Neuzustand mit der besonderen Verbrauchsteuer belastet worden seien.

16 Zunächst ist festzustellen, daß die besondere Verbrauchsteuer bei inländischen Geschäften mit Gebrauchtwagen nicht anfällt, da sie nur einmal, beim Ersterwerb des Fahrzeugs im Inland, erhoben wird, und daß ein Teil von ihr im Wert dieser Fahrzeuge enthalten bleibt (vgl. zu einer entsprechenden Besteuerung Urteil vom 9. März 1995 in der Rechtssache C-345/93, Nunes Tadeu, Slg. 1995, I-479, Randnr. 10).

17 Ferner ist unstreitig, daß importierte und im Inland gekaufte Gebrauchtwagen gleichartige oder miteinander konkurrierende Erzeugnisse sind und daß Artikel 95 des Vertrages somit auf die besondere Verbrauchsteuer Anwendung findet, wenn sie bei der Einfuhr von Gebrauchtwagen erhoben wird (in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 1990 in der Rechtssache C-47/88, Kommission/Dänemark, Slg. 1990, I-4509, Randnr. 17).

18 Folglich hat die Kommission bei der Prüfung der Einhaltung von Artikel 95 des Vertrages zu Recht einen Vergleich zwischen der Höhe der besonderen Verbrauchsteuer auf importierte Gebrauchtwagen und dem Rest der Steuer vorgenommen, der im Wert der Fahrzeuge enthalten bleibt, die in Griechenland im Neuzustand in den Verkehr gebracht und später dort weiterverkauft werden.

19 Bei der Anwendung von Artikel 95 des Vertrages sind nicht nur der Satz der inländischen Abgabe, die einheimische und eingeführte Erzeugnisse unmittelbar oder mittelbar belastet, sondern auch ihre Bemessungsgrundlage und die Einzelheiten ihrer Erhebung zu berücksichtigen (Urteil Kommission/Dänemark vom 11. Dezember 1990, a. a. O., Randnr. 18; vgl. auch Urteil vom 12. Mai 1992 in der Rechtssache C-327/90, Kommission/Griechenland, Slg. 1992, I-3033, Randnr. 11).

20 Im übrigen ist wiederholt entschieden worden, daß eine Verletzung von Artikel 95 Absatz 1 vorliegt, wenn die auf das eingeführte Erzeugnis erhobene Abgabe und die Belastung, die das gleichartige inländische Erzeugnis zu tragen hat, in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden, so daß das eingeführte Erzeugnis - sei es auch nur in bestimmten Fällen - höher belastet wird (vgl. u. a. Urteil vom 17. Februar 1976 in der Rechtssache 45/75, Rewe-Zentrale, Slg. 1976, 181, Randnr. 15, und Urteil Kommission/Griechenland vom 12. Mai 1992, a. a. O., Randnr. 12).

21 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß die Modalitäten der Ermittlung des steuerlichen Wertes importierter Gebrauchtwagen dazu führen, daß bei diesen Fahrzeugen unabhängig von ihrem Gebrauchszustand pro Nutzungsjahr eine Verringerung der besonderen Verbrauchsteuer um nur 5 % des Gesamtbetrags der auf einen Neuwagen erhobenen Steuer erfolgt, wobei diese Verringerung im Regelfall unabhängig vom Alter des betreffenden Fahrzeugs 20 % des Gesamtbetrags der letztgenannten Steuer nicht überschreiten darf. Gleichzeitig sinkt der im Wert eines im Inland gekauften Gebrauchtwagens enthaltene Rest der besonderen Verbrauchsteuer proportional zum Wertverlust des Fahrzeugs.

22 Wie die Kommission ausgeführt hat, liegt jedoch der jährliche Wertverlust von Kraftfahrzeugen im allgemeinen deutlich über 5 % und verläuft nicht linear, sondern ist insbesondere in den ersten Jahren weit höher als später, wobei sich dieser Vorgang über das vierte Jahr des Inverkehrbringens der Fahrzeuge hinaus fortsetzt.

23 Daraus folgt, daß die besondere Verbrauchsteuer, mit der die importierten Gebrauchtwagen belegt werden, im allgemeinen höher ist als die Reststeuer, die noch im Wert bereits zugelassener und auf dem griechischen Markt gekaufter Gebrauchtwagen enthalten ist (in diesem Sinne auch Urteil Nunes Tadeu, a. a. O., Randnr. 14).

24 Die griechische Regierung hat jedoch die Ansicht vertreten, daß der Prozentsatz der Verringerung des steuerlichen Wertes importierter Gebrauchtwagen dem tatsächlichen Wertverlust dieser Fahrzeuge Rechnung trage, wenn man berücksichtige, daß Kraftfahrzeuge in Griechenland eine höhere Lebensdauer hätten als andernorts und daß der bei der Berechnung der Steuer herangezogene Preis des entsprechenden Neuwagens der Preis im Baujahr des importierten Gebrauchtwagens und nicht im Jahr seiner Einfuhr sei.

25 Zum erstgenannten Punkt genügt die Feststellung, daß die griechische Regierung keine genauen Angaben zur besonderen Langlebigkeit von Kraftfahrzeugen in Griechenland vorgelegt hat, die geeignet wären, die Erkenntnisse der Kommission zum normalen Wertverlust der Fahrzeuge in Frage zu stellen.

26 Die Heranziehung des im Baujahr importierter Gebrauchtwagen geltenden Preises entsprechender Neuwagen könnte die diskriminierenden Wirkungen der Berechnungsmodalitäten des steuerlichen Wertes dieser Fahrzeuge nur dann ausgleichen, wenn die Hersteller regelmässig sehr starke Preiserhöhungen vornähmen. Da aber eine solche Entwicklung ungewiß ist, kann dieser Gesichtspunkt jedenfalls nicht gewährleisten, daß auf dem importierten Erzeugnis nie eine höhere Steuerlast als auf dem entsprechenden einheimischen Erzeugnis liegt.

27 Daher ist festzustellen, daß die Modalitäten der Ermittlung des steuerlichen Wertes importierter Gebrauchtwagen zum Zweck der Erhebung der besonderen Verbrauchsteuer eine diskriminierende Besteuerung dieser Fahrzeuge bewirken.

28 Die griechische Regierung hat sich ferner darauf berufen, daß die Begrenzung der Verringerung des steuerlichen Wertes importierter Gebrauchtwagen durch das Bestreben gerechtfertigt sei, dem Inverkehrbringen alter, gefährlicher und umweltschädlicher Fahrzeuge entgegenzuwirken.

29 Die Verfolgung eines solchen Zieles befreit einen Mitgliedstaat jedoch nicht von der Beachtung des Diskriminierungsverbots in Artikel 95 des Vertrages. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Steuersystem nämlich nur dann als mit dieser Bestimmung vereinbar angesehen werden, wenn feststeht, daß seine Ausgestaltung es unter allen Umständen ausschließt, daß eingeführte Waren höher besteuert werden als einheimische Waren, und daß es daher auf keinen Fall diskriminierende Wirkungen hat (vgl. u. a. Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-90/94, Haahr Petroleum, Slg. 1997, I-0000, Randnr. 34).

30 Folglich ist der ersten Rüge der Kommission stattzugeben.

Zur zweiten Rüge

31 Mit ihrer zweiten Rüge stellt die Kommission die Vereinbarkeit der Berechnungsmodalitäten der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe auf importierte Gebrauchtwagen mit Artikel 95 des Vertrages in Frage.

32 Zunächst ist die Zulässigkeit dieser Rüge zu prüfen, auch wenn die griechische Regierung sie nicht in Abrede gestellt hat (Urteile vom 31. März 1992 in der Rechtssache C-362/90, Kommission/Italien, Slg. 1992, I-2353, Randnr. 8, und vom 12. Juni 1997 in der Rechtssache C-151/96, Kommission/Irland, Slg. 1997, I-3327, Randnr. 10).

33 Aus Randnummer 4 des vorliegenden Urteils geht hervor, daß die einmalige zusätzliche Sonderabgabe in der Zeit zwischen der Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme und der Erhebung der vorliegenden Klage durch die Kommission geändert wurde. Ursprünglich richtete sich die Sonderabgabe allein nach dem Hubraum des Kraftfahrzeugs, und importierte Gebrauchtwagen unterlagen ihr in gleicher Weise wie Neuwagen, ohne daß für sie eine Ermässigung vorgesehen war. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 2187/1994, mit dem Artikel 3 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 363/1976 geändert wurde, bemisst sich die Abgabe nach dem Verkaufspreis des Fahrzeugs ohne Steuern, und ihr Satz hängt vom Hubraum des Motors ab. Der steuerliche Wert importierter Gebrauchtwagen wird ebenso ermittelt wie bei der besonderen Verbrauchsteuer.

34 Somit betrafen die im vorprozessualen Verfahren erhobenen Einwände der Kommission nur die einmalige zusätzliche Sonderabgabe in ihrer vor dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 2187/1994 bestehenden Form. In der Begründung ihrer Klageschrift hat die Kommission diese Einwände lediglich in Form einer blossen Bezugnahme auf die Ausführungen in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme aufgegriffen. Dagegen hat sie die Gründe genannt, aus denen ihrer Ansicht nach gegen die einmalige zusätzliche Sonderabgabe in ihrer neuen Form die gleichen Bedenken bestehen wie gegen die besondere Verbrauchsteuer, und beantragt, der Gerichtshof möge diese Abgabe in ihrer vor und nach 1994 bestehenden Form für unvereinbar mit dem Vertrag erklären.

35 Nach ständiger Rechtsprechung muß die Kommission in einer gemäß Artikel 169 des Vertrages eingereichten Klageschrift die Rügen, über die der Gerichtshof entscheiden soll, genau angeben und zumindest in gedrängter Form die rechtlichen und tatsächlichen Umstände darlegen, auf die diese Rügen gestützt sind (vgl. u. a. Urteil vom 31. März 1992 in der Rechtssache C-52/90, Kommission/Dänemark, Slg. 1992, I-2187, Randnr. 17). Dieser Verpflichtung genügt die Kommission nicht, wenn sie ihre Rügen in der Klageschrift nur in Form einer blossen Verweisung auf die Gründe anführt, die im Mahnschreiben und in der mit Gründen versehenen Stellungnahme genannt sind (Urteil vom 13. März 1992 in der Rechtssache C-43/90, Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I-1909, Randnrn. 7 und 8).

36 Daraus folgt, daß die Klage unzulässig ist, soweit sie die einmalige zusätzliche Sonderabgabe in ihrer Ausgestaltung vor 1994 betrifft.

37 Sodann wird eine gemäß Artikel 169 des Vertrages erhobene Klage nach ständiger Rechtsprechung durch das in dieser Vorschrift vorgesehene vorprozessuale Verfahren umschrieben; die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission und die Klage müssen daher auf dieselben Rügen gestützt werden (vgl. u. a. Urteil vom 14. Juli 1988 in der Rechtssache 298/86, Kommission/Belgien, Slg. 1988, 4343, Randnr. 10).

38 Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, daß dieses Erfordernis nicht so weit gehen kann, daß auf jeden Fall völlige Übereinstimmung zwischen den nationalen Vorschriften, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme angeführt werden, und den in der Klageschrift genannten Vorschriften bestehen müsste. Ist zwischen diesen beiden Phasen des Verfahrens eine Gesetzesänderung erfolgt, so genügt es nämlich, daß die Regelung, die mit den im vorprozessualen Verfahren beanstandeten Rechtsvorschriften eingeführt wurde, durch die neuen Maßnahmen, die der Mitgliedstaat nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme erlassen hat und die mit der Klage angegriffen werden, insgesamt aufrechterhalten worden ist (Urteil vom 17. November 1992 in der Rechtssache C-105/91, Kommission/Griechenland, Slg. 1992, I-5871, Randnr. 13).

39 Eben dies ist aber aus den vom Generalanwalt in Nummer 10 seiner Schlussanträge angeführten Gründen bei den griechischen Rechtsvorschriften über die einmalige zusätzliche Sonderabgabe nach den 1994 erfolgten Änderungen der Fall. Folglich ist die zweite Rüge der Kommission für zulässig zu erklären, soweit sie die neue Form dieser Abgabe betrifft.

40 In der Sache genügt der Hinweis, daß seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 2187/1994 die Modalitäten für die Ermittlung des steuerlichen Wertes importierter Gebrauchtwagen zum Zweck der Erhebung der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe den für die besondere Verbrauchsteuer geltenden Modalitäten entsprechen. Sie bewirken daher aus den in den Randnummern 14 bis 29 des vorliegenden Urteils enthaltenen Gründen ebenfalls eine diskriminierende Besteuerung dieser Fahrzeuge.

41 Demgemäß ist der zweiten Rüge der Kommission stattzugeben, soweit sie die Berechnungsmodalitäten der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe auf importierte Gebrauchtwagen in ihrer Ausgestaltung seit 1994 betrifft.

Zur dritten Rüge

42 Mit ihrer dritten Rüge wirft die Kommission der Griechischen Republik vor, importierte Gebrauchtwagen in jedem Fall von der Inanspruchnahme der für Kraftfahrzeuge mit umweltschonender Technik geltenden ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer auszuschließen.

43 Unstreitig verstösst ein Mitgliedstaat gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel 95 des Vertrages, wenn er für die am wenigsten umweltschädlichen Kraftfahrzeuge Steuervorteile gewährt, dabei aber Fahrzeuge aus anderen Mitgliedstaaten von diesen Vorteilen ausschließt, obwohl sie die gleichen Kriterien wie die begünstigten inländischen Fahrzeuge erfuellen.

44 Die griechische Regierung hat sich jedoch auf eine in das Protokoll einer Tagung des Rates der Umweltminister am 20. und 21. Dezember 1990 aufgenommene Erklärung berufen, in der die Kommission die besonderen Probleme der Umweltverschmutzung anerkannt habe, mit denen die Griechische Republik konfrontiert sei, und die streitigen steuerlichen Maßnahmen zur Förderung des Kaufes neuer, weniger umweltschädlicher Fahrzeuge zugelassen habe.

45 Eine solche Erklärung ist indessen nicht geeignet, die Tragweite einer Vertragsbestimmung zu beeinflussen, und die Kommission kann einem Mitgliedstaat keine Zusicherungen hinsichtlich der Vereinbarkeit nationaler steuerrechtlicher Vorschriften mit dem Vertrag geben. Zudem hat die Kommission die Genehmigung der betreffenden nationalen Maßnahmen in der fraglichen Erklärung ausdrücklich von der Voraussetzung abhängig gemacht, daß sie mit den Vorschriften des Vertrages und insbesondere dem Verbot jeder Ungleichbehandlung inländischer und importierter Fahrzeuge im Einklang stehen.

46 Die griechische Regierung hat ferner geltend gemacht, daß die Anwendung der ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer auf importierte Gebrauchtwagen eine individuelle technische Kontrolle dieser Fahrzeuge bei ihrer Einfuhr erfordern würde und daß der Schaffung einer solchen Kontrolle derzeit erhebliche praktische Schwierigkeiten entgegenstuenden.

47 Derartige Schwierigkeiten - vorausgesetzt, ihr Bestehen wäre nachgewiesen - wären jedoch nicht geeignet, die Erhebung inländischer Abgaben zu rechtfertigen, durch die aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren diskriminiert werden und die Artikel 95 des Vertrages zuwiderlaufen (in diesem Sinne die genannten Urteile Kommission/Griechenland vom 12. Mai 1992, Randnr. 24, und Nunes Tadeu, Randnr. 19).

48 Somit ist der dritten Rüge der Kommission stattzugeben.

49 Nach alledem hat die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 95 des Vertrages verstossen, daß sie für die Erhebung der besonderen Verbrauchsteuer und der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe den steuerlichen Wert importierter Gebrauchtwagen durch Verringerung des Preises entsprechender Neuwagen um 5 % pro Nutzungsjahr der betreffenden Fahrzeuge ermittelt, wobei die Verringerung grundsätzlich höchstens 20 % betragen darf, und daß sie importierte Gebrauchtwagen mit umweltschonender Technik von der Inanspruchnahme der für derartige Fahrzeuge geltenden ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer ausschließt.

Kostenentscheidung:

Kosten

50 Nach Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Da die Griechische Republik mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, ist sie zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Griechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 95 EG-Vertrag verstossen, daß sie für die Erhebung der besonderen Verbrauchsteuer und der einmaligen zusätzlichen Sonderabgabe den steuerlichen Wert importierter Gebrauchtwagen durch Verringerung des Preises entsprechender Neuwagen um 5 % pro Nutzungsjahr der betreffenden Fahrzeuge ermittelt, wobei die Verringerung grundsätzlich höchstens 20 % betragen darf, und daß sie importierte Gebrauchtwagen mit umweltschonender Technik von der Inanspruchnahme der für derartige Fahrzeuge geltenden ermässigten Sätze der besonderen Verbrauchsteuer ausschließt.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Griechische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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