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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.02.1999
Aktenzeichen: C-390/95 P
Rechtsgebiete: EG-Satzung, Entscheidung Nr. 93/127/EWG
Vorschriften:
EG-Satzung Art. 49 | |
Entscheidung Nr. 93/127/EWG |
8 Aus Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ergibt sich, daß die Streithelfer vor dem Gericht als Partei vor dem Gerichtshof angesehen werden. Wird gegen das Urteil des Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt, so ist Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes daher auf sie anwendbar, so daß sie beim Gerichtshof keinen neuen Streithilfeantrag gemäß den Artikeln 93 und 123 der Verfahrensordnung einreichen müssen. Da in bezug auf die Gründe, die sie geltend machen können, kein Unterschied zwischen den Parteien besteht, die das Recht haben, eine Rechtsmittelbeantwortung einzureichen, muß ein Streithelfer, der über dieses Recht verfügt, Rechtsmittelgründe zu jeder Rechtsfrage, auf die das Urteil des Gerichts gestützt ist, vorbringen können. Eine solche Partei kann daher vor dem Gerichtshof die Unzulässigkeit der Klage geltend machen, obwohl die Partei, die sie vor dem Gericht unterstützt hat, und die diese Einrede in erster Instanz erhoben hatte, sie in ihrer Rechtsmittelbeantwortung nicht erneut erhoben hat. 9 Der Rechtsschutz, den ein einzelner im Rahmen des Artikels 173 Absatz 4 des Vertrages genießt, kann nicht davon abhängen, ob die angefochtene Entscheidung an einen einzigen Mitgliedstaat oder an mehrere gerichtet ist, sondern ist auf der Grundlage der Besonderheit der Lage dieses einzelnen im Verhältnis zu allen anderen betroffenen Personen zu ermitteln. Handelt es sich dabei um eine Entscheidung über die Einführung einer Schutzmaßnahme, so ist ausschlaggebend für die Identifizierung der Personen, die individuell durch diese Entscheidung betroffen sind, der gemeinschaftsrechtliche Schutz, den das Land oder das Gebiet sowie die betroffenen Unternehmen genießen, gegen die die Schutzmaßnahme ergriffen wird. 10 Allein das Gericht ist zuständig für die Tatsachenfeststellung, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, daß seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und für die Würdigung dieser Tatsachen. Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittelsverfahrens unterliegt. 11 Daß die Gemeinschaft eine Schutzklausel erlässt, die Beschränkungen der freien Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in den überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG) zulässt, ist im Rahmen des Artikels 136 Absatz 2 des Vertrages nicht ausgeschlossen. Zum einen handelt es sich bei den ÜLG zwar um assoziierte Länder und Gebiete, die besondere Beziehungen zur Gemeinschaft haben, sie gehören der Gemeinschaft jedoch nicht an, und es gibt in diesem Stadium keinen freien Warenverkehr zwischen den ÜLG und der Gemeinschaft ohne Beschränkungen gemäß Artikel 132 des Vertrages. Zum anderen hat der Rat beim Erlaß von die ÜLG betreffenden Beschlüssen nach Artikel 136 Absatz 2, der ihn dazu ermächtigt, im Rahmen der Assoziierung Beschlüsse nach den Grundsätzen des Vertrages zu erlassen, nicht nur die in dem für die ÜLG geltenden Vierten Teil des Vertrages genannten Grundsätze, sondern auch die anderen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts einschließlich derjenigen zu berücksichtigen, die sich auf die gemeinsame Agrarpolitik beziehen. Im übrigen schließt die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der ÜLG, die in den Artikeln 3 Buchstabe r und 131 des Vertrages vorgesehen ist, keine Verpflichtung ein, diese Länder und Gebiete zu bevorzugen, und die Abschaffung der Zölle bei der Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG gemäß Artikel 133 Absatz 1 des Vertrages schließt die Möglichkeit nicht aus, aufgrund von Artikel 136 Absatz 2 eine Schutzklausel zu erlassen, die die Einfuhr nur in Ausnahmefällen, teilweise und vorübergehend beschränkt. 12 Die Kommission verfügt über ein weites Ermessen bei der Anwendung des Artikels 109 des Beschlusses 91/482 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete, der sie dazu ermächtigt, Schutzmaßnahmen zu erlassen oder dazu zu ermächtigen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfuellt sind. In einem solchen Fall hat das Gericht sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Kommission bei der Ausübung dieses Ermessens kein offensichtlicher Irrtum oder Ermessensmißbrauch unterlaufen ist oder ob sie die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat. 13 Die Entscheidung 93/211, mit der die Kommission den Mindesteinfuhrpreis für Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen, den sie als Schutzmaßnahme durch die Entscheidung 93/127 eingeführt hatte, so weit herabgesetzt hat, daß dieser Reis sich im Verhältnis zu Reis aus Drittländern nicht mehr in einer ungünstigeren Position befindet, hat das Ziel, einen Mindestpreis für die Einfuhr von Reis von den Antillen festzusetzen, der die geringsten Störungen für die Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete mit der Gemeinschaft mit sich bringt und gleichzeitig die Schwierigkeiten behebt, die auf dem Gemeinschaftsmarkt aufgetreten sind. In Anbetracht dieses Ziels verstösst diese Entscheidung, soweit sie den Reis von den Antillen in eine im Verhältnis zu dem Gemeinschaftsreis ungünstigere Wettbewerbsposition bringt, nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, da sich aus dem Wesen einer Schutzmaßnahme als solchem ergibt, daß für bestimmte eingeführte Erzeugnisse eine im Verhältnis zu den Gemeinschaftserzeugnissen ungünstigere Regelung gilt. 14 Auf einem Rechtsetzungsgebiet, das durch ein weites Ermessen gekennzeichnet ist, reicht eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch ein Organ als solche nicht aus, um nach Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft für den Schaden auszulösen, den die einzelnen erlitten haben sollten. Eine solche Haftung könnte nur ausgelöst werden, wenn das handelnde Organ die Grenzen seiner Befugnisse offenkundig und erheblich überschritten hätte. Im übrigen wird der Rechtssatzcharakter der im Rahmen einer Schadensersatzklage angefochtenen Handlung weder dadurch ausgeschlossen, daß die Handlung die Form einer Entscheidung hat und daher grundsätzlich mit der Nichtigkeitsklage anfechtbar ist, noch dadurch, daß der Kläger durch diese Handlung individuell betroffen ist, da zum einen der Rechtsatzcharakter von der Rechtsnatur der betreffenden Handlung und nicht von deren Form abhängig ist, und da zum anderen die Schadensersatzklage eine selbständige Klagemöglichkeit darstellt.
Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 11. Februar 1999. - Antillean Rice Mills NV, European Rice Brokers AVV und Guyana Investments AVV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Befugnis des Rates, Einfuhrbeschränkungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in den überseeischen Ländern und Gebieten zu beschließen. - Rechtssache C-390/95 P.
Entscheidungsgründe:
1 Die Antillean Rice Mills NV, die European Rice Brokers AVV und die Guyana Investments AVV (im folgenden: Rechtsmittelführerinnen) haben mit Rechtsmittelschrift, die am 13. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. September 1995 in den verbundenen Rechtssachen T-480/93 und T-483/93 (Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2305; im folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung 93/127/EWG der Kommission vom 25. Februar 1993 zur Einführung von Schutzmaßnahmen bei Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen (ABl. L 50, S. 27; im folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt und die Klagen der Rechtsmittelführerinnen im übrigen abgewiesen hat.
2 Was den rechtlichen Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht angeht, hat dieses festgestellt:
"1 Die Niederländischen Antillen gehören zu den überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten (ÜLG), die mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft assoziiert sind. Die Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft ist im vierten Teil des EWG-Vertrags sowie in dem Beschluß 91/482/EWG des Rates vom 25. Juli 1991 (ABl. L 263, S. 1; ÜLG-Beschluß) geregelt, der aufgrund von Artikel 136 Absatz 2 EWGV erlassen wurde.
2 Nach Artikel 133 Absatz 1 EWG-Vertrag werden die Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den ÜLG nach Maßgabe der im EWG-Vertrag vorgesehenen schrittweisen Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten vollständig abgeschafft. Nach Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses sind Waren mit Ursprung in den ÜLG frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung zur Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen. Nach Artikel 101 Absatz 2 sind ausserdem Waren, die keine Ursprungswaren der ÜLG sind, sich aber im zollrechtlich freien Verkehr in einem ÜLG befinden und in unverändertem Zustand in die Gemeinschaft wieder ausgeführt werden, bei der Einfuhr in die Gemeinschaft von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung befreit, sofern für sie in dem betreffenden ÜLG Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung entrichtet worden sind, die den Zöllen entsprechen oder sie übersteigen, die bei der Einfuhr derselben Erzeugnisse mit Ursprung in Drittländern, für die die Meistbegünstigungsklausel gilt, in der Gemeinschaft anwendbar wären, sofern sie nicht Gegenstand einer vollständigen oder teilweisen Befreiung oder Erstattung der Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung waren und sofern sie von einer Ausfuhrbescheinigung begleitet werden.
3 Artikel 108 Absatz 1 erster Gedankenstrich des ÜLG-Beschlusses verweist für die Bestimmung des Begriffes Ursprungswaren sowie die Methoden für die Zusammenarbeit der Verwaltungen auf diesem Gebiet auf Anhang II des ÜLG-Beschlusses (Anhang II).
4 Nach Artikel 1 des Anhangs II gilt ein Erzeugnis als Ursprungsware eines ÜLG, der Gemeinschaft oder eines Staates in Afrika, der Karibik oder dem Pazifik (AKP-Staaten), wenn es dort entweder vollständig hergestellt oder gewonnen oder in ausreichendem Masse be- oder verarbeitet worden ist.
5 Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b des Anhangs II gelten als vollständig in den ÜLG, in der Gemeinschaft oder in den AKP-Staaten hergestellte bzw. gewonnene Erzeugnisse "dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse".
6 Nach Artikel 3 Absatz 1 des Anhangs II gelten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft als ausreichend be- oder verarbeitet, wenn das hergestellte Erzeugnis in eine andere als die Position einzureihen ist, in die jedes einzelne bei der Herstellung verwendete Vormaterial ohne Ursprungseigenschaft einzureihen ist.
7 Nach Artikel 6 Absatz 2 des Anhangs II gelten vollständig in der Gemeinschaft oder in den AKP-Staaten hergestellte bzw. gewonnene Erzeugnisse als vollständig in den ÜLG hergestellt, wenn sie in diesen be- oder verarbeitet werden.
8 Seit 1967 gibt es eine gemeinsame Marktordnung für Reis, die derzeit in der Verordnung (EWG) Nr. 1418/76 des Rates vom 21. Juni 1976 über die gemeinsame Marktorganisation für Reis (ABl. L 166, S. 1) geregelt ist. Diese umfasst einen Interventionspreis für Rohreis (Paddy-Reis), Ausfuhrerstattungen und Einfuhrabschöpfungen. Die Abschöpfungen richten sich nach dem Ursprungsland. Im Rahmen eines Tarifkontingents von 125 000 Tonnen geschältem Reis und 20 000 Tonnen Bruchreis wird für die AKP-Staaten ein verringerter Abschöpfungssatz erhoben.
9 Weiter wird aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3878/87 des Rates vom 18. Dezember 1987 über die Beihilfe zur Erzeugung bestimmter Reissorten (ABl. L 365, S. 3) der Anbau von Indica-Reis durch Gemeinschaftserzeuger gefördert. Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3763/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 mit Sondermaßnahmen für bestimmte Agrarerzeugnisse zugunsten der französischen überseeischen Departements (ABl. L 356, S. 1) wird der Anbau von Reis in Französisch-Guyana gefördert und die Reisversorgung und der Reisabsatz in Guadeloupe und Martinique unterstützt. Bei diesen Gebieten handelt es sich um drei französische überseeische Departements (ÜD). Nach Artikel 227 Absatz 2 EWG-Vertrag gelten für die ÜD die Bestimmungen über den freien Warenverkehr und über die gemeinsame Landwirtschaftspolitik mit Ausnahme des Artikels 40 Absatz 4; insoweit sind die ÜD Bestandteil der Gemeinschaft."
3 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, daß die Kommission am 25. Februar 1993 nach Beschwerden der französischen und der italienischen Regierungen mit der streitigen Entscheidung einen Mindestpreis für Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen in die Gemeinschaft festsetzte. Am 14. Januar 1993 legte der Finanzminister der Niederländischen Antillen einen Mindestausfuhrpreis fest, der dem von der Kommission in der streitigen Entscheidung vorgeschriebenen relativen Mindestpreis entsprach.
4 Mit der Entscheidung 93/211/EWG vom 13. April 1993 zur Änderung der Entscheidung 93/127 (ABl. L 90, S. 36) senkte die Kommission jedoch den Mindestpreis pro Tonne Reis, um der Verbesserung der Marktbedingungen Rechnung zu tragen. Diese beiden Entscheidungen waren auf Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses gestützt, der aufgrund von Artikel 136 Absatz 2 des Vertrages erlassen wurde. Schließlich hob die Kommission mit der Entscheidung 93/356/EWG vom 16. Juni 1993 (ABl. L 147, S. 28) die Schutzmaßnahmen auf.
5 Bei den Rechtsmittelführerinnen handelt es sich um drei Unternehmen, die in den Niederländischen Antillen im Sektor der Verarbeitung und des Vertriebs von Reis tätig sind und die dort aus Suriname und Guyana eingeführten Braunreis verarbeiten. Da der Reis durch seine Verarbeitung in den Niederländischen Antillen zu Reis mit Ursprung in den Antillen wurde, konnte er gemäß Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses unter Befreiung von der Abschöpfung in die Gemeinschaft eingeführt werden.
6 Da die Rechtsmittelführerinnen der Auffassung sind, daß sie durch die von der Gemeinschaft eingeführten Schutzmaßnahmen einen schweren Schaden erlitten haben, haben sie Klage auf Nichtigerklärung dieser Maßnahmen und auf Ersatz des ihnen angeblich entstandenen Schadens erhoben.
7 Die Rechtsmittelführerinnen haben sich vor dem Gericht auf sechs Klagegründe berufen. Erstens haben sie gerügt, Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses, auf den die angefochtene Schutzmaßnahme gestützt sei, sei rechtswidrig, da die Kommission durch diese Bestimmung ermächtigt werde, Schutzmaßnahmen unter Umständen zu treffen, die im EG-Vertrag nicht vorgesehen seien. Zweitens haben sie gerügt, Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses sei dadurch verletzt, daß die Kommission Schutzmaßnahmen getroffen habe, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen hätten. Drittens haben die Rechtsmittelführerinnen geltend gemacht, Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses sei verletzt, da die getroffenen Schutzmaßnahmen über das hinausgegangen seien, was zur Behebung der angeblich drohenden Gefahr einer Störung oder Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer der Regionen der Gemeinschaft erforderlich gewesen sei. An vierter Stelle haben sie einen Verstoß gegen Artikel 132 Absatz 1 und 133 Absatz 1 des Vertrages und Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses insoweit geltend gemacht, als es eine "bedingte" Abgabe gleicher Wirkung darstelle, daß die Befreiung von den Einfuhrabgaben von der Einhaltung von Mindestpreisen abhängig gemacht worden sei. Fünftens wird eine Verletzung von Artikel 131 des Vertrages insoweit gerügt, als die Kommission die Ziele der Assoziierung der ÜLG nicht oder nicht hinreichend beachtet habe. Sechstens haben die Rechtsmittelführerinnen einen Verstoß gegen den Grundsatz der sorgfältigen Vorbereitung von Rechtshandlungen und gegen Artikel 190 EWG-Vertrag gerügt: Die Kommission habe die Marktlage nicht oder nicht hinreichend untersucht und die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht begründet.
Das angefochtene Urteil
8 In den Randnummern 63 bis 78 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zunächst die von den Rechtsmittelführerinnen aufgeworfene Frage der Zulässigkeit geprüft und festgestellt, daß eine aufgrund von Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses erlassene Entscheidung der Kommission, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sei und in der als Schutzmaßnahme ein Mindesteinfuhrpreis für ein Erzeugnis mit Ursprung in einem dieser Gebiete festgesetzt werde, die Unternehmen, die dieses Erzeugnis aus diesem Gebiet ausführten, im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages unmittelbar betreffe, da sie den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung und der Höhe dieses Mindestpreises keinen Ermessensspielraum lasse. Trotz ihres Normcharakters betreffe eine solche Entscheidung die der Kommission aufgrund der vor Erlaß der Schutzmaßnahme hergestellten Kontakte bekannten Unternehmen, die durch diese Entscheidung erfasste Waren bei Erlaß der Entscheidung auf den Weg in die Gemeinschaft gebracht hätten, im Sinne derselben Vorschrift auch individuell.
9 Sodann hat das Gericht in Randnummer 95 entschieden, um die Grundsätze der Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft und der gemeinsamen Agrarpolitik in Einklang zu bringen, sei der Rat auf der Grundlage des Artikels 136 Absatz 2 EWG-Vertrag berechtigt gewesen, in Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses eine Schutzklausel aufzunehmen, die insbesondere Beschränkungen der freien Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG zugelassen habe, wenn diese ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich gebracht oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährdet habe oder wenn Schwierigkeiten aufgetreten seien, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen hätten nach sich ziehen können. Mit dieser Entscheidung, die die freie Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft nur ausnahmsweise, teilweise und vorübergehend beschränkt habe, habe der Rat die sich aus Artikel 136 Absatz 2 EWG-Vertrag ergebenden Grenzen seines Entscheidungsspielraums nicht überschritten.
10 In den Randnummern 119 bis 135 hat das Gericht entschieden, daß Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses der Kommission ein weites Ermessen nicht nur in der Frage einräume, ob die Voraussetzungen für den Erlaß einer Schutzmaßnahme vorlägen, sondern auch in der Frage, ob eine solche Maßnahme überhaupt erlassen werde, so daß der Gemeinschaftsrichter bei der Ausübung seiner Kontrolle nur prüfen könne, ob der Kommission bei der Ausübung ihrer Befugnis ein offenkundiger Irrtum oder ein Ermessensmißbrauch unterlaufen sei und ob die Kommission die Grenzen ihrer Befugnisse offenkundig überschritten habe. Dies sei beim Erlaß der streitigen Entscheidung und der Entscheidung 93/211 nicht der Fall gewesen. In Anbetracht des Rückgangs des Reispreises in der Gemeinschaft, die die Kommission habe feststellen können, und des gleichzeitigen Anstiegs der Einfuhren aus diesem überseeischen Gebiet, habe die Kommission nämlich annehmen können, daß Schwierigkeiten aufgetreten seien, die eine Beeinträchtigung des Bereichs des Reisanbaus in der Gemeinschaft habe nach sich ziehen und die Durchführung des Poseidom-Programms gefährden könnte, mit dem der Absatz von in Französisch-Guyana erzeugtem Reis in Guadeloupe und Martinique habe gefördert werden sollen, und daß daher die Voraussetzungen für den Erlaß von Schutzmaßnahmen erfuellt gewesen seien.
11 Das Gericht hat sodann in den Randnummern 140 bis 143 festgestellt, daß Schutzmaßnahmen gegen Einfuhren von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG, die Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses zulasse, nur das Ziel haben könnten, Schwierigkeiten abzuhelfen, in denen sich ein Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft befinde, oder die Entstehung solcher Schwierigkeiten zu verhindern, und nach Artikel 109 Absatz 2 unbedingt erforderlich sein müssten. Daher habe Artikel 1 Absatz 1, in dem die Kommission als Schutzmaßnahme einen Mindestpreis bei der Einfuhr von Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen festgelegt habe, für nichtig erklärt werden müssen, denn dieser Preis sei so hoch festgesetzt worden, daß dieser Reis auf dem Gemeinschaftsmarkt nicht nur teurer als Reis aus der Gemeinschaft, sondern auch teurer als Reis aus Drittländern wie den AKP-Staaten gewesen sei, und zwar entgegen der Präferenz, die Erzeugnisse aus den assoziierten Ländern und Gebieten erhalten müssten, und entgegen dem in Artikel 109 Absatz 2 zum Ausdruck kommenden Verhältnismässigkeitsgrundsatz.
12 In den Randnummern 149 bis 153 des angefochtenen Urteils hat das Gericht dagegen die Gültigkeit der Entscheidung 93/211 bejaht, die den Mindestpreis bei der gleichen Schutzmaßnahme so hoch festsetze, daß dieser Reis nur gegenüber Gemeinschaftsreis, dessen Schutz die Maßnahme sicherstellen solle, in eine ungünstigere Wettbewerbsposition gebracht werde.
13 In Randnummer 157 hat das Gericht das auf die angebliche "bedingte" Abgabe gleicher Wirkung gestützte Vorbringen zurückgewiesen und entschieden, daß eine Abgabe, die bei der Einfuhr eines Erzeugnisses mit Ursprung in den ÜLG erhoben werde, wenn diese zu einem niedrigeren Preis als dem im Rahmen einer gemäß Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses eingeführten Schutzmaßnahme festgesetzten Mindestpreis erfolge, nicht als eine nach Artikel 101 dieses Beschlusses verbotene Abgabe gleicher Wirkung angesehen werden könne, da die Verpflichtung zur Entrichtung einer solchen Abgabe nicht auf dem Überschreiten der Grenze der Gemeinschaft, sondern auf der Missachtung des festgesetzten Mindestpreises beruhe.
14 Sodann hat das Gericht in den Randnummern 189 bis 194 festgestellt, daß die Einführung von Schutzmaßnahmen gegenüber Einfuhren von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG gemäß Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses eine Rechtsetzungstätigkeit darstelle, die wirtschaftspolitische Entscheidungen voraussetze, so daß ein rechtswidriges Verhalten bei dieser Tätigkeit die Haftung der Gemeinschaft nur auslösen könne, wenn es als eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm angesehen werden könne. Das rechtswidrige Verhalten, das die Kommission gezeigt habe, als sie durch die Entscheidung 93/127 eine Schutzmaßnahme erlassen habe, die in ihren Modalitäten nicht unbedingt erforderlich gewesen sei, um die Interessen der Gemeinschaft zu schützen, wie es Artikel 109 Absatz 2 vorschreibe, stelle eine Verletzung einer solchen Rechtsnorm dar, im vorliegenden Fall des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Diese Verletzung löse jedoch keine Haftung der Gemeinschaft aus, da man sie in Anbetracht dessen nicht als hinreichend qualifiziert ansehen könne, daß die Kommission in gutem Glauben die von den nationalen Behörden der Niederländischen Antillen übermittelten Angaben, die sich als unrichtig herausgestellt hätten, verwendet habe, ohne daß die Rechtsmittelführerinnen die Kommission auf diese Unrichtigkeit, die sie gekannt hätten, hingewiesen hätten.
15 In Randnummer 200 hat das Gericht hinzugefügt, selbst wenn eine solche Verletzung die Haftung der Gemeinschaft hätte auslösen können, wäre es Voraussetzung für die Entstehung eines Schadensersatzanspruchs gewesen, daß ein Schaden eingetreten wäre, der über das hinausgeht, was ein einzelner, auch wenn er Opfer eines rechtswidrigen Verhaltens ist, anerkanntermassen ohne Anspruch auf Entschädigung aus öffentlichen Mitteln hinnehmen muß.
16 Das Gericht erster Instanz hat demzufolge Artikel 1 Absatz 1 der streitigen Entscheidung mit der Begründung für nichtig erklärt, daß er über das zur Behebung der für den Absatz von Gemeinschaftsreis durch die Einfuhr von Reis von den Antillen aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Maß hinausgehe und demzufolge gegen Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses verstosse, und hat die Klagen im übrigen abgewiesen.
Zu der auf die Unzulässigkeit der Klage beim Gericht gestützten Rüge
17 Die italienische Regierung macht geltend, das Urteil des Gerichts sei insoweit aufzuheben, als durch es die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen worden sei, mit der die Kommission habe feststellen lassen wollen, daß die Rechtsmittelführerinnen nicht individuell betroffen seien. Das Gericht habe die Grundsätze, die im Urteil vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82 (Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207) zur Identifizierung der durch Rechtsetzungsakte individuell betroffenen Rechtsubjekte herausgearbeitet worden seien, fehlerhaft angewendet.
18 Die Rechtsmittelführerinnen ziehen jedoch in Zweifel, daß die italienische Regierung eine derartige Rüge erheben könne. Sie sind der Auffassung, da die italienische Regierung nur eine Streithelferin auf seiten der Kommission gewesen sei, könne sie vor dem Gerichtshof keine Unzulässigkeitsrüge erheben, die von der Kommission selbst im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens nicht erhoben worden sei.
19 Zunächst ist daher zu prüfen, ob die von der italienischen Regierung auf die Unzulässigkeit der Klage beim Gericht gestützte Rüge vor dem Gerichtshof zulässig und - gegebenenfalls - ob sie begründet ist.
20 Was die Zulässigkeit dieser von der italienischen Regierung erhobenen Rüge vor dem Gerichtshof angeht, ist darauf hinzuweisen, daß ein Rechtsmittel nach Artikel 49 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes bei diesem von einer Partei eingelegt werden kann, die mit ihren Anträgen vor dem Gericht ganz oder teilweise unterlegen ist. Daraus folgt, daß die Streithelfer vor dem Gericht als Parteien vor diesem Gericht angesehen werden. Folglich ist Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, wonach die "Parteien des Verfahrens vor dem Gericht... binnen zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelschrift eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen" können, auf sie anwendbar, so daß sie beim Gerichtshof keinen neuen Streithilfeantrag gemäß den Artikeln 93 und 123 der Verfahrensordnung einreichen muß (Urteil vom 22. Dezember 1993 in der Rechtssache C-244/91 P, Pincherle/Kommission, Slg. 1993, I-6965, Randnr. 16).
21 In bezug auf die Rechtsmittelgründe, die sie geltend machen können, besteht folglich kein Unterschied zwischen den Parteien, die das Recht haben, eine Rechtsmittelbeantwortung einzureichen; für diese gelten in gleicher Weise die Erfordernisse der Artikel 115 und 116 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes.
22 Daraus folgt, daß ein Streithelfer, der nach Artikel 115 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes das Recht besitzt, eine Rechtsmittelbeantwortung einzureichen, mangels einer ausdrücklichen Beschränkung Rechtsmittelgründe zu jeder Rechtsfrage, auf die das Urteil des Gerichts gestützt ist, vorbringen können muß.
23 Ein Mitgliedstaat, der gemäß Artikel 115 dieser Verfahrensordnung eine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht hat, muß daher auf jeden Fall vor dem Gerichtshof die seiner Ansicht nach gegebene Unzulässigkeit der Klage geltend machen können, obwohl die Partei, die er vor dem Gericht unterstützt hat, eine solche Einrede in ihrer Rechtsmittelbeantwortung nicht erhoben hat und sie nur in ihrem in erster Instanz eingereichten Antragsschriftsatz erhoben hatte.
24 Nach alledem ist die von der italienischen Regierung erhobene Rüge zulässig.
25 Was die Begründetheit der Zulässigkeitsrüge angeht, ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof aus Artikel 130 Absatz 3 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Griechenland und die Anpassung der Verträge (ABl. 1979, L 291, S. 17) gefolgert hat, daß die Kommission beim Erlaß von Schutzmaßnahmen, soweit die jeweiligen Gegebenheiten dies zulassen, ermitteln muß, welche negativen Auswirkungen ihre Entscheidung möglicherweise für die Wirtschaft des betreffenden Mitgliedstaats sowie für die betroffenen Unternehmen hat, und daraus gefolgert hat, daß diese, was die Zulässigkeit einer Klage angeht, als von dieser Entscheidung individuell betroffen anzusehen sind (siehe Urteil Piraiki-Patraiki, Randnrn. 28 und 31).
26 Wie das Gericht in den Randnummern 68 und 70 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, gilt die im Urteil Piraiki-Patraiki verwendete Argumentation auch für den vorliegenden Fall, da der Wortlaut des Artikels 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses im wesentlichen mit dem des Artikels 130 Absatz 3 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Griechenland und die Anpassungen der Verträge übereinstimmt und weil die mit diesen Vorschriften verfolgten Ziele, nämlich die Intensität der Schutzmaßnahmen zu bestimmen, die die Gemeinschaft ergreifen kann, ähnlich sind.
27 Auch wenn sich dieses Urteil anders als der ÜLG-Beschluß, der sich an alle Mitgliedstaaten richtet, auf eine Entscheidung bezog, die einen einzigen Mitgliedstaat betraf, kann der von der italienischen Regierung vertretenen Auffassung, daß Randnummer 32 des Urteils vom 15. Februar 1996 in der Rechtssache C-209/94 P (Buralux u. a./Rat, Slg. 1996, I-615) die Anwendbarkeit der Argumentation, die sich der Gerichtshof im oben genannten Urteil Piraiki-Patraiki zu eigen gemacht habe, ausschließe, nicht gefolgt werden.
28 Der Rechtsschutz, den ein einzelner im Rahmen des Artikels 173 Absatz 4 des Vertrages genießt, kann nicht davon abhängen, ob die angefochtene Entscheidung an einen einzigen Mitgliedstaat oder an mehrere gerichtet ist, sondern ist auf der Grundlage der Besonderheit der Lage dieses einzelnen im Verhältnis zu allen anderen betroffenen Personen zu ermitteln. Anders als die Rechtssache Buralux, die nur allgemein angesprochene Personen betraf, betrifft die vorliegende Rechtssache eindeutig identifizierbare Personen. Das Gericht durfte daher in Randnummer 77 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgehen, daß ausschlaggebend für die Identifizierung der Person, die individuell durch eine Entscheidung über die Einführung einer Schutzmaßnahme betroffen sind, der gemeinschaftsrechtliche Schutz ist, den das Land oder das Gebiet sowie die betroffenen Unternehmen genießen, gegen die die Schutzmaßnahme ergriffen wird.
29 Das Vorbringen der italienischen Regierung, das Gericht habe einen Fehler begangen, als es in Randnummer 75 des angefochtenen Urteils entschieden habe, daß die Beurteilungsgesichtspunkte, über die die Kommission vor Erlaß der angefochtenen Entscheidungen verfügt habe, konkret und genau gewesen seien, da bei Erlaß der ersten Entscheidung Reislieferungen von mindestens zwei Klägerinnen sich auf dem Weg in die Gemeinschaft befunden hätten, beruht auf Tatfragen, die nicht der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegen. Allein das Gericht ist nämlich zuständig für die Tatsachenfeststellung, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, daß seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und für die Würdigung dieser Tatsachen. Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt (Beschluß vom 5. Februar 1998 in der Rechtssache C-30/96 P, Abello u. a./Kommission, Slg. 1998, I-377, Randnr. 49).
30 Nach alledem ist der auf die Unzulässigkeit der Klage vor dem Gericht gestützte Rechtsmittelgrund, den die italienische Regierung vorgebracht hat, zurückzuweisen.
Zur Begründetheit des Rechtsmittels
31 Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel im wesentlichen auf sechs Gründe. Zunächst vertreten sie die Auffassung, daß das Gericht rechtsfehlerhaft gehandelt habe, als es entschieden habe, daß der Rat nach Artikel 136 Absatz 2 des Vertrages befugt gewesen sei, in den ÜLG-Beschluß eine Schutzklausel aufzunehmen, die Beschränkungen der freien Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG zugelassen habe. Ausserdem habe es rechtsfehlerhaft entschieden, daß die Kommission zu dem Schluß habe kommen dürfen, daß Schwierigkeiten aufgetreten seien, die zu einer Beeinträchtigung der Erzeugung von Indica-Reis in der Gemeinschaft führen könnten. Die Rechtsmittelführerinnen machen sodann geltend, der durch die zweite Entscheidung festgesetzte Mindestpreis sei über das unbedingt erforderliche Maß hinausgegangen. Ferner sei das Gericht zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, daß im vorliegenden Fall die strengste Regelung über die Haftung für Rechtsetzungsakte anwendbar sei. Darüber hinaus habe es nicht geprüft, ob eine qualifizierte Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorgelegen habe, und habe bei der Würdigung der angefochtenen Entscheidungen einer Maßnahme der Regierung der Niederländischen Antillen zu Unrecht eine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Schließlich habe das Gericht der Vorhersehbarkeit des Schadens übermässige Bedeutung beigemessen.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
32 Die Rechtsmittelführerinnen rügen erstens, daß das Gericht entschieden habe, daß der Rat nach Artikel 136 des Vertrages befugt gewesen sei, in den ÜLG-Beschluß eine Schutzklausel aufzunehmen, die eine Beschränkung der freien Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG zugelassen habe.
33 Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile. Die Rechtsmittelführerinnen vertreten im ersten Teil dieses Rechtsmittelgrunds die Auffassung, die Schlußfolgerung des Gerichts stütze sich auf ein unzutreffendes Verständnis der Entstehungsgeschichte des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses. Der Gerichtshof habe in Randnummer 94 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, daß dieser Artikel die Regelung über die Assoziierung der ÜLG mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in der Weise vervollständigt habe, daß zum ersten Mal der freie Zugang von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft zugelassen worden sei.
34 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß das Gericht zu Recht in Randnummer 94 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen ist, daß es bereits in der Vergangenheit eine allgemeine Schutzklausel gab und daß sie erstmals Anwendung auf zuvor einer besonderen Regelung unterliegende landwirtschaftliche Erzeugnisse aus den ÜLG finden konnte, nachdem diese auf eine Stufe mit allen anderen Erzeugnissen gestellt worden waren. Das Gericht hat daher zu Recht angenommen, daß es sich bei Artikel 109 um eine allgemeine Schutzklausel handelt, die erstmalig für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG gilt.
35 Mit dem zweiten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrunds machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das angefochtene Urteil stütze sich auf eine fehlerhafte Beurteilung der Befugnisse aus Artikel 136 Absatz 2 des Vertrages. Zur Begründung dieses Vorbringens tragen sie zum einen vor, mit den in dieser Vorschrift angesprochenen Grundsätzen seien nur die Grundsätze des Vierten Teils des Vertrages gemeint und dieser Teil erfasse nicht alle in den Vertrag aufgenommenen Grundsätze; die Regelung für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den ÜLG dürfe nicht einfach auf die gleiche Stufe mit der Regelung gestellt werden, die für die nicht zur Gemeinschaft gehörende Drittländer bestehe; sie müsse auf jeden Fall günstiger als diese Regelung sein. Auch sei der Rat nicht befugt, nach Artikel 136 Absatz 2 Entscheidungen über die Durchführung der Regelung zu erlassen und dabei vom freien Warenverkehr zwischen der Gemeinschaft und den ÜLG im Interesse der gemeinsamen Agrarpolitik abzugehen; Schutzmaßnahmen dürften nur unter den in Artikel 134 des Vertrages genannten Voraussetzungen erlassen werden. Aus dem Vierten Teil des Vertrages sowie aus den Protokollen, in denen Ausnahmen von der Regelung über die Assoziierung der ÜLG geregelt seien, gehe hervor, daß eine Ausnahme vom freien Warenverkehr zwischen der Gemeinschaft und den ÜLG eine Vorschrift im Vertrag selbst voraussetze. Schließlich stehe eine allgemeine Schutzklausel nicht im Einklang mit Artikel 132 Absatz 1 und Artikel 133 Absatz 1 des Vertrages.
36 In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Assoziierung der ÜLG - wie der Gerichtshof bereits entschieden hat - in einem dynamischen und allmählichen Prozeß erfolgen soll, so daß der Erlaß mehrerer Vorschriften erforderlich werden kann, um unter Berücksichtigung der aufgrund der früheren Beschlüsse des Rates erzielten Ergebnisse alle in Artikel 132 des Vertrages genannten Ziele zu erreichen (Urteil vom 22. April 1997 in der Rechtssache C-310/95, Road Air, Slg. 1997, I-2229, Randnr. 40). Demzufolge handelt es sich bei den ÜLG zwar um assoziierte Länder und Gebiete, die besondere Beziehungen zur Gemeinschaft haben, sie gehören der Gemeinschaft jedoch nicht an, und es gibt in diesem Stadium keinen freien Warenverkehr zwischen den ÜLG und der Gemeinschaft ohne Beschränkungen gemäß Artikel 132 des Vertrages.
37 Sodann ist zu unterstreichen, daß Artikel 136 Absatz 2 den Rat dazu ermächtigt, im Rahmen der Assoziierung Beschlüsse nach den Grundsätzen des Vertrages zu erlassen. Der Rat hat folglich beim Erlaß von ÜLG-Beschlüssen nach diesem Artikel nicht nur die im Vierten Teil des Vertrages genannten Grundsätze, sondern auch die anderen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts einschließlich derjenigen zu berücksichtigen, die sich auf die gemeinsame Agrarpolitik beziehen.
38 Diese Schlußfolgerung steht im übrigen im Einklang mit den Artikeln 3 Buchstabe r und 131 des Vertrages, wonach die Gemeinschaft die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der ÜLG fördert, ohne daß diese Förderung jedoch eine Verpflichtung einschließen würde, die ÜLG zu bevorzugen.
39 Nach alledem konnte das Gericht völlig zu Recht zu dem Ergebnis gelangen, daß eine Schutzklausel und ihre Anwendung auf landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG im Rahmen des Artikels 136 Absatz 2 des Vertrages nicht ausgeschlossen sind.
40 Da eine Schutzklausel allein durch ihre Existenz in keiner Weise gegen die Grundsätze des Vierten Teils des Vertrages verstösst, ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, eine solche Schutzklausel erfordere eine Vertragsänderung, nicht begründet.
41 Das Vorbringen, daß Schutzmaßnahmen nur unter den in Artikel 134 des Vertrages genannten Voraussetzungen erlassen werden dürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch wenn der Gerichtshof bereits entschieden hat, daß diese Vorschrift nach dem Inkrafttreten des Vertrages und bis zur Herstellung eines gemeinsamen Zollgebiets angewendet werden soll (Urteil Road Air, Randnr. 36), werden mit den Artikeln 134 und 136 Absatz 2 unterschiedliche Ziele verfolgt, und die Auslegung der letztgenannten Vorschrift durch das Gericht lässt daher die Bedeutung der anderen Vorschrift unberührt.
42 Auch dem auf Artikel 132 Absatz 1 des Vertrages gestützten Vorbringen ist nicht zu folgen. Wie sich aus Satz 1 dieser Vorschrift ergibt, legt diese nämlich lediglich das mit der Assoziierung der ÜLG verfolgte Ziel in der Weise fest, daß sie bestimmt, daß der Handel mit diesen auf die gleiche Stufe mit dem Handel zwischen den Mitgliedstaaten gestellt wird (Urteil Road Air, Randnr. 40).
43 Was schließlich das auf Artikel 133 Absatz 1 des Vertrages gestützte Vorbringen angeht, genügt die Antwort, daß die Abschaffung der Zölle bei der Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG, die das Ziel dieser Vorschrift darstellt, die Möglichkeit nicht ausschließt, aufgrund von Artikel 136 Absatz 2 des Vertrages eine Schutzklausel zu erlassen, die die Einfuhr nur in Ausnahmefällen, teilweise und vorübergehend beschränkt.
44 Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
45 Die Rechtsmittelführerinnen machen mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, daß die Kommission habe zu dem Ergebnis gelangen dürfen, daß es Schwierigkeiten gebe, die zu einer Beeinträchtigung der Erzeugung von Indica-Reis in der Gemeinschaft führen könnten. Sie tragen nämlich vor, damit die Kommission zu der Schlußfolgerung gelangen könne, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses vorlägen, müsse ein Kausalzusammenhang zwischen den Einfuhren von Reis aus den Antillen und dem Rückgang des Preises für Rohreis aus der Gemeinschaft nachgewiesen werden; im vorliegenden Fall habe das Gericht zu Unrecht bejaht, daß ein solcher Zusammenhang bestehe.
46 Zur Begründung dieser Rüge tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, die Feststellung des Gerichts in Randnummer 128 des angefochtenen Urteils, daß die Kommission aufgrund der Daten über den Preis von Gemeinschaftsrohreis und über die Einfuhren von halbgeschliffenem Reis von den Antillen zu dem Ergebnis habe kommen können, daß die Voraussetzungen für den Erlaß von Schutzmaßnahmen erfuellt seien, sei in Anbetracht der zahlreichen Daten, die sie in diesem Zusammenhang vorgelegt hätten, unverständlich. Die Feststellung des Gerichts in Randnummer 131 des angefochtenen Urteils, daß die Kommission zu Recht angenommen habe, daß die Preisdifferenz in bezug auf Gemeinschaftsreis zwischen September 1992 und Januar 1993 erheblich gewesen sei, sei ebenfalls nicht begründet. Schließlich könne auch die das Poseidom-Programm und den Absatz von Reis in Guadeloupe und Martinique betreffende Argumentation in Randnummer 132 des angefochtenen Urteils als solche die erlassenen Schutzmaßnahmen nicht rechtfertigen, wo doch weniger einschneidende Maßnahmen ausgereicht hätten.
47 In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, daß Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht notwendigerweise voraussetzt, daß in der zweiten in diesem Artikel genannten Fallgestaltung, nämlich dem Auftreten von Schwierigkeiten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen könnten, ein Kausalzusammenhang nachgewiesen wird. Zwar muß in der ersten in diesem Artikel genannten Fallgestaltung, nämlich dann, wenn die Anwendung des ÜLG-Beschlusses ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich bringt oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährdet wird, das Bestehen eines Kausalzusammenhangs nachgewiesen werden, weil die Schutzmaßnahmen das Ziel haben müssen, die in dem betroffenen Bereich aufgetretenen Schwierigkeiten zu beseitigen oder zu mildern. Dagegen ist es in der zweiten Fallgestaltung nicht erforderlich, daß die Schwierigkeiten, die die Einführung einer Schutzmaßnahme rechtfertigen, auf der Anwendung des ÜLG-Beschlusses beruhen.
48 Ferner ist der Kommission bei der Anwendung des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses ein weites Ermessen eingeräumt worden. In einem solchen Fall hat das Gericht sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Kommission bei der Ausübung dieses Ermessens kein offensichtlicher Irrtum oder Ermessensmißbrauch unterlaufen ist oder ob sie die Grenzen ihres Ermessensspielraums nicht offensichtlich überschritten hat (Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Randnr. 40).
49 Dabei geht aus den Randnummern 124 bis 127 des angefochtenen Urteils hervor, daß das Gericht gebührend geprüft hat, ob der Kommission bei der Untersuchung des Verhältnisses zwischen den Einfuhren von halbgeschliffenem Reis von den Antillen und dem Rückgang der Preise von Gemeinschaftsreis ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen war, und daß es in Randnummer 128 zu dem Ergebnis gelangt ist, daß ein Verhältnis der Gleichzeitigkeit zwischen den Einfuhren und dem Rückgang des Preises von Gemeinschaftsreis nachgewiesen sei. Das Gericht war daher zu der Annahme berechtigt, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses erfuellt waren.
50 Der zweite Rechtsmittelgrund ist folglich zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund
51 Drittens rügen die Rechtsmittelführerinnen, daß das Gericht in Randnummer 151 des angefochtenen Urteils entschieden habe, daß der in der Entscheidung 93/211 festgesetzte Mindestpreis nicht über das unbedingt erforderliche Maß im Sinne von Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses hinausgehe. Es sei nicht erforderlich gewesen, den Reis von den Niederländischen Antillen in eine im Verhältnis zum Gemeinschaftsreis ungünstigere Wettbewerbsposition zu bringen, was ihre Ausfuhrmöglichkeiten auf die 8 400 Tonnen beschränkt habe, die das Gericht in Randnummer 150 des angefochtenen Urteils nenne, und sie dazu gezwungen habe, 16 000 Tonnen Reis, die nicht hätten verkauft werden können, einzulagern.
52 Was den Grundsatz der Verhältnismässigkeit angeht, ist zunächst zu unterstreichen, daß für die Feststellung, ob eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts in Einklang mit diesem Grundsatz steht, zu prüfen ist, ob die Mittel, die durch sie eingesetzt werden, geeignet sind, um das angestrebte Ziel zu erreichen, und ob sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
53 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß das Ziel der Entscheidung 93/211, wie sich aus ihrer dritten Begründungserwägung ergibt, darin besteht, einen Mindestpreis für die Einfuhr von Reis von den Antillen festzusetzen, der die geringsten Störungen für die Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft mit sich bringt und gleichzeitig die Schwierigkeiten behebt, die auf dem Gemeinschaftsmarkt aufgetreten sind.
54 In diesem Zusammenhang lässt sich zum einen nicht die Auffassung vertreten, wie es die Rechtsmittelführerinnen tun, daß eine solche Schutzmaßnahme den Reis von den Niederländischen Antillen nicht in einer im Verhältnis zum Gemeinschaftsreis ungünstigere Wettbewerbsposition bringen dürfe. Aus dem Wesen einer Schutzmaßnahme als solchem ergibt sich nämlich, daß für bestimmte eingeführte Erzeugnisse eine im Verhältnis zu den Gemeinschaftserzeugnissen ungünstigere Regelung gilt.
55 Zum andern können die tatsächlichen Feststellungen, die das Gericht in bezug auf die Ermittlung der Reispreise getroffen hat, im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens nicht geprüft werden. Unter diesen Voraussetzungen und in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Rüge nicht stattzugeben.
Zum vierten Rechtsmittelgrund
56 Die Rechtsmittelführerinnen machen mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund geltend, das Gericht habe in den Randnummern 180 bis 186 des angefochtenen Urteils verkannt, wie schwer das Verschulden sein müsse, das eine ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen könne. Entscheidungen könnten - so wie der Gerichtshof Artikel 215 EG-Vertrag ausgelegt habe - keinen Rechtsatzcharakter im Sinne dieser Vorschrift haben; hilfsweise tragen sie vor, selbst wenn die angefochtenen Entscheidungen Rechtsatzcharakter hätten, so trete dieser ihnen gegenüber insoweit zurück, als sie individuell betroffen seien. Weiter hilfsweise machen sie geltend, auf jeden Fall dürfe nicht auf strengere Haftungskriterien zurückgegriffen werden, da die Entscheidungen von den Opfern angefochten würden, die durch diese individuell betroffen seien.
57 Zunächst ist feststellen, daß nach ständiger Rechtsprechung die Haftung der Gemeinschaft auf einem Rechtsetzungsgebiet, das durch ein weites Ermessen gekennzeichnet ist, nur ausgelöst werden kann, wenn das handelnde Organ die Grenzen seiner Befugnisse offenkundig und erheblich überschritten hat (siehe in diesem Sinne die Urteile vom 25. Mai 1978 in den verbundenen Rechtssachen 83/76, 94/76, 4/77, 15/77 und 40/77, HNL/Rat und Kommission, Slg. 1978, 1209, Randnrn. 4 und 6, und vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88, Sofrimport/Kommission, Slg. 1990, I-2477, Randnr. 25).
58 Wie eindeutig aus den Randnummern 177 und 180 des angefochtenen Urteils hervorgeht, ist das Gericht von der Prämisse ausgegangen, daß die Kommission im Bereich der Wirtschaftspolitik über einen weiten Ermessensspielraum verfügte, was impliziert, daß das strengere Haftungskriterium angewendet wird, d. h. eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm verlangt wird.
59 Daraus folgt, daß das Gericht zu Recht das strengere Haftungskriterium angewendet hat.
60 Daß die angefochtene Handlung die Form einer Entscheidung hat und daher grundsätzlich mit der Nichtigkeitsklage anfechtbar ist, genügt nicht, um den Rechtsatzcharakter einer solchen Handlung auszuschließen. Da es sich um eine Schadensersatzklage handelt, ist der Rechtsatzcharakter nämlich von der Rechtsnatur der betreffenden Handlung und nicht von deren Form abhängig (siehe in diesem Sinne Urteil Sofrimport/Kommission).
61 Das Hauptvorbringen ist folglich nicht begründet.
62 Was das Hilfsvorbringen der Rechtsmittelführerinnen angeht, ist festzustellen, daß der Umstand, daß diese individuell betroffen sind, für die Rechtsnatur der Handlung im Rahmen einer Schadensersatzklage unerheblich ist, da diese eine selbständige Klagemöglichkeit darstellt (siehe Urteil Sofrimport/Kommission).
63 Die mit dem vierten Rechtsmittelgrund geltend gemachte Rüge ist daher nicht begründet.
Zum fünften Rechtsmittelgrund
64 Den fünften Rechtsmittelgrund stützen die Rechtsmittelführerinnen zum einen darauf, daß das Gericht die Frage nicht geprüft habe, ob eine hinreichend qualifizierte Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorliege, und zum andern auf die Bedeutung, die das Gericht einer von der Regierung der Niederländischen Antillen erlassenen Maßnahme beigemessen habe. Dieser Rechtsmittelgrund besteht also aus zwei Teilen.
65 Erstens tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, die offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen ihrer Befugnisse durch die Kommission und die hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm seien alternative und nicht kumulative Haftungskriterien, wobei das Gericht es in Randnummer 194 des angefochtenen Urteils zu Unrecht unterlassen habe, diese beiden Fragen zu prüfen. Wenn die Kommission das Gemeinschaftsrecht verletzt habe, handele es sich notwendigerweise um eine hinreichend qualifizierte Verletzung im Sinne der besonderen Voraussetzungen des Artikels 215 des Vertrages; das Gericht habe sich daher nicht auf die Feststellung beschränken dürfen, daß keine offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen ihrer Befugnisse durch die Kommission vorliege.
66 Zweitens machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, entgegen der Entscheidung des Gerichts in Randnummer 194 des angefochtenen Urteils könne die vom Finanzminister der Niederländischen Antillen erlassene Maßnahme die Kommission nicht von deren Verpflichtung entbinden, sich zu vergewissern, daß der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtet werde; die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes stelle eine offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen der Befugnisse der Kommission dar.
67 Was den ersten Teil dieses Rechtsmittelgrunds angeht, ist festzustellen, daß entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch ein Organ in einem Bereich, in dem dieses über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, als solche nicht ausreicht, um nach Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft für den Schaden auszulösen, den die einzelnen erlitten haben sollten (siehe in diesem Sinne Urteil HNL/Rat und Kommission, Randnrn. 4 und 6). Andernfalls würde das für die Begründung der ausservertraglichen Haftung gewählte Kriterium nämlich inhaltsleer, und im vorliegenden Fall würde die Selbständigkeit der beiden Klageformen, die den einzelnen bei einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts zur Verfügung stehen, ausser acht gelassen.
68 Was den zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrunds betrifft, so ist der Kommission zwar dadurch ein Beurteilungsfehler in einer wirtschaftlich komplexen Situation unterlaufen, daß sie sich in der streitigen Entscheidung guten Glaubens auf den von den zuständigen Stellen der Niederländischen Antillen festgesetzten Preis bezogen hat, sie hat jedoch die Grenzen ihrer Befugnisse nicht offenkundig und erheblich überschritten, wie das Gericht in Randnummer 194 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat.
69 Die mit dem fünften Rechtsmittelgrund erhobene Rüge ist daher nicht begründet.
Zum sechsten Rechtsmittelgrund
70 Die Rechtsmittelführerinnen machen mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund geltend, das Gericht habe dadurch gegen das Gemeinschaftsrecht verstossen, daß es in Randnummer 207 des angefochtenen Urteils entschieden habe, daß die Haftung der Gemeinschaft trotz des Schadens, den die Rechtsmittelführerinnen durch die erste Entscheidung erlitten hätten, auf jeden Fall nicht ausgelöst werden könne, weil dieser Schaden voraussehbar gewesen sei.
71 Wie eindeutig aus der Randnummer 207 selbst hervorgeht, hat das Gericht die Frage der Voraussehbarkeit des Schadens nur als Hilfsvorbringen behandelt, um das Ergebnis zu untermauern, zu dem es bereits gelangt war; dieses Vorbringen ist daher im Rahmen der Argumentation des Gerichts in keiner Weise ausschlaggebend.
72 Schließlich ist das Gericht in den Randnummern 204 und 205 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, daß nicht nachgewiesen worden sei, daß der von den Rechtsmittelführerinnen behauptete Schaden durch die streitige Entscheidung verursacht worden sei, und in Randnummer 206, daß in Anbetracht der Verbesserung der Marktbedingungen nicht einmal offenkundig sei, daß die Rechtsmittelführerinnen für ihre wirtschaftlichen Interessen nachteilige Auswirkungen zu tragen gehabt hätten.
73 Da die Rechtsmittelführerinnen gegenüber der in den Randnummern 204 bis 206 des angefochtenen Urteils enthaltenen Hauptbegründung keine Rüge vorgebracht haben, braucht die Rüge, mit der sie die Hilfsbegründung in Randnummer 207 dieses Urteils beanstanden, nicht geprüft zu werden.
74 Nach alledem ist das von den Rechtsmittelführerinnen eingelegte Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
75 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 auch für das Rechtsmittelverfahren gilt, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Da die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind und die Kommission ihre Verurteilung zur Tragung der Kosten beantragt hat, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen. Die Französische Republik und die Italienische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsmittelführerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Französische Republik und die Italienische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Ende der Entscheidung
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