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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 11.07.1996
Aktenzeichen: C-397/95 P
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, VerfO


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 49
VerfO Art. 114 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Rechtsmittel ist zurückzuweisen, wenn sich alle vom Rechtsmittelführer vorgetragenen Gründe auf Umstände beziehen, über die durch ein Urteil des Gerichts endgültig entschieden worden ist, das Gegenstand eines vom Gerichtshof zurückgewiesenen Rechtsmittels war.


Beschluss des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 11. Juli 1996. - Dimitrios Coussios gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Beamter - Rechtskraft - Rechtsmittel offensichtlich unbegründet. - Rechtssache C-397/95 P.

Entscheidungsgründe:

1 Dimitrios Coussios hat mit Rechtsmittelschrift, die am 18. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung und den entsprechenden Bestimmungen der EGKS- und der EAG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen den Beschluß des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Vierte Kammer) vom 11. Oktober 1995 in der Rechtssache T-302/94 (Coussios/Kommission, Slg. ÖD 1995, II-723, im folgenden: angefochtener Beschluß) eingelegt, mit dem seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission, den Beamten P in die Stelle des Leiters des Referats VII.C.3 ab 1. Dezember 1993 einzuweisen, abgewiesen worden ist.

2 Aus dem angefochtenen Beschluß ergibt sich, daß die Kommission am 10. April 1991 beschloß, in der GD VII ein neues Referat "Sicherheit im Luftverkehr ° Luftverkehrskontrolle ° Industriepolitik" (VII.C.3) einzurichten.

3 Am 2. Mai 1991 veröffentlichte die Kommission die Stellenausschreibung KOM/64/91 zur Besetzung der Stelle des Leiters dieses neuen Referats. Es bewarb sich namentlich der Rechtsmittelführer, der damals stellvertretender Referatsleiter des Referats VII.B.3 "Verkehrssicherheit, Forschung und technische Aspekte" der GD VII war. Aufgrund eines Vermerks des Generaldirektors vom 4. Juni 1991 übernahm der Direktor die "Aufgaben des Leiters des Referats C.3". Am 16. Juni 1991 wurde der Rechtsmittelführer dem neuen Referat als stellvertretender Referatsleiter zugeteilt.

4 Am 5. Juli 1991 bat die Kommission die übrigen Organe, ihrem Personal die Stellenausschreibung KOM/64/91 bekanntzugeben. Es ging keine Bewerbung ein.

5 Am 8. Juli 1991 wurde die Stellenausschreibung in geänderter Fassung "erneut veröffentlicht". Der Rechtsmittelführer bewarb sich wiederum. Die Rechtmässigkeit dieser "Neuveröffentlichung" war Gegenstand einer vom Rechtsmittelführer beim Gericht erhobenen Klage (T-18/92).

6 Am 13. Februar 1992 beschloß die Kommission, die freie Stelle des Referats VII.C.3 in diesem Stadium nicht zu besetzen, kein internes Auswahlverfahren durchzuführen und ein externes Auswahlverfahren einzuleiten. Gegen diese Entscheidungen erhob der Rechtsmittelführer eine zweite Klage beim Gericht (T-68/92).

7 Das Gericht (Fünfte Kammer) hat die Klage in der Rechtssache T-18/92 durch Urteil vom 23. Februar 1994 (Coussios/Kommission, Slg. ÖD 1994, II-171) abgewiesen. Mit demselben Urteil hat es in der Rechtssache T-68/92 festgestellt, daß der Rechtsmittelgrund des Fehlens einer Begründung der Entscheidung, mit der es abgelehnt worden war, die Bewerbung des Rechtsmittelführers um die streitige Stelle zu berücksichtigen und diese durch Beförderung zu besetzen, durchgreife, im übrigen hat es die Klage jedoch abgewiesen (Randnr. 77). Es hat sodann festgestellt, daß diese Rechtswidrigkeit die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen nach sich ziehe, kein internes Auswahlverfahren durchzuführen und ein externes Auswahlverfahren einzuleiten (Randnr. 103). Es hat ausgeführt, daß eine Aufhebung dieser Entscheidungen jedoch eine überzogene Sanktion für den begangenen Rechtsverstoß darstellen würde, da sich eine solche Aufhebung so auswirken könne, daß die Rechte Dritter unangemessen beeinträchtigt würden (Randnr. 106). Unter diesen Umständen hat das Gericht die Zusprechung eines Schadensersatzbetrags von 2 000 ECU an den Rechtsmittelführer nach billigem Ermessen für angemessen gehalten (Randnr. 108).

8 Das Rechtsmittel gegen dieses Urteil hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) mit Urteil vom 1. Juni 1995 in der Rechtssache C-119/94 P (Coussios/Kommission, Slg. 1995, I-1439) zurückgewiesen.

9 Vor dem Erlaß des Urteils des Gerichtshofes hat der Rechtsmittelführer am 28. September 1994 eine weitere unter dem Aktenzeichen T-302/94 in das Register eingetragene Klage beim Gericht erhoben, die sich gegen die Ernennung des Beamten P, des bestplazierten Bewerbers des externen Auswahlverfahrens, zum Leiter des Referats VII.C.3 mit Wirkung vom 1. Dezember 1993 richtet.

10 Die Kommission hat gegen diese Klage eine Unzulässigkeitseinrede gemäß Artikel 114 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Der Rechtsmittelführer hat mit seinen Erklärungen die Zurückweisung der Unzulässigkeitseinrede beantragt.

Der angefochtene Beschluß

11 Mit dem angefochtenen Beschluß wurde die Klage des Rechtsmittelführers als unzulässig abgewiesen.

12 Das Gericht hat zunächst darauf hingewiesen, daß die Klage auf die Aufhebung der Einweisung des Beamten P in die Stelle des Leiters des Referats VII.C.3 ab 1. Dezember 1993 gerichtet sei. Es hat ferner darauf hingewiesen, daß sich von den zur Stützung der Klage vorgetragenen Klagegründen nur der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung geltend gemacht werde, weil die angefochtene Ernennung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als die Durchführung des externen Auswahlverfahrens noch Gegenstand eines Rechtsstreits gewesen sei, unmittelbar gegen die Ernennungsentscheidung richte, deren Aufhebung der Rechtsmittelführer beantragt habe. Alle übrigen Klagegründe richteten sich nämlich gegen die Entscheidungen, deren Rechtmässigkeit im Rahmen der Rechtssachen T-18/92 und T-68/92 überprüft worden sei, die Gegenstand des Urteils des Gerichts vom 23. Februar 1994 gewesen seien, das im Rechtsmittelverfahren durch Urteil des Gerichtshofes vom 1. Juni 1995 bestätigt worden sei (Randnr. 44 des angefochtenen Beschlusses).

13 Das Gericht hat insoweit erstens in Randnummer 45 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, daß der einzige in seinem Urteil vom 23. Februar 1994 festgestellte Rechtsverstoß, der Verstoß gegen die Verpflichtung, die Ablehnung der Bewerbung des Rechtsmittelführers zu begründen, durch die Gewährung einer Entschädigung endgültig ausgeglichen worden sei. Die Entscheidungen, kein internes Auswahlverfahren durchzuführen und ein externes Auswahlverfahren einzuleiten, seien als solche nicht rechtswidrig gewesen; die festgestellte Rechtswidrigkeit könne zwar die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen nach sich ziehen, kein internes Auswahlverfahren durchzuführen und ein externes Auswahlverfahren einzuleiten, doch hätte die Aufhebung dieser beiden Entscheidungen eine überzogene Sanktion für den begangenen Rechtsverstoß dargestellt, da sich eine solche Aufhebung so hätte auswirken können, daß die Rechte Dritter unangemessen beeinträchtigt worden wären. Durch Urteil im Rechtsmittelverfahren habe der Gerichtshof das Urteil des Gerichts bestätigt, und darauf hingewiesen, daß das Gericht daher zu Recht zu der Überzeugung habe gelangen können, daß das Fehlen einer Begründung der Ablehnung der Bewerbung des Rechtsmittelführers um die fragliche Planstelle nicht dazu führe, das Verfahren der Ernennung in vollem Umfang ungültig zu machen, und daß die Gewährung von Schadensersatz die gerechte Wiedergutmachung des wegen dieses Fehlens einer Begründung entstandenen immateriellen Schadens darstelle.

14 Das Gericht hat daher festgestellt, daß seine Weigerung, die die Ernennung des Beamten P vorbereitenden Entscheidungen, darunter die Entscheidung, kein internes Auswahlverfahren durchzuführen und ein externes Auswahlverfahren einzuleiten, aufzuheben, Rechtskraft erlangt habe und somit vom Kläger nicht mehr angegriffen werden könne. Diese Entscheidungen blieben daher wirksam (Randnr. 46 des angefochtenen Beschlusses).

15 Das Gericht hat zweitens ausgeführt, daß der Kläger nach den Akten selbst an dem von der Kommission zur Besetzung der fraglichen Planstelle durchgeführten externen Auswahlverfahren teilgenommen habe, daß er aber nicht zu den in die Eignungsliste aufgenommenen und für eine Ernennung in Frage kommenden Teilnehmern gehört habe. In diesem Verfahrensstadium könne jedoch weder die Rechtmässigkeit der Entscheidung, dieses externe Auswahlverfahren durchzuführen, noch die Rechtmässigkeit der Art und Weise seiner Durchführung in Frage gestellt werden (Randnr. 47 des angefochtenen Beschlusses).

16 Das Gericht hat daher die Auffassung vertreten, daß der Rechtsmittelführer nach alledem kein Interesse daran habe, daß es über den auf den Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung gestützten Klagegrund entscheide, da die etwaige Aufhebung der Ernennung des Beamten P nicht zur Aufhebung der vorbereitenden Entscheidungen führen könnte und da sie dem Kläger keinen Zugang zum Kreis der potentiellen Bewerber um eine neue Ernennung verschaffen könnte, weil in einem solchen Fall nur die in die Eignungsliste aufgenommenen Teilnehmer am externen Auswahlverfahren für eine Ernennung auf die betreffende Planstelle in Frage kommen würden (Randnr. 48 des angefochtenen Beschlusses).

17 Das Gericht hat daher festgestellt, daß der Rechtsmittelführer kein Interesse an einer Aufhebung der Ernennung des Beamten P habe, da eine solche Aufhebung seine Rechtsstellung nicht beeinflussen würde, und gefolgert, daß die Klage unzulässig und der Unzulässigkeitseinrede der Kommission stattzugeben sei (Randnrn. 49 und 50 des angefochtenen Beschlusses).

Das Rechtsmittel

18 Der Rechtsmittelführer beantragt, das Rechtsmittel für zulässig zu erklären, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, die beim Gericht erhobene Klage in der Rechtssache T-302/94 für zulässig zu erklären und der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19 Die Kommission macht geltend, dieses Rechtsmittel sei zum Teil unzulässig und jedenfalls unbegründet.

20 Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf drei Rechtsmittelgründe.

21 Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht er geltend, die im angefochtenen Beschluß zur Frage der ordnungsgemässen Verwaltung und zum Fehlen eines Rechtsschutzinteresses enthaltenen Ausführungen seien fehlerhaft, da die Nichtbeachtung der Grundsätze der ordnungsgemässen Verwaltung bereits durch die Urteile des Gerichts vom 23. Februar 1994 und des Gerichtshofes vom 1. Juni 1995 festgestellt worden sei. Sein Rechtsschutzinteresse bestehe fort, da er Beamter der Kommission sei und seine Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen niemals anerkannt habe.

22 Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund rügt er einen Verstoß gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz, was die Rechte Dritter anbelange. Im angefochtenen Beschluß werde die Anwendung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes zum Schutz der Rechte des der fraglichen Dienststelle nicht angehörenden Dritten, nicht aber zu seinen Gunsten, befürwortet.

23 Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund führt der Rechtsmittelführer aus, die Vorbehalte, die er hinsichtlich seiner Bewerbung für das streitige Auswahlverfahren gemacht habe, und der Umstand, daß er am selben Tag, dem 1. Dezember 1993, rechtswidrig entlassen und der der fraglichen Dienststelle bis dahin nicht angehörende Dritte ernannt worden sei, schlössen den Eintritt der Rechtskraft aus. Es bestehe weder eine Identität der Personen noch des Streitgegenstands. Aber auch wenn man von einer solchen ausgehe, würde diese Annahme durch die Urteile des Gerichts vom 23. Februar 1994 und des Gerichtshofes vom 1. Juni 1995 widerlegt, da in der das externe Auswahlverfahren betreffenden Rechtssache T-68/92 festgestellt worden sei, daß "die Regelung nicht eingehalten wurde".

24 Gemäß Artikel 119 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel jederzeit zurückweisen, wenn es offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist.

25 Die drei vom Rechtsmittelführer in seiner Rechtsmittelschrift vorgetragenen Gründe beziehen sich auf Umstände, über die durch die Urteile des Gerichts vom 23. Februar 1994 und des Gerichtshofes vom 1. Juni 1995 endgültig entschieden worden ist. Diese Gründe können daher im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht berücksichtigt werden. Wie das Gericht nämlich zu Recht in Randnummer 46 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, können die in diesen Urteilen getroffenen Feststellungen vom Rechtsmittelführer im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht mehr in Frage gestellt werden.

26 Zu dem Vorbringen des Klägers, sein Rechtsschutzinteresse bestehe fort, da er weiterhin Beamter der Kommission sei, ist ferner festzustellen, daß das Gericht, wie die Kommission ausgeführt hat, in dem angefochtenen Beschluß auf diesen Umstand nicht Bezug genommen hat. Es hat nämlich ausgeführt, der Rechtsmittelführer besitze kein Interesse an der Aufhebung der Einweisung in die fragliche Stelle, weil er an dem Auswahlverfahren zur Besetzung dieser Stelle nicht mit Erfolg teilgenommen habe und folglich nicht zum Kreis der potentiellen Bewerber um eine neue Ernennung gehöre.

27 Die vom Rechtsmittelführer für sein Rechtsmittel vorgetragenen Gründe sind demnach offensichtlich unbegründet. Das Rechtsmittel ist daher gemäß Artikel 119 der Verfahrensordnung zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

28 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen die Organe in Streitsachen mit ihren Bediensteten ihre Kosten selbst. Nach Artikel 122 der Verfahrensordnung ist Artikel 70 jedoch nicht anwendbar, wenn Beamte oder sonstige Bedienstete der Organe ein Rechtsmittel einlegen. Da der Rechtsmittelführer mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Der Rechtsmittelführer trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Luxemburg, den 11. Juli 1996

Ende der Entscheidung

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