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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 24.11.1993
Aktenzeichen: C-405/92
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 345/92 des Rates vom 27. Januar 1992 zur elften Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände, EWG-Vertrag, Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 345/92 des Rates vom 27. Januar 1992 zur elften Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände Art. 1 Nr. 8
EWG-Vertrag Art. 177
Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände Art. 9a
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. In den Bereichen, die ihrer Zuständigkeit unterliegen, hat die Gemeinschaft für die hohe See eben die Regelungszuständigkeit, die das Völkerrecht dem Flaggenstaat oder dem Staat der Schiffsregistrierung zuerkennt. Insbesondere ist sie hinsichtlich der Schiffe, die unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahren oder in einem Mitgliedstaat registriert sind, für die Vornahme von Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände auf hoher See zuständig.

2. Die in der Verordnung Nr. 345/92 zur elften Änderung der Verordnung Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände vorgesehene Beschränkung der Verwendung von Treibnetzen wurde in erster Linie zur Erhaltung und zur zweckmässigen Bewirtschaftung der Fischbestände sowie zur Beschränkung der Fischereitätigkeit vorgenommen. Diese Regelung ist daher Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik, deren Ziel gemäß Artikel 39 EWG-Vertrag insbesondere darin besteht, die landwirtschaftliche Erzeugung zu rationalisieren und die Versorgung sicherzustellen, und konnte folglich vom Rat allein aufgrund der Vorschriften über die gemeinsame Fischereipolitik erlassen werden. Auch wenn Erwägungen des Umweltschutzes zum Erlaß dieser Verordnung beigetragen haben, fällt diese nicht allein deswegen unter Artikel 130s EWG-Vertrag.

3. Dem Wortlaut des Artikels 2 der Verordnung Nr. 170/83 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen nach müssen diese Erhaltungsmaßnahmen den verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten nicht buchstabengetreu entsprechen; das Fehlen oder die mangelnde Überzeugungskraft eines solchen Gutachtens kann den Rat nicht daran hindern, die Maßnahmen zu treffen, die er zur Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik für unerläßlich hält.

So konnte der Rat ohne Überschreitung der Grenzen seines Ermessens bei der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik mit der Verordnung Nr. 345/92 die Verwendung grosser Treibnetze verbieten. Einerseits gingen die verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten auf die ausgewogene Bewirtschaftung aller Fischbestände auf dauerhafter Grundlage und unter angemessenen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen nicht ein; andererseits folgte der Rat mit dem Ausspruch des fraglichen Verbots im Rahmen der völkerrechtlichen Verpflichtung der Gemeinschaft, bei der Erhaltung und Bewirtschaftung der biologischen Schätze der hohen See mitzuwirken, nur einer international weitverbreiteten Auffassung.

4. Der Rat hat dadurch, daß er im Rahmen seines Ermessens in Artikel 1 Nummer 8 der Verordnung Nr. 345/92 die Ausnahme vom Verbot der Treibnetze von mehr als 2,5 km Länge auf 5 km und bis zum 31. Dezember 1993 beschränkt hat, um schrittweise das Endziel eines Verbots aller derartigen Netze von mehr als 2,5 km Länge zu erreichen, weder den Grundsatz der relativen Stabilität noch andere Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik verletzt. Einerseits betrifft der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 170/83 niedergelegte Grundsatz der relativen Stabilität der Fänge nur die Verteilung der für die Gemeinschaft für jeden einzelnen Fischbestand verfügbaren Fangmenge auf die Mitgliedstaaten; er ist somit nicht berührt, wenn die Fischer der Mitgliedstaaten weiterhin fischen können, selbst wenn sie auf bestimmte Fangmethoden verzichten müssen. Andererseits müssen die Gemeinschaftsorgane bei der Verfolgung der in Artikel 39 EWG-Vertrag genannten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik einschließlich der gemeinsamen Fischereipolitik ständig jenen Ausgleich sicherstellen, den etwaige Widersprüche zwischen diesen Zielen, isoliert betrachtet, erforderlich machen können, und gegebenenfalls dem einen oder anderen unter ihnen zeitweilig Vorrang einräumen, sofern die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlußfassung bilden, dies gebieten.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 24. NOVEMBER 1993. - ETABLISSEMENTS ARMAND MONDIET SA GEGEN ARMEMENT ISLAIS SARL. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL DE COMMERCE DE LA ROCHE-SUR-YON - FRANKREICH. - FISCHEREI - VERBOT VON TREIBNETZEN VON MEHR ALS 2,5 KM LAENGE - AUSNAHMEREGELUNG FUER THUNFISCHFAENGER - GUELTIGKEIT. - RECHTSSACHE C-405/92.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal de commerce in La Roche-sur-Yon hat mit Urteil vom 24. November 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Dezember 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag mehrere Fragen nach der Gültigkeit des Artikels 1 Nummer 8 der Verordnung (EWG) Nr. 345/92 des Rates vom 27. Januar 1992 zur elften Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände (ABl. L 42, S. 15) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem die Établissements Armand Mondiet (Klägerin) mit Sitz in Frankreich und die Société Armement Islais (Beklagte) mit Sitz in Frankreich, auf Zahlung des Kaufpreises für zweihundert für den Thunfischfang bestimmte Treibnetze, die die Beklagte am 1. August 1991 in Auftrag gegeben hatte, verklagt hat.

3 Aus den Akten, die dem Gerichtshof übermittelt wurden, ergibt sich, daß die Beklagte die Treibnetze mit einer Länge von ungefähr 7 km Länge für den Thunfischfang im nordöstlichen Atlantik verwendete, diesen Auftrag im November 1991 wegen des Erlasses der Verordnung Nr. 345/92 durch den Rat zurückzog.

4 Artikel 1 Nummer 8 dieser Verordnung fügte in die Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände (ABl. L 288, S. 1) einen neuen Artikel 9a ein, der es allen Schiffen untersagt, Treibnetze, deren Einzel- oder Gesamtlänge mehr als 2,5 Kilometer beträgt, an Bord zu halten oder zur Fangtätigkeit zu benutzen; die Vorschrift sieht vor, daß die Schiffe, die mindestens während der zwei Jahre vor Inkrafttreten dieser Verordnung den Fang von weissem Thun mit Treibnetzen im Nordostatlantik betrieben haben, bis zum 31. Dezember 1993 Treibnetze mit einer Länge von bis zu 5 km verwenden dürfen.

5 Gemäß Artikel 9a Absatz 4 gilt diese Vorschrift in allen Gewässern, die unter die Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten fallen, und ausserhalb dieser Gewässer für alle Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitgliedstaats tragen oder in einem Mitgliedstaat registriert sind; hiervon ausgenommen sind die Ostsee, die Belte und der Öresund.

6 Nach Stornierung des Auftrags der Beklagten erhob die Klägerin vor dem Tribunal de commerce La Roche-sur-Yon Klage auf Bezahlung der betreffenden Ware.

7 Das Gericht vertrat die Auffassung, daß der Erlaß der Verordnung Nr. 345/92 einen Fall von höherer Gewalt darstellen könne, der geeignet sei, die Beklagte von ihrer Pflicht zur Erfuellung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages zu entbinden, sofern die Verordnung rechtmässig sei.

8 Das Tribunal de Commerce war daher der Ansicht, daß die Entscheidung des Rechtsstreits eine Entscheidung über die Gültigkeit der betreffenden Rechtsvorschrift erfordere. Es setzte die Entscheidung aus und legte dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1.1 Kann die Verordnung Nr. 345/92 des Rates vom 27. Januar 1992 ° eine Änderungsverordnung zu der Durchführungsverordnung zur Verordnung Nr. 170/83 ° die Freiheit der Fischerei für die Gemeinschaftsangehörigen einschränken?

1.2 Falls diese Frage zu verneinen ist: Kann diese Verordnung innerhalb der unter die Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten fallenden Gebiete (Gebiet der Gemeinschaften plus Küstengewässer) das Halten von Treibnetzen bestimmter Länge an Bord untersagen, wenn dieses Verbot die ° im wesentlichen auf hoher See stattfindende ° Fischerei mit Treibnetzen unmöglich macht?

2.1 Darf diese Verordnung willkürlich über die einzigen verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten hinweggehen:

° den Bericht des Ständigen Ausschusses für Forschung und Statistik der Internationalen Kommission für die Erhaltung des atlantischen Thunfischs

° und vor allem den Bericht des Ifremer und des IEO, der ja von der Kommission in Auftrag gegeben wurde und in dem festgestellt wird, daß es keine Probleme hinsichtlich des Thunfischbestandes oder hinsichtlich von Schäden bei anderen Tierarten gibt?

2.2 Müsste sich die Verordnung nicht im Gegenteil nach diesen ° verfügbaren ° wissenschaftlichen Gutachten richten?

2.3 Kann diese Verordnung aus Symbolgründen wirksam erlassen worden sein?

2.4 Kann die Verordnung die Ausnahme von dem Verbot auf 5 km beschränken und bis zum 31. Dezember 1993 befristen?

2.5 Kann die Verordnung auch hinsichtlich einer etwaigen Verlängerung der Ausnahmeregelung bestimmen, daß diese nur aufgrund wissenschaftlicher Nachweise, daß hiermit keinerlei Umweltrisiko verbunden ist, verlängert wird? Stellt dies nicht eine Umkehr der Beweislast dar?

Ist dies nicht ein willkürlicher Eingriff, der ° für Schiffe, die während der zwei Jahre vor Inkrafttreten dieser Verordnung den Fang mit Treibnetzen im Nordostatlantik betrieben haben °, zur Nichtigkeit der in der Verordnung enthaltenen Befristung der Ausnahme führt?

3. Steht folglich die anscheinend grundlose Befristung der Ausnahme auch im Widerspruch zum Grundsatz der relativen Stabilität und zu den Zielen der gemeinsamen Politik, zumal die französischen Fischer die einzigen zu sein scheinen, die mindestens während der zwei Jahre vor Inkrafttreten dieser Verordnung den Fang von weissem Thunfisch mit Treibnetzen betrieben haben und damit unter die Ausnahme fallen?

4.1 Ist diese Verordnung nicht rechtswidrig, da sie aus ökologischen Erwägungen ergangen ist, obwohl es sich um eine Verordnung "zur elften Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände" handelt, die ihrerseits eine Durchführungsverordnung zur Grundverordnung Nr. 170/83 "zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen" ist?

4.2 Ist die Verordnung auch nur auf ökologischer Grundlage wirksam, obwohl sie ohne jede wissenschaftliche Grundlage, aber offensichtlich aufgrund des Drucks bestimmter finanzkräftiger multinationaler Umweltorganisationen mit einer bedeutenden Lobby ergangen ist, wie das für die Fischerei zuständige Mitglied der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Marin, betonte, und obwohl in keiner Weise nachgewiesen ist, daß ihr Vorgehen auf irgendwelchen vernünftigen Erwägungen beruht, und obwohl andere Umweltorganisationen die Berufsfischer verteidigen, die eine Beschränkung auf 5 Seemeilen verlangen?

5. Kann die Verordnung gestützt darauf, daß "Umweltorganisationen und zahlreiche Fischer, einschließlich der Fischer in der Gemeinschaft,... ihre Besorgnis... zum Ausdruck gebracht..." haben, gültig sein?

Handelt es sich nicht um eine willkürliche Entscheidung, die dazu führt, daß der Schwächere zugunsten des Stärkeren erdrückt wird?

6. Wird hier nicht bei den Fischern eine diskriminierende Unterscheidung vorgenommen, da die Verordnung überall ° einschließlich des Atlantiks, des Zuständigkeitsbereichs der Internationalen Kommission für die Erhaltung des atlantischen Thunfischs ° gilt, nicht aber für die Ostsee, die Belte und den Öresund, den Zuständigkeitsbereich der internationalen Kommission für die Fischerei in der Ostsee und den Belten?

Handelt es sich nicht um vergleichbare Situationen, die gleich behandelt werden müssen?

7.1 Besteht ein sinnvoller Zusammenhang zwischen der Begründungserwägung, die sich auf die ° im übrigen nicht verbindliche ° VN-Resolution bezieht, und dem Verbot?

7.2 Kann das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Übereinkommen) eine Begründung für die streitige Verordnung liefern, obwohl es nur den vorsätzlichen Fang sowie die Verwendung von Netzen dann verbietet, wenn sie zum Fang oder zur umfangreichen und wahllosen Tötung bestimmter geschützter Arten, darunter der Delphine ° einer Säugetierart, die den Ökologen am Herz liegt ° angewendet werden? Passt damit nicht auch die 16. Begründungserwägung nicht zur Regelung der Richtlinie?

7.3 Kann die Verordnung die Fangtätigkeit herabsetzen, während sie feststellt, daß nur "die unkontrollierte Ausdehnung und Zunahme" verhindert werden müsse (18. Begründungserwägung).

9 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des rechtlichen Rahmens, des Verfahrensablaufs und der schriftlichen Erklärungen gegenüber dem Gerichtshof wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

10 Aus den Vorlagefragen ergibt sich, daß die Beklagte die Gültigkeit des Artikels 1 Nummer 8 der Verordnung Nr. 345/92 in Zweifel zieht, indem sie im wesentlichen geltend macht, daß die Gemeinschaft für die Regelung der Erhaltung der Fischereiressourcen nicht zuständig sei, daß der Rat die Verordnung nicht allein aufgrund der Vorschriften über die gemeinsame Fischereipolitik habe erlassen können, daß das Verbot von Netzen mit einer Länge von mehr als 2,5 km rechtsungültig sei, daß die betreffende Vorschrift die Ausnahme von diesem Verbot nicht wirksam beschränken könne, und schließlich, daß diese Vorschrift zu einer diskriminierenden Unterscheidung zwischen den Fischern aus verschiedenen Mitgliedstaaten führe. Diese Punkte sind daher zu prüfen.

Zur Regelungszuständigkeit der Gemeinschaft für die Erhaltung der Fischereiressourcen auf hoher See (Fragen 1.1 und 1.2)

11 Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß Artikel 1 Nummer 8 der Verordnung Nr. 345/92 rechtswidrig sei, weil die Gemeinschaft für die Vornahme von technischen Maßnahmen zur Erhaltung der Fischereiressourcen in den Meeresgewässern, die nicht der Hoheitsgewalt oder der Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten unterlägen, nicht zuständig sei.

12 Zur Beantwortung der Frage 1.1 ist festzustellen, daß nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 14. Juli 1976 in den Rechtssachen 3/76, 4/76 und 6/76, Kramer, Slg. 1976, 1279, vom 16. Februar 1978 in der Rechtssache 61/77, Kommission/Irland, Slg. 1978, 417, vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-258/89, Kommission/Spanien, Slg. 1991, I-3977, und vom 24. November 1992 in der Rechtssache C-286/90, Poulsen und Diva Navigation, Slg. 1992, I-6019) die Gemeinschaft für die hohe See in den Bereichen, die ihrer Zuständigkeit unterliegen, eben die Regelungszuständigkeit hat, die das Völkerrecht dem Flaggenstaat oder dem Staat der Schiffsregistrierung zuerkennt.

13 Im Bereich der Fischerei ist diese Zuständigkeit in der Genfer Konvention vom 29. April 1958 über die Fischerei und die Erhaltung der lebenden Ressourcen der hohen See (United Nations Treaties Serie, Bd. 559, S. 285), die insoweit allgemeine Regeln des Völkergewohnheitsrechts kodifiziert, und in dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 vorgesehen (Dritte Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen, Official Documents, Bd. XVII, 1984, Doc. A/Conf.62/122, S. 157-231, im folgenden: VN-Seerechtskonvention), das noch nicht in Kraft getreten ist. Ein grosser Teil seiner Vorschriften gilt jedoch als Wiedergabe des gegenwärtigen Stands des Völkergewohnheitsrechts auf dem Gebiet des Seerechts.

14 Artikel 6 der Genfer Konvention vom 29. April 1958 billigt das Interesse der Küstenstaaten an den lebenden Ressourcen in dem an das Küstenmeer angrenzenden Gebiet der hohen See. Darüber hinaus verpflichten die Artikel 117 und 118 der VN-Seerechtskonvention alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, mit anderen Staaten zur Erhaltung und zur Bewirtschaftung der lebenden Ressourcen der Hohen See zusammenzuarbeiten (vgl. Urteil Poulsen und Diva Navigation, Randnr. 11).

15 Somit ist die Gemeinschaft hinsichtlich der Schiffe, die unter der Flagge eines Mitgliedstaates fahren oder in einem Mitgliedstaat registriert sind, für die Vornahme von Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände auf hoher See zuständig.

16 Da die Frage 1.1 somit zu bejahen ist, ist über die Frage 1.2. des vorlegenden Gerichts über die Zuständigkeit des Rates für das Verbot des Haltens von Treibnetzen an Bord nicht zu entscheiden.

Zur Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 345/92 (Frage 4.1, 4.2 und 5)

17 Die Beklagte trägt vor, die Verordnung Nr. 345/92, die aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1) mit späteren Änderungen ergangen sei, sei nicht wirksam, weil sie nicht aus Gründen des Schutzes der Fischereiressourcen, sondern aus ökologischen Erwägungen, die sich mit dem Schutz der Beifänge befassten, erlassen worden sei. Die fragliche Verordnung hätte folglich aufgrund der Artikel 130r und 130s EWG-Vertrag vom Rat einstimmig erlassen werden müssen.

18 Die fragliche Verordnung sieht bestimmte technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischereiressourcen, unter ihnen insbesondere die Beschränkung der Verwendung von Treibnetzen vor.

19 Aus ihren Begründungserwägungen ergibt sich, daß diese Maßnahmen vom Rat in erster Linie zum Schutz der Fischbestände, zur Erhaltung der biologischen Schätze des Meeres und ihrer ausgewogenen Bewirtschaftung sowie zur Beschränkung des Fischereiaufwands getroffen wurden.

20 So ist gemäß der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 345/92 "die Lage vieler Fischbestände... besorgniserregend und erfordert den Umständen entsprechende Erhaltungsmaßnahmen, um den von diesen Fischbeständen abhängigen Wirtschaftszweig zu erhalten und zugleich seiner ohnehin geschwächten Lage Rechnung zu tragen".

21 Die vierzehnte Begründungserwägung der Verordnung nimmt Bezug auf die Resolution Nr. 44/225 der Vollversammlung der Vereinten Nationen vom 22. Dezember 1989 über den Fischfang mit grossen Tiefsee-Treibnetzen und den Folgen für die biologischen Schätze der Ozeane und Meere. Diese Resolution, mit der die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft aufgefordert wurden, spätestens bis zum 30. Juni 1992 "ein Moratorium für jede Art von Hochseefischerei mit grossen Hochsee-Treibnetzen" zu erlassen und "unverzueglich jede weitere Ausdehnung der Fischerei mit grossen Hochsee-Treibnetzen im Nordpazifik und auf hoher See ausserhalb des pazifischen Ozeans einzustellen", beruht laut ihrer Begründungserwägungen auf der Tatsache, daß der Fischfang mit solchen Netzen allgemein als Gefährdung für die wirksame Erhaltung der lebenden Meeresressourcen gilt.

22 Die siebzehnte Begründungserwägung der Verordnung verweist darauf, daß die Gemeinschaft das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen unterzeichnet hat, deren Artikel 117 und 118 alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft verpflichten, mit anderen Staaten zur Erhaltung und zur Bewirtschaftung der lebenden Ressourcen der Hohen See zusammenzuarbeiten und in bezug auf ihre Angehörigen allein oder gemeinsam die erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung dieser Ressourcen zu ergreifen.

23 Gemäß der achtzehnten Begründungserwägung der Verordnung schließlich kann "die unkontrollierte Ausdehnung und Zunahme der Fangtätigkeiten mit Treibnetzen... zu einer unerwünschten Erhöhung des Fischereiaufwands und der unbeabsichtigten Beifänge führen", so daß "es angezeigt [ist]), die Fischereitätigkeit mit Treibnetzen zu regeln".

24 Somit wurde die in der Verordnung vorgesehene Beschränkung der Verwendung von Treibnetzen in erster Linie zur Erhaltung und zur zweckmässigen Bewirtschaftung der Fischbestände sowie zur Beschränkung der Fischereitätigkeit vorgenommen. Diese Regelung ist daher Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik, deren Ziel gemäß Artikel 39 EWG-Vertrag insbesondere darin besteht, die landwirtschaftliche Erzeugung zu rationalisieren und die Versorgung sicherzustellen, und konnte folglich wirksam vom Rat allein aufgrund der Vorschriften über die gemeinsame Fischereipolitik erlassen werden.

25 Dem steht weder entgegen, daß die sechste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 345/92 das Berner Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (ABl. L 38, S. 3) erwähnt und daß die neunzehnte Begründungserwägung dieser Verordnung auf die von Umweltorganisationen zum Ausdruck gebrachte "Besorgnis" Bezug nimmt, noch daß die achtzehnte Begründungserwägung der streitigen Verordnung die Sorge des Gesetzgebers der Gemeinschaft um den Schutz der beim Fang mit den grossen Treibnetzen entstehenden Beifänge anspricht.

26 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil vom 29. März 1990 in der Rechtssache C-62/88, Griechenland/Rat, Slg. 1990, I-1527, Randnr. 19) nämlich wollen die Artikel 130r und 130s EWG-Vertrag der Gemeinschaft die Zuständigkeit für spezifische Maßnahmen im Umweltbereich zuweisen. Diese Artikel lassen jedoch die Zuständigkeiten unberührt, die die Gemeinschaft aufgrund von sonstigen Vorschriften des EWG-Vertrages besitzt, auch wenn entsprechende Maßnahmen zugleich eines der Ziele des Umweltschutzes verfolgen.

27 Das wird dadurch bestätigt, daß nach Artikel 130r Absatz 2 Satz 2 EWG-Vertrag "die Erfordernisse des Umweltschutzes... Bestandteil der anderen Politiken der Gemeinschaft" sind. Diese Vorschrift bringt den Grundsatz zum Ausdruck, daß alle Maßnahmen der Gemeinschaft den Erfordernissen des Umweltschutzes genügen müssen; daher kann eine Maßnahme der Gemeinschaft nicht allein deshalb eine Handlung der Gemeinschaft im Umweltbereich darstellen, weil sie diesen Erfordernissen Rechnung trägt (vgl. Urteil Griechenland/Rat, a. a. O., Randnr. 20, und Urteil vom 11. Juni 1991 in der Rechtssache C-300/89, Kommission/Rat, Slg. 1991, I-2867, Randnr. 22).

28 Somit fällt die streitige Verordnung, auch wenn Erwägungen des Umweltschutzes zu ihrem Erlaß beigetragen haben, nicht allein deswegen unter Artikel 130s EWG-Vertrag.

Zum Verbot der Netze von mehr als 2,5 km Länge (Fragen 2.1, 2.2, 2.3, 7.1, 7.2 und 7.3)

29 Die Beklagte meint erstens, daß das Verbot von Treibnetzen mit einer Länge von mehr als 2,5 km wissenschaftlich nicht begründet sei. Die Verordnung, die das Verbot enthalte, nehme auf keine wissenschaftlichen Daten oder Berichte Bezug. Die verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten hätten ergeben, daß für den weissen Thunfisch im nordöstlichen Atlantik eine Gefahr, der dieses Verbot begegnen solle, nicht bestehe.

30 Gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 170/83 werden die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen "anhand der verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten und insbesondere des Berichts des... wissenschaftlich-technischen Fischereiausschusses festgelegt", der in Artikel 12 der Verordnung genannt wird und dessen beratende Funktion in der dreizehnten Begründungserwägung hervorgehoben wird.

31 Bereits dem Wortlaut dieser Vorschrift nach müssen die Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände den wissenschaftlichen Gutachten nicht buchstabengetreu entsprechen; das Fehlen oder die mangelnde Überzeugungskraft eines solchen Gutachtens kann den Rat nicht daran hindern, die Maßnahmen zu treffen, die er zur Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik für unerläßlich hält.

32 Der Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Berücksichtigung wissenschaftlicher Daten durch den Rat entschieden (vgl. Urteil vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88, Fedesa, Slg. 1990, I-4023, Randnr. 8), daß sich die richterliche Kontrolle angesichts des dem Rat bei der Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik zustehenden Ermessens auf die Prüfung beschränken muß, ob die fragliche Maßnahme offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmißbrauch darstellt oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat.

33 Im vorliegenden Fall haben die verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten nur die Bestände an weissem Thunfisch und die Wirkung der verschiedenen Fanggeräte untersucht, ohne auf die ausgewogene Bewirtschaftung aller Fischbestände auf dauerhafter Grundlage und unter angemessenen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen einzugehen, die eines der in Artikel 1 der Verordnung Nr. 170/83 erwähnten Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik darstellt.

34 Weiterhin ergibt sich aus den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 345/92, daß das fragliche Verbot vom Rat im Rahmen der völkerrechtlichen Verpflichtung der Gemeinschaft ausgesprochen wurde, bei der Erhaltung und Bewirtschaftung der biologischen Schätze der Hohen See mitzuwirken, um der Zunahme der Fangtätigkeit entgegenzutreten und den Schutz der verschiedenen Fischbestände zu gewährleisten.

35 Im übrigen haben diese Überlegungen zahlreiche Staaten und internationale Organisationen dazu gebracht, grosse Treibnetze zu verbieten oder deren Verbot aufgrund der Tatsache zu empfehlen, daß ihre Verwendung zu beträchtlichen Beifängen führt.

36 Mit der Vornahme der fraglichen Maßnahme folgte der Rat somit nur einer international weit verbreiteten Auffassung. Daher kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, mit dem Verbot der Verwendung von Treibnetzen mit einer Länge von mehr als 2,5 km die Grenzen seines Ermessens überschritten zu haben.

37 Die Beklagte macht zweitens geltend, daß bestimmte Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 345/92 fehlerhaft seien und daher keine wirksame Grundlage für das Verbot von Netzen von mehr als 2,5 km Länge darstellen könnten.

38 Erstens könne die Resolution Nr. 44/225 der Vollversammlung der Vereinten Nationen vom 22. Dezember 1989, auf die sich die vierzehnte Begründungserwägung der Verordnung beziehe, nicht wirksam zur Begründung für den Erlaß der Verordnung herangezogen werden. Diese Resolution betreffe nur die grossen Hochsee-Treibnetze, die eine Länge von mehr als 50 km haben können, während die französischen Fischer von sich aus einer Beschränkung der Netzlänge auf 5 Seemeilen zugestimmt hätten und tatsächlich Netze verwendeten, die nicht länger als 7 km seien.

39 Zweitens sei auch das Berner Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, das in der sechzehnten Begründungserwägung der betreffenden Verordnung erwähnt werde, nicht besser geeignet. Dieses Übereinkommen verbiete nur den Fang oder die umfangreiche und wahllose Tötung bestimmter geschützter Arten, während die Verwendung von Treibnetzen zu keinem derartigen Ergebnis führe.

40 Die achtzehnte Begründungserwägung schließlich, nach der die unkontrollierte Ausdehnung und Zunahme der Fangtätigkeit mit Treibnetzen zu verhindern sei, könne keine Verminderung der Fangtätigkeit von Fischereifahrzeugen begründen, die bereits derartige Netze benutzten.

41 Auch diesem Vorbringen kann gleichfalls nicht gefolgt werden.

42 Soweit nämlich die Beklagte die vierzehnte Begründungserwägung anführt, ist festzustellen, daß die Resolution Nr. 44/225 der Vereinten Nationen grosse Hochsee-Treibnetze mit einer Länge von mehr als 50 km nur erwähnt, ohne den Begriff des grossen Treibnetzes zu definieren und keinen Anhaltspunkt dafür enthält, daß Netze von mehr als 2,5 km von ihrem Geltungsbereich ausgeschlossen wären.

43 Hingegen sieht der in Artikel 12 der Verordnung Nr. 170/83 vorgesehene wissenschaftlich-technische Fischereiausschuß als grosse Netze diejenigen an, deren Gesamtlänge ungefähr einen Kilometer überschreitet. Im übrigen gilt das Abkommen über das Verbot von grossen Treibnetzen im Südpazifik, das am 24. November 1989 in Wellington geschlossen wurde, für Netze mit einer Länge von mehr als 2,5 km.

44 Im Hinblick auf das Vorbingen, das Berner Übereinkommen sei für eine Begründung des strittigen Verbots nicht geeignet, ist festzuhalten, daß Artikel 8 dieses Übereinkommens bestimmt, daß die Vertragsparteien die Verwendung aller zum wahllosen Fangen und Töten geeigneten Mittel sowie aller Mittel verbieten, die gebietsweise zum Verschwinden oder zu einer schweren Beunruhigung von Populationen einer Art führen können. Wie ausgeführt (Randnr. 36), entspricht die Verwendung von grossen Treibnetzen nach einer international weitverbreiteten Auffassung einem nichtselektiven Fangverfahren, das zu erheblichen Beifängen führt und das Überleben der nichtbefischten Arten gefährdet.

45 Hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten zur achtzehnten Begründungserwägung der Verordnung genügt der Hinweis, daß der Rat ohne Überschreitung der Grenzen seines Ermessens der Ansicht sein konnte, daß die vorhersehbare Zunahme der Fangtätigkeit mit Treibnetzen eine für alle Fischer geltende Beschränkung der Länge dieser Netze erfordert, um die unterschiedlichen Fischbestände zu schützen.

Zur Beschränkung der Ausnahme von dem Verbot von Treibnetzen von mehr als 2,5 km Länge (Fragen 2.4, 2.5 und 3)

46 Die Beklagte ist der Ansicht, daß Artikel 1 Nummer 8 der Verordnung Nr. 345/92 die Ausnahme von dem Verbot von Treibnetzen nicht wirksam auf 5 km und bis zum 31. Dezember 1993 habe beschränken können. Sie meint insoweit im wesentlichen, daß eine derartige Beschränkung nicht mit dem Grundsatz der relativen Stabilität und den Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik vereinbar sei.

47 Nach ständiger Rechtsprechung ist die richterliche Kontrolle der Maßnahmen des Rates angesichts des dem Rat bei der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik eingeräumten Ermessens auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die betreffende Maßnahme mit einem offenkundigen Irrtum oder einem Ermessensmißbrauch behaftet ist oder ob der Rat die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten hat (Urteil Fedesa, a. a. O., Randnr. 8).

48 Im vorliegenden Fall gibt es keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Rat mit der Beschränkung der fraglichen Ausnahme einen offenkundigen Irrtum oder einen Ermessensmißbrauch begangen oder die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten hätte.

49 Daher kann dem Gesetzgeber der Gemeinschaft nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er die fragliche Ausnahme zugunsten von Schiffen, die den Weissthunfischfang mit Treibnetzen im Nordostatlantik mindestens zwei Jahre vor dem Inkrafttreten der fraglichen Verordnung ausgeuebt haben, in der Absicht beschränkte, eine Anpassungsphase für die Fischer zu schaffen, die wirtschaftlich von der Verwendung derartiger Treibnetze abhängig sind, wie es die zwanzigste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 345/92 näher ausführt. Die fragliche Übergangsbestimmung nämlich soll eine stufenweise Verringerung der Treibnetzlänge bewirken, um schrittweise das Ziel der Verordnung ° die Beschränkung dieser Netze auf 2,5 km Länge ° zu erreichen.

50 Darüber hinaus kann eine technische Maßnahme, die eine Fangmethode beschränkt, die von bestimmten Fischern in der Vergangenheit angewandt wurde, nicht als unvereinbar mit dem Grundsatz der relativen Stabilität gelten. Dieser in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 170/83 niedergelegte Grundsatz betrifft nämlich nur die Verteilung der für die Gemeinschaft für jeden einzelnen Fischbestand verfügbaren Fangmenge auf die Mitgliedstaaten. Dieser Grundsatz wird nicht berührt, wenn die Fischer der Mitgliedstaaten weiterhin fischen können, wie es die genannte Regelung vorsieht, die nur die Anwendung bestimmter Fangmodalitäten beschränkt.

51 Hinsichtlich der sonstigen Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik hat der Gerichtshof bereits entschieden (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1977 in der Rechtssache 29/77, Roquette/Frankreich, Slg. 1977, 1835, Randnr. 30), daß die Gemeinschaftsorgane bei der Verfolgung der in Artikel 39 genannten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik ständig jenen Ausgleich sicherstellen müssen, den etwaige Widersprüche zwischen diesen Zielen, isoliert betrachtet, erforderlich machen können, und gegebenenfalls dem einen oder anderen unter ihnen zeitweilig Vorrang einräumen müssen, sofern die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlußfassung bilden, dies gebieten.

52 Die Beklagte macht noch geltend, daß die fragliche Vorschrift insoweit rechtswidrig sei, als sie vorsehe, daß die Ausnahme nur "aufgrund wissenschaftlicher Nachweise, daß hiermit keinerlei Umweltrisiko verbunden ist", verlängert werden könne.

53 Der Gesetzgeber der Gemeinschaft ist jedoch stets berechtigt, seine Rechtsvorschriften auch ohne eine dies ausdrücklich vorsehende Bestimmung zu ändern.

Zur diskriminierenden Ungleichbehandlung der Fischer (Frage 6)

54 Nach Auffassung der Beklagten schafft Artikel 9a eine diskriminierende Ungleichbehandlung von Fischern aus verschiedenen Mitgliedstaaten. Daß das Verbot von Treibnetzen mit einer Länge von mehr als 2,5 km gemäß Absatz 4 dieser Vorschrift nicht für die Ostsee, die Belte und den Öresund gelte, benachteilige in unzulässiger Weise die Fischer des Nordostatlantiks gegenüber denen der Ostsee, weil diese den Fischfang mit Netzen bis zu 21 km ausüben könnten.

55 Artikel 9a gilt aber deshalb nicht für die Ostsee, weil die Gemeinschaft für dieses Meer keine Befugnisse hat. Infolge des Beitritts der Gemeinschaft zur Ostsee-Konvention (ABl. 1983, L 237, S. 5 und 1984, L 96, S. 42) steht die Gesetzgebungsbefugnis für alle Arten in diesem Meer der Internationalen Kommission für die Fischerei in der Ostsee und den Belten zu, worauf im übrigen auch die zwanzigste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 345/92 hinweist. Da die Gemeinschaft dagegen nicht zu den Vertragsparteien der Konvention für die Erhaltung des atlantischen Thunfischs gehört, ist ihre Befugnis, Maßnahmen zur Bewirtschaftung der Fischerei im Nordostatlantik zu treffen, nicht geschmälert. Somit kann die Situation in der Ostsee nicht mit der Situation verglichen werden, die im Nordostatlantik herrscht, und es kann folglich zwischen den Fischern, die in einem dieser Gebiete tätig sind, und denen des anderen Gebiets keine diskriminierende Ungleichbehandlung geben.

56 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, daß die Prüfung der Vorlagefragen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Artikels 1 Nummer 8 der Verordnung (EWG) Nr. 345/92 des Rates vom 27. Januar 1992 zur elften Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände in Frage stellen könnte.

Kostenentscheidung:

Kosten

57 Die Auslagen des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Tribunal de commerce La Roche-sur-Yon mit Urteil vom 24. November 1992 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 1 Nummer 8 der Verordnung (EWG) Nr. 345/92 des Rates vom 27. Januar 1992 zur elften Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3094/86 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände in Frage stellen könnte.

Ende der Entscheidung

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